Redaktion und Yerlag: Karlsbad , HausGraphia** TeL 105« Preis der Einzelnammer Jf v j j s\ (Im Acsland Kc 2.-) JVC 14IU Auslandspreise Einzclnomm. viertel jährl. Argentinien .. Belgien .... Bulgarien ... Danzig .... Deutschland .. Estl. nd.... Finnland ... Frankreich .. Großbritannien Holland .... Italien ..... Jugoslawien .. Lettland .. . Pes. . Frs. . Lew. . Quid. . Mk. E.Kr. . Fmk, . Frs. d. , Gld. . Lir. Din. . Lat . 0.30 2. 8. 0.30 0.25 0.22 4. 1.50 4. 0.15 1.10 4.50 0.30 Pes. 3.60 Frs. 24. Lew. 96. Quid. 8.60 Mk. 3.- E. Kr. 2.64 Fmk. 48. Frs. 18. sh. Gld. Llr. 4.- 1.80 13.20 Dln. 54. Lat , 3.60 liitf ♦♦ Sozialdemokratisches Wochenblatt Nr.«0 Sonntag, 20. August 1933 Bezugspreis Im Quartal 17 X Q (Im Ausland Kd 24�) JVC J.O*"' Ein Forum von Weltruf stellt fests Goring ein Brandstifter und Borphinist! Der Trick des Oberreichsanwaltes- er fordert Zeugen you Dr. Branting und Rolland Unter dem Vorsit? von Lord Marley , dem Vizepräsidenten des englisdhen Oberhauses und unter der Beteiligung von weltberühmten Männern wie Professor Einstein , Nitti, dem ehemaligen Ministerpräsiden­ten in Italien , Branting , dem führenden schwedischen Sozialdemokraten, ist eine Untersuchung über den Reichstagsbrand geführt worden, deren Resultat nunmehr alsBraunbuch" vorliegt. Das Buch enthält erschütternde Dokumente, aus denen mit Sicherheit hervorgeht, daß der Reichstagsbrand von Göring und Konsorten angestiftet worden ist. Die Dokumente befinden sich unter notariellem Verschluß in einer aus­ländischen Hauptstadt. Die Sensation des Tages ist, daß der deutsche Oberreichsanwalt auf Grund dieser veröffentlichten Dokumente an Romain Rolland und Branting je einen Brief geschrieben hat, worin er um Angabe von Zeugen ersucht, während Göring mit einer Klage in Basel droht. An dem Material des Braunbuchs ist monatelang gearbeitet und gesichtet wor­den. Die besten Juristen der Welt haben aus dem Berg von Dokumenten diejenigen herausgesucht, die jeder sachlichen Nach- Prüfung standhalten. Sämtliche Dokumente sind photographiert und sichergestellt wor­den. Sie bilden eine furchtbare Anklage­schrift gegen das HltlerSystem. Da ans nur Auszüge vorliegen, können wir nur die wichtigsten Dinge registrie­ren. Da ergibt sich, daB die Liste der Relchstagsbrandstlfter von Goebbels über Göring , Gral Heil dort, den Fememörder S c h u I z bis zu Marians van der Lübbe rächt. Es ist von ungeheue­rer Wichtigkeit, daB van der Lübbe fer­ner auf jener berüchtigten Liste steht, auf der Hauptmann Röhm die Namen seiner Lieblinge" verzeichnet hat Jahrelang hat van der Lnbbe in engen Beziehungen zum Münchner Braunen Hans gestanden. Von ebenso atembeengender Wirkung ist der zweite Teil des Braunbuches, der sich mit den sadistischen Folgerungen der Gegner des Regimes Hitler in den SA -Ka­sernen beschäftigt Die objektiven Berich­te aus den Lagern, die ergreifenden Briefe die Gefolterten, die Krankenhausatteste und ärztlichen Bescheinigungen eine Welt von Grauen türmt sich hier auf, vor der die Nachwelt einmal fassungs­los stehen wird. Die menschliche Sprache versagt fast, um die Dinge auch nur beim richtigen Namen zu nennen, wenn man erfährt, daß vertierte Sadisten einem Ge­fangenen eine Spiralfeder in den Mastdarm gedreht haben, um seine Eingeweide zu zerreißen. Die Antragen an Branting und Rolland Das Buch ist von so ungeheuerlicher