Nationalsozialistischer Sozialismus u. kapitalistische Wirklichkeit

Je weniger die Nationalsozialisten an die beitslose Kameraden werden. Dann ist Leys So­Verwirklichung des Sozialismus denken, desto zialismus verwirklicht. mehr häufen sich die Definitionen ihres einzig , wahren" Sozialismus. Da ist zunächst Trun­kenbold Ley, Führer der Arbeitsfront. Er hat einen Aufruf losgelassen, in dem es heißt:

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Wir wollen dem arbeitenden

Ein anderer Oberbonze! In der ersten Sitzung der Ausschüsse für Sozialpolitik und kaufmän­nisches sowie gewerbliches Bildungswesen, die in Berlin am 27. September stattfand, betonte

Menschen im Betriebe die Hand mus, jenes oft so falsch verstandene Wort sei

drücken. Es muß wahr werden, in diesem

der Präsident Dr. von Renteln, Sozialis­nichts anderes als Gemeinschaftsbildung und in

Winter darf kein Volksgenosse hungern und diesem Sinne sei auch die sozialpolitische Ar­frieren. Die früheren Machthaber beit praktischer Sozialismus. Sozialisieren könne

führten das Wort Sozialismus auf den Lippen, wir wollen es in die Tatumsetzen. Vorwärts mit Hitler gegen

Hunger und Kälte!

Sozialismus ist also organisierte Bettelei, so­wie zwangsweiser Abzug von Lohn und Gehalt bei Arbeitern, Angestellten, Beamten und Reichs­

wehrsoldaten, die Verwandlung der Arbeits­losen, den die früheren Machthaber das Recht auf Unterstützung gewährleistet hatten, in einen

Almosenempfänger. Dafür darf der Arbeiter sich aber nach demselben Ley als nordischer Her­renmensch fühlen.

Und nochmals Ley! Auf einer Massenkund­gebung der Betriebsgruppe, Banken und Ver­sicherung, auf der Reichswirtschaftsminister Schmitt als Hauptredner sprach, sagte dieser Führer der Arbeitsfront:

,, Das beste Arbeitsbeschaffungs­programm sei das Vertrauen und der Glaube. Das Beste in der Wirtschaft seien nicht Fabriken, sondern die menschliche Arbeitskraft. Nicht eine neue Wirt­schaftsordnung tue not, sondern eine neue Gesellschaftsordnung. Wir würden neue Menschen, wenn wir Kame­raden würden, geboren aus dem gemein­samen Kampf um das Dasein unseres Volkes, und dann würden wir alles meistern."

Es sind nur wenige Worte, aber sie haben

man nur die Gesinnung. Die Zurückdrängung der Menschen und des Menschlichen sei das Kennzeichen des marxistischen Sozialismus ge­

wesen.' Demgegenüber wolle der deutsche So­zialismus wieder den Menschen in den Vorder­grund stellen.

Und deshalb stellen sie die Thyssen und

Krupp in ihren Staatsrat und ihren Generalrat der Wirtschaft und die Arbeiter in die Kon­zentrationslager oder bestenfalls in die Stempel­

stellen und den Arbeitsdienst.

Aber nach der Farce kommt der Ernst, nach

der so jämmerlichen scheinsozialistischen Phrase die kapitalistische Wirklichkeit zu Wort. Auf der schon erwähnten Tagung in München sagte der wirklich maßgebende Wirtschafts­minister Schmitt:

Aufgabe des Staates gegenüber der Wirt­schaft sei, sie zu überwachen, aber nicht einzugreifen... Die deutsche Wirt­schaft werde nur dann wieder zur Blüte kom­men, wenn es gelingt, die Rentabilität jedes einzelnen wirtschaftlichen Unternehmens sicherzustellen."

Das ist deutlich: Wiederherstellung des Profits, das ist das A und O der Wirt­schaftspolitik der nationalsozialistischen Dikta­tur. Das ist die Antwort des nüchternen Ministers auf den besoffenen Ley.

wurde, weil er es gewagt hatte, sich an einem beschuldigt, wenn die Geschäfte schlecht gehen. deutschen Mädel zu vergreifen, da war die Oef- Offenbar glaubte sich Herr Meyer, der nur ein fentlichkeit gespannt, welche Strafe diesem typi- Strohmann ist, vor seinem Chef einem Herrn, schen Vertreter seiner Rasse für seine Unver- der im Mai dieses Jahres die Taufe empfing schämtheit wohl erreichen werde. Am Freitag anders nicht mehr verantworten zu können. Vormittag hatte sich nun Cohn

aus der Schutzhaft vorgeführt

vor Gericht zu verantworten. Sein ganzes Auf- Sc Schutzhaft,

treten war das des frivolen, frechen Juden­genossen. Höhnisch grinsend beantwortete er die Verlesung des Protokolls und die Aussagen der Zeugin.

weil zu billig!

