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regend. Ich habe den Vater noch nie weinen ,,, Mutti, wo bin ich eigentlich da- jker im Vordergrund. Ich bin aber überzeugt, recht sein, den überlegenen Gegner abzuwehren sehen, aber als er mir im Sprechzimmer gegen- heim?" In dieser kindlichen Frage liegt die Du wirst stark bleiben, auch wenn Deine Ge- und darüber hinaus zu besiegen." über saẞ standen ihm die Tränen in den Augen. ganze Tragödie unserer Kinder. Sie haben duld auf harte Probe gestellt werden sollte. Da Deutschland nach der nationali­kein Daheim, keine Familie mehr, sind ent- Aus Deinen Briefen lese ich immer viel stischen Phraseologie zu den wehrlos ge­Detmold, den 2. August 1933. Heute las ich in der Landeszeitung, daß wurzelt. Das ist überhaupt, was mir am mei- Hoffnung und Zuversicht. Darüber freue ich machten Völkern gehört, kann kein Zwei­die Bayerische Regierung der Lippischen Lan- sten Sorgen macht. Wenn die Kinder im mich stets. Sei nur weiter stark und zuver- fel daran bestehen, daß der Exkurs des desregierung, mich in ein bayerisches Konzen- Augenblick auch untergebracht und essen ha- sichtlich! um mich brauchst Du Dich nicht Professors eine Ankündigung für die ben, der Mensch lebt nicht von Brot zu besorgen. Finde mich auch in das Leben deutsche Kriegführung in einem neuen trationslager zu übernehmen, stattgegeben allein... Der Vater, die Mutter, das Heim, das im Konzentrationslager, wenn ich dort auch Kriege darstellt. Man kann es nach seiner habe und daß gemeinsame Familienleben sind noch Dinge, keine Blumen und sonstigen Erfrischungen be- Ansicht dem deutschen Volke nicht ver­die, wenn sie den Kindern fehlen, für ihre kommen kann, mit denen Du mich hier jede denken", wenn seine Heerführer beispiels­ganze künftige Entwicklung nicht ohne Einfluß Woche erfreust und für die ich Dir herzlich weise London mit Typhusflöhen und Pa­sind. Aber vielleicht brauchen sie das alles danke. Ich denke im voraus an die Zeit, da ris mit Pestratten verseuchen lassen. nicht gar zu lange zu entbehren. Verlier nur meine Schutzhaft aufgehoben sein wird und Du die Hoffnung nicht, wenn es auch noch sehr grüße Dich und die Kinder herzlich, lange dauern sollte.T] lange dauern sollte.

der Transport in den nächsten Tagen erfolgen soll. Ich schreibe heute mit der Maschine, weil mein Schreibzeug nicht in Ordnung ist. Aber in Zukunft würdest wohl gern mit Schreibmaschinenbriefen von mir vorlieb nehmen, wenn Du überhaupt nur Briefe bekommst. In manchen Konzentrationslagern

ist der Briefverkehr erheblich eingeschränkt.. Daẞ Kurt tüchtig beim Schwimmenlernen ist, freut mich. Ich habs erst mit 10 Jahren ge­lernt. Da ist er mir ja fast vier Jahre voraus. Ich freue mich schon darauf, wenn ich einst aus der Schutzhaft entlassen werde, mit mei­nem Kurtl schwimmen zu gehen.

Das letzte Kapitel des Romans ist ein wenig arg zusammengedrängt. Ich wollte fertig wer­den und fürchtete, ich komme von hier weg, ehe der Roman beendet ist. Jetzt habe ichs aber doch noch geschafft. Fünf Minuten vor Zwölf sozusagen. Darüber bin ich recht froh.

tun.

Nachschrift:

Dein Felix.

