zroße Aufopferuns kosten?"(„Zum ewigen Frieden "). Ebenso unvorstellbar sind in der Welt Kants das S t a a t s 1 d e a I des Dritten Rei ches , die Heroisierung des Krieges und die Aechtung jedes Paziiismus. Für die zum Prinzip erhobene„Gewalt ohne Freiheit und Gesetz" hat unser„Greuelhetzer" in der„Anthropologie" den Namen„Barbarei", für„Gesetz und Gewalt ohne Freiheit" den Namen„Despotismus". Den allzu Gehorsamen, die sich schweigend ducken oder gar den„Führern" verehrungsvoll die Füße lecken, ruft er in der „Metaphysik der Sitten " zu:„Werdet nicht der Menschen Knechte! Laßt euer Recht nicht ungeahndet von anderen mit Füßen treten! Seid nicht Schmarotzer oder Schmeichler! Das Hinknien oder Hinwerfen zur Erde ist der Menschenwürde zuwider, denn ihr demütigt euch alsdann nicht unter einem Ideal, das euch eure eigene Vernunft vorstellt, sondern unter einem Idol, was euer eigenes Gemäch-
sel ist." Der alten Lüge vom„heiligen Egoismus" der Staaten antwortet er:„Die politischen Maximen müssen nicht von de raus ihrer Befolgung zu erwartenden Wohlfahrt und Glückseligkeit eines ledert Staats als dem obersten Prinzip der Staatsweisheit, sondern von dem reinen Begriff der Rechtspflicht, vom Sollen, ausgeben, die physischen Folgen mögen auch sein, welche sie wollen" („Zum ewigen Frieden "). In den„Betrachtungen über das Erhabene" konnte sich Kant an bitter-ironischen Bemerkungen über die falsche Erhabenheit der Schlachten und der Kriegerkaste gar nicht genug tun, und dem von Waffen starrenden Europa hielt der siebzigjährige Greis seinen T raktat„Zum ewigen Frieden" entgegen, der in der Idee des übernationalen „W e 1 1 b ü r g e r t u m s", in der Vision des Völkervereines gipfelt:„Für Staaten Im Vers hältnisse untereinander kann es nach der Vernunft keine andere Art geben, aus dem gesetz
losen Zustande, der lauter Krieg enthält, herauszukommen, als daß sie ebenso wie einzelne Menschen ihre wilde, gesetzlose Freiheit aufgeben, sich zu öffentlichen Zwangsgesetzen bequemen und so einen V ö 1 k e r s t a a t, der zuletzt alle Völker der Erde befassen würde, bilden. Wenn es Pflicht, wenn zugleich gegründete Hoffnung da ist, den Zustand eines öffentlichen Rechts, obgleich nur in einer ins Unendliche frotschreitenden Annäherung, wirklich zu machen, so ist der ewige Friede, der auf die bisher fälschlich so genannten Friedensschlüsse folgt, keine leere Idee, sondern eine Aufgabe, die, nach und nach aufgelöst, ihrem Ziele beständig näherkommt" Der Menschheit diese Aufgabe gestellt zu haben, war die Tat eines Deutschen — heute würde sie ihn, lebte er noch, der„Erschießung auf der Flucht", sein Werk des Scheiterhaufens würdig machen: so deutsch sind jene, die sich jetzt, den Knüppel in der Faust das Volk Kants zu nennen wagen.
