Nr. 42 BEILAGE

Neuer Vorwärts

alani ve may1. April 1934

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Wer diktiert dem Diktator?

Der Klassencharakter der braunen Herrschaft

Die Nationalsozialisten schwören mit| schers! Und schließlich war er es auch, Und hinternach zu Hitler . Hitlers per-[ kunft, nicht für die proletarische Klasse Leidenschaft, daß ihr Regiment die Ueber- der nach Ueberwindung der Nöte des sie- sönliche Machtfülle mag, gemessen an den war.

Inzwischen hat sich die Herrschaft der

windung jeder Klassenherrschaft, insbe- benjährigen Krieges strenger als irgend Beschränkungen, die eine Demokratie dem sondere auch der kapitalistischen Klassen- einer seiner Vorfahren darauf sah, daß die leitenden Staatsmann auferlegt, ungeheuer kapitalistischen Klasse weitgehend demas­herrschaft über die Arbeiter sei. Hitler Offiziersstellen der Armee und die höhe- erscheinen, sie ist doch nicht größer als kiert. Die Arbeitsfront" mit Krupp an der hat den Arbeitern zugerufen, er sei ihnen ren Verwaltungsposten ausschließlich dem die eines Ludwig XIV. oder Friedrich II. Spitze, der Wirtschaftsbeirat, in dem un­der ,, Garant" dafür, daß mit der Abschaf- Adel reserviert blieben! Allerdings sind die Mächte, in deren Na- ter lauter Vertretern des Bürgertums ein fung ihrer politischen und wirtschaftlichen Rechte keinerlei Bedrückung der Arbeiter Im allgemeinen war im absoluten Staat men Hitler regiert, nicht so leicht zu über- einziger und auch nur sogenannter Ver­durch die Kapitalistenklasse schon durch die Erziehung und ständige sehen, wie die hinter den Ludwigen und treter der Abeiter sitzt, waren die ersten eintreten Umgebung des Monarchen dafür gesorgt, Friedrichen stehende adlige Sippschaft. äußeren Anzeichen der sich konsolidieren­werde. daß er streng in den Anschauungen des Geschickte Tarnung" ist ja eines der den Kapitalistenherrschaft. Völlige Klar­Aber wer garantiert Hitler? Oder stel- Adels aufwuchs und lebte, andere An- Hauptmittel nationalsozialistischer Herr- heit schafft das neue Gesetz, das den Un­len wir die Frage genauer: Könnte Hitler , schauungen gar nicht, oder von vornherein schaft. Aber man betrachte einmal klas- ternehmern zum Führer" über die..Ge­selbst wenn er das ernsthaft wollte, bei mit dem Makel des Verdammungswürdi- senmäßig Hitlers nächste Umgebung, es ist folgschaft" der Arbeiter bestellt und ihm dem jetzigen Stand der Dinge die Arbei- gen behaftet, kennen lernte. Wo aber, sel- ausgesprochenes Bürgertum mit feu- damit eine ähnliche Stellung gibt, wie sie ter durch seine Person vor der Ausbeu- tener Fall, ein Monarch sich von den An- dalem Einschlag oder wurzelloses Aben- unter dem absoluten Königtum der feudale tung und Bedrückung des Kapitalismus schauungen seiner Umgebung emanzi- teurertum mit militaristischen Neigun- Gutsbesitzer über seine leibeigenen Hin­pierte, da zeigte sich sofort wie politisch gen. Heß, der in Aegypten geborene bedeutungslos seine persönliche Sprößẞling eines Levante - Großkaufmanns,

schützen?