Während des Weltkriegs spielte in der Propaganda gegen Deutschland ein Buch des Generals der Kavallerie, von Bern­Die Mutter schrieb mir, ich solle alles tun, hardi, eine große Rolle, das alle Mög­Soeben wird mir mitgeteilt, daß ich heute, lichkeiten eines künftigen Krieges mit kal­damit ich nicht in ein Konzentrationslager komme. Ich schrieb ihr, daß ich darauf keiner- den 7. August abtransportiert werde. ter Sachlichkeit besprach. Dieses Buch, Das waren die letzten Worte von Felix das Deutschland nicht den geringsten lei Einfluß habe. Es ist doch kaum anzuneh­men, daß die gefaßten Beschlüsse geändert Fechenbachs Hand. Am Abend wurde er Nutzen gebracht, aber ungeheuren Scha­werden. Ich kann gar nichts in dieser Sache von Detmold abtransportiert. Als Reise- den gestiftet hat, war an dem epoche­Mutter hat wohl übertriebene Vor- ziel war nicht Dachau , sondern das Poli- machenden Werk Banses gemessen, ge­stellungen in all diesen Dingen. Schließlich zeipräsidium München angegeben, doch radezu eine Geschichte für Backfische. bin ich ja nicht allein, der ins Konzentrations- war schon alles vorbereitet, daß er die­Dieses neue Buch wird zu einer furcht­lager kommt. Natürlich, die Familienangehö- ses Ziel nicht erreichen sollte. Um 8 Uhr baren Waffe werden in der Hand der­rigen sehen in erster Linie das Enzelschicksal, abends wurde er in Scherfede , 50 km von jenigen, denen der Frieden von Versailles sie sind ja auch persönlich ziemlich stark be- Detmold, mit schweren Schußwunden ein- noch viel zu milde gewesen ist. troffen, aber viele andere haben das gleiche geliefert; er starb zwei Stunden darauf, Schicksal zu tragen. Tausende. Dieser Tage ohne das Bewußtsein wieder erlangt zu las ich in der Zeitung, daß der ehemalige haben. Die konventionelle Lüge von einer Detmold , den 3. August 1933. Ich habe das Märchen Reichstagspräsident, Paul Löbe , in in ein ,, Erschießung auf der Flucht" bedarf kaum burtstag jetzt schon geschrieben, weil ich Konzentrationslager kam. Viele andere, Be- einer Widerlegung. Eine zerschlagene nicht weiß, ob ich im Konzentrationslager da- kannte und Unbekannte, sind auch dort. Ver- Armbanduhr mit zerrissenem Riemen, die suche Du Dir einmal die Dinge von einem der Witwe des Ermordeten unvorsich­größeren geschichtlichen Gesichtspunkt aus tiger Weise zugeschickt wurde, legt für zu betrachten, nicht nur vom persönlichen aus. ganz andere grauenhafte Vorgänge Zeug­Vielleicht kannst Du dann manches leichter nis ab. Felix Fechenbach hat seine Treue zur tragen. Ich weiß wohl es ist alles recht schwer für Dich und die Kinder und das Einzelschick- Arbeiterklasse und zur Sache des Sozia­sal steht schon dadurh für Dich immer stär- lismus mit seinem Blute besiegelt.

zu Lottis Ge­

zu noch die Möglichkeit habe.

Wann ich hier wegkomme, weiß ich noch nicht, aber ich warte jeden Tag auf den Ab­transport. Sobald ich die Möglichkeit dazu habe, schreibe ich Dir meine neue Adresse. Laß es Dir und den Kindern weiter gut gehen und mache Dir um mich keine Sorgen. Ich werde mich auch in die neue Umgebung zu schicken wissen.

Detmold , den 4. August 1933. Du träumst von mir? Dann können wir uns die Hand reichen. Ich habe schon sehr oft von Dir geträumt. Aber die Träume wollten nicht Wirklichkeit werden. Wenn ich auf­wachte, war ich wieder in der vergitterten Zelle Ich bin froh, daß die Zeit der

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Typhusflöhe

und Pestratten

Ungewißheit bald zu Ende geht. In die neue Nachdem die jüdische, marxistische| ,, unkriegerischen" begünstigen müsse- Umgebung werde ich mich schon hineinfinden. und pazifistische Literatur Deutschlands was ja auch im Dritten Reich ausgiebig Vor allem werde ich mehr Gesellschaft und den Flammen übergeben ist und ihre Ur- geschieht. Karikatur von Georg H. Trapp aus dem so­frische Luft und Bewegung haben. Das tut heber erschlagen, erschossen oder in Das alles bietet keinerlei Ueberra- eben erschienenen Arbelter- Jahrbuch gut nach 5 Monaten Zellenhaft. Konzentrationslagern untergebracht sind, schung. Spannend wird die Sache erst, 1934 der Deutschen sozialdemokratischen Ar­kann sich im Dritten Reich die ,, nationale sobald der Schöpfer der neuen nationalen beiterpartei in der ČSR . Das Jahrbuch umfaßt Detmold , den 6. August 19933. Ich bin noch immer in Detmold und glaubte Wehrwissenschaft" ungestört entfalten. Wehrwirtschaft auf die Mittel der 204 Seiten Text, rund 100 Illustrationen ver­schon in der vergangenen Woche ins Konzen- Sie ist wichtiger als Philosophie, Juris- künftigen Krieg führung zu schiedener Art und ist steif kartoniert gebun­trationslager zu kommen. Vielleicht findet der prudenz, Medizin oder Theologie, sie wird sprechen kommt. Hier erfährt man, auf den. Es enthält neben zahlreichen anderen Abtransport schon in einigen Tagen statt. Viel- an allen Schulen gelehrt und überschattet welche Weise das in Aussicht genom- Aufsätzen zwei auf die Ereignisse in Deutsch­alle Fakultäten. mene neue ,, Stahlbad der Läuterung" be- land bezugnehmende Artikel: Karl Kern: Hit­Eine besondere Bedeutung kommt in reitet werden soll. Da schreibt der Pro- lers großes Jahr, und Emil Franzel : diesem neueröffneten Hochbetrieb einem fessor: Zur Geistesgeschichte des Drit Buche zu, das vor kurzem erschienen ist ,, Neben der Chemie tritt heute die Biologie ten Reiches. Die Kunstbeilage, ein und in steigendem Maße die Presse des als Kriegsmittel noch stark zurück, doch steht dreifarbiger Holzschnitt von Georg H. Trapp: Du hast das ganze richtig auch an dem Roman Auslandes beschäftigt. Es führt den Titel zu vermuten, daß sie unter den Notwendig- Das Banner steht, wenn der Mann auch fällt!" beobachtet. Die beiden letzten Kapitel haben ein" Wehrwissenschaft. Einführung in eine keiten des nächsten Krieges sich ihre Stellung ist als Gedenkblatt den Opfern des wenig darunter gelitten. Aber auch unter der neue nationale Wissenschaft", ist im Ar- erkämpfen wird.... Sorge, ich könne den Roman nicht fertig manenverlag in Leipzig erschienen und bringen. Du wirst mir, wenn ich nach der von einem Professor Ewald Banse ge­schrieben. Entlassung aus der Schutzhaft den Roman noch einmal durcharbeite viel helfen können.