Wirkung, daß selbst der deutsche Oberreichsanwalt ein gewagtes Stück an zwei prominente Mitglieder des Komitees Briefe geschrieben bat In dem Schreiben an den Dr. Bran- t i n g wird Bezug genommen auf einen im KopenhagenerSozialdemokraten" erschienenen Artikel mit der Ueberschrift: Die Wahrheil über den Reichstagsbrand". Aus diesem Artikel gehe hervor, daß B. einem Berichterstatter dieser Zeitung er- klärt habe, Mitglied einer Kommission an­erkannter Juristen zu sein, die demnächst 'm Haag ein Gutachten darüber abgeben würde, was in der Sache des Reichstags. brandes fürRecht und richtig" erachtet werden solle. Aus dieser Aeußerung gehe hervor, daß B. über Material verfüge, das den deutschen Behörden und Gerichten nicht bekannt sei. Es habe sich weder beim Oberreichsanwalt noch bei den an­deren Untersuchungsbehörden trotz wie­derholter Aulforderungen ein Zeuge ge­meldet, der andere als die in den Akten befindlichen Angaben gemacht hat Das Reichsgericht wolle jedoch alle Umstände kennen lernen, die zur Aufklärung des Sachverhaltes dienlich sind und der Ober- relchsanwalt bitte deshalb den Rechts­anwalt Branting , ihm das im Besitz der Kommission befindliche Beweismate­rial zur Verfügung zu steUen, insbeson­dere jedoch die Anschriften von Zeugen, die bereit wären, vor dem Reichsgericht zu erscheinen. In dem Brief an Romain Rolland beißt es, daß der Dichter in einem Schrei­ben an den deutschen Botschafter in Paris seine Ueberzeugung zum Ausdruck ge­bracht habe, daß die der Brandstiftung beschuldigten Bulgaren unschuldig sind. Der Oberreichsanwalt nimmt an, daß Rol­land für diese Annahme Beweise habe und, da die deutschen Untersuchungsbe­hörden den Sachverhalt nach jeder Rich­tung hin aufklären wollten, bittet der Ober­reichsanwalt den Dichter, die Beweise zur Verfügung zu stellen. Diese beiden Briefe sind Dokumente, die in der ganzen Welt das allergrößte Aufsehen erregen werden. Die Geschichte kennt kein Beispiel, daß das höchste deut­sche Gericht Ausländer um Nennung von Zeugen ersucht. Der Reichsanwalt weiß, daß sich die Zeugen nicht nach Deutsch­ land wagen könnten, aber er will den A n- schein der Objektivität erwecken. Der deutschen Justiz wird allmählich vor der Empörung der Weltöffentlichkeit bange. Das Vorleben des Psychopathen Das Braunbuch veröffentlicht aber auch Angaben über Görings Vorleben. Es' handelt sich dabei vor altem um die Behauptung, daß Göring ein schwerer Morphinist sei, der unter Erregungs­zuständen leide, und wegen der damit verbundenen Gefahren für die Umwelt mehrfach zwangsinterniert worden ist. Besonders schlimm ist dieser exzessive Morphinismus bei Göring aufgetreten wäh­rend seines Aufenthalts in Schweden in den Jahren 1925 und 1926. Damals wurde er gegen seinen Willen in verschiede­ne schwedische Irrenanstalten (z. B. Konradsberg bei Stockholm und schließlich in der Irrenanstalt Langbro) eingeliefert. Das Braunbuch bringt zum Beweise die Kartothekkarte der Aufnahme Görings in Langbro, Abteilung Tobsüchtige. Ferner wird faksimiliert ein Brief des schwedischen Gerichts­arztes Lundbcrg wiedergegeben, der bescheinigt, daß Göring an Morphium­sucht leidet. Zu diesen Dokumenten können wir aus eigener Kenntnis mitteilen: Im Schweden können die Gesundheits. akten öffentlich eingesehen werden. Die im März von der schwedischen Presse gebrachten Abschriften