Neuer Vorwärts

Sozialdemokratisches Wochenblatt

Verlag: Karlsbad , Haus„ Graphia" Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblatt letzte Seite

Nr. 36 SONNTAG, 18. Februar 1934

Aus dem Inhalt:

S. Aufhäuser: Diktatorische Notwendigkeiten

Heinrich Mann : Ein Kampfpro­gramm

Richard Kern: Teuere Agrar­wirtschaft

Angriff Hitlers auf Hindenburg

Die Februarschlacht von Wien

danach?

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Der Vortrupp des österreichischen Pro-| Linie des großen immerwährenden Klas- Dieser Untergang der hellen Werke| den Völkern wie eine drohende Wolke letariats hat sich zur Verteidigung der senkampfes klar herausgehoben aus den der roten Gemeinde Wien unter dem Gra- hängt, ist an der österreichischen Arbei­Freiheit erhoben in einem Kampf von ge- zufälligen geschichtlichen Bedingtheiten natregen der Diktatur das ist das Ver- terschaft ein ungeheueres Verbrechen ver­schichtlicher Größe, dessen Eindruck und der europäischen Verstrickung. brechen, das ist die Weltschande des Fa- übt worden. Die Westmächte haben Hit­dessen Lehren jahrzehntelang in der re- Wien war für uns die Stadt der kamp- schismus, die Schande jener gewissen- ler stark werden lassen. Ihr Zaudern hat volutionären Arbeiterbewegung fortwir- fesfrohen Sozialdemokraten, des Fort- losen Abenteurer um Dollfuß , Fey und alle Diktaturlüsternen ermutigt. Die Er­ken werden. Aus der unheilschoweren Ge- schritts und des Aufbaus, eine unvergeß- Starhemberg. Dollfuß ist Hitler und Fey richtung der Filiale des Mussolini- Fa­witterwolke, die drohend über Europa liche Verheißung des Sozialismus. Wien ist Göring ! schismus in Wien - das ist die Folge ihrer liegt, ist ein jäher Blitz herniedergezuckt. das waren die großen, schönen hellen Das ist der Haß, der abgründige Haß Politik! Der Krieg in seiner grauenhaftesten Ge- Arbeiterwohnsiedlungen, die Werke des gegen jede Freiheit, gegen die Arbeiter- Das Gewissen der Welt schläft- das stalt hat sich in Oeserreich erhoben. Die Friedens und der Gemeinschaft, das war kultur und das Menschentum, der Haß, war die Stunde für die großen Verbrecher Tage von Wien sind ein schreckliches, der Aufstieg aus Wohnhöhlen und engen der zu demütigen und in den Staub zu des Faschismus. Mit atemloser Gespannt­Unheil verkündendes Vorspiel. Was kommt Gassen, das waren die Heimstätten, Son- werfen trachtet, was groß und schön aus heit hat die Welt den beispiellosen Kampf ne und Leben für das Proletariat und seine dem Volke selbst erwachsen ist. Das ist in Oesterreich verfolgt. Wenn die Wien ! Das wird für immer fortleben Kinder. der Haß, der die Völker zerspaltet und Spannung weicht, muß ein Schrei des Ent­inunserem Gedächtnis. Es wird immer Der Faschismus: das sind die Grana- den neuen Krieg gebiert! setzens und der Empörung sich erheben ge­leben als Bekenntnis zur revolutionären ten in diese Werke des Friedens, das sind gen das Verbrechen der Dollfuß, Fey und Arbeiterbewegung, voll Begeisterung und die zusammenbrechenden Fronten der Ar­Starhemberg. Trauer werden wir in Zukunft immer das beiterheimstätten, das ist die Vernichtung Das düstere Feuer der Wiener Erhe­Wort aussprechen. des Guten, Schönen und Großen, das die Stirn boten, ist ein Spielball der Politik bung leuchtet weithin. Wir, die wir nach Wien ! Das ist eine düster rot leuch- Sozialdemokratie geschaffen hat. der Mächte geworden. Sein Selbstbestim- Deutschland blicken und um tende Fackel, die uns die Zukunft erhellt. Was euch gehört, eure Frei- mungsrecht ist gleichgesetzt worden mit Deutschland ringen, sehen in seinem Die heldenmütigen Arbeiter des sozialde- heit, eure Selbstbestimmung, den Plänen einer Abenteurerbande, die Scheine den Weg und die Aufgabe vor mokratischen Schutzbundes in Wien ha- euren Anteil am Leben, ihr müßt sich auf einige Zehntausende Bajonette uns: ungeheuer, voll Ernst und Opfer, wir ben gekämpft. Gekämpft! Das ist es verteidigen gegen den räu- stützt. Von den Mächten bewaffnet gegen sehen, daß jeder Schritt vorwärts zur Schicksal und Bestimmung der revolutio- berischen Faschismus, wenn es den Hitlerfaschismus, haben diese Lands- Freiheit erkämpft werden muß. nären Arbeiterbewegung in der Zukunft. sein muß, mit der Waffe in der knechte den österreichischen Faschismus Revolutionäre Sozialdemokratie! Ueber Revolutionäre Arbeiterbewegung- das Hand- das ist die Lehre von mit Blut begründet! Im Spiel um die Vor- dem Wort leuchtet riesengroß der Feuer­heißt Uebereinstimmung zwischen Wort Wien ! bereitung eines neuen Krieges, der über schein von Wien !