Inzwischen entblödet ein Ley sich

Hitlers äußere staatspolitische Macht- Meinung blieb. Hat etwa der Atheis- Göring, der Fliegeroffizier, Frick, der ty­stellung läßt sich am ehesten mit der eines mus, dem Friedrich II. huldigte, zum pische höhere Beamte, Göbbels , der Aka- nicht, öffentlich zu erklären: Auf seinen absoluten Fürsten des achtzehnten Siege des Atheismus in Preußen eführt? demiker, Ley, der Chemiker, Epp, der Ge- Reisen durch Deutschland sei das erhe­Jahrhunderts vergleichen. Aber wie aus Nein, die Freigeistigkeit des Monarchen neral, ganz zu schweigen von den Cobur- bendste für ihn gewesen, daß keiner der dem stolzen Der Staat bin ich!" eines war eine ihm persönlich gestattete Laune, ger und Lippeschen Prinzen, dem Auwi vielen hundert Arbeiter, die er gesprochen Ludwig XIV. oft ganz falsche Schlüsse auf Die Orthodoxie herrschte eshte und ähnlichen Reklame- Blaublütern, es habe, ihn danach gefragt hätte, ob er neue auch unter dem das gezogen worden sind, was ein abso- Freunde Voltaires in Preuen Fredrich ist nicht ein einziger unter ihnen, der im Tarife oder Lohnerhöhungen in luter König in Wirklichkeit tun und las- selber würde den Vorschlag, seine Gott- Proletariat wurzelte. Und Hitler selber? der Tasche habe.( Die Arbeiter werden sen konnte, so wäre es ähnlich verfehlt, losigkeit zur Staatseinrichtung zu erheben. Wer Mein Kampf " zu lesen weiß, der er- wohl gewußt haben, was auf solche Frage aus der absoluten Führerstellung Hitlers sicher als den eines Wahnsinnigen be- kennt, daß Hitlers Kampf stets ein Kampt erfolgt wäre!) Das sei ihm, Ley, ein Zei­

den Glauben an seine innerpolitische All- trachtet haben. macht abzuleiten.

Caliban

Ist das Deutschland ?

chen, daß die Arbeiter keine höheren gegen seine proletarische Ab- Löhne, sondern gar nichts anderes woll­ten als ihre ,, Ehre" wiederhergestellt se­hen!

I und Krankheiten verkrachender Schichten, verwirrter Proletarier und sonstiger deutscher Untertanenmassen konstruieren gegenwärtig

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Daß solche Redensarten zwar nicht auf die Arbeiterklasse, wohl aber auf das Bür­gertum wirken, kann man aus der engli­schen ,, Times" sehen, deren Korrespondent mit einer gewissen Bewunderung berich­

Schiller hat eine ganz große drama­tische Szene geschrieben, in der er seinem Marquis Posa vor dem König Philipp nie­derknieen läßt mit dem Rufe: ,, Sir, geben Sie Gedankenfreiheit!" Auf Tieferblickende wirkt der knieende Freiheitsschwärmer leicht lächerlich der da meint, man brauche sich nur der Seele des absoluten Herr­die Speichellecker und Theoretiker der Hitlerei tet, daß sich jetzt Krupp und Thys­schers zu bemächtigen, um den absoluten Mit der Seele eines Volkes steht es wie mit allerhand nationale Vorzüge aus der Witz­sen persönlich und zu Fuß an jeder De­Staat in seinen Grundfesten umwälzen zu der des Einzelnen: sie ist im aufgeregten Zu- losigkeit den deutschen Ernst und die ,, deutsche müßten. Wobei er nur vergißt, das Ent­monstration ihres Personals beteiligen können. Marquis Posa ist ein weltfrem- stande noch schwerer zu ergründen, als in nor- Würde", aus Blaßgesicht und BlaBkörper, aus scheidende hinzuzufügen, daß solche Be­der Utopist, ganz gleich, ob er seine Hoff- malen Zeiten. Und doch muß gerade der politi- Rasselosigkeit die nordischen Rassenmerkmale teiligung gegen früher keinen Stachel mehr nungen auf Philipp oder auf Carlos setzt: sche Mensch sie kennen, wenn er nicht an sei- des Edelgeschlechts. Mangel an Gleichgewicht, hat, weil es ja jetzt Demonstrationen für Wenn Philipp nicht den Carlos ermorden, ner Nation vorbei denken will. Schon deshalb an kritischer Vernunft und Selsbtzucht dich­sondern ein Regiment Posa etablieren lohnt es sich, Walter Rodes Buch, Deutsch- ten sie in mystisch- schöpferische, unberechen­würde, so wäre er höchstwahrscheinlich land ist Caliban"( Europa Verlag Zürich ) zu bare Urtriebe um. am Schluß selber der Ermordete. lesen. Es bedeutet nicht nur eine geistreiche, satirische Auseinandersetzung mit der Phra­

Offenbarungen.

