Ein beaunes Vorspiel zum ersten Mai

Vom Betriebsrat der Belegschaft zum Vertrauensrat des Unternehmers

Kündigungsschutz nach dem 1. Mai

gungen geregelt war. Es kommt aber schutz des Vertrauensrates in demselben, nommen und in das hiesige Landesgerichtsge­hinzu, daß künftig eine solche Klage aus- Augenblick erlischt, in dem er vom Treu- fängnis eingeliefert. geschlossen ist, wenn die Kündigung auf händer der Arbeit von seinem Amte ab­Bayer. Ostwacht, 10. März. Am 1. Mai 1934 soll das Versklavungs- der Betriebsordnung beruht, bei deren berufen wird. Vielleicht wagt eine Be Hof.( Schutzhaft.) Wegen Verbreitung wiederum legschaft das Experiment, den Vertrauens- ehrenrühriger unwahrer Gerüchte über gesetz zur Ordnung" der nationalen Ar- Gestaltung die Belegschaft beit in Kraft treten und damit soll der völlig ausgeschaltet ist. Außerdem muß rat zu veranlassen, auch nur in einem führende Persönlichkeiten der letzte Rest des deutschen Arbeitsrechts in den Betrieben, die einen Vertrauensrat Falle ihre Arbeitnehmerinteressen wahr- NSDAP in Hof wurden der verheiratete Satt­( mindestens 10 Beschäftigte), zunehmen, der Vertrauensrat hätte dann ler Hans Dobeneck und der Praktikant unter dem üblichen Festgeheul der Nazis haben, hinweggefegt werden. Das fundamentale dieser eine Bescheinigung geben, daß Gelegenheit, außerhalb Frisch von Hof in Schutzhaft genommen. Recht der Belegschaften, wie es im Be- die Frage der Weiterbeschäftigung im über die Tücken Bayer. Volkszeitung, 12. März. triebsrätegesetz und in den Verordnungen Vertrauensrat erfolglos beraten" worden schutzes nachzudenken. In Dietfurt wurde der Bauer Josef Waff­über die Vertretungen der Betriebsräte im ist. Der Anspruch auf Widerruf der Aber schließlich bedeutet ja eine ler von Oberbürg in Schutzhaft genommen, Aufsichtsrat und über die Vorlegung der Kündigung steht demnach auf dem Pa­Betriebsbilanz bestanden hat, wird pier, denn Unternehmer, Vertrauensrat Klage auf Widerruf der Kündigung in well er sich in äußerst aufreizender aufgehoben. Deutlicher denn je kommt und Treuhänder handeln als die natürli- keiner Weise die versprochene Verlänge- und hetzerischer Weise über das zum Ausdruck, daß eine soziale Entwick- chen Gegner des gekündigten Arbeiters ung der Kündigungsfristen der Arbeiter. Erb hofgesetz geäußert hatte. Der einzige Kündigungsschutz, der noch Bayer. Volksztg., 13. März. lung, die nahezu ein halbes Jahrhundert oder Angestellten.

-

des Betricbes dieses Kündigungs­

besteht, liegt im§ 122 der Reichs- Mitterteich.( In Schutzhaft genom. bis weit in die Vorkiegszeit zurückgreift, Für Entlassungen in größerer Anzahl zur Rückbildung gebracht werden soil. soll der Unternehmer verpflichtet werden, gewerbeordnung, die unter den System- men) wurde der 28jährige verheiratete Hilfs­parteien" geschaffen worden war und arbeiter V. Wührl, da er sich am Biertisch Schon im letzten Jahrzehnt des vori- dem Treuhänder unter Einhaltung einer noch nicht aufgehoben ist. Danach hat zu beleidigenden Aeußerungen ge­gen Jahrhunderts waren in der deutschen vierwöchentlichen Sperrfrist vorher An- der Arbeiter eine 14tägige Kündigungs- gen die Reichsregierung hinreißen Gewerbeordnung und in einzelnen Lan- zeige zu erstatten. Auch hier waren die frist. Die größere Sicherheit" zur Erhal- ließ. desgesetzen die ersten Ansätze zur Bil- Bestimmungen der Stillegungsverordnung, tung des Arbeitsplatzes besteht also nur die am 1. Mai außer Kraft gesetzt wird, darin, daß den Arbeitern die Wahrneh­wesentlich weitergehend.

dung von Arbeiterausschüssen gegeben Im Hilfsdienstgesetz von 1916 waren die Arbeiter- und Angestelltenausschüsse ob­ligatorisch gemacht worden. Schließlich erfolgte die gesetzliche Verankerung im Betriebsrätegesetz von 1920, das den Ar­beitnehmern einmal die sozialpolitische Interessenvertretung gegenüber dem Un­ternehmertum gewährleistete, zum ande­ren aber auch den Anfang einer betriebs­wirtschaftlichen Kontrolle bildete.

