Szenerie im III. Reich

Aus Deutschland   wird uns geschrieben: Der große Aufmarsch der SA.   in Berlin  am 6. August ist vielfach als eine Geste gegen Hitler   gedeutet worden, besonders da Gö­ ring   demonstrativ einen großen Teil seiner

1. Jänner eine Million Arbeitslose beschäftigt werden sollten, ist infolgedessen längst aufge­Vielleicht wird auf diese Weise etwas von der geben. Der dafür eingestellte große Stab beim Konjunktur gerochen, die man sonst noch nicht Arbeitsministerium ist schon wieder gekündigt oder bereits entlassen. Grau, lieber Freund, ist alle Theorie.

zu erblicken vermag.

Wie der Wirtschaftskommissar D. Wagner

abgesägt wurde, ist wegen der Begleitumstände Schlimmer als Horthy

Stabswache hinbeorderte, die auf 1000 Mann recht interessant. Wagner war von Hitler   zu erhöht wird. In militärischen Kreisen, die nach einer Rücksprache befohlen. Plötzlich stürmte wie vor gute Beziehungen zu Röhm unter- Göring herein, die Aktenmappe unter dem Arm. halten, wird jedoch unterstrichen, daß die SA Er beachtete W. nicht und sagte zu Hitler  : von Röhm noch einmal ausdrücklich auf Hitler Ich muß verlangen, daß dieser Mann sofort vereidigt worden ist, und daß Hitler daran verhaftet wird." Auf die Frage: Warum? holte aus der Mappe denke, die SS aufzulösen, die eine ge- Göring   Schallplatten fährliche Waffe in der Hand des größenwahn- hervor, die die Telefongespräche von ihm ent­sinnigen Göring   sei. Man spricht daher auch hielten. Trotzdem wurde Wagner nicht ver­von Veränderungen im Kabinett. haftet, sondern nur die beiden Offiziere, mit Göring   und Goebbels   sollen ausgeschifft wer- denen er telefoniert hat. den. Hitler   wolle Georg Strasser wieder heranziehen, mit dem er sich inzwischen aus­gesöhnt habe.

Die Absicht von Dr. Ley,

die Deutsche Arbeitsfront   zu einer Behörde mit weitgestecktem Aufgabenkreis( Sozialversiche­rung, Arbeitslosenfürsorge, Arbeitsvermittlung, Arbeiterschutz usw.) auszubauen, ist voll­kommen gescheitert. Die Dinta ist von der Arbeitsfront übernommen worden. Es be­

steht die Absicht, die Arbeitsfront zu einer

Einrichtung sozialpädagogischer" Art zu ma­chen. Die Stellung von Ley ist infolgedessen sehr erschüttert, zumal er auch als Nach­folger von Strasser in der Leitung des Organi­sationsamts der NSDAP  . völlig versagt hat. Auch der frühere Demokrat Dr. Diehls, Leiter der Geheimen Staatspolizei, hat große Sorgen. Seine Stellung ist sehr unsicher ge­worden. Die zahlreichen und umfangreichen Maßnahmen der Staatspolizei, von denen keine einzige einen nennenswerten Erfolg gehabt hat, sind aus der Sorge von Diehls um sein weite­res Schicksal zu erklären. Er weiß, daß seine Amtsenthebung in jeder Beziehung sein ,, Ende" bedeutet. Göring   kann keinen Mann dulden, der weiß, wer den Reichstag   angezün­det, wer Hannussen ermordet und hundert an­dere Schandtaten begangen hat.

Als der beste Witz in der letzten Zeit wird es bezeichnet, daß das Institut für Kon­junkturforschung Goebbels   unterstellt wor­den ist. Man sagt, das sel geschehen, weil er die längste Nase und den feinsten Riecher habe.

Versprechen aber nicht halten

noch nicht bestimmt."

Die sagenhaft schönen Autos

In einem Bericht der Baseler National­zeitung" über die Reichsführer- Tagung der Na­

In Nürnberg,

Eine Mahnung aus Ungarn  . Zum Schluß eines süß- sauren Artikels über die Ereignisse in Deutschland   schreibt Geh.-R. Bela Böldes im ,, Pester Lloyd":