Aus Hameln wird berichtet: Wegen unverantwortlicher Preispolitik wur­

Vor dem Richter leugnete selbstverständlich den die Stuhlfabrikanten Gebrüder Bähre in Jud' Cohn. Ein ,, harmloses" Streicheln der Marienau in Schutzhaft genommen. Die Firma Wange der Zeugin gab er allerdings zu. Die Bähre wird beschuldigt, ihre Stühle viel zu bestimmten und ruhigen Aussagen der Zeugin, billig in den Handel gebracht zu haben. Dar­die merklich eine seelische Erschütterung auf über beschwerten sich die ebenfalls Stühle er­Grund der Vorfälle erlitten hatte, stehen in zeugenden Tischlermeister der Umgegend beim Deutschen Holzarbeiterverband. Zahistelle krassem Widerspruch zu den Aeußerungen des Angeklagten und stempeln ihn zum Lügner. Der Hameln . Die Verhaftung der Gebrüder Bähre Verteidiger des jüdischen Schmutzfinkens, erfolgte auf Anordnung(!) des Kreisleiters des Rechtsanwalt Dr. Büttner, versuchte mit an den Deutschen Holzarbeiterverbandes.

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Die deutschen Gewerkschaften haben so ihre

Haaren herbeigezogenen Argumenten seinen Klienten zu entlasten. Für ihn war ausschlag- Aufgaben! gebend, daß die Zeugin vor Jahren auf 6 Wo­

chen in einer Nervenheilanstalt war. Sie wurde aber als völlig gesund entlassen. Diese Tatsache genügt ihm allein, um ihr jetzt jedes logische Denken abzusprechen. Mit juristischen Spitzfin­digkeiten gelingt es ihm, das Gericht von der ,, Unschuld" des Ostjuden zu überzeugen. Herr Büttner, Spitzfindigkeiten gibt es im neuen Deutschland nicht mehr.

Die Großmutter des Windhunds!

Leipzig sorgt für Rassenreinheit im Hundereich

Aus Sachsen wird uns geschrieben: Die Leipziger Hunde lassen ihre mehr oder minder reinrassigen Ohren hängen, keine Heute gilt deutsches Recht! Wurst schmeckt ihnen mehr und sie erfüllen Was uns Nationalsozialisten an dem gesam- die Straßen mit traurigem Gewinsel. Die Aerm­ten Verlauf der Verhandlung ungeheuer- sten sind von der nationalen Erneue­lich und fast unglaubwürdig anmutet, was wir rung ergriffen worden! Der Stadtrat hat sich weiter auf das Energischste ablehnen und was ihrer erinnert und hat seiner Entrüstung dar­eigentlich heute vor einem deutschen Gericht nicht mehr vorkommen dürfte, ist die Tatsache, daß Cohn an einer seiner Angestellten einem deutschen Mädel noch einmal das vorführt, was er nach seinen Angaben mit

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der Zeugin gemacht haben will. Damit kam der Ostjude zu doppel­te m Genuß! Hier ergibt sich übrigens die Frage: Wie konnte sich die Angestellte dies ge­fallen lassen und wie konnte das Gericht dies

viel Unsinn in sich. Oder vielmehr, der Ley Der Sinn des Eintopfgerichts überhaupt gestatten?

muß viel Alkohol in sich gehabt haben, denn nüchtern hätte selbst er das Kauderwelsch nicht zusammengebracht. Also Nationalsozialismus ist

Sozialismus der Tat

Am nächsten Sonntag, dem Deutschen Erntee banitag, wird in Stadt und Land zum erftenmal

das Eintopfgericht

keine neue Wirtschaftsordnung. Es bleibt bei der alten, die bekanntlich die kapitalistische ist. Aber, entdeckt Ley, er ist eine neue Gesell- Auch Hugenbergs ,, Lokalanzeiger" ist schaftsordnung. Dazu brauchts keine neue Wirt- heute ,, Sozialistisch " geworden und predigt schaft; es genügt, wenn Thyssen und der Ar- Eintopf- Sozialismus. Patent Göbbels .

Strafsache Cohn

Kulturbild aus dem Dritten Reich

I.