und nicht gegen die Chefs sind! Es ist aber Tatsache: Ein paar sy m- bolische Verneigungen, die nichts ,, Die deutsche Republik war im Be- kosten und keinem weh tun, sind der griffe, aus dem Deutschen einen Men- ganze Preis, den das Bürgertum für schen zu machen, und dies mußte verhin- die volle Durchsetzung seiner dert werden... Klassenherrschaft zahlt. Wie das

Der absolute Herrscher des achtzehn- seologie und Amoralität des Dritten Reiches, ten Jahrhunderts war keineswegs der sondern auch eine Fundgrube psychologischer Mann, der alles konnte, was ihm beliebte,| sondern er war der Exponent der Klas­senherrschaft des Adels, In Caliban ist jener ungeschlachte, tierähn- Mit Lüge, Radio, Gummiknüppel und bestia- Eintopfgericht des Fabrikanten am ersten Frankreich, Spanien und anderen katho-| Inselsohn in Shakespeares Komödie Der lischer Gewalt brauner Banden, die von der Sonntag des Monats die beste Garantie lischen Ländern, auch der mit dem Adel Sturm", ist die personifizierte Wildheit, Treu- Reaktion losgekoppelt wurden. Daraus ergab für den Braten der übrigen neunundzwan­eng versippten Geistlichkeit. Daß losigkeit, Rohheit und Gehässigkeit. So er sich ein organisierter Raubzug gegen Juden zig Tage ist, so garantiert der einmalige die in Wirklichkeit herrschende Schicht scheint Hitlerdeutschland einem großen Teil der und Marxisten", durchgeführt mit der Routine Fußmarsch mit der Belegschaft den Krupp dem König in seiner Vorstellung jeden Welt. Aber ist dies das deutsche Volk? Man gerissener Händlerseelen, vergleichbar nur den und Thyssen nicht nur ihr Luxusauto auf Willen ließ, daß sie ihm Willkür und Lie- weiß, wie Despotien die Wesenheit eines Vol- korruptesten Bürgerkriegsexzessen in altgrie- allen übrigen Wegen, sondern die restlose derlichkeit bei der Befriedigung privater kes fälschen, wie die Zwangsjacke einer Dikta- chischer Verfallzeit, von denen Polybios Gelüste im weitesten Maße erlaubte, war hur die stillschweigende Gegenleistung da- Das hat man in den letzten zehn Jahren an Ita­für, daß der König in allen entscheidenden lien hinreichend erlebt. In diesen Verzerrungen politischen Fragen den Willen der werden höchstens die Züge jener Schichten, Herrenschicht befolgte und vor allem ihre Klassenherrschaft über leibeigenen Bauern unangetastet

ließ.

tur das Antlitz einer Nation verzerren können.

schreibt:

,, Man geht gegen diejenigen vor, welche den Demagogen im Wege sind, damit die einen sich neh­

das Gut der anderen an Gruppen, Banden und Bonzerien offenbar, die sich der Herrschaft bemächtigt haben.

men!.."

wirtschaftliche Ausbeutung derer, denen sie die ,, Ehre" des gemein­schaftlichen Spazierganges erweisen. Von dem zweireihigen ,, Einheitsanzug" in vier Qualitäten mit und ohne Maßarbeit gar nicht erst zu reden!

