Braune Wüste!

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museum, das Schloßmuseum, das Rauchmuseum| Ehrentitel, die das Dritte Reich zu vergeben im Charlottenburger   Schloß: das alles förderte hat. der Volksstaat, ohne dabei für sich plumpe Reklame zu machen. Er tat es um der Sache,

Wenn Leute vom gemäßigten Schlage

Kulturvernichtung durch Hitlertum um der Kultur und der Kunst willen. Das mag eines Thomas Mann   übrigens glauben, ihre

Von Tobias Hoff.

vielleicht, aus Göbbels   Froschperspektive ge- Zurückhaltung schütze sie vor dem schrift­sehen, falsch gewesen sein; es wird sich den- stellernden nationalsozialistischen Dreckfinken,

Wir sind nicht so rücksichtslos, von den Farce gemacht. Die Naivität der Kunst wurde noch als richtig erweisen. Durch den Volks- so irren sie sich. Jüngst erschien in Deutsch­Nazis zu verlangen, daß die Kultur des Dritten in eine Parteidemonstration verzerrt, Wagner staat wurde deutsche Kultur gebaut, wurde land das erzählende Erstlingswerk des be­deutsche Vergangenheit, soweit sie groß und rüchtigten Naziagitatoren Rudolf Zilkens  . Reiches, die sie verkünden, schon heute voll- zum Agitator erniedrigt. wesenhaft gewesen, war, wieder lebendig, wur- darin heißt es u. a.: endet sein müßte. de deutscher Zukunft der Weg zum Schauen und Denken geebnet.

Kindheitserinnerung: wir gingen in den Garten und spuckten alle auf einen Haufen, I was die Speicheldrüsen nur hergeben woll­ten. Dann rührten wir die Spucke mit Gartenerde durcheinander und... beschmier­ten damit Sofa und Sessel, Kredenz und Buf­fet." Du aber, Thomas, den die verbildeten Deutschen   für ihren besten Schriftsteller hal­ten, du hast deine giftige Spucke nicht nur auf Mutters Sofa geschmiert, sondern... die deutsche   Literatur beschmutzt. Sei froh, Männchen, daß meine Tante dich nicht er­wischte."

Kultur, besonders soweit sie in Werken der Die Nazis nehmen das Maul voll von deut­Kunst zum Ausdruck kommt, ist, wenngleich scher Tradition und deutschem Geiste; wo sie jeweils Gestaltung des Wesens von Volk und sich aber nur bemerkbar machen, werden aus Gegen solchen Hintergrund kultureller Ge Nation, die Leistung von Persönlichkeiten. Und Bildern Werbeplakate, wird aus Musik der sinnung und geistiger Beherrschung stelle man diese Persönlichkeiten sind nicht vorhanden. Marsch von Kriegsknechten und aus Dichtun Herrn Hitler   und seine Trompeter, um den Die Kunstausstellungen, die im Laufe des gen Propaganda. Wie ganz anders verfuhr der Unterschied zu erleben. Heute: Mißbrauch kul­Jahres gezeigt wurden, unterschieden sich von Volksstaat während beinahe vierzehn Jah- tureller Werte zur Verbrämung politischer Ge­den vorangegangenen nur dadurch, daß die ren. Gedrängt sei nur erinnert an die eindrucks- walttaten, die kurzbeinigste Politisierung der wegen ihrer Rasse oder politischen Neigungen vollen Goethefeiern, an die Ehrungen Walters Künste und der Wissenschaften; im Volksstaat: infamierten Künstler fehlten. Krampfhaite Ver- von der Vogelweide, Tilmann Riemenschnei- das geistige Leben dem Gesetz des logenheiten, die sich der Konjunktur unterwar- ders, an die Dürers und die des Veit Stoß  . Geistes überlassen und die Mǎn­fen und mit der neuen Art des Patriotismus Hierbei diente der Volksstaat zwar auch sei- ner des Geistes und der Künste in hausieren gingen, gab es gelegentlich; aber ner Idee, aber niemals dadurch, daß er den schöpferischer Freiheit. sonst konnte man nur, wenn man besonders Geist, den Dichter oder den Künstler, den es Wenige Monate Hitler   haben aus­wohlwollend ist, einige kleine, landschaftlich zu ehren galt, republikanisch miẞbrauchte. Und gelöscht, was vierzehn Jahre kul- sich von der Reichsstelle zur Förderung des dann, um aus dem umfassenden Reich staat- tur eller Arbeit des Volksstaates deutschen   Schrifttums seine Stubenreinheit be­geschrieben, verlegt, ver­Auf keinem Gebiete künstlerischer und kul- licher Kultur Kunst und Bildungspflege aufgebaut hatten. aalsed sidscheinigen läßt kauft und von den viel zu vielen vermutlich tureller Leistung ist es besser bestellt. Die vergangener vierzehn Jahre nur noch eine 201802 ist mit Vergnügen gelesen. Denn dies gilt jetzt wenigen Namen, die heute mehr in den Vor- Provinz zu nennen: die Museum politik. Nachschrift: Dieser Aufsatz war schon als deutsche   Art, sich mit dem Geist aus­dergrund kamen, sind uns seit langem geläufig; Die, aus kaiserlicher Zeit, als Ruinen übernom­die Werke ihrer Träger aber haben durch sol- menen Berliner   Museumsbauten wurden fertig- geschrieben, als die folgende Nachricht eintraf: einanderzusetzen. ,, Das ehemalige Bauhaus in Dessau   ist jetzt che Rangverschiebung nicht an Gewicht ge- gestellt. Der Pergamonaltar, das Deutsche   Mu­wonnen. Um nur zwei Beispiele zu nennen: Paul Ernst   und Hermann Stehr.  