und Tat, zwischen Programm und Kampf. Die Gewalt unterdrückt die Freiheit in der Welt Gewalt gegen Gewalt muß die Freiheit erobern!

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Ein Volk, dessen Arbeiter ihrer Frei­heit froh Werke der Kultur für sich und ihre Kinder errichteten, die dem Elend die

Blutendes Oesterreich

Das Werk des schwarzen Faschismus

Die revolutionäre Arbeiterbewegung ist eine Tatsache. Die Faschisten aller Län­der wissen nach Wien : Die Hoffnung ist eitel, daß die Krise alle revolutionären Energien in der Arbeiterschaft gebrochen hat, so daß sie nun kampflos ihre Hand­gelenke den Fesseln der Knechtschaft entgegenstreckt. Freiheit und Kampf sind untrennbar verbunden- wir werden es Der faschistische Staatsstreich hat Hitler als gute Katholiken. Aber waltsamen Widerstand gewaltsam ge­nie wieder vergessen. sich wie in Deutschland so auch in diese Katholiken stehen nicht nur mit-| brochen, weil er keinen gefunden hat. Wien ! Das ist einer jener geschicht- Oesterreich als ein verbrecherischer einander in einem Streit, an dem sich Dafür, daß er seine Gegner nicht im lich weithin leuchtenden Kämpfe um Frei- Ueberfall auf eine friedliche Kulturbe- ein neuer Weltkrieg zu entzünden Straßenkampfe niedermetzeln konnte, heit, aus denen die Arbeiterschaft ihre wegung vollzogen. Wenn der Begriff droht, sondern sie sind auch für alle hat er sich aber entschädigt, indem er revolutionären Energien und ihr Kraftbe- der gerechten Notwehr überhaupt noch Zeiten verabscheuungswerte Verkörpe- die Wehrlosen in Gefängnissen und in wußtsein zieht, es ist die Besiegelung einen Sinn hat, dann war es gerechte rungen einer unmenschlichen Gesin- Konzentrationslagern zu Tode foltern ihres moralischen Rechts und ihres Frei- Notwehr, in der die österreichischen nung geworden. In der menschlich ließ. Mit dem furchtbaren Beispiel der heitswillens mit dem Blute der Besten. Arbeiter zu den Waffen griffen. Die freien Atmosphäre, die von der Sozial- deutschen Arbeiter vor Augen konnten Ihr Kameraden vom Schutzbund, auf ganze unsündbare Blutschuld fällt aus- demokratie geschaffen war, hatte die sich die österreichischen nicht das die wir voll Stolz und Freude und Hoff- schließlich und ungeteilt auf das Haupt Kirche glückliche Zeiten erlebt, während Joch auf ihren Nacken legen lassen. Der nung geblickt haben, ihr lehrt uns, und mit der faschistischen Angreifer. sie jetzt unter Hitler und Papen harte Entschluß, sich nicht widerstandslos in uns allen, die heute noch in Sicherheit und Indem der schwarze Faschismus den Bedrückung erleidet. Aber sie scheint die gleiche Knechtschaft hinabstoßen zu Freiheit leben, daß die Freiheit nicht Arbeitermord in eigene Regie nahm, aus dieser bitteren Erfahrung nur den lassen, preßte ihnen die Flinte in die ein Geschenk ist, das den Tatenlosen und hat er aber nur die Geschäfte des Schluß gezogen zu haben, daß sie zur Faust. Das an der Arbeiterklasse Hoffenden zufällt, sondern daß sie aus braunen besorgt. Die Vernichtung der Sicherung ihrer eigenen Herrschaft Deutschlands begangene Verbre­Kampf und Opfer emporsteigen Demokratie, die Abschlachtung ihrer einer besonderen Sorte von Faschismus chen und seine Nachahmung durch die muß, daß sie ein Vermächtnis ist, das mit todesmutigen Verteidiger ist Arbeit bedarf. Diese besondere Sorte von heimwehrfaschistischen Stümper war und heilig gehalten werden muß! dem Einsatz der ganzen Kraft bewahrt für Hitler und für den Krieg. Faschismus hat jetzt in Oesterreich die eigentliche Ursache des Blutbades

