Tfiyssens klügster Streldh Geld für Hitler trägt Zinsen— Einer der grüßten Raubzüge des Kapitals Aus allen Poren blut- und schmutz- 1 triefend, kam das Kapital zur Welt— soi kündete das Evangelium der kapita listischen Privatinitiative schließt K a r 1 M a r x die berühmte Schily und des Rückzugs des Staates aus der derung über die ursprüngliche Akkumula- Wirtschaft, aber Schleicher leistete noch Widerstand. Als Wehrminister wollte er die Verfügungsmacht über die Eisen- und Stahlwirtschaft, über die Rüstungsindustrie nicht aus den Händen geben. Thyssen erkannte: es sind nicht einzelne Personen und nicht einzelne Regierungen, es ist das„System", das beseitigt werden muß. Thyssen ging zu Hitler . Es war der gescheiteste Streich dieses an sich ganz unbedeutenden, ja einfältigen Mannes. Es war die erfolgreichste Spekulation in seinem Leben. Was keine bürgerliche, noch so reaktionäre Regierung gewagt hatte, das leistet jetzt der Nationalsozialist Hitler seinem Wegbereiter, Freunde und Berater: die Expropriation des Reichs zugunsten der eisenfressenden Exproprateure, der Thyssen, Otto Wolff, Haniel und Konsorten! Am 27. Oktober haben in Berlin die Aufsichtsräte der Vereinigten Stahlwerke und ihrer Gründergesellschaften, Gelsen kirchen . Phönix und von der Zypsn, getagt und den „Umbau des Stahl Vereines44 beschlossen. Ach, es handelt sich um eine tion, über die Entstehungsgeschichte des Kapitals. Aus allen Poren blut- und schmutztriefend— so erneuert sich die Kapitalherrschaft unter der Diktatur Hitlers ! Im Frühjahr 1932 wurde die deutsche Oeffentlichkeit durch die Nachricht überrascht, Herr Dietrich, der Finanzminister Brünings, habe von dem Eisenindustriellen Flick dessen Gelsenkirchen -Aktien übernommen. Das Geschäft war in größter Heimlichkeit getätigt worden, nicht einmal die hohen Beamten des Finanzministeriums waren eingeweiht worden. Nach dem Sturze Brünings kündigte zwar die Regierung Rapen die Einleitung einer Untersuchung an. Aber zu d:eser ist es nie gekommen. Die Oeffentlichkeit erfuhr nur, daß der Kaufpreis der Aktien etwa 90 Prozent betrug, während gleichzeitig der Börsenkurs unter 30 Prozent lag. Herr Flick, der auf überaus großen Verpflichtungen festsaß, war wieder flüssig und konnte seine Position in Oberschlesien und in der mitteldeutschen Stahlindustrie ausbauen. Wenig kümmerte ihn der Zorn seiner Kollegen, der Kohlen- und Eisenmagnaten Rheinland-Westfalens, die ihn sozusagen des Verrats an den heiligsten Interessen des Kapitalismus, der Mitschuld an der Sozialisierung, anklagten. Der Zorn war begreiflich. Mit den Aktien Flicks, die durch einige Zukäufe ergänzt wurden, hatte das Reich rund die Hälfte des Aktienkapitals von Gelsenkirchen , das 250 Millionen beträgt, erworben. In Gelsenkirchen lag aber die Mehrheit der Vereinigten Stahlwerke, des größten deut schen Montantrusts, der 1926 durch Zusammenfassung des Montanbesitzes von Thyssen, Otto Wolff, Haniel und Rheinstahl gegründet worden war. Das Reich hatte so die Verfügungsmacht über den wichtigsten Teil der Eisen- und Stahlindustrie erlangt. Da es seit der Bankenkrise von 1931 über die Großbanken, d. h. also über die Kreditgeber der überschuldeten Montanindustrie, verfügt, und bald nach dem Erwerb von GePenkirchen maß- Itebenden Einfluß in den Rheinisch-Westfälischen Elektrizitätswerken nahm und damit auch in der Kohlenwirtschaft seine Stellung ausschlaggebend wurde, war das Reich faktisch Herr über die Schweiindustrie geworden. Zu ihrer völligen Sozialisierung fehlte nur ein— der p o I i t i s c h e— Schritt. Wirtschaftlich war das entscheidende bereits Setan. Thyssen und die