,, Fuldaer Zeitung" vom 16. September: In einer Einzelrichtersitzung befaßte sich un­längst das Gericht mit der Strafsache Cohn. Herr Cohn, Inhaber des Manufakturwaren­geschäftes Becker neben der Pfarrkirche, wurde beschuldigt, sich am 21. August d. J. in seinem

Geschäft einer Kundin vom Lande, die eine zeugt ist. Mütze kaufen wollte, in zudringlicher Weise genähert und

an dem Mädchen unzüchtige Berührungen vorgenommen zu haben. Die Ankage wegen tät­licher Beleidigung stützt sich auf Aussagen

Der Staatsanwalt nahm scharf Stellung gegen das Verhalten des Juden und beantragte wegen tätlicher Beleidigung 3 Monate Gefängnis. Das Gericht konnte sich aber von der Schuld Cohns anscheinend nicht überzeugen und, verurteilte" ihn zu der hohen" Strafe von 100 RM., an­statt einer an sich verwirkten Gefängnisstrafe von 20 Tagen.

über Ausdruck verliehen, daß Mischehen unter den Vierbeinern der Stadt nicht selten sind und daß die Unsittlichkeit in erschreckendem Maße zunimmt. Um hinfort alle renitenten Tiere zu strafen, die selbst im Dritten Reiche noch nicht begriffen haben, daß der Hunde- Adel aus Blut und Boden gewachsen, nicht geschändet werden darf, hat der Stadtrat zu Leipzig in Sachsen

soeben eine Verordnung, die Hundesteuer betreffend, herausgegeben, nach der in Zu­kunft Bastarde und Hunde minderwertiger Rasse weiter RM. 60. im Jahre zu zahlen haben, indes die edlen Rassehunde mit be­glaubigtem Stammbaum nur RM. 20.- zu erlegen brauchen, da es gilt, die deutsche Hundezucht zu heben.

Nun wird die Jagd nach der Großmutter Die Hinzuziehung des Sachverständigen Dr. auch im Tierreich beginnen, nun wird eine Pin­Ruhl war völlig überflüssig, da ja seine Aus- scherin, die sich einem Windhunde unsittlich sage, daß die Zeugin absichtlich die Wahrheit nähert, an den Pranger gestellt werden.. nicht verdreht von dem Gericht außer Betracht Vielleicht werden auch besondere Laternen­gelassen wurde. pfähle für die edlen Reinrassigen reserviert, In dieser Angelegenheit ist das letzte Wort um sie vor der Gesellschaft minderwertiger noch nicht gesprochen.

wärts":

Unterhunde zu bewahren. Uebrigens trifft die und sich nach ihren eigenen Angaben vor meh­Bestimmung, die auf die braune Tierfreund­reren Jahren einmal sechs Wochen lang in der Nachschrift der Redaktion des ,, Neuen Vor- lichkeit ein seltsames Licht wirft, wieder mal Universitätsnervenklinik in Marburg befand, die die ärmsten Teufel, denn wer sich für RM. Vermutung zuließ, an und für sich harmlose Der Warenhausbesitzer Cohn aus Karlsbad . 1000.- und mehr einen Stammbaum leisten Vorgänge würden sich in ihrer Einbildungskraft 30 Jahre in Fulda ansässig, hatte seinerzeit kann, vermag auch die Hundesteuer spielend aufbauschen und sich so zur fixen Idee aus­bilden, von deren Richtigkeit sie selbst über- gegen die Boykottierung seines Geschäftes das zu bezahlen. tschechoslowakische Konsulat mit Erfolg in Be- Es ist wirklich ungerecht, von Göbbels Nach zweistündiger Verhandlung erging fol- wegung gesetzt. Darum wurde das Unzuchts- und Hitler auf die Minderwertigkeit der Ba­theater gegen ihn aufgeführt. Das, deutsche starde im allgemeinen zu schließen, nicht jede Mädel", das im Kaufhaus nicht die geringste Hakenkreuzung muß derart mißglücken. Ande­Spur von Aufregung gezeigt hatte, ging schnur- rerseits liefern die Hohenzollernprinzen,' die stracks zur SA. Eine Stunde später wurde der neuerdings bei allen SA- Aufmärschen als Pa­unbescholtene alte Mann mit einem Schild: Ich radepferde mitwirken, den Beweis dafür, daß Jude habe ein deutsches Mädchen auch ziemlich reine Rassen degenerieren, und geschändet" durch die Straßen gefahren. der Menschheit Schande bereiten können. Wie Das Warenhaus steht leer kein Mensch wagt dem auch sei das Leipziger Straßenbild mehr, dort zu kaufen. Der Besitzer befindet sich wird zweifellos durch den Bastard- Boykott er­in Schutzhaft". heblich gesäubert werden, und wenn die Leip­

