Redaktion und Verlags Karlsbad  , HausGraphia" TeL<OSI Itttttr Argentinien  Belgien  .... Bulgarien  ... Danzlg.... Deutschland.  , Estl nd.... Finnland.,. Frankreich  .. Großbritannien  Holland  .... Italien  ..... Jugoslawien  .. Lettland  ... *** Sozialdemokratisches Wochenblatt IVr  . 14 Sonntag, 17. Sept. 193S BuugmpreJi Im Quartal 1/ v. q (Im Ausland Ki 24�) JVC iO." AoaluidspreiM Eanzclntunm. hertetjährl. UUu«n.... Luxemburg  .. Norwegen  ... Oesterreich.. Pelistlna... Polen  ..... Portugsl.,. Rumänien.  , Seargeblet,, Schweden  .., Schwell,.. Spanien  ,.. Spanien  Ungarn  . USA  ... .UL 0.55 . B. Frs. 2.- . Kr. 0.35 , Sch. 0.40 , Müs 18.- . Zloty 0£0 . Esc. 2. . Lei 10.- . F.Fr. 1.50 . Kr, 0.55 . Frs. 0.30 . Pas, 0.70 . PengS 0.35 , Dollar 0.08 Ut. 6.60 B.Fr. 24.- Kr. 4.20 Schill. 4.80 Müs 216. Zloty 6. Esc. 24- Lei 120. F. Fr. 18.- Kr. 4 20 Frs. 3.60 Pes. 8.40 PengB 4.20 Dollar 0.96 Der Zeiger rückt auf Zwölf: Wehgeridrt gegen Reidisgericht Immer näher rückt der Zeitpunkt, wo der 4. Senat des Reichsgerichts über die Reichstagsbrandstiftung zu Gericht siljen muß. Und immer erdrückender wird das Material, das jenes andere Gericht in England sammelt, das man mit Fug und Recht gegenüber jenen Leipziger   Marionetten im roten Talar das Wel Ige rieht nennen kann. Der Präsident des 4. Senats Dr. Dünger ist zwar ein weit rechts­stehender Richter, aber es geht ihm doch der Ruf einer gewissen Paragraphenkorrcktheit voraus. Man kann gespannt sein, wie sich der 4. Senat unter Düngers Vorsii} aus der furchtbar peinlichen Affäre ziehen wird. Sein Spruch wird mit einem Schlag die völlige Knebelung der deutschen   Justiz vor der ganzen Welt klarstellen. Gorlng unter sdb werst em Verdacht Was jüngst der Wagram-Saal in Paris  erlebte, war mehr als eine Versammlung. Ein geschichtliches Ereignis! Einer der berühmtesten Anwälte Euro- Pas, ein Mann, dessen Stimme in der gan­zen Welt Gewicht hat, entwickelte einer fiebernden Menschenmenge seine Ansicht, daß der preußische Ministerpräsident G ö- ring den Reichstagsbrand an­gestiftet habe, um die Schuld andiesemVerbrechenaufseine Politischen Gegner zu schie­ben. Wenn die Unschuldigen verurteilt Werden", so rief Moro Glafferi,so werde ich dir, G ö r i n g, im Namen der ganzen Weit sagen;Göring  , der Brand­stifter des Reichstags bist dul" # Inrwischen erwartet Deutschland   den Leipziger Prozeß. Man hat die patriotische Pflicht, überzeugt zu sein, daß T o r g 1 e r mit Hilfe van der Lübbes und der drei Bulgaren   den Reichstag   in Brand gesteckt hat Zwar gibt es auch in Deutschland  keinen Menschen, der das glaubt, desto strenger ist man verpflichtet, s o z u t u n, als glaubte man. Der Oberreichsanwalt muß so tun und die Reichsrichter? Wer will, bevor das Urteil gesprochen st, aufstehen und sagen:Es gibt noch dichter in Leipzig  ?" Wenn es aber in Leipzig   keine Rich­ter gibt, dann kann es dort nur Schur­ken geben, die ein falsches Urteil spre­chen, um ihre eigene Haut zu schützen. Torgier und die drei Bulgaren   können verurteilt werden. Das ist wie die Dinge heute in Deutschland   liegen, möglich es 'st vielleicht viel eher möglich, als daß sie freigesprochen werden. Aber nicht mög- ich ist, daß sich das Gewissen der Welt hei einem solchen Urteil beruhigt nicht möglich ist. daß die Welt die Verurteilten für schuldig hält. Alle Welt außerhalb Deutschlands   und Willionen in Deutschland  , die heute zum Schweigen verurteilt sind werden wissen. daß an den Verurteilten der schlimmste Justizmord begangen worden ist. und lau­fer, leidenschaftlicher, gellender wird sich üer Schrei erheben:Göring  ! Gö­ ring  »" * Verurteilen darf man keinen, solange Se'ne Schuld nicht bewiesen ist. Das M nicht nur für Torgier, es gilt auch für Döring. Göring   hat im vollen Licht des Ta«es zahllose Verbrechen begangen: er jsf der Hauptschuldige an den furchtbaren Bluttaten der braunen Henkersknechte. Jedermann, der Sinn für Recht und Ge- fechtigkeit hat. muß hoffen, daß diesen �ebeltäter bald die gerechte Strafe treffen y'rd. Aber so unbedingt richtig das alles 'st. so ist damit noch nicht bewiesen, daß pÖring wirklich auch der Brandstiftung lni Reichstag schuldig ist Bleiben wir also bei dem Beweisbaren und sprechen wir es aus: Es besteht ge­gen Hermann Göring  , den zweiten Mann des Dritten Reiches  , der dringende Verdacht, daß er den Brand im Reichs­tag