andern, die Schwer- Industriellen tobten. Die Krise hatte nicht wie sonst nur die Profite geschmälert, die freien Aktionäre depossediert— die lehensschulden, die die Dollarentwertung um mehr als ein Drittel verringert hat. In dem neuen Stahlverein wird die Thyssengruppe etwa 15 Proz., die Vereinigten Stahlwerke 11 Proz., Otto Wolff 9, Haniel und die früheren holländischen Phönixaktionäre etwa 6 Prozent des Aktienkapitals besitzen. Auf die freien Aktionäre, die aber wegen ihrer Unorganisiertheit ohne Einfluß sind, werden etwa 35 Prozent entfallen. Die gleichgeschaltete Presse preist das Werk des Thyssen als eine wesentliche Vereinfachung, die die Verschlachtelung, die bisher zwischen den vier Gesellschaften bestand, nunmehr beseitigt und durch Herabsetzung des Aktienkapitals sowie durch die Abschreibungen die Bilanz einigermaßen bereinigt. Nur über eines muß sie schweigen, und über die Hauptsache: die Stellung des Reichs. Das aber ist der eigentliche Sinn der sogenannten Umorga- nisation: Das Reich verliert mit einem Schlag seine Herrschaftsstellung. Aus dem entscheidenden Mehrheitsaktionär, der durch seine Verfügung über Gel senkirchen , direkt der Herr über den größten Montantrust und indirekt über die deutsche Montanindustrie war, wird ein Minde'rheitsaktionär, der kaum mehr über ein Viertel des Aktienkapitals ganz einfache Umorganisation. Die vier d61, neuen Gesellschaft verfügt! Das Geld Gesellschaften werden fusioniert. Aufnehmende Gesellschaft wird Gelsenkirchen . Gelsenkirchen erhöht sein Kap tal von 250 Millionen Stammaktien(und 13 Mill. Vorzugsaktien, die in Stammaktien verwandelt werden) auf 560 Millionen und nimmt den Namen„Vereinigte Stahlwerke " an. Die Aktien der anderen Gesellschaften werden in einem bestimmten, für Phönix, der Domäne Otto Wolffs, übrigens auffallend günstigen Verhältnis, in die neuen Aktien umgetauscht und verschwinden damit für die Zukunft'. Während der Stahlverein zuletzt ein Kapital von 775 Millionen Mark hatte, verfügt die neue Gesellschaft über ein solches von 560 Mill'onen. Ein Teil der Ueberkapitalisation, die seit der Gründung des Stahlverems bestand, wird korrigiert. Der bei der Transaktion entstehende Buchgewinn von etwa 250 Mill. wird zu Abschreibimgen verwandt, die allerdings voraussichtlich noch immer nicht genügen. Hierzu kommen freilich bedeutende, in ihrer Höhe noch nicht bekannte Gewinne aus den sehr hohen Dar- des Reichs, das Herr Dietrich aufgewendet hat, wird jetzt von den Herren des Stahlvereins annektiert, restlos in ihre Verfügungsgewalt überführt, bildet einen wesentlichen Beitrag zu ihrer Sanierung. Es ist einer der größten und erfolgrekhsten Raubzüge In der Geschichte des modernen Kapitalismus . Thyssen und die Schwerindustriellen haben ihr Ziel restlos erreicht. Die politische Unterstützung Hitlers hat tausendfältige Frucht getragen. Die drohende Sozialisierung ist beseitigt, die Reprivatisierung ist gelungen— es hat keinen Hennig gekostet, nur dem deutschen Volke die Freiheit und Tausenden von Arbeitern das Leben... Die Kapitalisten verfügen wieder uneingeschränkt über die Wirtschaft, über die toten wie über die lebenden Instrumente. Sie sind wieder Herr im eigenen Haus. Das ist Nationalsozialismus ! Dr. Richard Kern. Marxist— sofort entlassen! Auch Schwerkriegsbeschädigte! Nr. 10 des Organs des Deutschen Arbeiterverbandes der öffentlichen Betriebe „Arbeit und Staat" vom 7. Oktober 1933 berichtet: Das Berliner Arbeitsgericht hat kürzlich in einer Entscheidung eindeutig ausgesprochen, Stahlvereinsaktien, die bei der Gründung � scijjCksai der deutschen Wirtschaft zu 125 Prozent angegeben waren, standen