aus den Gesund­heitsakten Görings sind niemals in ihrer Echtheit angezweifelt worden. Der deutsche Gesandte in Stockholm hat sich zwar mehr als zwei Dutzend Mal bei der schwedischen Re- Ermordete Ozeanflieger Litauer über Soldin von SA abgeschossen Nachrichten von Kowno bestätigen das bereits vor Wochen in Berlin zir­kulierende Gerficht, daß die beiden litauischen Ozeanflieger Starlus und Glrenas nicht das Opfer eines Unfalls geworden sind, sondern kurz vor ihrem Ziel ain 17. Juli von Deutschen abgeschossen wurden. Nachdem die litauische Regierung eine Untersuchung angeordnet hatte, wurden die Leichen der beiden Flieger exhumiert; hierbei wurde festgestellt, daß einer von ihnen von drei Kugeln getroffen worden war und daß in einem der Särge sich drei Hände befanden! Diese Feststellungen deckten sich mit den Mittellungen, die unmittelbar nach dem 17. Juli über denUnfall" der litauischen Flieger in die Oeffentlicbkeit drangen. Danach war den Flie­gern, die nach ihrem Start in New York 39 Stunden unterwegs waren, das Benzin aus­gegangen. Sie suchten deshalb einen geeigneten Landungsplatz und überflogen gegen Mitter­nacht in einer Höhe von etwa 100 Meter das Arbeitsdienstlager bei Soldin. Die Lagerwache, die aus strammen SA -Leuten besteht, glaubte ein mit staatsfeindlichen" Flugblättern beladenes Flugzeug vor sich zu haben und überschüttete es mit einem Hagel von Maschinengewehrschüssen. Die ersten Meldungen aus Soldin gaben diesen Tatbestand wahrheitsgemäß wieder. Der amt­liche Bericht jedoch, der erst in den Morgen­stunden herauskam, fälschte den Mord an den Fliegern in einenUnfall" um. Alle beteiligten Kreise, einschließlich der Aerzte, die die Lei­chen besichtigten, waren eifrig bemüht, die Spuren des Verbrechens zu verwischen. Als trotzdem die Gerüchte nicht verstummten, wurde Jenes famoseDementi" der Regie­rung losgelassen, wonach es eine ungeheuer­liche Verleumdung sei, daß die litauischen Flie­ger durchdeutsche Todesstrahlen" heruntergeholt worden seien. Daß nicht- die ge­heimnisvollenTodesstrahlen" sondern deut­sche Maschinengewehrkugeln die Ur­sache desAbsturzes" waren, wurde von der deutschen Regierung vorsichtigerweise nicht dementiert Nun hat die Untersuchung der litauischen Regierung den Schwindel aufgedeckt und das Verbrechen der Hitler -Regierung vor- aller Welt geoffenbart. Kein Hinwels aufIrrtum" oderVersehen" kann ihre Schuld mildern, denn sie war es, die durch ihren Schwindel überfeindliche Flugzeuge über Berlin " sowie durch Ihre ständige Luftschutzpropaganda ihre Anhänger in eine wahre Psychose versetzte; sie war es,. die durch raffinierte Vertuschungs­methoden die Wahrheit zu verbergen suchte und der litauischen Regierung gegenüber be­wußt an einer lügnerischen Darstellung der Vorgänge festhielt. Nun regt sich der Unmut und die Empörung in Litauen so stark, daß die Presse den Ab­bruch der diplomatischen Bezie­hungen mit Deutschland fordern darf. Auch in diesem letzten Oststaat, in dem Deutschland noch einige Anknüpfungspunkte für sein diplomatisches Spiel hat, bricht die Empörung gegen Nazi-Deutschland spontan durch. Denn zu kraß ist die Lehre, die man hier aus dem Mord an den Ozeanfliegern zieht; Man kann zwar ungefährdet den Ozean überfliegen, man läuft aber Gefahr von den Schergen Hitlers ermordet zu werden, wenn man die deutschen Grenzen überfliegt!!