ser Zeitung"* bezieht ihre Meinung aus dem Göbbels -Ministerium. In Spanien hat sich eine faschistische Organisation unter der Führung des jungen Primo de Rivera, eines Sohnes des ehemaligen Diktators, gebildet. Die jungen Leute bekennen sich ebenfalls zu den„Zielen des Nationalsozialismus". In Belgien mußte die Regierung ein Uniform-Verbot für politische Verbände erlassen. Die Nazi-Agitation unter dem flämischen Teil der Bevölkerung hatte einen großen und gefährlichen Umfang angenommen: Es bestand bereits eine regelrechte Kampforganisation,„Grauhemden' genannt, ihr Führer ist ein gewisser Se- veren, bei dem Schriftstücke gefunden wurden, die enge Beziehungen zwischen den belgischen Nationalsozialisten und der Nordwest-Sektion der NSDAP , aufdeck ten. Geplant war der Bau mehrerer „Grauhäuser", die einheitliche UniformiC' rung und die Schaffung einer Propaganda. Zentrale. Die belgischen Behörden haben ferner festgestellt, daß die belgischen Nazis von der deutschen Bruderpartei nicht nur mit erheblichen Geldmitteln, sondern auch mit Waffen und Sprengmitteln ver sorgt worden sind. In Holland wird von Agitations- Zentren, die sich längs der Grenze befinden, eine intensive Propaganda betrieben. Es besteht bereits eine feste Kampforganisation, deren Führer, ein Hauptmann Roselveede, kürzlich erklärte:„Vorläufig sind wir nur 8000 Mann stark, ich garantiere aber, daß wir spätestens in einem halben Jahre mindestens 50.000 Mitglieder haben werden!" Diese Nazi-Zentren in Holland sind auch die Verbindungsstationen für weiterreichende wehrpolitische Ziele. So sieht also das Netz aus, über das die Nazi-Propaganda heute bereits verfügt. Zu den vielen gefährlichen Illusionen, die man sich leider bisher immer über die Nazi-Gefahr gemacht hat, gehört auch heute noch die, daß man nicht an den Erfolg einer derartigen Propaganda glauben will. Es ist unbestrittene Tatsache, daß die Herren des Dritten Reiches ihre Agitations-Stützpunkte im Auslande immer mehr ausbauen. Göbbels , seines Obermeisters Blechmundstück, hat vor einigen Wochen in einer Wahlrede gesagt, der Nationalsozialismus wolle bewußt ein Export-Artikel sein! Ein anderer von Hit lers Paladinen, der Reichsstatthalter Dr. Meyer, schmetterte:„Die Deutsche Revolution soll der Welt ein anderes Gesicht geben. Wir wollen neue Menschen formen. Eines Tages wird die deutsche Revolution nicht auf Deutschland beschränkt bleiben. Wir haben die Brandfackeln in alle Staaten der Erde geworfen!" Der OberpräVädent der Rheinpro vinz , Freiherr von Lüninck, sagte in Aachen :„Noch ist das Werk nicht vollendet, daß im Dritten Reich ein Adler seine Schwingen spannt von Aachen nach Wien , von der burgundischen Pforte bis zum deutschen Meer im Femen Osten, von den Alpen zur Küste. Aber das Werk wird vollendet!" Noch einer, der Ober- Nazi und Staatsrat Simon in Koblenz , plauderte seelenruhig über das Programm seines Führers aus;„So weit die deutsche Zunge reicht, so weit deutsches Blut in den Adem rollt, so weit reicht das große Deutschland ! Wir begnügen uns nicht mit der Saar . Darüber hinaus reicht die deutsche Zunge. Bis nach Metz und herunter bis nach Mühlhausen . Die Saar , Elsaß-Lothringen , Oesterreich, Luxem burg , Belgien und die Niederlande sind alle einmal deutsch gewesen. Nicht eher wird der Nationalsozialismus und wird sein Führer ruhen, als das Ziel eines Groß-Deutschland von 90 Millionen erreicht ist!" Das genügt den Herrschaften aber noch nicht. In der braunen Zeitschrift „Volk im Werden" hieß es vor einigen Tagen:„Die Stunde ist nicht fern,* wo jeder Deutsche , jeder Mensch deutschen Blutes, er mag wohnen, wo er will, Adolf Hitler und dem Nationalsozialismus in der gleichen Weise angehört, wie einst jeder Mohammedaner von allen Enden der Welt dem Kalifen