zeitweise auf 10 bis 12 Prozent— die Krise bedrohte die bisherigen Beherrscher der deutschen Wirtschaft und des deut schen Staates mit völliger Depossedierung, niit völligem Machtverlust, mit der De- klassierung, Stürmisch forderte Thyssen schon damals die„Reprivatisierung44. Das Reich sollte die Aktien an ihn und seine Stahlvereinskollegen abgeben— gegen Kredit selbstverständlich— denn Geld hatten die Ueberschuldeten. von der Krise Bedrohten natürlich nicht. Aber wozu verfügte das Reich über die Banken: die konnten doch die Kredite gewähren! Ein netter Plan, dieses Ansinnen an das Reich, sich selbst zu enteignen, würdig der deutschen Schwerindustriellen! Hatte ihnen denn nicht schon einmal eine bürgerliche Regierung in der deutschen Republik 700 Millionen Mark als Ruhrentschädigung geschenkt und sie damit vor dem ersten Bankrott gerettet, den ihre stupide„nationale" Politik mit der Rheinlandbesetzung heraufgeführt hatte? Warum sollte sich das nicht wiederholen? Da aber Brüning und Dietrich denn doch nicht auf ein solches Ansinnen eingingen, so gesellten sich die Gewohnheitserpresser zu ihren Feinden. Rriininy wurde gestürzt, Papfifl VCf- von dem Bestände der nationalsozialistischen Regierung abhängig sei. Das Arbeitsgericht mußte sich mit der Klage eines Schwerbeschädigten beschäftigen, der innerhalb des Betriebes anti- nationale, politische Agitation betrieben hatte. Obwohl Schwerbeschädigte unter besonderem Kündigungsschutz stehen, war er von der Werkführung deswegen entlassen worden. Das Berliner Arbeitsgericht hat aber das Interesse des ungestörten Ablaufes des Wirtschaftslebens in diesem Fall über den Kündigungsschutz gestellt. In seiner Entscheidung sagt das Gericht, es sei dem Arbeltgeber nicht zuzumuten, das Arbeitsverhältnis mit einem solchen Schwerbeschädigten fortzusetzen. Das Schicksal der Arbeitgeber in ihrer freien wirtschaftlichen Entfaltung sei auf Gedeih und Verderb mit der Aufrechterhaltung und dem Fortbestand der nationalen Regierung verbunden. Daher treffe Jede politische Bewegung, die auf Beseitigung der nationalen Regierung gerichtet sei, mittelbar auch den Arbeitgeber. Insbesondere könne es einem Arbeitgeber, dessen Auftragsbestand auf die Zuweisung von Aufträgen durch Behörden angewiesen Ist, nicht zugemutet werden, Arbeitnehmer weiter durch Gewährung von Arbeit und Lohn Im Betriebe zu halten, deren Ziel und Bestreben auf Beseitigung der Regierungsgewalt gerichtet ist Der gleiche Grundsatz ist für die gesamten öffentlichen Betriebe anwendbar. Zu diesem Bericht ist kaum noch etwas zu bemerken. Er spricht für sich selbst Dem Verfasser ist zugute zu halten, daß ein Rest von Scham ihn verhindert hat, das entscheidende Wort richtig auszuschreiben. Die Leute, denen man jetzt den Kündigungsschutz genommen hat, die auf Knall und Fall hinausgeworfen werden. wenn sie im Verdacht stehen, sich über die1 heutigen deutschen Zustände ihre eigenen Gedanken zu machen, sind nicht „Schwerbeschädigte", sondern Schwerkriegsbeschädigte! So stehlen sie! Der Nachtragsetat der preußischen Regierung enthält eine neue Einnahme von 31/2 Millionen Mark. Dieser Betrag stammt aus dem beschlagnahmten Vermögen der„staatsfeindlichen" Organisationen. Der preußische Staat verwendet dieses Geld, um den Fehlbetrag zu decken, der durch die Anstellung von braunen Bonzen entstanden ist. Dieses Verhalten ist schamlos. Das Geld ist pfennigweise von den Arbeitern zusammengetragen worden. Es sollte zum größten Teil für soziale und gemeinnützige Zwecke dienen. In dieser Summe befinden sich die Gelder z. B, der Arbeiter- wohlfahrt, mit denen der Hunger unterernährter