Nationalsozialismus und Antikapltalismus Das Bündnis zwischen Großkapital und Kleinbürgertum— Das Proletariat zahlt die Kosten
Seitdem es modernen Kapitalismus gibt, gibt es die a n t i k a p i t a 1 i s t i- sehe Rebellion, die sich namentlich während der Krisen verstärkt und dann immer besondere Bedeutung erlangt hat, wenn die Depressionen lange dauern, wie wir dies stets im Anschluß an die großen Kriege gesehen haben. Diese Bewegungen waren immer zwiespältiger Natur, denn sie waren getragen einerseits von der neuen, durch den Kapitalismus selbst geschaffenen, in ihrer Zahl und vor allem ihrem sozialen Gewicht stets wachsenden Klasse der Lohnarbeiter, andererseits von den kapitalistischen Zwischenschichten, die in ihrer Art und Zusammensetzung stets wechseln, mit der Dauer der Depression sich in ihrer Existenz immer mehr bedroht fühlen und deshalb innerhalb des Kapitalismus, aber gegen seine führenden Schichten den Kampf um die Sicherung ihrer Existenz zeitweise mit großer Erbitterung aufnehmen. Der Kampf gegen die gemeinsamen Gegner läßt dann scheinbare oder wirkliche Gemeinsamkeiten entstehen, über die die Verschiedenheit der Kampfziele leicht in Vergessenheit gerät. Denn erfordert die Klassenlage der Arbeiterschaft die Ersetzung des kapitalisti schen Monopoleigentums an den Produktionsmitteln durch das Gemeineigentum der Gesellschaft, so geht der Kampf der Bauern und der s t ä d t i s c h e n Mittelschichten, selbst wenn er sich sozialistisch nennt, nach Sicherung und Aufrechterhaltung ihres Privateigentums, ihrer Verfügung über die Produktionsmittel. Ihr Ziel ist deshalb nie die Beseitigung des Privateigentums an den Produktionsmitteln überhaupt, die Herstellung einer klassenlosen Gesellschaft, sondern nur die Einschränkung der Konkurrenz des Großeigentums auf ein Maß, das ihre Klassenlage sichert. Den klein- bürgerlich-reaktionären Gehalt dieses Auch-Sozialismus haben Marx und Engels im Kommunistischen Manifest bereits erschöpfend charakterisiert: „Seinem positiven Gehalte nach will jedoch dieser Sozialismus entweder die alten Produktions- und Verkehrsmittel wieder herstellen und mit ihnen die alten Eigentumsverhältnisse und die alte Gesellschaft, oder er will die modernen Produktions- und Verkehrsmittel in den Rahmen der alten Eigentumsverhältnisse, die von ihnen gesprengt wurden, gesprengt werden mußten, gewaltsam wieder einsperren. In beiden Fällen ist er reaktionär und utopi- ' s t i s c h zugleich. Zukunftwesen in der Manufaktur und patriarchalische Wirtschaft auf dem Lande, das sind seine letzten Worte." Im Nationalsozialismus haben die bäuerlichen und kleinbürgerlichen Schichten des entwickeisten industriellen Landes Eurpas einen überwältigenden Sieg errangen. Sie haben diesen Sieg freilich errungen mit der aktiven Unterstützung eines Teils der Schwerindustrie und des Groß
agrarier t u m s, die in den deutschen Nachkriegsverhältnissen unmittelbar vor ihrem Bankerott standen und Rettung nur von der Mitvenügung über eine Staatsmacht erhoffen konnten, die als Gegenwert für ihre Unterstützung ihre Sanierung aus allgemeinen Mitteln durchzuführen bereit war. Diese Kräfteverteilung hat zwar bewirkt, daß der Nationalsozialismus von vorneherein die Schwerindustrie und den ostelbischen Großgrundbesitz zu Partnern seines Beutesystems gemacht, ihre Schulden„sozialisiert" und ihr Privateigentum garantiert hat, aber sie hat den Versuch der Durchführung des kleinbürgerlichen Sozialismus keineswegs verhindert. Denn es wäre ganz falsch, die nationalsozialistische Wirtschaftspolitik nur als„Verrat am Mittelstand" anzusehen. Dadurch würde man sich das wirkliche Geschehen verdunkeln. Vielmehr zeigt die Analyse der Wirtschaftspolitik einerseits gerade die Grenzen, andererseits aber auch die Möglichkeiten eines kleinbürgerlichen Antikapitalisnius, die zu erkennen gerade auch für den proletarischen Sozialismus von Wichtigkeit ist. Gewiß haben die Nationalsozialisten nicht nur alle Versprechungen an die Arbeiter, sondern auch viele Verheißungen, die sie dem Mittelstand gemacht haben, schnöde gebrochen. Sie mußten vor der Schließung der Warenhäuser und sogar der Konsumvereine zurückweichen, weil die unmittelbaren ökonomischen Folgen für die Arbeiter und Angestellten oder für die liefernden Industrien und kreditierenden Banken verhängnisvoll gewesen wären. Aber auf der anderen Seite erfüllt ihre Wirtschaftspolitik den Inhalt dessen, was im Kommunistischen Manifest als Wesen des kleinbürgerlichen Sozialismus angegeben wird. „Zunftwesen in der Manu- f a k t u r". Die Nationalsozialisten haben die Zwangsinnungen durchgeführt, haben durch das Verbot der Neuerrichtung von Handels- und Gewerbebetrieben diese monopolistisch abgesperrt und sie durch die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz der Juden von lästiger Konkurrenz befreit. Sie haben vor allem eine Gruppe des städtischen Kleinbürgertums mit besonderer Intensität unterstützt: Dem städtischen Hausbesitz sind 700 Millionen Mark als Zuschuß für Instandsetzung?- und Umbauarbeiten zur Verfügung gestellt worden, dazu erhebliche Zinsermäßigungen, Erlaß der Steuerrückstände und Ermäßigung der Hauszinssfeuer mit der Zusage, sie künftig völlig— aussehließ- Hch zugunsten des Hausbesitzes und ohne Ermäßigung der Mieten— aufzuheben. Die Subvention für den Hausbesitz kann man insgesamt mindestens auf eine Milliarde schätzen, während die Aufhebung der Hauszinssteuer eine sehr bedeutende Steigerung der städtischen Grundstückpreise darüber hinaus zur Folge haben wird.
