Neuer Vorwärts

aleaks

952 bug 15 0008

Sozialdemokratisches Wochenblakk

Verlag: Karlsbad , Haus Graphia" Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblatt letzte Seite

Wa sitzen die Hochveccäter?

Reichsgericht gegen» Neuen Vorwärts«

Das Reichsgericht hat einen tschechoslowa­kischen Staatsbürger, der auf deutschem Bo­den einige Exemplare unseres Blattes verbrei­tet hatte, zu der ungeheuerlichen Strafe von zwei Jahren Gefängnis

verurteilt, Ueber den Verlauf des Prozesses berichtet ein offiziöses Nachrichtenbüro das folgende:

ious

Nr. 32 SONNTAG, 21. Januar 1934.

Aus dem Inhalt:

Die deutsche Arbeitslosigkeit

wächst.

Aus den Todeszellen des Hitler­

regimes.

Die Lehren von 1918.

Holland in Erregung

Herren

und Knechte

und

Gesindeordnung

für die Arbeiterschaft ,, Man verkennt uns vollkommen, wenn man glaubt, wir sehen unsere Aufgabe darin, die Geldschranktruppe irgendeiner Kapitalmacht zu sein. Es war eine Re­volution nicht nur gegen den Marxismus, sondern eine Revolution auch gegen die Reaktion. Es war eine sozialistische Re­volution."

So sprach Göbbels am vergangenen Sonntag im Lustgarten in Berlin zu den Arbeitern, die der Reichsregierung auf Be­fehl ihren Dank" für das Gesetz der Ar­beit aussprechen sollten. Diese Rede auf

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lutionäre Methoden eingestellt und ver-| die jemals in einem als zivilisiert geltenden Sucht nun, durch hoch verräteri- Lande vorgekommen ist. sche Umtriebe von jenseits der Das Reichsgericht mag es für seine Auf­Reichsgrenzen, insbesondere durch gabe halten, eine Legalität zu schützen, die von Greuelpropaganda, das Ansehen ihm freigesprochene Angeklagte nicht etwa in des Deutschen Reiches und die Autorität Freiheit setzt, sondern sie der Willkür ihrer seiner Regierung zu Schädigen. politischen Todfeinde ausliefert. Das Reichsge Das Reichsgericht hat sich begreiflicherweise richt mag eine Legalität schützen, die das ar­Der Vorsitzende betonte in seiner Ur- nicht die Mühe genommen zu untersuchen, was beitende Volk wehrlos der Peinigung durch tellsbegründung, daß sich nun auch die auf dem Wege der Sozialdemokratie von der seine angeblichen Gesetzgeber ausliefert und SPD durch ihre im Ausland betriebene Legalität in die Illegalität alles gelegen hat: die solche Monstren produziert wie das neueste Greuelhetze in die Front dermawie z. B. ein Reichstags brand, an dem sogenannte Arbeitsrecht". Wir kennen gegen­staatsfeindlichen marxl- die Hitlerregierung lügnerischerweise der So- über einer solchen Legalität kein anderes dieses Gesetz das ist die schauerlichste stischen Partelen zialdemokratle die Mitschuld gab, um ihre Verlangen, als gegen sle zu kämpfen bis zu Lüge, die das Hitlerregime jemals gezeitigt eingereiht habe mit dem Ziel des ge- Presse zu unterdrücken, dann ein Staats- ihrer Vernichtung. Die unerschrockenen, opfer- hat! Das Gesetz verwirklicht die kühnsten waltsamen Umsturzes der Re- streich mit Entmachtung des Reichspräsi- bereiten Männer und Frauen aber, die im In- Träume der wildesten Scharfmacher aus gierung. Nach der Machtübernahme denten und tückischem Ueberfall auf ehemalige nern Deutschlands den Kampf gegen diese dem Unternehmerlager. Und trotzdem, durch die Nationalsozialisten habe der Bundesgenossen, die grausame Miẞhandlung reichsgerichtlich geschützte Legalität führen, sozialistische Revolution", trotzdem keine frühere legale Kurs der Partel Tausender, die Ermordung vieler hunderte auf- sie sind die wahren Vorkämpfer des Rechts," Geldschranktruppe irgend einer Kapital­eine völlige Aenderung erfahren rechter und tadelloser Männer, die Konzentra- sie stehen turmhoch über ihren Richtern. Der macht?" Wie groß muß die Furcht des Re­und sei nun zur unverhüllten Ille- tionslager, die Folterkammern der SA und der Tag wird kommen, an dem das deutsche Volk gimes vor diesem auf Befehl des Unter­galität übergegangen. Die Parteilel- SS, die Unterdrückung jeder geistigen Freiheit, diese Männer und Frauen als die wahren Hel- nehmertums vollzogenen Gesetz sein, wenn tung habe sich, wie sich aus ihren zuletzt, nicht zu mindest die schamloseste den seiner Geschichte ehren wird. Göbbels wiederum das sozialistische Kampfschriften ergebe, auf neue revo- Entwürdigung der Rechtspflege, Pferd aus dem Stall" zieht? Es ist das reaktionärste Gesetz, das selt hundert Jah­ren gegen die Arbeiterklasse erlassen wor­den ist aber es ist geboren aus der Tölz und Sosodry in Berlin , am 29. Juli Furcht vor der Arbeiterschaft, die sich gegen Trampmann in Hamburg , am 7. eines Tages wieder auf ihre Kraft besin­September gegen Arnstedt, Masgan, Ti- nen könnte! bulski, Eggert, Bohlers, Herr, Kupers, Die letzten Reste des Koalitionsrechts und Schmidt in Düsseldorf , am 16. Sep- und der Koalitionsfreiheit sind zu Boden ¡ tember gegen den Reichsbannermann getrampelt, Jedes Recht zur Ausgestaltung