Jedes System hat seine Mitläufer, die die Vorteile desselben genießen wollen. Aber die deutsche Regierung möge sich dessen erinnern, was Macaulay von den gelegentlichen Mitläu­fern der Puritaner erzählt. Diese verließen zu allererst die Reihen und wurden durch ihre Narrheiten zum Gegenstand des Gelächters. Will die deutsche Regierung sich ähnlichen wo der Parteitag der Nazis stattfinden wird, unangenehmen Eventualitäten nicht aussetzen, herrscht große Empörung, wagt aber trotzdem so darf sie nicht mit den Errungenschaften der niemand Widerstand. Der Luitpoldhain ist Humanität in Konflikt geraten. Aufmarschplatz für die SA   geworden. Der In Ugarn hat man einiges erlebt. Aber schöne Park, den die Bevölkerung sehr liebt, was in Deutschland   passiert, kann man ist verwüstet, und zu einem Exerzierplatz ge- auch im Lande Horthy   nur mit Kopf­macht worden. Täglich werden Verhaft un- schütteln betrachten! gen von diskutierenden Gruppen vorgenom­

men, weil sie sich darüber mißhellig ausspre- Zahnklinik

chen. Für den Parteitag der NSDAP  . wird Quartier gemacht wie im Feindesland. Uni­formierte gehen in die Häuser, sehen sich die Räume an und bestimmen, wieviel Einquar­tierung aufzunehmen ist.

Beim Turnfest in Stuttgart  kam es zu heftigen Schlägereien zwischen SA  und SS. Die Polizei hat 73 SA  - Leute und 11 SS  - Leute mit Handschellen auf Last­wagen abgeführt. Bei der Eröffnung des Turn­festes prangte in einer Straße sehr sichtbar ein 6X10- Meter großes Plakat mit den Initialen der Deutschen   Turnerschaft: D. T. Sie waren so verschnörkelt, daß angenommen wurde, es handle sich um das Abzeichen der SPD  .

mit neuem Geist

Parteioffiziell verkünden die, Flens­burger Nachrichten":

Die Stadtkreisleitung der NSDAP  . ist in die Allgemeine Ortskrankenkasse umgezogen und

befindet sich dort in der ehemaligen Apothe­kenabteilung. Der Fernruf hat die Nr. 2554 be­halten.

Auch die Ortsgruppe ist in die Räume der Ortskrankenkasse übergesiedelt und durch Fernruf über Nr. 2554 zu erreichen.

Wir machen noch einmal darauf aufmerk­sam, daß sich der Sturmbann 1/215 in den Räumen der ehemaligen Zahnklinik in der AOK. befindet. Telephon 833.

Darauf Alarmierung der Feuerwehr, die die Verschnörkelung abkratzen mußte. Schlußakt: Mit dieser Uebersiedlung der verschiedenen Verwaltungsstellen der NSDAP  . ist ein neu­Zwei Stuttgarter   Architekten wandern wegen gröblicher Verletzung der Bauvorschriften inser Geist in die Räume der AOK. eingezogen, der wohl endgültig den Gedanken an die ehe­malige marxistische Hochburg verwischen wird.

Konzentrationslager.

Wüst ist das Treiben in den Arbeits­dienstlagern.

Neuer Geist, ei freilich. Früher hat Oft hört man: Wenn wir hier herauskommen, man dort Zähne plombiert. Jetzt werden sind wir alle Kommunisten. Der Plan der Zähne ausgeschlagen!

Heldenlied der Mütter

Geschichten vom braunen Alltag

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itte... verlangen

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in den Gaststätten und Cafés den Neuen Vor= wärts". Er gehört dort­hin, wo Deutsche   ver­kehren und deutsch­sprachige Zeitungen auf­liegen. Finden Sie den Neuen Vorwärts" irgendwo nicht dann bemühen Sie sich dort bitte darum, daß er doch abonniert wird. Oder teilen Sie uns bitte den Namen und die Adresse des Lokals mit, wir werden dann vom Verlage aus die Werbung en vornehmen.

,, Ach, lassen Sie mich doch einmal zu meinem Jungen, ich bin deswegen hergefahren und hab meine letzten Groschen fürs Fahrgeld ausge­geben, bitte"." Die nächste ran, los, los", da­mit ist für den Diensthabenden der Fall er­ledigt.

02

Die beiden müssen wieder zurück, die Junge führt und stützt die Alte. Der rollen die Trä­nen über die durchfurchten Wangen, am gan­zen Leib zitternd setzt sie einen Schritt um den ch hod anderen über den Hof.

Die Frauen in der langen Reihe schüttelt trotz ihres eigenen Schmerzes Mitleid mit der alten Mutter. Die SS  - Leute läßt das alles kalt. Und die nächste hat wieder Zigaretten im Paketchen gehabt, die sie wieder mitnehmen muß. Geld kann sie dalassen, von dem sich die Gefangenen im Lager Nazizigaretten kaufen müssen. Denn nur solche dürfen sie rauchen. Aber sie hat Glück und darf zu ihrem Manne.

