Felix FedienbadiEin Blatt ans dem Buch der Märtyrer.Stunden der geistigen Gesundungund Ueberiegung kommen stets, wieden Individuen, so auch den menschliehen Gemeinschaften, Stunden, indenen die Wahrheit erkannt wird unddie Märtyrer gerechtfertigt werden.Ralph Waldo Emerson.Wenn einmal die Geschichte unsererMärtyrer geschrieben wird, dann muß sichallein daran schon die ganze Stumpfheitund politische Inferiorität der neudeutschenReaktion offenbaren, die mit dem borniertesten Haß ausgerechnet jene verfolgte,die am wenigsten mit Verschwörertumoder aufreizendem Radikalismus zu tunhatten. Es zeigt sich daran ein ausgesprochen krankes Denken, eine irre Seelenverfassung.Die neudeutsche Reaktion— dieses gemischte Lager von stellungslosen Prinzen, bankrotten Junkern, hasardierendenIndustriellen, gescheiterten Existenzen undIhren kleinbürgerlich verzweifelten, antisemitischen Mitläufern— dieses abnormeRückwärtstum hatte immer viel von dieser Irrenhauspsyche und die junge Republik würdigte diesen gemeingefährlichenZustand nicht genügend. Wer diesem reaktionären Mischmasch als Gegner geradeauffiel— und sei es durch besonders gesunden Menschenverstand— den bewahrte man den Haß des Stumpfsinns in allenLebenslagen, bis zum Lebensende. Sohaßte sie wahllos Liebknecht, Eisner,Mühsam, Toller, Erzberger, Rathenau,Hinstein, Ebert, Stresemann usw. So haßtesie Pazifisten wie Männer der nationalenVerteidigung, Demokraten wie Sozialisten,Dichter wie Politiker, Gelehrte wie Künstler. Wer gerade„auffiel", war dran.So dumpf haßte sie auch Felix F e-chenbach. Blind und borniert verfolgtesie schon den Jüngling. Weil er der Sekretär Eisners gewesen, weil er nebenIhm ausgeharrt hatte, weil er aufgefallenwar. Voll stumpfen Hasses war jener Landesverratsprozeß vor dem Münchner„Volksgericht", das nach dem gescheiterten Räteputsch ein bequemes Werkzeugder Reaktion wurde. Was Fechenbachfranzösischen Journalisten mitgeteilt hatte,.wußte die gesamte Entente seit Jahren.Voll bornierten Hasses war das Zuchthausurteil, war der Strafvollzug, war dieHetze der reaktionären Presse gegen diespätere Amnestierung des unschuldigVerurteilten.Dabei durfte Fechenbach sich oft imheiteren Kreise als Gegenteil eines dunklen, düsteren Fanatikers ironisieren. Als erdas Zuchthaus verließ, befreite er sichdurch ein Buch dichterischer Art von denKrauen Eindrücken, die dem jungen Idealisten hinter Kerkermauern widerfuhren.Ohne Verbitterung und Gemütsverdüste-Tung ging er seinen Lebensweg weiter,und der war für einen freien Schriftstehler nicht leicht Mit klaren Augen sah ervorwärts, ließ die radikalen Illusionenseiner Jugend hinter sich. Ein lebendiger,gutgewachsener, begabter Mensch vollHumor, mit viel Neigung zum Lachen undsu süddeutscher Art, voll Liebe zu Kindern. Einer jener sachlichen Kämpfer, diekeinerlei TaJent zum Hassen haben. Inseinen Gegnern sah er Opfer dermenschlichen Dummheit und er�"ar mit dieser tieferen Auffassung ein zuKuter Sozialdemokrat Schon seine bayrischen Verfolger erschienen ihm, wie inseinem Buch nachzulesen ist, als arme,verwirrte, verbiesterte Narren. Haß hätteer wohl nicht einmal für seine Mörderaufgebracht Höchstens jenes Mitleid, dasein harmonischer Mensch auch für dieelendesten Kreaturen fühlt, weil ja geradesie für das Uebel ihres Daseins allein nichtverantwortlich sind.Als ihn die Detmolder Sozialdemokraten um 1930 zum Redakteur ihres BlattesWählten, wurde seiner Frau und seinengleichen Wald erschossenAus W a r b u r g meldet die„FrankfurterGeltung", daß Im KJeinenberger Wald der••Adjutant" des KPD.