Die Statistik des Todes

Aus den Todeszellen der deutschen Blutjustiz

Wo wird das Reichsgericht dann sein?

Pappenheim

» Auf der Flucht erschossena

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Hitler hat Wort gehalten. Was er vom SA.- Sturm 33 getöteten Arbeiter Fick in Lübeck , am 21. September gegen der Arbeitsbedingungen und der Lohnhöhe 1931 als Zeuge im Leipziger Reichswehr - Wilhelm Laxa, den am 16. Dezember Schidzik in Hagen , am 5. Oktober gegen ist zerbrochen. An die Stelle der Tarife prozeß angekündigt hat, ist mit mathe- nach seiner Entlassung aus dem Konzen- Reitinger in Frankfurt , am 9. Oktober treten Werkslöhne, an die Stelle der Be­matischer Genauigkeit eingetroffen. Köpfe trationslager Sonnenburg erschossenen gegen Rochow und Woithe in Berlin und triebsräte Vertrauensmänner, die von den rollen, unzählige Köpfe! Die Mordbestie Arbeiter Behnke, Vater von fünf am 19. Oktober gegen Marquard und Berg Unternehmern in Gemeinschaft mit den rast durch Deutschland . Was ihr nicht Kindern und den am 12. Januar auf der in Chemnitz . braunen Parteifunktionären ernannt wer­zum Opfer fällt, das holt sich der Hen- Flucht erschossenen" Ludwig Pap- 67 politische Todesurteile, den. Es gibt keine freien Arbeiter" mehr ker auf sogenannte legale Weise aus den penheim( Konzentrationslager Börger- 26 Hinrichtungen bis heute! Alles in Deutschland . Der Unternehmer ist all­Händen der Nazis- Blutgerichte! Sein moor bei Papenburg ). grauenvolle Justizmorde, begangen von mächtig, als Führer" des Betriebes ent­Geschäft blüht! So sehr, daß der Scharf- Nachdem bereits vorher die Köpfe des den Gerichten des Dritten Reiches auf scheidet er über das Los seiner Gefolg­richter Gröpler aus Magdeburg wegen Arbeiters Schriefer, der Altonaer Kom- Befehl seiner Machthaber. schaft". Es heißt künftig in der deutschen Ueberanstrengung sein Amt niederlegen munisten Lüttgens, Müller, Wolff, Tesch Industrie nicht mehr Unternehmer und Ar­mußte. Sein Nachfolger, der Roß- und Volk und des Breslauer Arbeiters beiter, nicht mehr Arbeitgeber und Arbeit­schlächter Bollmann hat stärkere Nerven. Kurt Gerber unter dem Beil des Henkers nehmer, sondern Herren und Knech­Die Todesurteile jagen sich im Drit- gefallen waren, wurden am 30. November te. Das neue Gesetz ist die Uebertra­ten Reich. Nur keine falsche Sentimen- in Köln die Arbeiter Hermann Hamacher, talität! Immer feste druff! Durch- Otto Wäser, Bernhard Willms, Heinrich Tageszeitungen, daß der frühere Redak­In einer kurzen Notiz berichteten die gung der Gesindeordnung auf die gesamte deutsche Arbei­schnittlich alle fünf Tage wirft Horsch, Josef Moritz und Iosef Engel hin- teur der sozialdemokratischen Volksstim- liner Arbeiter schon am vergangenen Sonn­ Volksstim- terschaft. Dafür haben sich die Ber­man der begeisterten Menge einen Kopf gerichtet. Es folgten die Hinrichtungen me" in Schmalkalden , Pappenheim , tag, als sie ihre Knechtung noch nicht hin. Einen, der regulär zum Tod verur- von Lubbe am 10. Januar und dem Arbei- bei einem Fluchtversuch aus dem Lager kannten, auf Befehl bei dem gnädigen teilt wurde. Dazwischen knallt man in ter Ernst Lindau in Hamburg , der am 30. Börgermoor erschossen worden sel. Mit Herrn Hitler bedanken müssen! eigener Regie der SA. noch einige ab. Sie Dezember seinen Urteilsspruch gehört der Ermordung wehrloser Gefangener bilden die Armee der, auf der Flucht" hatte. macht man heute nicht mehr viel Aufhe- Die Arbeiter sind zu einer Klasse von Erschossenen. Die letzten Todesurteile wurden am bens, sie gehört zu den ständigen Gepilo- Unfreien geworden. Wie in den Zeiten 67 Todesurteile, rein politische Todes- 28. November in Dessau gegen 13 Arbei- genheiten des Dritten Reichs. Niemand des Frühkapitalismus sind sie der Willkür urteile wurden bis jetzt im Dritten ter aus dem sogen. Heckinger Prozeß ge- wirft die Frage auf, mit welchem Recht des Herrn im Betrieb unterworfen. Er kann Reich von den Gerichten gefällt, 26 da- fällt, gegen die Arbeiter Pasparik, Uhe, Menschen erschossen werden, die sich Geldstrafen über sie verhängen, wenn sie von schon vollstreckt. 