eingegrenzte Anfänger nennen.

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seum, die neue orientalische Abteilung, das zu einer Amtswalterschule der NSDAP umge­Museum im Kronprinzenpalais, das Schinkel- wandelt worden."

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Pressefreiheit

Präsentiert den Federhalter! schreibt! Angetreten! Rechtsum Wißt ihr, wie man wohlbestallter deutscher Tintensklave bleibt?

Laufschritt, marsch marsch, eine reine Ahnirau tut euch bitter not, macht den Konkurrenten Beine, schlagt sie mit dem Stammbaum tot!

Knie gebeugt ihr sollt nicht denken, denken kostet euch das Blatt,

und ihr habt nichts zu verschenken, denn ihr freẞt euch gerne satt.

Köpfe rollt! Ihr sollt nichts sehen! Schont das Auge, schließt das Lid, Arme streckt! und laẞt geschehen, was auch ohne euch geschieht!

Ohren zu! Ihr sollt nichts hören, seht nichts, hört nichts, sondern schreibt! Niemand wird euch dabei stören, wenn ihr brav im Takte bleibt.

Auf, ab, auf! Denn Pressefreiheit ziemt dem deutschen Mann, hurra! Gebt sofort zu, daß ihr frei seid, sonst beweist's euch die SA.

Munin.

Keine ,, geistigen Landesverräter!"

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So etwas wird in Deutschland  

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indes Mann

Ein Notschrei!

Hilfe! Schwindler!

Wenn wir zur Macht kommen", versicherten einst die Naziblätter täglich ,,, haben Schwin­del, Schieberei und Korruption aufgehört. Dreivierteljahr sind sie bereits an der Herr­schaft und können sich vor Lumpentum und Konjunkturschwindel nicht retten. Selbst die Presse will nicht mehr an sich halten. Der Berliner Herold" stöhnt über den vielen fau­len Zauber" und schreibt:

Da taucht einer auf, der mit den unzu­blänglichsten Mitteln gerade in Berlins   größ­tem Hause Theater spielen will und kaum soviel besitzt, um die ersten fünf Proben­tage bezahlen zu können. Ein anderer glaubt berufen zu sein, den Berlinern zu zeigen, wie man ohne eigne Mittel einen Film drehen kann, und wieder ein andrer wälzt in seinem Spatzenhirn gewaltige Pläne einer Zeitungsgründung.

Es ist fast wieder so, wie es kurz nach der Inflation war, es laufen abenteu­ernde Projektemacher herum, die ihre Zeit für gekommen halten, die stür­misch nach vorn drängen, sich für die so­lange Unterdrückten halten und nun doch nichts anderes beweisen können, als daß sie nichts können.