Der Nationalsozialismus ist ein ganz Und deren deutsches Bild sieht, durch Ro­Der Diktator, schließt Rode, ist ein Räuber- fest gefügtes System kapitali­des Brille gesehen, so aus: Kein Volk rühmt hauptmann, dem das Gemeinwesen anheim ge- stischer Klassenherrschaft. Ein Friedrich II . von Preußen, einer der seine Redlichkeit und Treue mit derart beweg- fallen ist. Gegen solche Weltgefahr müsse von Die völlige Entrechtung der Arbeiterschaft geistig aufgeklärtesten Gestalten unter den tem Augenaufschlag, wie das deutsche, und den Verbannten und Verjagten alle aufgeru- ist getarnt durch äußere Ehrungen", die absoluten Herrschern, hätte gewiß ähnlich doch gibt es nichts Treuloseres als jene fen, müsse Tod und Teufel mobil gemacht wer- den Arbeitern dargebracht werden und die behauptet, wie Hitler die Arbeiter zu NSDAP, der 17 Millionen Wähler zuströmten. den. Diese funkelnde Streitschrift, geschrieben samt und sonders dadurch charakterisiert schützen vorgibt, er schütze seine Bauern: Das Tierischste des braunen Hunnentums ie- von einem Wiener Juristen, zeigt den beklem- sind, daß sie die Ehrenden nichts er gäbe ihnen bei MiBernten und Kriegs- doch ist weder seine Untreue, noch sein Appell menden Eindruck, den das Deutschland von kosten und den Geehrten nichts verwüstung Saatgetreide, baue ihre zer­an den Sklavensinn, sondern jene tiefe Hu- heute bei freiheitlichen Geistern Jenseits der einbringe. im Falle des Müller Arnold dem Mül- zialität zu sein scheint. störten Wohnhäuser wieder auf, er habe morlosigkeit, die eine teutonische Spe- Grenzen macht. Aber so richtig der Seelenzu- Die Garantie" Hitlers für die Arbeiter ler gegen den junkerlichen Grundherrn stand eines Teiles dieses Volkes gesehen ist- hat sich bereits als völlige Niete erwiesen. ,, Daß die Leute in Deutschland Hitlers handelt es sich dabei nicht um den kleine- Und sie müßte sich als Niete erweisen, Recht gegeben und die anders urteilenden Richter ins Konzentrationslager- pardon, musikalisches Schauerdrama pathetisch neh- ren Teil? Zwanzig Millionen antifaschistischer selbst wenn Hitler ein ganz anderer wäre auf die Festung Spandau geschickt. men, statt sich vor Lachen auszuschütteln, Wähler sind der Hitlerpsychose nie verfallen, als der er wirklich ist. Der Sieg des Drit­beweist am besten ihre hoffnungslose Zu- andere erwachten unter der Despotenpeitsche ten Reiches, die völlige Zerschlagung der rückgebliebenheit..." längst aus der Hypnose. Das würde sich sofort Kampforganisationen des Proletariats, die Alles recht: Aber daß ein vernünftiger Landwirt die Kuh, von deren Ertrag er deutlicher zeigen, wenn auch nur ein Minimum Beseitigung aller seiner politischen Rechte Rede freiheit da wäre! Vor freien Wah­sie haben die Machtposition der kapi­lebt, gut pflegt und nicht duldet, daß sein bei und redet ihnen ein, deutsch sein heiße zullen zerstöbe die aufgeblasene braune Caleba- talistischen Herrschaft dermaßen gefestigt, roher Knecht durch Schläge das Tier rui- marschieren, um zu marschieren. Bis der narie. Und um dem Ausland vorzutäuschen, die tatsächliche Gewalt dermaßen in den niert, ändert nichts an der Tatsache, daß Marsch ins Blaue zum Kriegsmarsch ausartet hinter ihren Verbrechen stünde die Nation, las- Händen der Besitzenden konzentriert, daß der Bauer die Kuh, und nicht die Kuh den Dabei bleibt das Freibeutertum die Hitlers ihr Volk" von Naziprofessoren kein Einzelner daran etwas Bauern ausbeutet! Das Entscheidende ist schen Konjunkturen mit obenauf, das Lumpen­und feilen Skriben als gleichentartet, gleich- zu ändern vermag, er möge folgendes: Friedrich, der die Schädlichkeit proletariat wie die Lumpenbourgeoisie, delirierend, gleichkannibalisch erscheinen. Pen- mächtig sein, wie die Phantasie es sich und Ueberlebtheit der Leibeigenschaft von nämlich der Teil des Bürgertums, der weitem begriff, konnte ihre Milderung vom ehrsamen Berufsbetrug lebt, sondern von gleichwohl nur auf den ihm unterstehen- Gelegenheitsgeschäften, Berufshasard, kommer­den Staatsdomänen durchsetzen. zieller Glücksritterei. Es ist kein Zufall, daß vor dem adligen Gutshof endete alle Lumpen auf der ganzen Erde für Hitler dagegen die Macht dieses ,, absoluten" Herr- sind..." Aus all diesen Mängeln, Gebresten

Man bringt ihnen den Stechschritt wieder

sionsberechtigte Calibane, staatsbeamtet und nur auszudenken vermag. Hitlers Macht hochdotiert, betrommeln die seidene Hemd- gilt und besteht nur solange, wie er Voll­brust und kreischen im Namen eines stumm strecker des kapitalistischen Machtwillens

gemachten Volkes!

Bruno Brandy.

bleibt. Julius

Civilis.