Jetzt ist Mutter Müller an der Reihe. Auch sie hat zwei kleine Päckchen, eines für den Mann und das andere für den Sohn. In jedes Das Reichsgesetz verspricht der minder­hat sie ein Stück von den Kuchen hineingepackt, bemittelten Bevölkerung Bedarfsdeckungs­scheine zum unentgeltlichen Erwerb von Klei- Aus Blut und Schmerzen war es geboren, auf dem Hof richten SS  - Leute eine Anzahl den beide so gern essen. Lebensmittel dürfen dern, Wäsche und Haushaltungsgegenständen. das einzige Kind. Ein Knabe. Als der große Tische hin. Vier SS  - Leute postieren sich da- an die Gefangenen nicht abgegeben werden". Jetzt hat der Nazi- Staatssekretär Reinhardt Krieg ausbrach, war er 12 Jahre alt. Und als hinter, und ein Gefangener muß die Schreib- Der Kuchen fliegt aus dem Paket heraus auf den Ländern in einem Rundschreiben mitge- die Mutter die Tränen verschluckte beim Ab- arbeit verrichten. Eine Frau um die andere den schmutzigen Tisch. Dann wird Mutter Mül­mußte, wird abgefertigt. Es dauert eine ewige Zeit, bis ler weitergeführt. Erst darf sie fünf Minuten teilt: Wann und in welcher Höhe Be- schied vom Vater, der mit hinaus darisdeckungsscheine ausgegeben werden, ist fühlte sich der Knabe als Schützer und Tröster die lange Reihe abgefertigt ist. Mutter Müller mit ihrem Manne sprechen, dann fünf Minuten der Mutter. Vater kam wieder heim, der Kna  - steht schon eine halbe Stunde und noch länger. mit ihrem Sohn. Ach, was sag ich, sprechen? be war zum Burschen herangereift und mit Jetzt sind es nur noch fünf vor ihr, dann ist Nein. Denn was zwischen ihnen gesprochen seinem Vater widmete er sich dem Dienst der sie an der Reihe. Sie kann jetzt gut hören, sie werden möchte, das dürfen sie nicht, da ja ein sozialdemokratischen Arbeiterbewegung. steht ja ganz in der Nähe, was die SS  - Leute SS  - Posten daneben zur Bewachung steht! Sie Diese Bilder tauchten vor den Augen der zu jeder Frau sagen. Warum haben sie die Mutter auf, die jetzt allein im Hause war. Vor Adresse nicht drauf geschrieben", schnauzt der grüßen sich stumm, sie bleiben in den fünf Mi­viezehn Tagen waren sie dagewesen, hatten Diensthabende eine Frau an, die für ihren nuten stumm, und stumm drücken sie sich Haussuchung gemacht und Mann und Sohn hin- Sohn ein Päckchen mitgebracht hatte. Ent- beim Abschied die Hände. Ihre Blicke sagen al­,, Mit scheuer Bewunderung zeigt man sich weggeführt. Nach Tagen erfuhr es die Mutter, schuldigen Sie vielmals, das hab ich verges- les, und sie verstehen sich. die im Rathaushof aufgestellten sagen haft daß sie sich im Konzentrationslager befinden. sen", antwortet die Frau. ,, Ach was, vergessen, Mutter Müller schreitet gefaßt wieder über schönen mit prima Lederkoffern bepackten Sie ging zur Behörde, ging in das braune nehmt eure Gedanken zusammen, ihr Weiber. den Vorhof zurück, durch das Tor hinaus. Autos, darin die Herren des neuen Reiches Haus, sie wollte ihre beiden Lieben sehen und Zwei Minuten darf die bloß hin, dann raus mit Erst daheim, in der Stille, läßt sie sich von aus allen Teilen Deutschlands   herangefahren sprechen. Doch überall ward sie abgewiesen. ihr", befiehlt er einem SS- Mann. ihrem Schmerz schütteln. Und dann, als sie sich ,, Zigarren und Zigaretten nehmen sie gefäl- ausgeweint, ist sie wieder die Alte. Ist sie wie­sind. Ab und zu besteigt dann eine hoch ge- Dort bedauerte man mit faden Reden, daß man Iwachsene und in hyperelegante Montur keinen Einfluß habe, und an jener Stelle wie- ligst wieder mit. Geld können sie da lassen", der die furchtlose Mutter Müller, die allen gezwängte gestiefelte und gespornte Figur ihr der wies man sie zynisch hinaus mit den Wor- herrscht er die nächste an. ,, Geld?" spricht die Schmerz in ihrer Herzenskammer eingeschlos­Auto, der Wagen rollt langsam unter dem Tor- ten: fragend und kramt in ihrer Geldtasche herum. bogen hindurch auf den Platz, Heil, Heil!" ,, Eine deutsche Mutter hat keine Angst". ,, Da ist ein Funfziger, es ist mein letztes", und sen hat, die Kämpferin. ruft die Menge, und der Begrüßte antwortet, in- Angst? Nein, vor diesen braunen Bestien sie legt ihn auf den Tisch und steckt die aus- Eine der Ungezählten, Ungenannten, von dem er überlegen lässig den Arm hatte die Mutter keine Angst. Aber Sorge trug gestellte Bescheinigung dafür in die Tasche. Sie denen das Heldenlied der Freiheit doch singen sie im Herzen um das Schicksal ihres Mannes darf zehn Minuten lang ihren Mann besuchen. und sagen wird bis in die fernste Zeit. und Sohnes. Und diese Sorge fraẞ und zehrte Und jetzt stehen gleich zwei Frauen vor dem am Herzen. Sie machte wieder den Weg, sich Tisch, eine jüngere und eine ältere. ,, Allemal nur Erlaubnis zum Besuche zu erzwingen. Nach eine vortreten, zurück mit Ihnen", damit will