aller Gläubigen!" Es wäre töricht, diese Dinge einfach zu belächeln und sie als Ausgeburten einer Psychose abzutun! Noch vor einem Jahr hat man es für unmöglich gehalten, daß ein Hitler eines Tages deutscher Reichskanzler, und daß em 65-Millionen-Volk Beute einer Handvoll vorbestrafter Verbrecher werden könnte! Die Maske abgeworfen! Die letzten gewerkschaftlidien Reste versthwinden Die Verbände der„Deutschen Arbeits front " sollen aufgelöst werden, künftig soll die„Deutsche Arbeitsfront " nur noch Einzelmitglieder haben. Damit verschwinden die letzten Spuren der Gewerkschaften aus dem Unterdrückungssystem der Despotie. Die Organisation der Leyschen Arbeitsfront war ursprünglich auf den Verbänden der freien Gewerkschaften aufgebaut worden. Es hat sich jedoch gezeigt, daß trotz der völligen Beherrschung der Verbände durch die nationalsozialistischen Leitungen der wirkliche gewerkschaftliche Geist bei den Mitgliedern unausrottbar war und auf die Beherrscher zurückwirkte. Die Herren der Wirtschaft haben deshalb die Deutsche Arbeitsfront immer mit Mißtrauen gesehen, und immer wieder hat Staatssekretär Grauert die Ansicht vertreten, daß die letzten Reste gewerkschaft- lieber Organisation verschwinden müßten. Die Deutsche Arbeitsfront ist deshalb auch schon seit langem von allem Einfluß auf die Wirtschaftspolitik und die Sozialpolitik entkleidet worden. Es ist ein lächerliches Mißverhältnis zwischen der Einflußlosig- keit dieser Organisation und dem Umfang des Apparates eingetreten. Es ist das gleiche Mißverhältnis, das zwischen den demagogischen Versprechungen der Nationalsozialisten für die Arbeiter und der wirklichen Stellung der Arbeiterschaft im Dritten Reich besteht. Die nationalsozialistischen Gewerkschaftsbürokraten aber— sie sind eine wirkliche Bürokratie, die die Mitglieder beherrscht!— haben unentwegt die Demagogie der Versprechungen, den Arbeiterfang mit Vertröstungen auf die Segnungen des Dritten Reiches betrieben. Die Diktatoren haben dies geduldet, solange sie sich der Mehrheit der Verbandsmitglieder nicht sicher fühlten. Nach der Wahl vom 12. November haben sie die Maske abgeworfen. Sie brauchen die gewerkschaftliche Maskerade nicht mehr. Sie verbieten ihren Funktionären den Arbeitern von Lohnerhöhungen zu sprechen. Sie zerschlagen die Form der Verbände, die sie von den früheren Gewerkschaften übernommen haben. Vom berufsständischen Aufbau des neuen Staates redet niemand mehr. Der Industriefeudalismus duldet die Deutsche Arbeits front nur noch als reine Unterdrückungsmaschine gegen die Arbeiter, er hat ihr selbst die Erzeugung gewerkschaftlicher Illusionen untersagt. Was bleibt den Mitgliedern der Arbeitsfront noch von den Gewerkschaften, denen sie einst angehört haben? Nur noch die Pflicht der Beitragszahlung! Die Arbeitsfront ist nichts anderes als die Einheberin einer zusätzlichen Steuer der Arbeiterschaft zur Lohnsteuer hinzu! Die Arbeitsfront ermöglicht es ferner der Diktatur, die Arbeiter dauernd unter Aufsicht zu halten. Jetzt sollen sie nach Feierabend auch noch mihtärisch gedrillt werden. Aus dem beruflich gegliederten Aufbau nach Gewerkschaften wird nach der Einführung der Einzelmitgliedschaft der Aufbau einer Armee. Der einzelne Arbeiter wird aus seiner organisations- mäßigen Bindung herausgenommen und vereinzelt. Vom berufsständischen Geist redet niemand mehr— der Geist des Militarismus hat alle berufsständischen Illusionen verdrängt. Denn die Zerschlagung der Verbände legt Zeugnis ab von einem Geiste, der das ganze Volk nicht für den Frieden, sondern wie ein einziges Heer organisieren will. Stresemaim und Hitler i. „Als Stresemann, klarblik- kend und verdienstvoll, ein Uebereinkommen mit Frankreich anstrebte. hatte er das Volk nicht hinter sich. Ich habe es