gendes Urteil: Der Angeklagte wird wegen tät­

licher Beleidigung statt zu einer verwirkten Gefängnisstrafe von 20 Tagen zu

100 Mk. Geldstrafe

eines 33 Jahre alten Mädchens, das behauptet, und zu den Kosten des Verfahrens verurteilt, bei einem Mützenkauf vom Geschäftsinhaber und zwar mit Rücksicht darauf, daß er noch aus dem Laden in einen im ersten Stock lie- nicht vorbestraft ist. In der Begründung wird genden Geschäftsraum geführt und dort von gesagt, das Gericht habe sich nicht dem Angeklagten in zudringlicher Weise be- davon überzeugen können, ob alle lästigt worden zu sein. Nach ihren Aussagen Angaben des Mädchens objektiv

vor Gericht hat sie selbst den Wunsch ge- wahr seien. Jedoch sei es überzeugt, daß die Und Strafsache Wein- ziger Hunde nichts zu lachen haben, so wird

im ersten Stock geführt.

baum

die Welt über diese neueste Blüte an Hitlers Rassebaum desto mehr lachen.

äußert, die Mütze vor einem Doppelspiegel( mit Zeugin die Vorfälle so glaube, wie sie sie ge­dem man sich auch von hinten sehen kann) schildert habe. Es könne die Aussagen der Zeu­anprobieren zu wollen. Zu diesem Zwecke hatte gin jedoch nicht in vollem Umfange für glaub- Im Kaufhaus Blaße in Breslau waren Chemisch - pharmazeutisches Laboratorium sucht sie der Geschäftsinhaber in den Geschäftsraum würdig halten. Eine tätliche Beleidigung liege antifaschistische Flugblätter verbreitet worden. erfahrenen Chemiker mit guten Fac kenntnissen. immerhin insofern vor, als die Zeugin sich auch Da der Verbrecher nicht zu finden war, wurden Bei Angeboten frühere Arbeitsstellen angeben. Grinfeld Farmacon Kischinew, Bessarabien , Rumänien die wenn auch harmlosen oder scherzhaften 22 jüdische Angestellte entlassen. Der Inhaber Berührungen eines jüdischen Verkäufers des Geschäftes, ein strammer Nazi, namens nicht gefallen zu lassen brauche. Meyer, begnügte sich jedoch mit dieser Maß­II nahme nicht, sondern zeigte zwei der Entlasse­vom 18. nen, die Einkäufer Weinbaum und Heil­fron, wegen angeblicher ,, Sabotage" der Ge­

Herr C bestritt aufs entschiedenste die Angaben der Zeugin

turwarengeschäftes Becker& Co., durch die Straßen der Stadt Fulda geführt

haftet, Heilfron gelang es zu entfliehen. ,, Sabo­tage der nationalen Arbeit" ist heute ein schwe­res Delikt, dessen man gerne einen anderen

und betonte, bei der fraglichen Gelegenheit nur die bei einer solchen Anprobe üblichen und täglich häufig vorkommenden Bewegungen aus- ,, Fuldaer Nachrichten" geführt zu haben. Die Anprobe vor dem dop- September: pelten Spiegel habe es erforderlich gemacht, Als vor wenigen Tagen der sattsam bekannte heimen Staatspolizei an. Weinbaum wurde ver­daß er der Zeugin den Kopf in die richtige tschechische Jude Cohn, Inhaber des Manufak­Lage gerückt habe. Die ganze Szene war nach seinen Aussagen harmlos. Auch zwei Zeugin­nen, die in dem Geschäft angestellt sind und während des Vorfalles im unteren Ladenraum weilten, der gegenüber dem in Frage kommen­den Geschäftsraum keine Abschlußtür aufweist, entlasteten durch ihre Aussagen den Angeklag­ten. Bei den widersprechenden Aussagen des Angeklagten und der Hauptzeugin prüfte das Gericht die Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen, wobei von einem hiesigen Arzt, bei dem das Mädchen gelegentlich in Behandlung stand, ein Gutachten abgegeben wurde. Es lautete dahin­gehend, daß

die hysterische Veranlagung der Zeugin, die nachweislich schwer nervenleidend ist

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