Eine analoge Politik wird auf die bürgerlichen intellektuellen Berufe angewandt. Gerade für sie ist der Ausschluß der jüdischen Konkurrenz bedeutsam gewesen und demselben Zweck, der Verringerung der Konkurrenz, dient die neueste Maßnahme, durch die der Zu-� gang zum Hochschulstudium auf 15.000, weniger als die Hälfte der bisherigen Zahl, mit einem Schlag herabgesetzt wird. Man sieht, es ist in der Tat Verwirklichung des „Antikapitalismus", Herstellung zunftartig gebundener Wirtschaft, die den Inhalt dieser Wirtschaftspolitik ausmacht. Noch weitergehend sind die Bestrebungen auf dem Agrargebiet, auf dem der Kapitalismus ja lange nicht so revolutionierend gewirkt hat wie in der Industrie, Die Agrarkrise hat schon vor der nationalsozialistischen Machtergreifung nicht nur in Deutschland , sondern auch in vielen anderen Ländern, sogar in dem in ökonomischer Beziehung sonst sehr liberalen Frankreich , zu weitgehenden Eingriffen in die landwirtschaftliche Marktwirtschaft geführt. Die Nationalsozialisten haben die Regelungen, die auf dem Getreidemarkt schon weitgehend verwirklicht waren, auch auf die landwirtschaftlichen Veredelungsprodukte ausgedehnt Sie haben durch die Einschränkung der Margarineproduktion und ihre Besteuerung, durch die Einschränkung der Einfuhr nicht nur die Fettpreise in die Höhe getrieben und durch ein ausgedehntes Prämiensystem die deutsche Fetterzeugung zu steigern versucht, sondern sie geraten zwangsweise immer mehr in eine völlige Zwangsbewirtschaftung der Landwirtschaft hinein. Nachdem die Getreide- und Futtermittelwirtschaft längst zu einem staatlichen Monopol geworden ist, nachdem die Konservenindustrie in ein staatlich kontrolliertes Zwangskartell umgewandelt wurde, dem die Abnahmepreise für Obst und Gemüse vorgeschrieben sind, werden jetzt auch Übernahme- und Abgabepreise für Butter. Käse und Eier inländischer und ausländischer Herkunft festgesetzt. Natürlich wird diese Preisfestsetzung ausschließlich und einseitig zugunsten der Produzenten vorgenommen. Hitler hat ja von Anfang an mit aller Deutlichkeit erklärt, daß ihm für die Hebung des Bauernstandes kein Opfer der Konsumenten zu hoch sein werde und ist ja bisher schon seit April die Nahrung aüein um 6� Prozent verteuert worden, in einer Zeit, wo der deutsche Nahrungsindex auf 113,5 steht gegenüber dem amerikanischen .on 65(1914=100)! Zu dieser Preiserhöhung der agrarischen Produkte kommt aber ebenfalls der Ausschluß der Konkurrenz durch die Erbhofgesetzgebung, die den größten Teil der mittleren und großen Bauerngüter in eine Art erblicher Fidei- kommisse verwandelt, die dem Erstgeborenen vorbehalten werden, und zugleich aus allgemeinen Mitteln von dem größten Teil ihrer Schulden entlastet werden. All diese Maßnahmen haben zweierlei
Wirkung; sie übertragen einmal beträchtliche Teile des Nationaleinkommens auf die vom Nationalsozialismus privilegierten Schichten, teils durch die Preiserhöhungen, teils durch die Steuerbegünstigungen oder direkte Zuwendungen aus öffentlichen Mitteln. Erinnert man sich daran, daß Brentano einst die Belastung durch die damals ach so mäßigen Agrar- zölle für die städtische Bevölkerung a u f etwa fünf Milliarden geschätzt hat, so kann man ruhig annehmen, daß die Wirkungen der neuen, weit Intensiveren Agrarpolitik die