hinter mir... Elsaß- Lothringen ! Ich habe oft genug gesagt, daß wir endgültig darauf verzichten!" Gespräch mit dem„Matin", 22. November 1933. II. „Kampf dem Stresemann!... Damit(dem Uebereinkommen mit Frank reich ) ist alles Maß übergelaufen. Ein Mensch, der an Stresemanns Stelle für Frankreich etwas Aehnliches unterschrieben hätte, wäre nach seiner Rückkehr nach Paris wie ein Hund erschlagen worden!" „Völkischer Beobachter", 18. Oktober 1925. Aintlictie Nadihilfe Stimmeiizähliing am 12. IVoTember Erst istzt, nach der Wahl, ist der Umfang des Terrors in- allen Teilen- des-Reiches zu übersehen, der das„Wahlresultat" am 12. November bestimmt hat Wir könnten noch Spalten füllen mit derartigen Terrormeldungen, und wir müßten neue Spalten hinzufügen, um die Repressalien zu schildern, die jetzt vielerorts an den Nichtwählern und Neinsagern verübt werden. Nur zwei Beispiele; Vor der Wahl erließen die Krusauer Kupfer- und Messin g w e r k e G. m. b. H. eine Bekanntmachung, in der zur Wahlbeteiligung nnd zur Abstimmung für die Regierung aufgefordert wurde. Die Regierung werde nur an solche Werke Aufträge vergeben, deren Arbeiterschaft national gesinnt ist. „Es würde dabei einen ungünstigen Eindruck machen, wenn am kommenden Sonntag sich unter den abgegebenen Stimmen solche befänden, die ein Mißtrauensvotum oder eine Zurückhaltung gegen die heutige Regierung erkennen ließen. Wir erinnern daher die Einwohnerschaft Kupfermuhles schon in ihrem eigenen materiellen Interesse an ihre Pflicht." Krusauer Kupier- und Messingwerke G. m. b. H., W. Becker. Nach der Wahl wurden nach einem Bericht der Nazipresse in A 1 1 e n s t c i g bei Pforzheim zwei Kommunisten, die mit Nein" abgestimmt hatten, durch die Straßen geführt. Sie trugen ein Plakat mit dem Wortlaut:„Ich bin ein Volksverräter, ich habe mit „Nein" abgestimmt!" Voran ging ein Trommler der HJ . Die Gruppe, die von der Schuljugend begleitet war, erregte überall großes Aufsehen. Was der Terror nicht erreichte, das wurde amtlich nachgeholfen bei der Auszählung der Stimmen. Die amtlichen Richtlinien für die Auszählung der Stimmzettel sehen u. a. vor: „Gültig sind Stimmzettel, m denen... 5. das Kreuz in Form des Hakenkreuzes eingetragen ist; 6. der Wahlvorschlag durch ein Loch(an Stelle des Kreuzes oder außer diesem) im Stimmzettel gekennzeichnet ist, sofern damit der Wille des Wählers unzweifelhaft zum Ausdruck gebracht wird: 7. die Kennzeichnung durch einen Hinweis in Form eines Pfeilstrichs stattgefunden hat: 8. handschriftliche Zusätze eingetragen sind, durch die der Wähler seine Begeisterung für den Volkskanzler Adolf Hitler oder sonst seine Zustimmung zur Regierungspolitik zum Ausdruck gebracht hat. Der Stimmzettel ist auch dann gültig, wenn dieser Zusatz als besonderer Zettel einem sonst zulässig gekennzeichneten Stimmzettel beigefügt ist. Wie leicht ist es doch, einen Stimmzettel, der ohne Eintragung abgegeben wurde, noch durch ein kleines Loch schnell gültig zu machen. Und in der Nähe von Leipzig hat man Stimmzettel, die mit drei Pfeilen ungültig gemacht worden waren, als gültig anerkannt, denn die Kennzeichnung hatte in„Form eines Pfeilstriches" stattgefunden. Um das Bild dieser famosen„freien" Wahl zu vervollständigen, sei noch die amtliche Mitteilung vermerkt, daß der Reichswahlausschuß, der am 23. November getagt hat, aus dem Reichswahllciter Dr. Reinhardt und sechs von der NSDAP , bestimmten Beisitzern bestand. Da muß das Resultat ja stimmen. Selbstmord im Gefängnis Erwin Günther— in den Tod getrieben! Genosse Erwin Günther, der schon im Sommer dieses Jahres einmal in Dresden verhaftet war, hat während einer weiteren Haft am 11. November im Dresdener Polizeipräsidium seinem Leben ein Ende gemacht Günther, ein etwa 30iähriger überaus tüchtiger