41 Menschen May, Tallager, Hugo Gast, Richard Küch - einer willkürlich über sie verhängten Ge- gegen die soziale Ehre verstoßen, will warten täglich auf die Hinrichtung. mann, Fritz Scheinhardt, Herbert Schar- fangenschaft durch die Flucht zu entziehen sagen, wenn sie dem aufgezwungenen Re­Blutige Arbeit haben die deutschen Ge- ge, Otto Speckmann, Karl Zellmer, Otto versuchen. Man weiß ja überdies auch, giment nicht gehorchen. Jede Verbindung richte geleistet! Zusammen mit den rein Thalmann und den bei der Bestätigung daß der sogenannte Fluchtversuch" nichts zu gemeinsamer Verteidigung ihrer Inter­kriminellen Todesurteilen( 47) über- des Urteils durch das Reichsgericht am als eine Redensart ist, die gebraucht wird, essen ist untersagt, Streik ist verboten. antworteten sie 104 Menschen dem 18. Dezember außerdem verurteilten um einen verübten Mord nicht geradezu Jede Auflehnung ist unmöglich und zieht Scharirichter. Bel 53 entledigte er Lukat. Ferner am 11. Dezember in Dort- eingestehen zu müssen. sich bereits seiner Arbeit! mund gegen Stefan Kartun, der im Jahre Der erschossene Genosse Pappenheim des Herrn im Betrieb nach sich. Es fehlt Die Monate November und De- 1930 bei einem politischen Zusammenstoß war einer der reinsten Idealisten die je nur noch, daß der Arbeiter, der davonläuft, zember waren besonders ertrag einen SS.- Führer tödlich verletzt haben einer politischen Bewegung gedient haben. vom Polizisten in den Betrieb zurückge­führt wird! reich". Neben tausenden von Jahren soll, am 21. Dezember in Dortmund gegen Im engen Wirkungskreis, Im Stillen zu ar­Zuchthaus und Gefängnis, die in 60 poli- den Arbeiter Kaptur, am 23. Dezember in beiten, alles für die Sache zu tun und nichts In den Zeiten, in denen die ersten An­tischen Prozessen verhängt wurden, wur- Hamburg gegen Sander, der ebenfalls im für sich zu verlangen, war seine Art. Eine sätze zu einer Verbindung und Verbrüde­den nicht weniger als 26 Todesurteile Jahre 1930 einen Polizeiwachtmeister ge- Augenschwäche, die sich in den letzten rung der Industriearbeiter in Deutschland ausgesprochen. Daneben gibt es aber tötet haben soll, und am 30. Dezember in Jahren immer stärker bemerkbar machte, sich zeigten, im Vormärz des Jahres 1848, noch eine ganze Reihe im Wege der Kottbus gegen Pischon, hatte ihn in einen fast rührend wirkenden waren die Arbeiter nicht geknechteter als Lynchjustiz aus dem Leben in den Diese Urteile sind bis jetzt noch Zustand körperlicher Hilflosigkeit versetzt. heute, sie fühlten vielmehr die Vorwehen Tod Beförderter. So zum Beispiel den nicht vollstreckt worden, ebenso Trotzdem hat man den Hilflosen ,, auf der des ersten großen Kampfes um die Frei­am 9. Dezember in Hamm von der Poli- nicht die folgenden Todesurteile: Flucht erschossen"-kraft jener Art von heit in Deutschland . Heute hält die zei erschossenen Arbeiter Hans Am 23. Mai gegen F. Bartl und Wink- ,, Legalität ", die das Reichsgericht in Leip- faschistische Diktatur die Arbeiter unter Malter, den am 15. November in Ber- ler in Chemnitz , am 7. Juli gegen Siedel- zig gegen uns verteidigt. lin von der SA. verschleppten und er- mann und Lange in Königsberg , am 13. Die Opfer mehren sich und mit ihnen mordeten Schauspieler Hans Juli gegen Karl Hans, Otto Thalmann jun. wächst unsere Pflicht, dafür zu sorgen, Otto den am 11. Dezember in Breslau und Bieser in Dessau , am 23. Juli gegen| daß sie nicht vergebens gebracht selen!

das Einschreiten des Staates zugunsten

eiserner Ferse!

Diese Knechtung erfolgt im Namen Hit­ lers , des Mannes, der einst ein Arbeiter war, und der heute hundert Jahre Kampf