Das braune Reich Im Spiegel der W eil Eiskalte Wachsamkeit Der führende konservative Journalist Englands, G a r v i n, schreibt hnObser- ver": Die Nationalsozialisten haben mit«10001 Schlag alle Meinungsverschiedenheiten, die England und Frankreich voneinander- trennen konnten, weggefegt. Sie haben die Sympathie dar Vereinigten Staaten liir Deutschland In«Ine eiskalte Wachsamkeit verwandelt. Niemals wird ihnen unter solchen Umständen das faschistische Italien Geiolg- schait leisten. Selbst SowietruBlaod haben sie sich entfremdet. Sie mögen sich hüten, an die deutsche Schweiz zu rühren! ... In dieser allgemeinen Bewegung der Ab- lebnug und des Widerwillens ruht die wahre Kraft und Hoffnung des Friedens. Niemals wird sich Europa auf Gnade und Ungnade dem nationalsozialistischen Terror überliefern!" DerObserver" ist neuerdings in Deutschland verboten! Ohrfelgen aus USA « Eine amtliche Erklärung der amerikanischen Regierung vom 13. Oktober stellt fest, daß in wenigstens 27 Fällen amerikanische Reisende in Deutschland angegriffen worden sind, und zwar in 20 Fällen von Hitler-Leuten. Die Schuldigen wurden nie verfolgt. Der amerikanische Bot­schafter In Berlin wurde angewiesen, ausdrück­lich zu erklären, daß sich die amerikanische Regierung nicht mehr mit offiziellen Entschuldi­gungen begnügen könne, sondern verlangen müsse, daß die Angreifer streng bestraft und die amerikanische Botschaft von der Art der Be­strafung ufiter richtet werde. Daraufhin sind be­reits eine Anzahl bA.-Leute in Berlin und Düs­ seldorf auf Anordnung der Geheimen Staats­polizei verhaftet worden. Binnen 24 Stunden wurden sieals Täter ern ittelt" und festgenom­men. lieber die Art der Strafe verlautet noch nichts; vielleicht bringt man die Schuldigen ins Konzentrationslager zur Aufsicht überMar­xisten". 9,\ ollkommen demoralisiert66 Ein englischer Pressevertreter, der gegen­wärtig in Berlin lebt, schreibt in einem Briefe an denManchester Guardian": Die Wahrheit über Nazi-Deutschland Ist so unglaublich, daß es nicht überrascht, wenn man sie draußen Mehl voll erfaßt und wenn viele Leute in anderen Ländern ah dem zwei­feln, was die ausländischen Korrespondenten von Mer aus übet Deutschland berichten, ob­gleich einige von ihnen lahrelang In Deutsch­ land gelebt haben und obgldcfa sie alle, oder fast alle, einer Meinung sind. Ich habe niemals eine so bemerkenswerte Ueberein- stfmmung in einer Körperschaft von Männern verschiedenster Nationalitäten und aller po­litischen Schattierungen angetroffen, wie sie bei den ausländischen Korrespondenten zu fin­den ist und ebenso bei den fremden Gesandt­schaften in Bei Im. Wir begreifen hier, daß wir Zeugen einer Erscheinung sind, die in der Welt keine Parallele und wahrscheinlich in der Geschichte keine Vorgänge) hat Ich war, als ich im August hierher kam, länger als acht Jahre nicht in Deutschland gewesen. Nie­mals habe ich ein Land so vollkommen ge- ändert, nie eine Nation so vollkommen demo­ralisiert gesehen." Seine Ignoranz der Herr Reichskanzler Ist es möglich, daß ein deutscher Reichs­kanzler nicht weiß, wer in England Hinister­präsident ist? Hitler hat in seiner Rundfunk­rede vomenglischen Ministerpräsidenten B a 1 d w i n" gesprochen die Existenz Mac Donalds scheint!hm unbekannt zu sein. Un­willkürlich denkt man an die berühmten Re- krute�antworten auf die Frage:Wer war Bismarck ?" Die Offiziösen werden natürlich