-Fiihrers Hesse, dern ein Konzentrationslager geschafftw®rden sollte,„auf der Flucht erschossen"forden sei... Der Klelnenberger Wald hegt� Warburg, eine Autostunde von Detmold�tfernt An der gleichen Stelle wurde Felixöchenbach„auf der Flucht erschossen", als erm Auto von Detmoid In das Konzentrations-azer Dachau transportiert werden sollte. DieP' a nmäßlgkelt, mit der hier in beidenallen von den Nazibestien vorgegangen wor-en'st, ist ganz oHenstehtächlKindern nach langen Jahren der Entbehrungen endlich eine sichere Existenzgrundläge. Den Nazibanditen von Lippe aberwar Fechenbach mehr als das rote TuchDen irren Haß der süddeutschen Reaktiongegen den„landesverräterischen Juden",der nie einen Landesverrat beging, übernahmen sie blindlings, wie die Hitlers jaden Stumpfsinn a 1 1 er Rückwärtserei erbten. Der Mann, der unschuldig im Zuchthaus saß, während Hitler trotz blutigenPutschverbrechens in gemütlicherem Gewahrsam weilte, gehörte um den 5. Märzzu den ersten Mißhandelten, bis er schließlich auf dem Transport ins bayrische Konzentrationslager ermordet wurde.Nichts lag Fechenbach ferner, alsFlucht Hätte er das gewollt, so war vorher Gelegenheit. Es flieht sich nicht leicht,wenn man unerwachsene Kinder daheimhat. Was aber wußten die braunen Sadisten von diesem Menschen mit den heiteren Augen? Nichts, als daß er auch soeiner war, dessen Name von der völkischen Hetzpresse mit Geifer genannt wurde. Dem verfinsterten Hirn der neudeutschen Bestialität war er einst aufgefallen,er wurde die Aufmerksamkeit nationalsozialistischen Irrsinns nie wieder los. Unddie diesen Irrsinn großgezogen, die ihnmit Lüge und Demagogie genährt, die ihnals Werkzeug benützt haben, sitzen fettund satt in ergaunerten Regierungssesseln,sehen den täglichen Mördereien ihrer Banden billigend zu, wagen nicht zu ihremTun zu stehen, lassen amtlich veriaut-baren;„Auf der Flucht erschossen"—und lügen dem Ausland feige vor, durchdie faschistische Konterrevolution seiennoch keine 20 Menschen ums Leben gekommen!Aber wenn Lügen auch nicht immerkurze Beine haben— auf die Dauer istmit Gehirnvemebelung kein Staat zu machen. Aus Millionen Hirnen wird der Nebel weichen, je mehr die braunen Bonzenschuldig bleiben, aus den Wunden derMißhandelten und Gefolterten, aus denGräbern unserer Märtyrer wird dieWahrheit sprechen. Und dann wirdihnen, die den dumpfen, irren Haß predigten, der helle, wissende, rächende H a ß der Betrogenen, Erwachten undEntrechteten lichterloh, brennend und vernichtend cntgegenschlagen.FreSslep und FrieslandWo ist der Unterschied?Auf Grund ihres neugeschaffenen Beamten-„rechtes" bat die nationalsoziaHstische Regierung den Oberbürgermeister Reuter von Magdebung, einen der hervorragendsten sozialdemokratischen Kommunalpolitiker,aus dem Amte entfernt, und zwar auf Grundder verschärften Bestimmungen, die gegenKommunisten gelten. Als Vorwand diente ihr,daß Reuter vor 13 oder 14 Jahren in Rußland,wohin er durch Kriegsgefangenschaft geratenwar, unter dem Namen Friesland für die bolschewistische Regierung als Kommissar tätig genesen war.Wir würden an sich die Frage für schnurzegal halten, ob Reuter als gegenwärtiger Sozialdemokrat oder als gewesener Kommunistgemaßregelt wurde. Aber diese Begründungmit Reuters lang zurückliegender Tätigkeit alsrussischer Kommissar zwingt doch zu einerErinnerung; es ist kaum länger als ein Jahrher, da wurde im„Völkischen Beobachter" einnationalsozialistischer Versammlungsrcdner ungemein gepriesen, weil er es den kommunistischen Diskussionsrednern, die Sowjet-Rußlandverherrlichten, so gut gegeben habe. Der Redner sei freilich, so schrieb der„Völkische Beobachter" weiter, hierzu besonders geeignet gewesen:habe er doch als bolschewistischerLebensmittel-Kommissar vorJahren die russischen Zustände aus eigenerAnschauung genauestens kennengelernt.Und wer Ist dieser Bolschewistisch®Lebensmittelkommissar a. D., dessen ehemalige Sowjetkarriere, da sie der„Völkische Beobachter" uns versichert, außerZweifel steht?