Alle übrigen Rechtsgarantien des bis. herigen Kündigungsschutzes im§ 84 BRG., wie z. B. Einspruchsrecht bei Maßregelung, bei Kündigung ohne Angabe von Gründen oder bei Wei­gerung von Arbeiten, die dem Arbeits­vertrag widersprechen, sind aus dem ,, verbesserten Kündigungsschutz" des Hitlerregimes Sorgfältig ausgemerzi worden!

Im Dritten Reich , das angeblich die soziale Ehre des Arbeiters retten will, wird zum ,, Feiertag der Arbeit" jedes Minimum von Mitbestimmungsrecht der Arbeiter und Angestellten zerstört. Es ist nicht wahr, daß der bisherige Be- verschwiegen, daß jeder Kündigungs­triebsrat durch einen Vertrauensrat er­

setzt werden soll. Der tiefere Wahrheits­

der Hitlerschen Maiproklamation

Die Kündigung von Mitglieden des Vetrauensrates soll angeblich überhaupt nicht mehr möglich sein. Es wird jedoch

mung ihrer in der Gewerbeordnung ge­gebenen Rechte durch das neue Sklaven­gesetz nicht mehr gewährleistet ist. An die Stelle der Rechtssicherheit ist die Willkür des Führers getreten.

Bayer Volksztg., 14. März.

Die wirklichen Sympathien, die man in den Kreisen der ehemaligen Bay. Volkspar­tei unserer Bewegung entgegenbringt, erhell­ten blitzartig aus einem Vorkommnis, das sich

gestern im Pfarrhaus St. Heinrich in Fürth ab­gespielt hat.

Die Hauhälterin in jenem Pfarrhaus, eine Das ist die Mai- Gabe Adolf Hitlers an gewisse Cäcilie Müller, erlaubte sich im die Arbeiter! Sie wird ihnen Veranias- Laufe einer Unterredung eine Bemerkung ge­sung geben, nachzudenken darüber, was gen unseren obersten Führer, die der Erste Mai früher für sie war und was wir nicht wörtlich ausdrücken wollen. er jetzt ist. Die befohlenen und erzwun­genen Heilrufe werden auch dieses Mal ertönen. Aber der heute noch gedämpfte Protest wird wachsen:

Unheil Hitler !

1934 ist vielmehr, daß der Betriebsrat Die gelbe Heuschreckenplage

der Arbeiter und Angestellten zerschlagen

wird. Dagegen soll der Unternehmer zur Unterdrückung und Zersetzung seiner Gefolgschaft eine besondere gesetzlich

Bonzen!

anerkannte Lakaiengruppe zur Verfügung Wie es jetzt in den Gewerkschaftsverbänden

haben.

Mit Wirkung vom 1. Mai wird der Lohn lediglich auf der Grundlage ein­zelbetrieblicher Regelung

aussieht

ZCHECH

Eine derartige Gesinnung bedeutet wirklich den Höhepunkt der Unverschämtheit. Wir

haben zu unserer Freude erfahren, daß die Angelegenheit auch schon in den Händen der politischen Polizei ist und sehen einer exemplarischen Bestrafung der Cäcilia Müller entgegen.

Fränk. Tageszeitung, 15 März. Cäcilie Müller bereits in Schutz­haft. In unserer gestrigen Ausgabe hatten wir unsere Entrüstung ausgesprochen über ,, Ein paar Flaschen Kupferberg eine Aeußerung der Haushälterin des Pfarr­Gold?"