Uebertragung von vielleicht 8— 10 Milliarden aus dem städtischen auf das agrarische Einkommen bedeuten dürfte— eine Zahl, die zugleich sehr deutlich illustriert, wie ungeheuer die Macht der Politik auf die Verteilung der E i n k o m m e ns a r t e n geworden ist Eine Schätzung der Einkommensverschiebung. die die Zwangsinnungen und die Konkurrenzbeschränkung im städtischen Handel und Gewerbe zugunsten dieser Schichten bewirken wird, läßt sich nicht geben; sicher ist aber, daß diese ganzen Verschiebungen auf Kosten des Einkommens der Lohn- und Gehaltsbezieher in weitestem Umfange vor sich gehen, während die industriellen Unternehmer ihrerseits die erhöhten Kosten wenigstens auf dem Inlandsmarkte abwälzen werden. Die Verluste, die überdies durch die Erschwerung der Handelspolitik und die Verminderung der Konkurrenzfähigkeit auf dem Weltmarkt entstehen, treffen ebenfalls vor allem die in der Exportindustrie beschäftigten Arbeiter. Die zweite Wirkung Ist die Versteinerung der Gesellschaftsstruktur. Die individuellen Aufstie g m ö g 1 i c h k e i t e n, die im Kapita lismus , namentlich in seinen aufsteigenden Phasen, für die Minderbesitzenden und Besitzlosen gegeben waren, werden jetzt immer mehr unterbunden. Der Zugang zu dem Gewerbe und zum Kleinhandel, der Aufstieg in die Schichten der Intellektuellen, wird verrammelt und die Erbhofgesetzgebung verhindert nicht nur die Verwandlung von Landproletariern in selbständige Besitzer, sondern schleudert zugleich die nachgeborenen Söhne und Töchter der Bauern erbarmungslos ins Proletariat So sieht der kleinbürgerliche Antikapitalismus in der Praxis aus. Seine Leidtragenden sind nicht die großkapitalistischen Schichten, sondern das Proletariat Denn gerade die großkapitalistischen Schichten können das Kompromiß mit dem kleinbürgerlichen Antikapitalismus schließlich ertragen. dessen Kosten das Proletariat zahlt — doppelt zahlt einmal an die kleinbürgerlichen Schichten, dak andere Mal durch den Verlust seiner Organi- sations- und Bewegungsfreiheit an das Großkapital. Reaktionär und utopisch zugleich hat das Kommunistische Manifest diese Politik genannt. Die Utopie ist iu einem bestimmten Maße verwirklicht worden, aber diese Verwirklichung bedeutet zugleich eine steigende Verminderung der Produktivität und der Konkurrenzfähigkeit der deutschen Gesamtwirtschaft. Sie löst die Widersprüche nicht. sondern bedeutet weiteren NiederganS der Wirtschaft und deshalb weitere Verschärfung der Gegensätze. Und so wird Marx Recht behalten, die vorübergehend® kleinbürgerlich-antikapitalistische Wirklichkeit wird durch den Kampf des pro* letarischen Sozialismus wieder zur Utopi ® werden. Dr. Richard Kern-
Deutsdiland
Neue interessante Veröffentlichungen über Deutschland . Das„Internationale Aerztliche BulIeli'1"• Zentralorgan der internationalen Vereinigi"1� sozialistischer Aerzte in Prag , Jahrgang Nr. 1, veröffentlicht eine Liste von Prof6?" soren der Medizin und von mediz'1"' sehen Forschern, die von der Hitler -RegierunS als minderwertig beurlaubt, in den Ruhesta"� versetzt oder verhaftet wurden. Sie ist nich vollständig, aber umfaßt 115 Namen! Die„Neue Weltbühne" Nr. 52(Prag , rieh) beschäftigt sich unter der Ueberschn' „Zoologisches Staatsrecht" mit deh staatsrechtlichen Tänzen des Professors Caf' Schmitt