Funktionär und liebenswerter Mensch, war Volontär beim Partei-Vorstand, hatte in Ber lin in der Werbeabtdlung der Partei mitgearbeitet, war dann in der Provinz als Redakteur an sozialdemokratischen Zeitungen tätig und im vorigen Jahre in Kiel Parteisekretär. Nach den uns gewordenen Mitteilungen ist anzunehmen, daß es sich in diesem Falle nicht um einen nur vorgetäuschten Selbsmord handelt. Welche Qualen aber den jungen einst so" lebenslustigen Mann dazu gebracht haben, sein Leben mit eigener Hand zu beenden— darüber lassen sich nur Vermutungen anstellen- Auch dieses kostbare Blut kommt auf das Haupt der braunen Mörder. Die neue Farbe der SA Grüne Uniform für grüne Jungens! Bekanntlich hat vor einigen Tagen Hitlers Röhm bekanntgegeben, daß die SA demnächst eine neue Uniform von neuem Schnitt und neuer Farbe erhalten soll. Wie aus Berlin berichtet wird, werden die neuen Nazi-Uniformen von grüner Farbe sein. Die neuen Uniformen der SA werden eine Kombination der eng lischen und russischen Militär-Uniformen sein: Ueber dem russischen Hemd wird ein Jackett getragen. Das Hemd wird wie das der russischen Soldaten meergrün sein, der Jackett-Ausschnitt wie bei der Uniform der englischen Armee. G ö r i n g hat ja kürzlich gesagt, daß die alte SA-Uniform ganz unangemessai und„auf dem Schlachtfeld ganz unbrauchbar" sei. Nun wird sie also auch„auf dem Schlachtfeld brauchbar" sein und wird ausgezeichnet zu dem Feldgrau der Reichswehr passen. Doch was wird aus dem Horst-Wessel-Lied, in dem von„Hitlers braunen Bataillonen" gesungen wird? Der Skandal von Banzig Ein Besdiwerdeführer nach Deutschland verschleppt Vor drei Wochen sind in Danzig die Chefredakteure der Danziger Landeszeitung, Kilian, und der Danziger Volksstimme, Fooken, verhaftet worden, ebenso der Redakteur der Danziger Landeszeitung, T e i p e 1. Die Redakteure hatten beim Hohen Völkerbundskommissar für Danzig schriftlich Beschwerde gegen das verfassungswidrige Verbot ihrer Zeitungen eingelegt Die Danziger Verfassung ist vom Völkerbund garantiert— aber die nationalsozialistische Regierung in Danzig pfeift auf den Völkerbund. Die Verhaftung der Redakteure war ein Schlag ins Gesicht für den Völkerbund. Eine Antwort von Genf ist auf diese Provokation nicht erfolgt geschweige denn irgendeine Maßnahme. Vielleicht beginnt Ende Januar eine akademische Erörterung der Angelegenheit in Genf . Die nationalsozialistische Regierung in Danzig hat nun die Chefredakteure Kilian und Fooken aus dem Konzentrationslager Weicbselmönde entlassen. Sie hat erreicht, was sie wollte. Sie hat die Erfahrung gemacht, daß die Völkerbundsgarantie für die Danziger Verfassung nur ein Blatt Papier ist das sie ungestraft zerreißen darf. Sie hat der Bevölkerung klar gemacht daß jeder bestraft wird, der diese Garantie in Anspruch nehmen will, und daß er auf Schutz durch den Völkerbundkommissar nicht rechnen kann. Sie hat die Völkerbundsgarantie soweit ausgehöhlt, daß davon nichts mehr übrig ist Die Naziregierung hat darüber hinaus ihren Erfolg mit einem besonders ge* meinen Streich gekrönt Der R®' dakteur T e i p e 1 von der Danziger Lau* deszeitung, der Reichsdeutscher ist, wurde nicht aus der Haft entlassen. Er wurde vielmehr auf reichsdeutsches G®' biet nach Marienburg abgescho* b e n und dort von den deutschen Behörden sofort verhaftet Der Unglückliche wird in irgendeinem Konzentrationslager enden. Er wird wahrscheinlich seiu Vertrauen zur Autorität des Völkerbünde® mit dem Leben bezahlen. Die Haltung des Völkerbundes entspricht der allgemeinen politischen Mentalität seit dem Januar 1933. Diese Mentalität läßt sich kennzeichnen durch den Satz: Verträge sind dazu da, nicht ß®' halten zu werden,
Ausgabe
1 (3.12.1933) 25
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