hauses von St. Heinrich. Heute können wir ,, Natürlich! Aber erstens ist ja der mitteilen, daß die Haushälterin Cäcilie Müller Kupferberg jetzt nach der Aufhebung der bereits gestern in Schutzhaft genommen wurde. Steuer durchaus erschwinglich So wird es in Zukunft allen ergehen, die ihr Die Mitglieder der Verbände zahlen nach und außerdem bekommt er immer freches Mundwerk zur Beleidigung unseres wie vor Beiträge. Streikunterstützungen und glänzend--!" Führers auftum. Wer den Führer beleidigt, be­Arbeitslosenunterstützungen werden nicht mehr Er bekommt ihnen sogar ausgezeich- leidigt das deutsche Volk. gefunden werden, um so die letzten gezahlt. Wo bleibt das Geld? Es fließt Schranken einer hemmungslosen Ausbeu- einem ständig wachsenden Heer von braunen net, den braunen Bonzen. Vorerst we­tung des Lohnarbeiters niederzureißen. Es Gewerkschaftsbeamten zu! Wie ein Heuschrek- nigstens noch. Bis die betrogenen Massen eines gibt dann in Deutschland keine Tarifver- kenschwarm haben sich die braunen Anwär- Tages mit diesen einzigartigen ,, Sozialisten " träge mehr. Annähernd 12 Millionen ter auf die Gewerkschaften gestürzt und fres- abfahren werden, daß ihnen neben Hören und Menschen werden ihrer kollektiven Ta- sen die Kassen kahl! Hier sind neue Beispiele Sehen auch die Lust nach dem, durchaus verschließen konnte, bestimmen mich, die be­rifrechte beraubt, die Lohnsätze vom Un- für das unheimliche Anwachsen dieses Bon - erschwinglichen" Kupferberg- Gold vergeht! ternehmer oder vom Treuhänder der Ka- zenschwarmes. pitalisten festgesetzt.

In den Verbänden wurden Angestellte be- Aus Bayern

Das Wahlverfahren des sogenannten schäftigt: Vertrauensrates ist offenkundiger Betrug.

Die Belegschaft soll zwar in geheimer Lugau ( DMV) Wahl über eine Kandidatenliste entschei- Wurzen ( DMV) den. Diese Liste enthält aber keine Vor- Bautzen( DMV) schläge der Arbeitnehmer, sondern solche Leipzig ( DMV)

der hiesigen Polizei wegen Verbreitung von

Fränk. Tagesztg., 16. März. Liebe Leser!

Zwingende Gründe, denen ich mich nicht

gonnene Artikelserie Religiöses Führertum im

Zeichen der Mitra " zu unterbrechen. Dr. Speckner. Bayer. Volksztg.( Organ der Bayer. Volks­partei), 10. März.

unwahren Gerüchten über das Konzentrations- Mehr Selbstmorde!

35 lager in Dachau , festgenommen und in das hie­sige Landgerichtsgefängnis eingeliefert. Die Schutzhaft muß erst geklärt werden.

früher jetzt

2

4

Der 43jährige geschiedene Spengler Lud­wig Dietl von hier wurde am 3. März von

3

4

9

2 5

.

$ 22

.30

53

16

6

1

2

8

1

3

2

3

10

des Unternehmers und des Obmannes der Dresden ( DMV) mit Radeberg Nazibetriebszelle. Die Belegschaft darf Frankfurt ( DMV) OV u. Bezirksleitung 8 die Liste annehmen oder ablehnen. Im Gießen( DMV) Falle der Ablehnung erfolgt die Berufung Limburg durch den Treuhänder.

.

.

Riesa - Großenhain ( DMV)

Döbeln

10

Die Belegschaft erhält den Vertrauens- Freiberg i. Sa. rat des Unternehmers aufoktroyiert. Um den Propagandaschwindel zu vollen- Erfurt ( Gesamtverband Bezirksleitung) 2 den, wird als Auftakt zum 1. Mai 1934 Erfurt ( Gesamtverband Ortsverwaltg.) 2 Märchen vom erhöhten Kündigungsschutz Zur Korruption im Großen kommen Lumpe­in tausend Variationen verbreitet, als reien im Kleinen. In Altenburg wurde die wäre den deutschen Arbeitssklaven nach Kasse der Kreisleitung des DMV Ende Januar dem 1. Mai ihr Arbeitsplatz gesichert.

Bayr. Ostwacht, 6. März.