leicht dauert er noch Wochen. Ich weiß es nicht.

Dies Warten auf die Veränderung erfüllt mich mit einer merkwürdigen Unruhe. Ich weiß selbst nicht warum, aber es ist so.

Daß dieses offizielle Werk der natio­Ich freue mich schon heute auf diese gemein- nalen Wehrwissenschaft, allen Friedens­

same Arbeit. Aber wann das sein wird, ver­mag ich nicht zu sagen.

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In Betracht kommt die Verseuchung des Trink- und Gebrauchswassers durch Ty­phusbazillen, ferner die Einführung des Typhus durch Flöhe sowie der Pest durch künstlich angesteckte Ratten. beteuerungen der Minister zum Trotz, den Krieg in allen Tonarten preist, lobt und Namentlich die Flugzeuge dürften durch Daß Du die Widmung des Romans in Dei- verherrlicht das kann bei der ganzen Landung im feindlichen Hinterlande und Aus­Struktur des Dritten setzen der Keimträger besonders günstige Er­ner Bescheidenheit ablehnen würdest, sah ich geistig- sittlichen Struktur voraus. Es bleibt aber doch dabel. Der Ro- Reiches nicht überraschen. Der Profes- gebnisse erzielen können. Zweifellos ist eins: man ist für Dich geschrieben und soll Dir ge- sor Banse erklärt sehr im Wider- der biologische Krieg ist die gegebene Waffe spruch zum Kellogg-Pakt, der den für entwaffnete, wehrlos gemachte Krieg für ein Verbrechen erklärt daß Völker. Man kann solchen nicht ver­Krieg keineswegs etwas Verbrecherisches denken, wenn sie sich dermaleinst durch oder Sünde an der Menschheit sei, daß derartige Mittel gegen brutale Vergewaltigung wörtlich- ,, das Stahlbad zur Wehr setzen und ihren Bedrückerstaat auf er vielmehr der Läuterung zu neuem Auftriebe" dar- rein wissenschaftlichem Wege vernichten... stelle, und das darum die ,, kriegerischen Wenn es sich um das Dasein eines Staates und Schichten" des Volkes gegenüber den Volkes handelt, dann muß diesem jedes Mittel

widmet sein. Du mußt Dir das schon fallen lassen, Liebes.

ge­

Ich kann Dir ja sonst nichts geben und schließlich wem soll ich so etwas, was so ein ganz persönliches Werk ist, sonst geben?

Der Roman hat Dir in all den Wochen viel Freude gemacht, das merkte ich aus Deinen

Briefen immer wieder. Nun gehört er Dir ganz und gar und wenn wir erst wieder Zu­sammen sein können, wirst Du an seiner end­gültigen Gestaltung noch mithelfen können.

An den Sonntag, da Lotte geboren wurde, erinnere ich mich besonders lebhaft, wußte nur nicht mehr, wars September oder Oktober. Die Fahrt ins Krankenhaus, die Bescherung, die später bei Kurtl zu Hause vorfand, be­stehen noch bildhaft lebendig vor mir.

Auf jedenfalls richte Dich so ein, daß Du bei den Kindern bleiben kannst. Sie leiden ohne­hin am meisten unter unserer Trennung. Kön­nen sie schon den Vater nicht haben, dann sollen sie wenigstens die Mutter nicht ent­behren.

Du sagst ja selbst, die Kinder seien ein Opfer der Zelt, entwurzelt, heimatlos ge­worden.

Tue nur alles, daß Du wenigstens bei ihnen bleiben kannst. Aber das brauche ich Dir ja nicht besonders ans Herz zu legen. Du wirst das von Dir aus schon tun. Die Frage, die Lotte an Dich gerichtet hat, als die Ferien­kinder nach Hause fuhren, Ist ja erschütternd:

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