zis in München   lesen wir:

reckt."

Rotspon und steifer Grog

Auf dem Tag der deutschen Seefahrt"' in

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Bremerhaven, der dieser Tage abgehalten vierzehn Tagen endlich wurde sie ihr gnädig der Aufsichtführende die alte Frau zurück- Deutscher   Arzt drängen. Wir gehören zusammen, Herr" mit Auslandskapital

gewährt.

wurde, sprach u. a. der Führer der Deutschen  Jetzt steht sie mit in der langen Schlange stammelt das alte Mütterchen. Der Aufsichtfüh­Arbeitsfront Dr. Ley. Zeitungsberichten zufolge erklärte er:, In sechs Monaten ist mehr er- der Frauen und Mütter, die ihre Männer, Söhne rende blättert in der Liste nach( in Namen im Konzentrationslager besuchen des Häftlings. ,, Was wollen Sie denn, der Meier reicht worden als in sechs Jahrhunderten. Der und Väter volle Sieg ist erreicht", etc. etc. ,, Von der na- wollten. Das große Tor ist noch versperrt, es ist doch erst seit zehn Tagen hier, da kön­tionalsozialistischen Revolution wird die Zu- öffnet sich erst mit dem Schlage 15 Uhr. Sind nen Sie noch nicht Besuch machen. Die nächste kunft einst sagen: sie war die größte Tat, es zweihundert oder gar dreihundert Frauen, ran, aber bißchen dallie", damit will er die Offerten unter Kombi" Kopenhagen  , die je die Welt erlebt hat, und ihr Führer war die jetzt in den weiten Vorhof drängen? Sie belden abfertigen. Doch die alte Mutter bettelt: Rosenornsallee 12.

der größte Mann aller Zeiten."

werden alle angeschnauzt von jungenhaften SS­Leuten, die da stehen mit dem Gummiknüppel und Revolver an dem Riemen, gerade so, als

Justiz wird gleichgeschaltet gälte es Schwerverbrecher zu bewachen., Hin­Im Juli sind in der preußischen Justizver- tereinander antreten", befiehlt ein Bursche, und Werbt

waltung aus politischen Gründen 30 Entlassun- die Frauen müssen sich sputen, recht rasch gen, wegen ihrer nicht arischen Abstammung sich hintereinander zu ordnen, denn bei wem 159 Entlassungen vorgenommen worden. In der es zu lange dauert, der wird gleich wieder zum Liste der Rechtsanwälte wurden 185 Löschun- Tor hinausgewiesen. gen vorgenommen, davon waren 47 auch No­tare.

Mutter Müller steht auch mit in der Reihe, sie mag wohl die dreißigste sein. Weit vorne

für den.

Neuen Vorwärts!

sucht Verbindung und Vorschläge für neue Existenz.

Die ALLIANCE FRANCAISE, 101, Bd. Raspail, Paris  ( 6)

Die praktische Schule für die französische   Sprache

veranstaltet in den Monaten September und Oktober einen Vor­bereitungskurs für die Universität wie auch Lehrgänge für An­fänger, und zwar 15 Stunden in der Woche für praktische Uebungen in der französischen   Sprache, 30 Vorträge im Monat. 10 Vorträge im Monat mit Führungen in Paris   und Umgebung. Preis 180 Frs. für 1 Monat, 275 Frs. für 2 Monate. Nähere Auskunft erteilt der Direktor ROBERT DUPOUEY, 101, Bd. Raspail, Paris  ( 6)

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