Arbeiterkinder gestillt, Tuberkulose vor Siechtum und Tod bewahrt werden sollten. Man stiehlt aber nicht nur für den Staat, sondern auch für die eigene Tasche. Täglich wird im„Reichsanzeiger" berichtet, was man beschlagnahmt und enteignet. Diese Beträge sind um ein Vielfaches höher als die jetzt angegebenen 3y3 Millionen. Da bleibt keine andere Annahme übrig, als daß die wirklich ent- sche'denden Herren, die Nazigauleiter und die Reichsstatthalter alles in ihre Taschen gesteckt haben, dessen sie habhaft werden konnten. Wer das Recht zum Morden hat, der hat sicherlich auch das Recht zum Stehlen. Ein lustig Spiel Das Dritte Reich in Gefahr— Wer sich irrt, wird erschossen. Aus Essen wird uns geschrieben: In unserer Stadt ist Furchtbares geschehen. Der Polizeipräsident hat Kopf gestanden, das Dritte Reich war von Essen aus gefährdet, drei Leute sind ins Konzentrationslager geschafft, eine große gleichgeschaltete Zeitung ist für vier Tage verboten worden— und die ganze Stadt hat gelacht. So begann es: Am 17. Oktober hielten die Leser der „Essener Allgemeinen Zeitung" ihr Blatt in der Hand, starrten erstaunt auf ein Bild, rieben sich die Augen, starrten wieder und reichten dann die Zeitung schmunzelnd und heimlich weiter. Die Stimmung, sonst trüb und gedrückt, stieg um einige Grade. Der Anlaß des allgemeinen Vergnügens: ein Bild pflastertretender SA-Leute, fahnentragend, im Volksbewußtsein der Landsknechtswürde die Köpfe reckend— darüber die Ueberschrift; „Fröhliche Stunden bei fahrendem Volk— Das Schulfest des Helmholtz-Realgymnasiums". darunter der Text;„Eine Szene aus dem lustigen Komödienspiel", Am nächsten Tage erschien die Zeitung nicht, und es sprach sich rasch herum, daß der Verlagsdirektor, ein Redakteur und der schuldige Metteur ins Konzentrationslager geschafft worden waren. Ein Blatt mit dem Kopf der„Essener Allgemeinen" verkündete: Verbot Der Herr Regierungspräsident in Düssel dorf hat die Essener Allgemeine Zeitung bis 21. Oktober einschließlich verboten wegen eines in der Ausgabe vom 17. Oktober veröffentlichten Bildberichts. Dazu wimmerte die Redaktion: „In der letzten Nummer unserer Zeitung ist in dem Bericht„Fröhliche Stunden bei fahrendem Volk" durch ein technisches Versehen ein Bild veröffentlicht worden, das nicht zu diesem, sondern zu einem anderen, noch nicht erschienenen Artikel gehört. Durch eine verhängnisvolle Verkettung von unglückseligen Umständen... Wegen der dadurch herbeigeführten verheerenden Wirkung der Bildwiedergabe auf den Leser, hat der Herr Regierungspräsident auf Antrag des Herrn Polizeipräsidenten... Verlag und Schriftleitung erkennen an, daß die Staats- Polizeibehörden den bedauerlichen Vorfall nur mit dem Zeltungsverbot beantworten konnten.. „Beantworten konnten"— Jawohl! Denn ein verhobenes Bild gefährdet natürlich den Bestand des ganzen Dritten Reiches. Macht und Popularität der braunen Herren sind so gefestigt, daß ein Gelächter sie Ober den Haufen pusten könnte, wenn das Volk nicht in Furcht und Schrecken versetzt, wenn Ihm nicht das Lachen abgewöhnt würde. LIBRAIRIE STOCK 155 rue St Honor6- Paris 1er- T6I.: Central 38-70 (M6tro: Palais-Royal ) Alle deutschen, französischen und engl. Bücher Lieferung nach allen Ländern „NEUER VORWÄRTS" hier zu haben Sofortige Auskünfte Uber bibliographische Fragen Abonnements-Bestellungen In Frankreich für den„Neuen Vorwärts" werden von Boris Skomorovsky- 141 rue Broca- Paris (13e) entgegengenommen. Ch. postaux(Postscheckkonto): Paris 1260 98, Abonnementspreis: Halbjahr Frs. 35, Vierteljahr Frs, 18.
Ausgabe
1 (5.11.1933) 21
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