Der Vorsitzende der deutschnationalen Reichstagsfraktion, Dr. Oberfohren, verübte am 7. Mai Selbstmord. Ein Sturmführer der SS. hatte ihm die Pistole auf den Tisch gelegt. Jetzt gewinnt dieser geheimnisvolle Vorgang sensationelle Bedeutung, denn Oberfohren hat 3 Tage vor seinem Tod im Privatgespräch die regierenden NaziMinister in der schroffsten Form der Mitwisserschaft am Reichstagsbrand beschuldigt. Da niemand anders als Hugenberg , der Führer der deutschnationalen Partei und Minister des ersten Nazi- Kabinetts, der ,, absolut zuverlässige Gewährsmann" Oberfohrens gewesen sein kann, ist sein Erscheinen als Zeuge im Reichstagsbrandprozeß unbedingt notwendig.
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Ein uns mit Namen bekannter sozial- Schwierigkeiten zu Oberfohren in dessen Dimitroff verweigert wurde, sagte just der, Herr Graf jener aus dem September 1930 bedemokratischer Journalist, ein durchaus Wohnung in Kiel und hatte mit ihm eine Führer der Göringschen Stabswache, der Zeu- kannte Pogromheld vom Berliner ernst zu nehmender, vertrauenswürdiger Unterredung, deren Verlauf er folgender- ge Weber, aus, daß er noch während des Kurfürstendamm ist, dem das Gericht Brandes auf Befehl zusammen mit drei Po- im Gefängnis- Urteil die Lügenhaftigkeit Mann, tritt jetzt mit einer Mitteilung her- maßen schildert: vor, die geeignet ist, dem Reichstagsbrand- ,, Oberfohren war allein, und er war glück- lizeibeamten den Kellergang durchsucht hat! und die Unglaubwürdigkeit seiner Anprozeß eine neue Wendung zu geben. lich darüber, weil er von seiner Frau alle Aut- Und wie fand Zeuge Weber den Gang: beide gaben bescheinigte. Wenn man im neuen Es ist bestritten worden nach un- regungen fernhalten wollte. Nach der Erledi- Türen, die nach dem Reichstagskeller wie Deutschland SA- Gruppenführer und Polizeiserer Kenntnis der Dinge mit Recht gung meines Auftrages kamen wir auf die all- die nach dem Präsidentenhaus, ordnungs- präsident von Potsdam ist, hat man eben kein daß die sogenannte Oberfohren- Denk- gemeine politische Situation zu sprechen, wie mäßig verschlossen, auch sonst nichts Vorleben, ist man schlechtweg Ehrenmann. Das schrift von Oberfohren selbst verfaßt wor- sie sich nach der Zerschlagung der Gewerk- Verdächtiges!- Zeuge Nachtportier gilt natürlich auch für den Zeugen von ArAckermann bekundete, daß vor Weber nim, den Hitler und sein Rust( der Kultusden ist. Da ihre Autorschaft ganz im Dun- schaften herausgebildet hatte. minister mit dem Jagdschein") zum„ Prokel liegt, ist ihr Wert als Beweisstück ,, Es ist alles unnütz!" rief Oberfohren ein niemand den Gang betreten hat. Also: bereits am Abend des 27ten weiß die fessor für Wehrwissenschaft" an fragwürdig geworden. Es blieb aber das über das andere Mal, wenn ich die MöglichGeheimnis um Oberfohrens Selbst- keiten eines aktiven Vorgehens gegen die Dik- Regierung durch Görings Gefolgsmann Weber, der Technischen Hochschule zu Berlin - Charmord, und es blieb die Frage, ob der tatur erörterte. Er war in der Tat völlig zu- daß flüchtende Brandstifter den Tunnel nicht lottenburg gemacht haben. Nun, es gibt einige es mußten denn Leute, die diesen Professor doch näher kenVorsitzende der deutschnationalen Reichs- sammengebrochen. ,, Daß so viel Gemein- benützt haben können, tagsfraktion mit den Behauptungen, die in heit in Deutschland möglich ist, Brandstifter sein, die im Besitze ordnungs- nen, als ihn Herr Doktor Bünger kennenlernen der sogenannten Oberfohren- Denkschrift das hätte ich, das hätte niemand gemäßer Schlüssel waren und so ruhig wollte. Sie wissen, daß dieser Arnim, als verenthalten sind, überhaupt etwas zu tun hat. erwartet!" Und er begann unaufgefordert sich in das Präsidentenhaus zurückzie- abschiedeter Hauptmann aus dem Felde Z- Auf diese Frage erteilt unser Gewährs- von der ersten verbrecherischen Tat, dem hen konnten, daß sie sogar fein säuberlich die rückgekehrt, sich so rot wie nur denkmann eine sensationelle Antwort. Die Reichstagsbrand, zu reden. Türen hinter sich wieder abschlos- bar gebärdete, mit Hilfe seiner sexuellen Versen, Dies ist die Version, die von Göring anlagung ein Pöstchen zu ergattern versuchte. Denkschrift ist nicht von Oberfohren ,, Mir ist von einer Seite, die ich leileidenschaftlich bestritten wird. Sie wissen auch, daß er, weil ihm das nicht verfaßt, Oberfohren hat sich aber im Geder!- als durchaus zuverlässig und Trifft diese Version aber nicht zu, dann bleibt gelang, sich selbst zum Major beför spräch mit dem Sozialdemokraten zu der Ueberzeugung bekannt, daß die Brandstif- sicher ansehen muß, Mittellung über die die Tatsache, daß die Regierung am 1. März derte und sich selbst den„ Pour le merite" tung mit Wissen und Duldung national- näheren Umstände gemacht worden. Und wider besseres Wissen die Presse be- verlieh. Worauf er prompt und nahrhaft. Ansozialistischer Minister geschehen ist. es besteht kein Zweifel mehr, daß die Nazi log, wenn sie ihr vorspiegelte, kommunistische schluß an die„, nationalen Kreise" fand. Man Unser Gewährsmann gelangte am 4. um den Brand vor seinem Entstehen ge- Brandstifter à la van der Lubbe könnten durch hat, noch knapp vor einem Jahre, dem eigengebackenen Major und Pour- le- merite- Ritter Mai nach Ueberwindung von mancherlei wußt haben! das schwarz auf weiß in einer Berliner Zei tung vorgehalten. Doch ein„ Ehrenmann" wie
Ist so ein Verbrechertum denkbar?
die Leute regieren!"
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Und
den
nachweislich an beiden Enden ver schlossenen Gang geflüchtet sein.
Ein scharfer Verstand wie Dimitroff würde das sofort bemerken, wenn er die Erklärungen er hat es ja nicht nötig, sich gegen derartige Görings und seiner Preẞtrabanten in die Hand Behauptungen zu verteidigen ,, Gerade darum, lieber Dr.", warf ich ein,| bis zu ihrem Zusammenbruch austoben. Und bekäme. Deshalb werden sie ihm vorenthalten! ..ist die Einheitsfront aller anständigen Men- das kann lange dauern." schen um so nötiger!"
,, Ich kämpfe weiter, und wenn ich nur noch herrscht und wird sich in unerhörter Weise| Oberfohren winkte müde ab und sagte: „ Das muß man sich vorstellen: Deutschland hat Minister und die Minister dulden, daß das Parlament in Brand gesteckt wird. Ja, sie freuen sich sogar darüber!"
„ Ach, es ist ja alles unnütz! Die Gemeinheit einen Fußbreit Boden unter mir haben sollte!" Verbrecher als
Göbbels Sklaven
Ueber den Reichstagsbrandprozeß wird das deutsche Publikum durch gefälschte Berichte Kronzeugen beschwindelt. Selbst Fotos werden ins Gegenteil umgelogen. Die„ Hamburger Illustrierte" Herr Helldorf hatte sich für sein Alibi bringt ein Bild aus dem Gerichtssaal. Darauf einen besonderen Zeugen mitgebracht: Einen der Angeklagte in der bekannten vornüber. Professor von Arnim, früheren„ Stabschef hängenden Haltung eines geistig verfallenden der SA für den Bezirk Brandenburg". So oft Und wieder klagte er, daß alles vergebens men, aber bestimmtes wüßte ich nicht. Ich während der ganzen bisherigen Prozeßdauer sei. Er habe Hugenberg beschworen, aber hoffte, er würde darauf genaue Angaben ma- von dem Verteidiger des Anklägers, pardon, der bilde sich ein, die Nazi erziehen zu können. chen. Aber Oberfohren schüttelte den Kopf eines der Angeklagten irgend ein Zeuge vor Mir wäre, sagte ich, auch mancherlei we- und sagte: gen des Reichstagsbrandes zu Ohren gekom
,, Seien Sie froh!
wissen!"
diese Sorte Reichsrichter trat, durchleuchtete der sehr gründliche Doktor Bünger vermittels weitausholender Inquisitionsfragen das Vor
Menschen. Darunter steht:
,, van der Lubbe in seiner typischen Stellung vor dem Richter. Er ist nach wie vor wortkarg und gibt nur wohl abgewo gene Antworten."
Aus unverstümmelten Prozeßberichten ist
Wohl allen, die nichts leben des Aussagenden. Er schonte sich und zu ersehen, daß Lubbe idiotisch lacht und lallt;
die Zeugen nicht. Und was er versäumte, holte nicht ein zusammenhängender Satz kommt der Oberreichsanwalt Doktor Werner nach. Als wie auch die ausländische Presse feststellt Dann erzählte er von den peinlichen Haus- Der Vorsitzende der Reichstagsfraktion Helldorf und seine Zeugnis- Stütze Arnim am aus dem Munde dieses Menschen, der längst suchungen in Kiel und Berlin, den Vernehmun- der deutschnationalen Partei, einer Partei Zeugentisch standen, fiel weder von der Rich- für Krankenbehandlung relf ist. Die gleichge., wohlabge gen, den zahllosen Drohungen, die er erhalte also, die damals noch der Regierung an- ter-, noch von der Ankläger-, noch von der schaltete Presse aber hört nur und prophezeite einen beispiellosen Triumph gehörte, war davon überzeugt, daß der Verteidigerbank eine unbequeme Frage nach wogene Antworten". Wie schrieb doch kürz der Bestialität:„ Wenn meine Frau nicht wäre, Reichstag mit Wissen und Duldung natio- dem, was man sonst Vorleben und Vorstra- lich der deutsche Korrespondent von„ Het hätte ich mich schon längst erschossen!" nalsozialistischer Minister in Brand ge- fen nennt. Man hat es in diesem Kreis der Volk?"„ Der deutsche Journalist ist ein wil ,, Denn", so sagte er, ,, wir werden nicht mehr steckt worden ist. Ehrenmänner für überflüssig gehalten. Es hätte lenloser Sklave des Propagandafroh. Was wir jetzt erleben, ist ja erst die Die Ladung von Göring und Göb- ja auch nicht zur Sache" gehört, daß der ministeriums geworden...“ Ouvertüre. Es kommt noch ganz anders!" bels als Zeugen ist bereits beschlossen. Es muß gefordert werden, daß auch Hu genberg geladen wird.
Drei Tage später war Oberfohren tot
Tatsache bestehen:
Unbequeme Fragen
Im Prozeß um den Reichstagsbrand hat das
Mindestzahl von 7 bis 10 Tätern
An alle drei ist die Frage zu richten, keine habe und er fügte hinzu, daß er sich niemals Wir wiederholen; die Person unseres ob ihnen irgendwelche Tatsachen bekannt Der„ Manchester Guardian" veröffentlicht an irgendeiner Aktion gegen das gegenwärtige Gewährsmannes gibt uns die Gewißheit, sind, auf die sich Oberfohrens Ueberzeu- Enthüllungen aus deutschen Gefängnissen: Regime beteiligt habe oder in irgendeiner daß sich Oberfohren sicherlich so geäußert gung stützte. Alle drei werden darauf hin- ,, Ein Mann, der kürzlich von der Geheim- Weise mit Personen verbunden sei, die solche hat, wie berichtet wird. zuweisen sein, daß das absichtliche Ver- polizei verhaftet wurde, hat mir seine Erfah- Aktionen planten. Man sagte ihm daraufhin Es kann somit kein Zweifel an folgender schweigen einer wichtigen zum Beweis- rungen mitgeteilt. Er wurde um vier Uhr mor- Jaß er fünf Minuten Zeit habe, über die thema gehörenden Tatsache Meine id ist. gens durch Läuten geweckt. Als er die Tür Sache nachzudenken. Nachdem die fünf Minu öffnete, kamen zwei SS.- Männer, die Revolver ten vergangen waren, wurden die Fragen wie in der Hand hielten, herein. Sie griffen ihn derholt und er gab dieselben Antworten. Sie plötzlich an, trotzdem er keinen Widerstand selen, so sagte er, die Wahrheit und er könne versuchte, und einer von den beiden schlug ihm nicht aussagen, daß er verbotene Schriften beein Auge blau. Dann durchsuchten sie seine sitze, wenn er wisse, daß er keine im Besitz Gericht dem Angeklagten Dimitroff die Ein- schließen lasse( schon die öffentliche Erörte- Wohnung nach Waffen und verbotenen Schrif- habe. Er wurde in einen Keller geschafft. wo sichtnahme in das sog. Braunbuch verweigert, rung dieser amtlichen Feststellung wür- ten. fanden aber nichts. Nach der Suche schaffer gezwungen wurde, sich vollständig zu ent einem kleiden und wo er nackt, das Gesicht obwohl sein Inhalt ständig Gegenstand der de höchst delikat sein deshalb erfolgt sie ten sie ihn hinunter auf die Straße zu Verhandlungen bildet. Dieses Verfahren ist auch nicht). Die neue Meldung aus Regie- großen Motor- Lastwagen, in dem ungefähr 30 nach unten, auf einen Tisch gelegt saßen, wurde. Zwei Mann hielten seine Arme, ein dritskandalös, aber nur allzu begreiflich: Das rungskreisen" will nun die Verwunderung dar- andre Menschen Männer und Frauen Braunbuch enthält u. a. auch die amtlichen über, daß von dieser angeblich so großen Zahl alles Bewohner derselben Straße. Die Mehrheit ter hielt ein nasses Tuch vor seinen Mund, um Erklärungen der Preußischen Re- der Täter nur der eine, van der Lubbe, ver- von ihnen hatte, soviel er wußte, keine Bezie- Schreie zu ersticken und gierung zum Reichstagsbrand im Wortlaut, haftet werden konnte, einigermaßen beschwich- hung zu irgendeiner politischen Partei. Einige vier Mann schlugen ihn mit Pferdepeltschen. und es könnte doch einer der Angeklagten auf tigen. Zu diesem Zweck kommt sie mit der waren Juden und einige„ Arier". Er selbst Danach wurde er aufs neue zu den Beamten war lange Zeit Mitglied der sozial- gebracht, die ihn vorher befragt hatten, wurde den Gedanken kommen, den durch und durch hochinteressanten Vermutung heraus, erlogenen Inhalt dieser Erklärungen mit den demokratischen Partei gewesen, hatte das gleiche gefragt und gab die gleichen Antaber niemals irgendeine Beziehung Zeugenaussagen zu konfrontieren. den worten. Er wurde daraufhin wieder in den Kommunisten. Die Gefangenen wurden nach Keller geschafft und zum zweiten Mal in der dem Hauptquartier der Geheimpolizei in der gleichen Weise geschlagen. Die Operation Prinz- Albrecht- Straße geschafft, wo ihre Namen wurde am nächsten Morgen wiederholt, so und Adressen notiert wurden. Dann wurden
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daß die anderen Täter eventuell durch die unterirdischen Gänge, die im Zusammenhang mit den Helzungsanlagen das Relchstagsgebäude selber und das Gebäude des Reichstagspräsidenten verbinden, entkommen sein könnten! Siehe da! Dies ist also der Ursprung| sie eine Mitteilung Diese Meldung der Spur zu Göring
Für das, was dann entstehen könnte, ein einziges Beispiel: Am 1. März brachte die Presse eine Meldung aus Regierungskreisen", d. h. eine Mitteilung, die von der Regierung auf der Pressekonferenz des gleichen Ta
ges
gemacht worden
war.
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zu
in das„ Columblahaus", Tempelhof, überführt, wo sie gefangengesetzt wurden." ,, Drei Tage später wurde mein Gewährs
daß
er dreimal im Verlauf von elf Stut den geschlagen wurde. Nachdem er zum dritten Mal geschlagen worden war, wurde er noch dreizehn Tage lang Im Gefängnis gehalten, also sechzehn Tage im Ganzen."
knüpfte an eine frühere offiziöse Verlautba-| aus Regierungskreisen an die Presse! rung an, wonach die Menge des gefundenen Aber uns interessiert diese Sache noch aus Brandmaterials und die Zahl der Brandherde einem zweiten Grunde: An dem gleichen Ta- mann zum Verhör gebracht. Er wurde im beim Reichstag auf eine ge, an dem das Braunbuch dem Angeklagten sonderen gefragt, ob er irgendwelche verbote- Erfolg.
Die Folterung blieb ohne den gewünschten