behaupten, Hitler habe sich nur versprochen, und die Presseberichte sind auch alsbald entsprechend korrigiert worden, so daß nicht mehr vom Ministerpräsidenten, sondern vomMinister Baldwin" die Rede ist bchön. wenn Hitler wirk­lich wissen sollte, wer in England Minister­präsident ist, so weiß er doch nicht, wer in Deutschland ReichskanzlT war und wer es nicht war. in seinem BuchMein Kampf " ist wiederholt von einemReichskanzler Si­ mon " die Rede, den es ni gegeben hat und mit dem vermutlich der Außenminister Si­mons gemeint Ist. Damit ist aber auch wahr­scheinlich gemacht, daß sich Hitler über die Amtsstellung Baldwins und die Zusammen­setzung der gegenwärtigen englischen Regie­rung durchaus im Unklaren befindet So sieht es In einem Kopf aus, der keinen Raum für Tatsachen hat und immerzu nur Phrasen produziert Zldtzack'Kurs zur Am 16. September sprach Neurath Auslandspresse: So werden sich auch die Beziehungen zwischen Deutschland und der Sowjet­ union weiterhin fruchtbar gestal­ten, ebenso zu allen anderen Ländern, die guten Willens sind." Die Wendung zu Sowjetrußland fiel allge­mein auf. Optimisten glaubten sogar, der Außenminister habe einen Versuch unternom­men, Politik zu machen Am 13. Oktober aber tobte im Rundfunk Hitler: Wäre erst der rote Aufruhr als Feuer- brand über Deutschlaad binweggerast so würde man wohl auch In den westlichen Kul­turländern Europas einsehen gelernt haben, daß es nicht gleichgültig ist ob am Rhein und an der Nordsee die Vorposten eines geistig, revolutionär- expansi­ven asiatischen Weltreichs Wa­che stehen"... Nach Pariser idtungsmeldungen aus Rom soll Mussolini , als er vom neuesten außen­politischen Streich«-einer nördlichen Bewunde­rer hörte, ausgerufen haben;Die sind ja verrückt!" Hitler und die Reldis- deutschen Im Ausland Aus Kreisen des Auslandsdeutschtums wird uns geschrieben: Bisher ist ein Punkt zu wenig beachtet worden, der die völlig a n t i n a t i 0 nale Wirkung der Naziherr­schaft deutlich erkennen läßt. Das ist die Verödung des deutschen Le­bens in den ausländischen Ge­bieten. Wenn auch schon früher viele Aus­landsdeutsche sich in der Bekundung einer urreaktionären Gesinnung gefielen, so war doch auch das republikanische Element, namentlich unter den jungen Leuten, die den Krieg aus eigenster An­schauung kennen gelernt hatten, vorhan­den; vor allem aber überwog das Gefühl, daß nun zusammengehörte. Jetzt ist es ganz anders geworden. Der tötende Hauch der natio­nalsozialistischen Gewalt­herrschaft hat sich auch auf die Aus- landsgebiete ausgedehnt, in denen Deut­ sche in größerer Zahl sitzen. Die meisten dieser deutschen Landslente sind noch Irgendwie mit dem Vaterland verbunden: sie sind Angestellte deutscher Firmen oder werden in absehbarer Zeit nach Hause zurückkehren; sie haben deutsche Kund­schaft, mit deren Ansichten sie rechnen müssen; clder Verwandte von ihnen sind in Deutschland zurückgeblieben, die als Geiseln" einbehalten werden könnten, wenn die Angehörigendraußen" nicht ganz brav sind. Und so ergeben sich tau­senderlei Abhängigkeiten, die es den deut­schen Kolonien verbieten, ihr geselliges und soziales Leben so zu führen, wie es den einzelnen sympathisch wäre. Die Folgen sind katastrophal Das blühende deutsche Vereinsleben in den Kolonien droht zu veröden. Wenn auch die meisten Deutschen geneigt sind, eine abwartende Haltung gegenüber der Hitlerei einzunehmen, so ist doch