— Es ist Dr. Roland F r e i s-1 e r, jetzt durch Hitler-Göring Staatssekretär im Preußischen Justizministerium.Man sieht also: ehemalige Tätigkeit imDienste des Bolschewismus machen den Betreffenden nicht unbedingt ungeignet für hoheund höchste Posten im Dritten Reich. Allerdings darf man dann nicht, wie Reuter, einerstklassiger Verwaltungsfachmann sein, sondern man muß beweisen, daß man ein tobsüchtiger kreischender Fakir, ohne Sach- und Fachkenntnisse geblieben Ist— wie F r e i s 1 e r 1»Enthüllungen«Der»Yöikisdie Beobaditcr« entdeckt PragDer„Völkische Beobachter" stiftet derPrager„Hetzzentrale" eine fette, rot unterstrichene Ueberschrift auf der ersten Seiteund einen mehrere Spalten füllenden„Ent-Imllungsartikel", verfaßt von einem eigens ins„Feindesland" entsandten Kundschafter.Mit der Tatsache, daß die Tschechoslowakei in Hitlers offiziellem Reichsorgan mehrfach als„Feindesland" bezeichnet wird,mögen sich die sudetendeutschen Nazis auseinandersetzen, die hier alle Rechte der Minderheit genießen und sehnsüchtig darauf hoffen, mit dem nationalistischen tschechischenBürgertum recht bald in einer Koalition zusitzen. Uns interessieren mehr die„Enthüllungen" des„Völkischen Beobachters". Derhat sich's was kosten lassen, hat einen Sonderspitzel hergeschickt— u. zw. einen selten dämlichen. Trotzdem diesem Mann hier ein ganzesHeer reichsdeutscher Polizeiagenten und Spionezur Verfügung stand, mit denen Prag seit langem verseucht Ist, trotzdem er also nur'seinNotizbuch zu zücken und die Kcntnissc deranderen hfnelnzupacken brauchte, hat er weiter nichts„entdecken" können, als ein paarTatsachen, die aller Welt bekannt sind unddarüber hinaus Ist er auch noch einigen falschen Informationen aufgesessen, die von denEingeweihten vergnüglich bcschmunzeit werden.Daß die antifaschistische deutsche Emigration Zeitungen und Zeltschrif-t e n herausgibt, insbesondere daß ein„N e u-er Vorwärts" erscheint, der der Welt dieWahrheit über das Dritte Reich berichtet,weiß im Ausland und In Deutschland jedesKind. Der„Völkische" aber braucht einenSonderberichterstatter, um dahinterzukommen.Ja, dieser Berichterstatter hat sogar entdeckt,daß ein paar Hilfskomitees sich der vertriebenen mittellosen deutschen Kopf- und Handarbeiter annehmen. Der Teufelskerl merkt alles!Er bemerkt auch voll Entrüstung, mit welchemEkel die gesamte zivilisierte Welt sich vonGörings Sadistenreich abwendet, um sichdem deutschen Geist zur Seite zu stellen, derzwar in Deutschland seübst geschändet undbespien wird, der aber dennoch weiterlebt.KUnstleHsdie LeistungDie„Breslauer Neuesten Nachrichten'" berichten bewundernd;„Im Prinzregententheater fand im Rahmen der Münchner Festspiele eine Aufführung des„Fliegenden Holländer" statt, derauch Reichskanzler Adolf Hitler beiwohnte.Die musikalisch hervorragende Aufführungwar getragen von der Leistung WilhelmRodes, dervom DienslalsSA-Mannzur Aufführung kam und die Titelrollesang."In der Tat eine Leistung, von der die Aufführung da getragen war. Runter vom Exerzierplatz, rein in den Fliegenden Holländermantel, rauf auf die Bühne und geschmettert:„Voll Ueberdruß wirft mich das Meer ansLand", Was kein Mensch dem Meer verdenken kann! Nur die gleichgeschaltete Musikkritik darf sich nichts merken lassen, denn wereinen SA-Mann angreift, wird erschossen.Die Dummheit regiert!Durch einen neuen preußischen Erlaß werden sämtliche„marxistischen und antinational eingestellten Studentenvom Studium ausgeschlossen. Damit die Futterkrippen für das geistig zurückgebliebensteHakenkreuzlertum frei werden!Erhebungen des preußischen Innemniniste-riums haben ergeben, daß In Preußen von 1919bis 1931 nur 5000 Juden eingebürgertwurden, so daß also fürs ganze Reich keine6000 in Frage kommen. Im Wahlkampf aberlogen die