Wie oft hat Hitler in seinen großen Frie­densreden die deutsche Selbstmordstatistik.er­wähnt? Schuld an den vielen Selbstmorden seit 1918 war natürlich Versailler Vertrag plus Auf Anordnung des Stadtkommissars für Marxismus . Man hätte also annehmen dürfen, Schwandorf wurde der Hilfsarbeiter Josef daß nun im Dritten Reich das Leben zu schön Knerer am 7. März 1934 wegen Belei- ist, um es satt zu kriegen.

digung des Arbeitsdienstes u. a. in

Nun finden wir im Reichsgesundheits­Schutzhaft genommen und in das hiesige land- Blatt", das dem Reichsinnenminister Frick gerichtliche Ausburghilfsgefängnis eingeliefert. untersteht, vom 21. Februar 1934 folgende Zif­fern über die in den deutschen Großstädten mit 100 000 und mehr Einwohnern Selbstmorde:

Bayer. Ostwacht, 10. März. Am Freitag abend kurz nach 9 Uhr ver­geprüft und sie soll angeblich gestimmt haben. suchte sich in seiner Zelle im hiesigen Ge­richtsgefängnis der verheiratete 33jährige Arbeiter und Angestellte können, so Am anderen Tag fand man den im Dienst er­wird verkündet, nach einjähriger Be- grauten strammen 24jährigen Kassierer Rich- Maurer und Schutzhaftgefangene Max Rott triebszugehörigkeit im Falle der Kündi- ter erschossen. Einen Nachruf hat er bisher aus Kelheim mit einer Resierklinge die Puls­gung binnen 2 Wochen beim Arbeits- von der trauernden Verbandsleitung nicht er- ader der linken Hand zu öffnen. Der Selbst­mordkandidat wurde aber noch rechtzeitig ge­gericht auf Widerruf der Kündigung kla- halten! sehen. Mit dem sog. Zeiserlwagen wurde er im verletzten Zustande in das Krankenhaus der Barmherzigen Brüder gebracht. Rott,

gen. Die Errungenschaft soll darin be­

stehen, daß das bisherige Einspruchsrecht

durch den Anspruch auf Klagemöglichkeit Bonzen saufen Sekt!

Januar 1933

gezählten

.

445 477

Januar 1934 Das ist amtliche Greuelpropaganda: Ein Jahr Hitlerregime und die Selbstmorde nehmen nicht ab, sondern zu.

ersetzt worden sei. Die braunen Ge- So etwas liest man wortwörtlich in der der vom Juni bis Dezember 1933 rungsentwicklung in letzter Zeit. Als erstes

,, Der Veranstalter Automobil- Klub?"

setzesmacher verschweigen dabei, daß Hitler- Presse: das Antragsrecht an das Arbeitsgericht an zwei Voraussetzungen gebunden ist. Der Gekündigte kann nämlich nur klagen, wenn die Kündigung durch die Lage des Betriebes bedingt ist und wenn sie eine unbillige Härte darstellt. Diese beider Voraussetzungen sind

aus dem§ 84 des Betriebsräte­gesetzes abgeschrieben,

schon im Konzentrationslager Dachau war, sollte am heutigen war der deutsche Samstag nach dort gebracht wer­

,, Zusammen mit dem Nationalsozia­ listischen Kraftfahrer- Korps.. ,, Wahrscheinlich habt ihr lange in Dah­lem gefeiert?"

,, Etwas spät ist es ja geworden Sehr nette Leute, Musik, ein bißchen

in dem das Einspruchsrecht bei Kündı- Tanz...

den.

Bayer. Ostwacht, 10. März.

7691

Auch sonst enthält die vom Reichsgesund­heitsamt herausgegebene Veröffentlichung be­achtenswerte Ziffern zur deutschen Bevölke­haben es die neudeutschen Beglücker erreicht. daß die Zahl der geschlossenen Ehen von im Januar 1933 auf 11 728 im Januar 1934 an­gewachsen ist. Die andere Seite der Regene­ration des deutschen Volkes" sieht so Auf Veranlassung der hiesigen politischen 1. die Zahl der Totgeborenen stieg in der er­Polizei wurde am Freitag vormittags der ver- wähnten Vergleichszeit von 523 auf 576; 2. die heiratete 38jährige Maler Frz. Xaver B- Zahl der Gestorbenen im ersten Lebensjahr mes von Regensburg- Stadtamhof wegen ab-( ohne Totgeborene) erhöhte sich von 1330 auf fälliger und beleidigender Aeußerun- 1467; 3. statt 335 Frühgeburten im Januar 1933, gen über die Reichsregierung, den Reichs- weist die amtliche Statistik 377 für Januar kanzler und der NSDAP in Schutzhaft ge- 1934 aus.

aus: