Göcings Niederlage in Leipzig

Politische Lügen des Reichsgerichts

50 Jahre

Kampfjubiläum des ,, Vorwärts"

Ein halbes Jahrhundert vollendet sich, seit das Berliner Volksblatt", der Vorläu­fer des Vorwärts", zu erscheinen begann. Es war zur Zeit des Sozialistengesetzes. Unter der falschen Beschuldigung, die

Der Leipziger Prozeß hat mit einem Rück-| staatsstreichlüsternen Nationalsozialisten zu wenn seine Bewegung in der Zukunft nicht Attentate auf Wilhelm I. seien von Sozial­zug und mit einer Niederlage geendet. Die machen. Alle, die willfährig und widerstands- rückläufig werden sollte. Tatsache ist, daß demokraten verübt worden, hatte Bis­Reichsrichter haben Torgler und die Bul- los die Verfügung über Leben, Recht und Frei- selbst ein übergroßer Wahlerfolg ihm nicht die marck Presse und Organisation der So­zur Verwirklichung seiner zialdemokratischen Partei verboten, die garen freigesprochen, und van der Lubbe heit der deutschen Staatsbürger dem braunen legale Grundlage zum Tode verurteilt. Sie haben eine wichtige Terror ausgeliefert haben, betrauern den Ver- Diktatur gegeben hätte. Hitler und Göring Anhänger der sozialistischen Lehre unter Entscheidung über das persönliche Schicksal lust ihrer moralischen Basis angefangen von brauchten den Absprung zum Staatsstreich. Ausnahmezucht gestellt. von vier Angeklagten gefällt aber damit noch kein gerechtes Urteil; denn das Urteil folgt in seiner Begründung sklavisch den Lü­gen, die seit dem 28. Februar 1933 von der offiziellen Propaganda in die Welt gesetzt worden sind.

berg davon abgebracht.

Göring hat in offener Reichsgerichtssitzung

Herrn von Hindenburg , der sich immer Sie brauchten ein Ereignis, das ihnen ermög­noch Reichspräsident nennt, über die Kom- lichte, dem Reichspräsidenten die Macht aus mandeure der Reichswehr bis zu den Spitzen der Hand zu nehmen und ihre Konkurrenten der Bürokratie und der Justiz! aus dem deutschnationalen Lager zur Ohn­macht zu verurteilen.

Denn das Märchen vom kommuni­ stischen Aufstand, dem der Reichstags­

Wenn die Frage ,, zu

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wessen

Gun­

Es steht ein Blatt geschrieben Im Buch der deutschen Schmach, Das wird der Teufel lieben Bis auf den jüngsten Tag.

So charakterisierte der Freiheitsdich­Hitler wollte noch in der Brandnacht van brand als Fanal dienen sollte, ist der Panzer sten?" gestellt wird, so entscheidet diese ter Karl Henckell Bismarcks Soziali­der Lubbe zwischen Torgler und Thälmann gewesen, mit dem die Helfershelfer der Na- Frage gegen die Nationalsozialisten. Das stengesetz. Heute erscheint uns jene Zeit auf dem Platze vor dem Reichstag öffentlich tionalsozialisten sich gegen die Stimme des Reichsgericht hat diese Frage aufgeworfen. als geradezu noch liberal. Denn nicht nur aufhängen lassen. Er wollte das Fanal für Cewissens und der Moral bewaffnet haben. Es hat sie beantwortet wie das Interesse des gab es keine Morde, keine Miẞhandlungen und keine Konzentrationslager, sondern es den Staatsstreich durch eine propagandistische Diese Stimme ist ihnen in die Ohren geschrien Regimes es befahl aber es hat damit zu­Exekution verstärken. Damals hat ihn Hugen- worden, aber sie meinten, daß sie nicht dar- gleich den schwersten Schlag gegen seine Auf- blieben auch die sozialdemokratischen Ab­auf zu hören brauchten, solange sie ihr Ge- traggeber geführt. Es hat seine Antwort nur geordneten im Schutze der Immunität, es wissen in die Obhut des Reichsgerichts gege- mit einer Geschichtslüge zu begründen ge- gab keinen totalen Staat und keine totale Dimitroff gedroht: ,, Warten Sie nur, Sie Ha- ben hatten. Mochten die Anklagen über die wußt, die jedermann außerhalb Deutschlands Willkür, sondern es gab eben nur ein Sozialisteng esetz, ein Gesetz also, das lunke, bis Sie mir in die Finger kommen!" Scheußlichkeiten des Terrors und über die Fol- sofort zu durchschauen vermag. Die Lust zum Hängen war groß bei den gen ihres Handelns sich zu Bergen häufen Im Augenblick des Reichstagsbrandes war den Behörden zur Richtschnur diente und beiden Häuptern des Staatsstreiches. Was sie haben sich mit dem schwebenden Verfah- die kommunistische Partei schwach. Ihre Un- das je nach Ort und Zeit strenger oder Hitler in der Brandnacht und noch am 21. März ren vor dem Reichsgericht getröstet. Sie ha- entschlossenheit und ihre Schwäche war be- weitherziger ausgelegt wurde. Es war in­für opportun erschien, war am 28. Dezember ben selbst das Recht und die Freiheit und die reits sichtbar geworden, als sie die Demon- folgedessen innerhalb der gesetzlichen nicht mehr opportun. Denn nach diesem Pro- Verfassung mit beiden Füßen niedergetrampelt stration der braunen Bürgerkriegstruppen auf Grenzen auch eine gewisse Opposition zeẞ hätte die ganze Welt auf eine Hinrichtung immer unter dem Vorwand, das Land vor dem Bülowplatz vor ihrem Parteihaus dulden und eine oppositionelle Presse möglich, nur daß sich diese eben nicht ge­rade als sozialistisch bezeichnen durfte.

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von Torgler , Dimitroff , Popoff und Taneff mit dem Kommunismus zu retten. Aber nun ist mußte. der Feststellung geantwortet: Das ist Mord!

Indem die einst so hängelüsterne Regierung sich mit den Reichsrichtern auf vier Frel­sprüche geeinigt hat, hat sie einen Rückzug angetreten.

Zusammengebrochen aber ist die ge­samte propagandistische Erfindung, Buf der das Staatsstreichregime auf­gebaut worden ist!

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werden.

das Märchen zu Ende. Niemand in der ganzen Die Nationalsozialisten aber brauch­So entstand im sechsten Jahre des Welt wird ihnen weiterhin den guten Glau­ten den Absprung, Sozialistengesetzes das Berliner ben zubilligen. Der Spruch des Reichsgerichts zu Diktatur und Volksblatt". Blättert man heute in ist ebenso für das Gewissen dieser Herren der ihnen den Uebergang bestimmt wie für das Renommee des Regimes. Terror ermöglichen sollte. Niemand glaubt, seinen alten Jahrgängen, so ist man er­Aber ihr Gewissen wird nun vor den Richter- daß die KPD . ihnen, gegen die eigenen Partei staunt, was alles in Berlin unter dem eiser­stuhl der geschichtlichen Wahrheit gezogen interessen eklatant verstoßend, diese Chance nen Kanzler in der Zeit des Sozialisten­gesetzes zum Absprung geschenkt haben! geschrieben werden konnte. Die politische und moralische Niederlage ist Heute würde der hundertste Teil davon Das Reichsgericht hat zu der Lüge eklatant. Aber selbst um den Preis dieser genügen, nicht nur ein Verbot des Blattes vom kommunistischen Aufstandsver­Niederlage kommt das Regime nicht von der herbeizuführen, sondern auch Verleger such eine weitere Geschichts­Die Lüge von der Anzündung des Reichstags weiter schwärenden Frage nach der Schuld und Redakteure für die Lebenszeit des lüge hinzugefügt. durch Kommunisten, die Lüge von der Betei­ligung der Sozialdemokraten, die Lüge vom Es hat die Behauptung aufgestellt, daß die los. Denn unerbittlich wird immer wieder die gegenwärtigen Regimes in das Konzentra­Nationalsozialisten, des kommenden Wahlerfol- Frage aufgeworfen werden: Wer hat den Be- tionslager doer ins Zuchthaus zu bringen. bevorstehenden kommunistischen Aufstand Die ersten Verhandlungen über eine kurzum alles, womit Rechts- und Verfassungs- gse sicher, keinerlei Manipulation und keinerlei fehl gegeben, den Reichstag in Brand zu publizistische Vertretung der Partei im bruch mitsamt den Scheußlichkeiten des brau- Fanal nötig gehabt hätten. Das ist eine dreiste setzen, wer hat den Befehl ausgeführt? Sie können van der Lubbe hängen. Sie Ausland wurden schon drei Wochen nach nen Terrors entschuldigt und verteidigt wor- Fälschung des geschichtlichen Tatbestandes! Tatsache ist, daß die Kanzlerschaft an können ihn hinter Mauern stumm machen. der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler den sind! Die einzige politische Idee der Reichspro- Herrn Hitler im Augenblick des Schwächean- Aber was weiß denn er? Und ist es ein Be- geführt. Die Entscheidung fiel aber erst paganda besteht darin, der Welt den Hitleris- falls seiner Partei gegeben wurde. Tatsache weis für die Unschuld von Göring , wenn nach qualvollem Hin und Her nach der Besetzung der Gewerkschaftshäuser zu mus als das letzte Bollwerk gegen den kom- ist, daß er den Staatsstreich wagen mußte, van der Lubbe stumm gemacht ist? Anfang Mai. Am 18. Juni erschien dann munistischen Umsturz vorzuführen. Dieser die erste Nummer des Neuen Vor­Idee sollten der Reichstagsbrand und der wärts" in Karlsbad . Ursprünglich sollte Reichstagsprozeß dienen. Wer glaubt heute es bei dem alten Namen ,, Vorwärts" ver­noch, daß die KPD . die Anzündung des Reichs­bleiben, doch machte die Kommunistische tags befohlen habe, weil sie ein Fanal für den Partei, die in Reichenberg ein Blatt glei­Aufstand brauchte? Der gesamte Prozeß ist chen Namens herausgab, auf Grund des trotz dem Aufmarsch der Belastungszeugen, Bürgerlichen Gesetzbuches ältere Rechte dieser Mischung von meineidigen Verbrechern, geltend. Im übrigen hatte die so entstan­Renegaten und Naziwürdenträgern, zu einem dene teilweise Namensänderung auch ihr einzigen großen Gegenbeweis gegen diese These geworden. Daß im Urteil des Reichs­gerichts diese These dennoch aufrechterhalten wird, zeigt nur, daß die Reichsrichter mit Die Einigung Deutschlands macht rasende Als alles Zuckerbrot nichts half, versuchte Herrn Bünger an der Spitze nicht unabhängig Fortschritte. Sie ist schon so weit, daß am er es mit der Peitsche und verfügte vorige urteilende Richter sind, sondern Beamte des höchsten Tage der Christenheit unzählige Kan- Woche die Dritten Reiches , die einen Spruch nicht nach zeln gegen die nationalsozialistische ,, Erneue­Gerechtigkeit, sondern nach Opportunität ge- rung" protestierten. Da die katholische Geist­fällt haben! Nicht Recht und Gesetz son- lichkeit in Deutschland vom Konzentrations­

rlums liegt diesem Spruch zugrunde!

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Aufruhr

der Kanzeln

Pfarrer wider Pfarrer Gutes, indem sie andeutete, daß der Vor­

Eingliederung der evangelischen Jugend­bünde in die Hitlerjugend.

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wärts" vor neuen Aufgaben stand und in neuem Geiste an sie heranzutreten entschlossen war.

Die Erkenntnis, daß es jetzt in Deutsch­ land nichts anderes gibt als den kom­promißlosen revolutionären Kampf gegen das herrschende Regime dern der Befehl des Reichspropagandaministe- lager bedroht wird, wenn sie die christlichen Gleichzeitig enthob der wotansgläubige Baldur der Despotie, hat sich nicht ohne weiteres Gebote pflichtgemäß verkündet, wurden ihre von Schirach den bisherigen Führer der durchgesetzt. Der Neue Vorwärts" dari Man kann über die Katastrophe des österreichischen Kollegen um so deutlicher. In evangelischen Jugend seines Amtes. Aber so für sich das Verdienst in Anspruch neh Reichsgerichts kurz hinweggehen. Die allen Kirchen kam ein Weihnachtshirtenbrief sehr diese Beschlagnahme ihrer Jugendreser- men, sie von seiner ersten Nummer an Totalität des Regimes duldet keine Gerechtig- zur Verlesung, in dem ven, die die altgläubige Opposition auch trifft konsequent vertreten zu haben. Das ge ohne persönliche Gehässigkeit keit mehr, sondern nur noch die Staatsraison, sie war klug genug, Ruhe zu bewahren und schah und mit der Staatsraison des Dritten Reiches sich nicht aufs politische Glatteis locken zu gegen diejenigen, die sich nicht mehr auf hat die Idee der Gerechtigkeit nichts gemein. Religionszersplitterung, Nationalsozialismus und lassen. Ihre Forderungen blieben religiöse: die Erfordernisse der neuen Zeit umzu­

Wer unter diesem Regime die Robe des Rich­

ner gegen die Gerechtigkeit.

schlechte Diener ihrer Herren gewesen! Sie

gegen nationalsozialistische Barbarel,

Rassenwahn einmütig protestiert wurde.

zu aktivem Widerstand" entschlossen

Der Entschluß, das alte Banner über die Grenze zu tragen, war gewiß nicht leicht. Er offenbarte die Tragödie nicht

Wiederherstellung des alten, von Parteipolitik stellen vermochten und die sich darum ters anzieht, kennzeichnet sich selbst als Die- Weniger einheitlich und dafür um so tur- unabhängigen Glaubens und Müllers Ab- hartnäckig an Illusionen klammerten. Aber bulenter ging es um Weihnachten in den evan- gang. Wie ernst der die Situation einschätzt, darüber soll doch kein Zweifel möglich Aber die schlechten Richter sind zugleich gelischen Landeskirchen des Dritten Reiches ist daraus zu ersehen, daß er vier Tage vor sein, daß sich der Neue Vorwärts" be­sollten ihre Herren verteidigen gegen die Anzu. Kanzel stand wider Kanzel, und verschie- Weihnachten nach Hannover reiste, um sich wuẞt in den schärfsten sachlichen Gegen­dene Gläubige werden sich hüten, draußen zu mit dem Vertrauensmann der Altgläubigen, satz zu jenen stellt, die glaubten, etwas griffe, die gegen das Regime und seinen Ur- interpretieren, was sie in manchen Kirchen Bodelschwingh , auszusprechen. Resul- vom Geist und Körper der alten Partei sprung aus der ganzen Welt gerichtet worden hörten, nämlich Kampfrufe gegen die oberste tat: eine neue Bischofskonferenz, die abermals durch Stillhalten und Resignation erhalten sind. Sie sollten die Behauptung widerlegen, Kirchenbehörde. Denn der Streit zwischen der Müllers Kopf forderte, andernfalls die Oppo- zu können. daß Göring selbst den Befehl gegeben habe, Pfarreropposition und dem Reichsbischof, zwi- sition den Reichstag anzustecken. Sie haben die schen den Altgläubigen und der neuen Natio= Behauptung aufgestellt, daß dem nicht so nalkirche", hat sich konsequent weiter ver­sei aber sie haben dieser Behauptung dieser Behauptung schärft- trotz der Konzessionen, die den Alt- sei; sie werde, wenn ihren Forderungen bis bloß einzelner Menschen, sondern auch 24. Dezember nicht entsprochen werde, ihren gläubigen vom Reichsbischof Müller ge­Beweis zur Seite stellen können. Sie haben macht wurden. Es nützte nichts, daß er den kirchenpolitischen Standpunkt von der Kan- einer großen Idee und einer stolzen Be wider das jüdische Kruzifix ketzernden Bischof zel herab verkündigen. Da Müller blieb und wegung. Aber er bedeutete eben nicht Hossenfelder aller Aemter entsetzte, daß da es auch müllergläubige Pfarrer gibt, kann nur ein Ende, sondern auch einen An­er die Bewegung der braunen Deutschen man sich den erhebenden Gottesfrieden aus- fang, nicht nur eine Besiegelung der Christen" entpolitisierte und fallen ließ, daß malen, der in diesen Tagen christlicher Hoch- Niederlage, sondern auch eine neue sein geistliches Ministerium zurücktrat und ein festlichkelt rings um die Kanzeln des Dritten Kampfansage. Der Entschluß, den mit neutraleren Geistlichen gebildet Sie sind nicht die einzigen, die eine Nieder- neues ,, Vorwärts" im Ausland erscheinen zu lassen, wird endgültig gerechtfertigt sein lage von größtem Ausmaß erfahren haben! wurde. Die Bischöfe von Bayern , Baden, Mit ihnen haben den Prozeß verloren alle Württemberg , Hessen und Hannover und der Der Kampf geht weiter und wie er auch an dem Tage, an dem er zum ersten Mal jene, die sich bereitwillig das Märchen vom hinter ihnen stehende Pfarrernotbund forderten ausläuft: er hat den braunen Erneuerern bis wieder im Inland erscheinen wird, in kommunistischen Verbrechen erzählen ließen, Rücktritt des nationalsozialistischen Vertrau- jetzt eine Niederlage nach der anderen be- einem befreiten sozialistischen um dennoch gemeinsame Sache mit denensmannes, Reichsbischof Müller.

nicht den mindesten Schein von

nicht vermocht, Tatsachen beizubringen, die die Ueberzeugung der ganzen Welt hätten erschüttern können.

Diesen Prozeß haben Hitler und Göring verloren!

Reiches tobte.

schert.

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und das bedeutet unendlich mehr

Deutschland !