braunen Betrüger, als sei die..Judenrepublik" seit 1918 mit„galizischen Einwanderern" geradezu überschwemmt worden.Um die unzufriedene SA auf andere Gedanken zu bringen, haben die Führer ihrerbraunen Knüppelgarde eine neue, hochwichtigeAufgabe übertragen: Sturmangriff gegen—nun, gegen was wohl? Gegen die Arbeitslosig-All die deutsdien Arbeitersportler!Folgender Aufruf geht uns zu:Der Faschismus hat mit brutaler Gewaltdie deutschen Arbeitersportverbände vernichtet. Das gesamte Vermögen der Organisationenim Werte.von über 50 Millionen Mark ist gestohlen worden. In mühevoller Arbeit habt IhrTurnhallen, Spielplätze, Schwimmhallen undUnterkunftshäuser geschaffen. Alles ist geraubtworden. Unsere stolze Schule, die nur durchEure Opferwilligkeit gebaut werden konnte,Ist SA-Kaserne. In wenigen Tagen nach derBesetzung waren bereits die meisten Gebrauchsgegenstände gestohlen. Eure Führer hatman in Schutzhaft gesetzt, persönliches Eigentum bat man ihnen gestohlen.Euch verbietet man Leibesübungen zu betreiben, weil Ihr Marxisten seid. Marxist seinheißt Mensch sein, Faschist sein heißt Unter-menschcntum. Zwischen beiden Welten zuwählen, dürfte Euch nicht schwer fallen.In einigen Städten versucht man mit jJilfeunserer Funktionäre unsere Vereine gleichzuschalten. Wir bedauern diesen Verrat am. Arbeitersport. Gleichschaltung bedeutet; Uebcr-führung der Arbcitersporticr in das Lager derFaschisten. Gleichschaltung bedeutetVerrat am Arbeitersport. Wir müssen deshalb mit allen Mitteln den Versuch derGleichschaltung bekämpfen. So wie wir beiunseren sportlichen Uebungen den Kampf geliebt haben, so Heben wir auch den Kampf gegen unsere Unterdrücker.Wir begrüßen, daß sich die Arbeitersportler von Danzig und aus dem Saargebiet selbständig gemacht und den Kampf mit uns aufgenommen haben. Wir begrüßen sie als unsereKampfgenossen.Deutsche Arbeitersportler!Nicht Sport Ist letzt die Hauptsache, sondern Organisierung des|Widerstandes gegen die Vernichter unserer Organisationen.Um diesem Kampf siegreich führen zu können,haben wir die Zentrale des deutschen Arbeitersportes nach Aussig an der Elbe, Bahnhofsplatz 1, verlegtWir begrüßen Euch von dieser neuen Kampfstelle und rufen Euch zu:Es lebe der deutsche Arbeitersport! Es lebe die Arbeiter-Sport-Internationaie!Zentrale des deutschen Arbeitersportes,K. Bühren.keit. Nein, es geht um ernstere Dinge: Sturmangriff gegen mißliebige Bettenl In verschiedenen Städten notieren die Helden des III.Reiches die Namen und Adressen jener christlichen Mädchen, die es noch immer wagen,mit einem Juden befreundet zu sein. Perversschnüffeln die ritterlichen Germanenjünglingein Kammern und Betten umher.Die Bettwäsche zu diesem Zweck liefertdie Berliner Wäschefabrik A. G.. inderen Aufsichtsrat jüngst der Hofpoet des Hitlerstaates Hanns Heinz Ewers seinenfeierlichen Einzug hielt Dieser pornographischeSchreiberling ist bei seinen Leisten geblieben,denn Bettfragen(unnatürlichster Art) warenschon immer sein Lieblingsthema. Vermutlichwird das nächste Nachthemdmustcr mit derMarke„Alraune"' versehen werden. Bisher istaber noch nichts davon zu hören gewesen, daßdie„Berliner Wäschefabrik" etwa an Judennicht zu liefern gedächte.Die Geheime Staatspolizei hat sich unterdem Druck der öüentlichen Meinung der zivilisierten Welt gezwungen gesehen, die wegenScheidemann In Schutzhaft genommenenGel sein freizulassen. Natürlich tut sie dasnicht ohne eine neue Lüge gegen ScheidemannIn die Welt zu setzen.OOOOOOOGOOOGXüOOGOOOOOOOOOOOOOOItaur/cTi bestelle den„Neuen Vorwärts" underwarte regelmäßige Lieferung von nächsterHummer an.Nsmi mg rornani«Wohnort mit rortuutnhSlnfi and HnusrnrnnwDiesen Bestellschein bitte ausfüllen, ausschneiden und an: Verwaltung ,N euerVorwärts", Karlsbad. CSR., Haus„G raphi a", senden.