angestiftet hat Die Verdachtsgründe gegen ihn haben sich im Laufe der Zeit so verdichtet, daß er in einem Rechts­staat sofort in Untersuchungshaft genommen werden würde. Es könnte nur ein Mittel geben, um Hermann Göring   von dem Verdacht zu reinigen: Das wäre ein mit allen Rechts­garantien umgebener Prozeß gegen Göring   und Genossen wegen Brand­stiftung. Erst wenn ein solcher in aller Ocffentlichkeit geführter Prozeß die U n- schuld des Angeklagten erweisen würde, erst dann würde die Welt an ihre Unschuld auch glauben. # Der Prozeß in Leipzig  , der Gegenpro­zeß in London   beide können nur dazu führen, den Verdacht gegen Göring   zu bestärken. In beiden Prozessen wird sich zeigen, daß die Anklage gegen Torgier und die Bulgaren   nur eine schmutzige Justizkomödie ist, aufgeführt zu dem Zweck, die Wahrheit zu verbergen. Wer aber in Deutschland   ist heute so mäch­tig, daß er die Justiz zu einer solchen Komödie erniedrigen kann? Und wer in Deutschland   hat es nötig, zu solchen Mit­teln zu greifen, unvdie Wahrheit zu ver­bergen! Wieder wird die Antwort lauten: Göring  ! Göring  !" Ein Narr aus Holland   hat in unbe­kanntem Auftrag und mit unbekannter Hilfe den Sitzungssaal des Reichstags in Brand gesteckt Der Saal hatte keinen Zweck mehr, da der Parlamentarismus ohnedies abgeschafft war. Künstlerisch stellte er keinen Wert dar, denn er war geschmacklos bis zum äußersten. Men­schen sind nicht zu Schaden gekommen. Wäre seit dem 27. Februar nichts Schlim­meres passiert als dieses Schadenfeuer das deutsche   Volk wäre glücklich zu preisen! Aber dieses Schadenfeuer, das- mög­licherweise von einem blödsinnigen Hero­straten aus eigenem Antrieb gelegt sein Hitler'Sdiüiklgriiber zu Elsa: Nie sollst Da midi betragen, JVodi Wissens Sorge tragen, Woher Idi kam der Fahrt Noch wie mein Nam' und Artltf Courtesy of the Jewish Daily Bulletin, New York  . konnte, wurde zum Ausgangspunkt eines Staatsstreichs, der von unzähligen Morden begleitet war und der zur völ­ligen Vernichtung aller freiheitlichen Rechte des Volkes führte. Dieser Staats­streich ist von Hitler   und Göring  ausgeführt worden. Wer hat ihnen mit der Brandstiftung in die Hand gespielt? Wieder antwortet die Welt: Sie haben es selber getan! Göring   ist der Brandstifter! Der Staatsstreich der Hitler und Gö­ ring   hat die deutsche Justiz vernichtet, er hat das Vertrauen zu ihr restlos zer­stört Damit aber hat er auch die letzte Möglichkeit für Hermann Göring   zerstört, sich von dem Verdacht zu reinigen, der auf ihm liegt. Das ist ein Fluch, vor dem es kein Entrinnen gibt Das ist ein Feuer, das immer weiter brennt , Göring   und seine Spießgesellen werden in ihm verbrennen! Nordisches Urteil Nach einem amtlichen Bericht hat der dänische Ministerpräsident Stauning in einer Rede wörtlich erklärt: Die Dänen werden sich nie mit Maschi­nengewehren regieren lassen, noch durch eine Spezialpollzei oder von einem Clown, derilchanlelneSoldateskastatzt. Sollten gewisse Elemente mit ausländischer Hille zugunsten einer Revision der dänischen Grenzen manövrieren oder sich gewaltsam auch nur des. kleinsten Teiles unseres Gebie­tes zu bemächtigen versnehen, so werden sie Gelegenheit haben, sich von der absoluten U n- mögllchkelt eines solchen Unter­nehmens zn überzeugen." Die nordischen Völker ziehen es be­kanntlich vor, sich von Sozialdemo­kraten regieren zu lassen statt von Clowns, die sich auf eine Soldateska stüt­zen. So ist auch Stauning Sozialdemokrat, und er spricht mit herzhafter Deutlich­keit aus, was er denkt. Der Ton, den er anschlägt, beweist aber auch, daß Deutschland   durch Hit­ lers   glorreiche Führung vom Rang einer Großmacht herabgeglitten ist Es ist heute so schwach, daß selbst das kleine Dänemark   sich von ihm nicht fürchtet und seine Maulaufreißerei nicht mehr ernst nimmt. Alte Gesdhidite In Kischbtew ging vor etwa fünfzig Jahren ein jüdischer Theologe auf der Straße spazie­ren. Ein russischer Nationalsozialist wart einen Stein nach ihm, der Theologe bückte sich und der Stein flog in eine Fensterscheibe. Der Be­sitzer der Scheibe klagte den Steinwerfer um Schadenersatz, das hohe Gericht verkündete jedoch im Namen des Zaren: ,J)er Jude hat zu zahlen, denn hätte er sich nicht gebückt, so wäre die Scheibe nicht zerschlagen worden." Diese Geschichte Ist, wie gesagt, mindestens 50 Jahre alt. Aber klingt sie nicht wieder wie ganz neu?