ander­seits das Gefühl lebendig, daß man sich in den Auslandsgebieten, wo man bisher mit Kameraden aller Richtungen leidlich gut zusammenlebte, nicht kommandieren und reglementieren lassen will Da aber die Hitlerschen Abge- Dänemark lacht Der Propagandaminisier:Große Ge­stalt. blaue Augen, Langschädel, ovale Gesichtsform und kleine Nase kenn­zeichnen den gesunden, den echten, den rassereinen Arier." Socialdemokraten", Kopenhagen . sandten unerbittlich auf ihrem Schein bestehen und die Ausmerzung aller Juden undMarxisten" aus den deutschen Ver­einen sowie die Ueberführung aller bei deutschen Firmen Angestellten in die na- tionalsctzialistischen gelben Berufsorgani­sationen verlangen, so muß notwendiger Weise die Zusammengehörigkeit einen töt liehen Stoß erleiden. Blühen­de deutsche Vereine gehen ein, weil die Vorsitzenden nicht daran denken, sich von grünen Jungen Vorschriften ma­chen zu lassen oder Männer und Frauen auszuschließen, die oft angesehene und verdiente Persönlichkeiten sind. Infolge­dessen legen die Vorstände ihre Aemter nieder, mit den Ausgeschlossenen treten diejenigen Mitglieder aus, die sich mit jenen gesellschaftlich und ideell verbunden fühlen und die es ablehnen, die Stätte des deutschen Gemeinschaftslebens durch blö­de Rassen- und Gesinnungsschnüffeleien entweiht zu sehen. Das Resultat ist klar: der deutsche Verein verliert seine besten und oftmals auch zahlungsbereitesten! Mitglieder und muß sich auflösen. In den deutschen Kolonien gibt es eine erhebliche Anzahl vcln Kaufleuten. Inge­nieuren, Werkmeistern und Arbeitern, die seit Jahren und Jahrzehnten dort ansässig sind und durch ihre Tüchtigkeit dem deut­ schen Namen Ehre gemacht haben. Ihre Kinder ließen sie in die deutsche Schule gehen, um ihnen, obwohl sie schon im Auslande geboren sind, die Zusammenge­hörigkeit mit Deutschland zu gewährlei­sten. Sie hätten schon längst die fremde Staatsangehörigkeit erwerben können, die ja meistens schon nach zehn Jahren Auf­enthalts gewährt wird; und dieser Schritt wäre vielfach für sie geschäftlich recht von Vorteil gewesen. Sie haben bisher diese Chance nicht ausgenutzt, sondern sind Deutsche geblieben. Hier wird jetzt auch eine tiefgrei­fende Aenderung eintreten. Es ist ein offenes Geheimnis in den Kolonien, daß sich viele ältere, in der neuen Heimat per­sönlich und geschäftlich längst eingewur­zelte Deutsche mit der bestimmten Absicht tragen, die deutsche Staats­angehörigkeit nunmehr aufzu­geben und Bürger des bisherigen Gast­staates zu werden. Sie wollen in den Strudel nicht hineingerissen werden, der Deutschland über kurz oder lang befallen muß; sie wollen nicht der wachsenden Verachtung teilhaftig sein, deren Obiekt das Hitler-Deutschland ist: und vor allem wünschen sie nicht, daß ihre Söhne in den drohenden Wahnsinn eines neuen Krieges hineingezogen werden. So hat diegeniale" Leitung der sog. nationalen Revolution" die außerordent­liche Leistung zuwege gebracht, daß eine starke Entfremdung und Ab­wendung vom deutschen Reich bei solchen Mitbürgern stattfindet, deren Verbleiben beim Vaterland stets als be­sonders erwünscht erschienen Ist Hitler isoliert Deutschland nicht nur vor den Regierungen sämtlicher Staaten, sondern auch vor den Männern und Frauen, die man früher mit einem ge­wissen Stolz diePicniere Deutschlands im Auslande" genannt hat! Amerika für Boykott Rede des Gewerkschaftsführers Green. Die amerikanischen