Auch von den abgestempelten Hakenkreuz­lern, deren Ruhm laut posaunt wird, war uns keiner entgangen. Die Bücher des tempera­mentvollen, ein wenig hintertreppigen Salo mon.( in dessen Kielwasser eine Gattung ähn­licher Tenöre des nazistischen Heldentums schwimmt) sind viel gelesen worden; Jünger und sein Kreis, diese durchaus ernstzunehmen­den, freilich mehr pathetisch als klar denken­den Philosophen, sind seit langem jedem Freund geistigen Lebens bekannt. Nicht minder gilt das von dem kleinen Gewimmel der Tendenz­schreiber und-Reimer, als deren ebenso harm­loser wie blamabler Typ der jetzige Leiter der Deutschen Welle", Herr Stoffregen, genannt sein mag. Bleiben auch hier wiederum nur die Renegaten, die teils aus Mangel an Gesinnung, oft genug aus hysterischer Veran­lagung vor dem Hakenkreuz knieen und es umschmeicheln. Der traurige Reigen dieser Unsympathischen reicht von Walter Blöm  , dem maskulinen Courths- Mahler  , von dem in den Suppentopf gefallenen Arbeiterdichter" Max Thomas Mann, Döblin  , Schickele Bartel, áber Will Vesper  , dem nie etwas Ein scharfer Tadel aus hitlerdeutschem Da die Voraussetzungen, die zu einer sol­recht gelingen mochte, über Hanns Heinz Ichen berechtigt scharfen Stellungnahme sel­Evers, dessen schweinische Instinkte endlich Munde vermag das Ansehen eines Menschen tens der Reichsstelle führten, sich als chin­ihr Ziel fanden, bis zu Gottfried Benn  , der vor den Augen der zivilisierten Welt nur zu ein neudeutsches Lob, und sei es nur fällig erwiesen, können wir den Vorwurf zwar noch zu Heinrich Manns   sechzigstem Ge- heben des geistigen Landesverrates Ja, und Göbbels   kommt auch noch und be­burtstag seiner davidischen Harfe einen mysti- ein halbes, macht ihn verdächtig. Daran haben von Hitlers   besten nicht mehr aufrechterhalten. Die hauptet plötzlich, der schen Psalm entlockte, der aber nun aus dem die Thomas Mann  , Döblin   und Schik­Reichsstelle steht aber nach wie Freunden gedrehte Wesselfilm sei das Werk rassigen Blut, das großmütterlich in ihm kreist, kele vielleicht nicht gedacht, als sie, vom dem Teut schillernde Blasen steigen läßt. Aufruf gegen die geistigen Landesverräter" vor in keiner Weise hinter der einer verdächtigen, obskuren Gesellschaft. vom Boykott ,, an Emigrantenzeitschriften mit- geistigen und literarischen Hal- Welcher Schieber soll sich da noch zurecht­finden? Es ist wie nach dem Kapputsch, als tung der angeführten Autoren. Wie bei den bildenden Künsten, so richtete arbeitender Schriftsteller" erschreckt, Erklä­Reichsstelle zur Förderung des deutschen Kapp erklärte, er habe in seinem Zimmer vor auch im Schrifttum und allen dessen Zusam- rungen nach Deutschland   entsandten, in denen Schrifttums. Konjunkturrittern, Strebern und Stellenjägern menhänge, nicht minder im Konzertwesen, die sie sich von der Zeitschrift Die Sammlung" nicht treten können. Es waren aber alles die­Und wer wenn nicht die Reichsstelle Gleichschaltung der Berufsverbände ebenso wegen ihrer antifaschistischen Kampfstellung scharf distanzierten. wird sonst hinter ihrer neuesten geistigen Hal- selben patriotischen Leute, die bald darauf hin­fürchterliche wie grausame Verwüstung an. Die Reichsstelle zur Förderung des deut- tung stehen? Daß alle drei keine Freunde der term Hakenkreuz marschierten! Wer nicht die albernen Fragebogen der nazi­als eine Hitlerbarbarei sind, wird ihnen jedermann stischen Organisationen, der Reichsverbände schen Schrifttums" gab daraufhin glauben, aber es genügt nicht, kein Freund" der Presse und des Schrifttums, zufriedenstel- Art Antwort Aus diesen Erklärungen geht hervor, daß zu sein und sich im übrigen jeder politischen lend ausfüllt, wer nicht beweisen kann, daß die genannten Autoren über den Charakter Aeußerung zu enthalten. Die blutige Schande er rechtzeitig genug die Knie gebeugt hat vor der Zeitschrift getäuscht worden sind und der Konzentrationslager, des Massenmords, des dem arischen Phantom, darf im heutigen Der Stellenanzeiger für die Mitglieder des jede Gemeinschaft mit ihr ablehnen. Darüber Rassenwahns, kann nicht durch Desertion in Deutschland   keinen Aufsatz, keinen Roman, auch kein Gedicht schreiben, er darf keine Zei­hinaus haben sie mehrfach öffentlich erklärt, die Neutralität bekämpft, der nationalsoziali- Deutschen   Technikerverbandes bringt an der tung noch Zeitschrift redigieren, er kann nicht daß sie sich jeder politischen stische Stall wird eines Tages nicht mit Glacé- Spitze folgende Aufforderung: verlegt noch aufgeführt werden. Wenige, an Aeußerung im Auslande enthal- handschuhen ausgemistet werden, und geisti­ger Landesverräter" ist einer der wenigen den Händen abzählbare Ausnahmen bestätigen die absurde Regel, und auch diese Wenigen treten meist getarnt auf und werden verschwin den, wenn erst die grandiose Gesetzgebung, deren penetrantes Kernstück Die Kulturkam­mer" ist, die schamlose Guillotine jeder Per­sönlichkeit und Freiheit, mit dem antisemiti­schen Journalistengesetz und ähnlichen Gewalt­akten des Rassenwahnes und der Parteianma­Bung den Kreis der Vernichtung schließt.

Was ist nun das Ergebnis solchen Einbruchs arisch tötowierter Horden in die Gefilde deut­ scher   Kultur? Es genügt, als typisches Bei­spiel Bayreuth   zu nennen. Herr Hitler  schwärmt für Wagner, er wollte gleich im er­sten Jahre seiner unvergeßlichen Kanzlerschaft das deutsche   Volk vor den Altar Parsifals führen. Nie aber waren die Aufführungen von Bayreuth   so minderwertig wie in diesem Jahr. Toscanini, von den nordischen Gespen­stern verscheucht, sagte ab; Richard Strauß  , wie nicht anders zu erwarten, versagte; die Internationale Zuhörerschaft blieb fort, und statt dessen mußte das Festspielhaus mit Hit­ lerjugend   vollgestopft werden. Aus einer künst­lerischen Leistung höchster Grade hat der Na­ tionalsozialismus   in Bayreuth   eine politische

ten werden.

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Techniker

Alle stellenlosen Verbandskameraden, die Mitglieder der NSDAP   mit einer Mit­gliedsnummer bis zu 1,000.000 sind, werden geoeten, der Reichsleitung Abteilung 3a Stellenvermittlung durch Postkarte kurz ihre Mitgliedsnummer mit Eintrittsdatum bekanntzugeben, soweit dies noch nicht geschehen sein sollte. Alle wei­teren Zusätze sind zu vermeiden. Weil einst die Sozialdemokratie einige wenige Verwaltungsposten mit Vertrauensmännern aus der Arbeiterbewegung besetzte, wurde das Schlagwort von den Parteibuch- Beamten erfunden. Heute ist nicht nur der Parteibuch­Beamte sondern auch der Parteibuch- Ange stellte und der Parteibuch- Arbeiter eine Selbstverständlichkeit.

Hitler und die Mathematik

Die erzieherische Einstellung des mathe­matischen Unterrichts nach der Zielsetzung Adolf Hitlers  " lautet die Ueberschrift eines Aufsatzes in dem früher sehr angesehenen ..Deutschen Philologenblatt". Die einst 50 wertvollen Fachzeitschriften sind, so klagt die Prager Presse" überhaupt unbrauchbar ge worden, da sie keine unpolitische Fachwissen schaft mehr enthalten, sondern nur noch auf­dringliche Hitlerpropaganda.

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