Kann die österreichische Regierung mit in einer Weise gewütet, daß sie jedes in Oesterreich .

schen Raums, in dem der Freiheits­Widerlich und über alle Maßen ver- kampf der Arbeiterklasse nur noch als

zur

Ihr habt gekämpft und euer Kampf ihren Händen, die rot sind vom Blut Recht, sich von ihrem reichsdeutschen Und so schließt sich der Ring. Es hämmert uns die Lehre ein: zu Vorstoß ermordeter Brüder, überhaupt noch Bruder moralisch abzuheben, verloren erweitert sich jener Teil des europäi­und Verteidigung müssen wir immer vor- den Gang zum Völkerbund wagen? Und hat. bereitet und wach sein. Niemals dürfen wie will sie im Lande selbst den An­die Arbeitermassen ganz von der Bühne griff der Hakenkreuzler abwehren, ächtlich ist die offene Schadenfreude, revolutionärer Kampf geführt werden der Geschichte abtreten, niemals dürfen nachdem sie die Kräfte der Demokratie mit der die reichsdeutsche De- kann. Insoweit hat der schwarze Fa­ihre revolutionären Energien durch Erfol- militärisch vernichtet hat? Die Fey spotie das Trauerspiel Oesterreichs schismus den Anschluß Oester­ge und besseres Leben sich abschwächen und Starhemberg haben ihr angeblich begleitet. Wie die Bestialitäten des reichs an Deutschland lassen. Auch in der Demokratie müssen so heiß geliebtes österreichisches Va- deutschen Faschismus den italienischen Wirklichkeit gemacht. War die öster­Sie zum Schutze der Freiheit immer leben- terland wehrlos gemacht. Einzig und zur Folie dienen müssen, um ihn als reichische Katastrophe ein Nachspiel allein bei der Hitlerregierung liegt jetzt noch verhältnismäßig menschlich er- zur Tragödie Deutschlands , so haben Der erste Schritt von der Bahn der die Entscheidung, wie welt sie die scheinen zu lassen, so beteuert jetzt der wir heute ein Recht, die Erhebung der Demokratie, das ist der Schritt zur Ge- Schwäche des ausgebluteten Nachbarn deutsche Faschismus angesichts der Proletarier von Wien und Graz, von walt, zur Brutalisierung der Freiheit. Ge- mißbrauchen, wie nahe sie an dem Ab- österreichischen Schlächtereien heuchle- Linz und Steyr als ein Vorspiel' jener Satz vom Kampf mit revolutionären Mit- treten will. gen Gewalt aber hilft nur die Gewalt! Der grund des neuen Weltkrieges heran- risch seine bessere Wesensart. Er endgültigen Auseinandersetzung zu be­teln hat einen tragisch realen Hintergrund| dankt dem Herrn, daß er nicht ist wie trachten, die zwischen den deutschen Nicht abzusehen ist die Wirkung der jene, und wäscht seine Hände in Un- Arbeiter und ihren Würgern eines Ta­erhalten er steht heute vor dem helden- österreichischen Ereignisse auf die schuld. haften Kämpfen und Sterben der Besten katholische Welt. Die Doll- 1 ges stattfinden wird und die vorzube­Vor dem Licht der Wahrheit haben reiten nun für die Revolutionäre fu B, Fey und Starhemberg ge- diese Lügen keinen Bestand. Wohl, der Deutschlands und Oesterreichs ge­Das dramatische Geschehen zeigt die ben sich genau wie die Papen und deutsche Faschismus, hat keinen ge- meinsame Aufgabe geworden ist.

dig sein!

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aus Oesterreich !