Gewerkschaften haben beschlossen, sich an lern Boykott gegen Hilter - Deutschland zu beteiligen. Bei dieser Gelegen­heit hielt der Präsiden) der American Fe- deration of Labor, William Green. eli)e Rede, in der er sagte; ,Id der ganzen Geschichte un­serer Bewegung hat der Gedanke, den Unter­drückten beizustehen, eine entscheidende Rolle gespielt, und unser Wunsch helfend einzugrei­fen. ist nicht schwächet geworden, sondern er ist stärker denn je. Es kann weder in Deutsch­ land noch Irgendwo sonst In der Weit über­raschen. wenn die amerikanische Arbeiterbe­wegung Im Kampf um die Freiheit zur Waffe des Boykotts greift" Gör lug und Göbkels vor Gericht Es ist also so weit! Zwei aktive Mi­nister des Dritten Reichs, G ö r i n g und G Ö b b e 1 s, werden vor Gericht erschei­nen, um zu beschwören, daß sie den Reichstag nicht angezündet haben. G 0- r i n g und G ö b b e 1 s hatten behauptet, die Brandstiftung sei die Tat einersozial­demokratisch-kommunistischen Einheits­front". Diese freche Löge mußte, so­weit sie die Sozialdemokratie betrifft, schon in der Voruntersuchung fallen ge­lassen werden. Jetzt, im Hauptverfahren, stellt sich heraus, daß der Oberreichsan­walt auch gegen die Kommunisten nicht die Spur eines Beweises in der Hand hat. Die Kommunisten haben den Reichstag nicht angezündet Wer hat es sonst ge­tan? Waren es etwa diejenigen, die aus diesem Verbrechen politischen Nutzen gezogen haben! Je mehr das Anklagegebiude des Ober­reichsanwaltes zusammenbrach, desto mehr verstärkte sich der Verdacht gegen die Nationalsozialisten. Heute sind außerhalb Deutschlands von hundert Menschen mindestens 99 davon überzeugt daß die Nationalsozialisten selbst den Reichstagsbrand inszeniert ha­ben, um für ihren Staatsstreich den soge­nanntenAbsprung" zu finden. Warum aber ist diese Ueberzeugung so allgemein? Weil die Nationalsozialisten durch ihre schamlos verlogene Art, den Brand zu ihrem Parteivorteil auszunutzen, selber den Verdacht auf sich gelenkt haben! In dieser Lage empfinden sie es als einen Glücksfall, daß das Braunbuch ver* schiedene unbeweisbare oder faktisch un­richtige Behauptungen enthält Die Verfasser des Braunbuchs vertreten die Auffassung, Göring und Göbbels seien die Brandstifter. Der Oberreichsanwalt behauptet dasselbe von Torgier und den Bulgaren . Möglicherweise ist keine von diesen Behauptungen richtig. Aber es ip4 nicht einzusehen, warum es erlaubt sein soll, Torgier in Ketten zu legen, der offen­bar mit der ganzen Sache nichts zu tun hat und warum es ein Verbrechen sein soll, einen durch starke Indizien gestütz­ten Verdacht gegen Göring und Göbbels auszusprechen. Brandstiftungen, Sprengstoffattentate und Morde waren nachweisbar bis zun» Tage der Machtergreifung nationalsozi»* stische Kampfmittel Das erste Spreng- Stoffattentat das gegen den Reichstag versucht wurde, war eine nationalsoziali­stische Tat Und was Göring und Göbbels persönlich betrifft, 1 von den Heines« Schulz und Helldorf gar nicht zu reden so haben sie so viel auf dem Kerbhofc« daß eine Brandstiftung mehr oder wenige gar keine Rolle spielt Wozu also das Schmierenpathos der g®* kränkten Unschuld? Auch wenn sie den Reichstag nicht angesteckt haben, kenn­zeichnen sich diese angeblichen Unschulds­lämmer durch ihre sonstigen Taten doch als die größten Schurken der deutsche1' Geschichte. Und ihr Eid wird auf die We'4 keinen Eindruck machen. Lermontolfc