Italienische Ohrfeigen Ein Nazi mit Eselsohren In der Tageszeitung der Arbeitsfront,»Der Deutsche«, berichtet ein gewisser Karl Busch, Hauptschriftleiter dieses Blattes, über eine Studienreise nach Italien . Man ersieht daraus, daß auf die Blütenträume der deutschitalienischen Freundschaft bereits ein jäher Rauhreif gefallen ist. Schon der Flug über die Alpen (neudeutsche Arbeiterführer reisen nur noch im F 1 u g z e u g) hat Herrn Busch die Minderwertigkeit der Mittelmeerrasse bewiesen. Mußte doch die italienische Maschine nach einstündigem Suchen ihn wieder auf deutschem Boden absetzen. Worauf es dann die hakenkreuzgeschmückte Ju. 52 geschafft hat. Aber welche Enttäuschung erwartete den Pg. Busch jenseits des Brenners! Er fand dort ein rassisch minderwertiges Volk vor, dessen„großer Bedürfnislosigkeit auch der Mangel an Arbeitslust, an Tatkraft, an Freude am Schaffen und Streben gegenübersteht". Zwar wird dem großen D u c e die Anerkennung zuteil, daß er ein genialer Kraftmensch, Kämpfer und Führer sei, der sich aber im Kampf mit diesem kümmerlichen Mittelmeervolk schon aufgerieben habe und sozusagen als a 1 1 e r Mann nur noch den Mißerfolg einer Politik zu bestätigen habe. In den zwölf Jahren seiner Herrschaft sei der Faschismus nicht ins Volk gedrungen, er schwebe im luftleeren Raum. Wie anders liegen die Dinge doch in Deutschland . Nicht 12 Jahre, nur 14 Monate waren notwendig, um das ganze deutsche Volk mit dem Nationalsozialismus zu durchdringen. Und woher kommt der U n t*e r s c h i e d in den Erfolgen der doch sonst so verwandten Systeme? ,-,Der Faschismus übergeht das Gesetz von Blut und Boden."1 Er muß es übergehen, denn„das deutsche Volk steht in seiner Gesamtheit rassisch viel höher" als die italienische Rassenmischung. Und dann vor allem:„Es gibt keine italienische Arbeitsfront". Hier also ist des Pudels Kern- Was mögen wohl die italienischen Freunde jenseits des Brenners zu dieser Entlarvung des Faschismus gesagt haben? Die Antwort erteilt„II Lavoro Fascista" vom 1. April. Da wird dem Pg. Busch empfohlen, die Reise zu wiederholen. Er möge sich aber ein paar ordentliche Eselsohren aufsetzen, damit man ihn erkenne und ihn lehren könne, das nächste Mal die Augen besser aufzumachen. Vor allem aber müsse er die engstirnigen Vorurteile des Rassismus und der nationalsozialistischen Mystik über Bord werfen. Nach einer Aufzählung der„gigantischen wirtschaftlichen und sozialen Werke des Faschismus" nimmt die„Lavoro Fascista " zur Frage der Arbeitsfront Stellung und behauptet, es gebe zwar in Italien keine solche Arbeitsfront, die nichts weiter sei als ein kümmerlicher Feierabendverein, wohl aber gebe es richtige Gewerkschaften mit weitgehenden sozialen Aufgaben und Befugnissen. „Der Nationalsozialismus hat in der Tat den Unterschied zwischen Kapital und Arbeit durch ein einfaches Mittel beseitigt, indem er die Arbeiter mit Haut und Haaren den Kapitalisten ausgeliefert hat Wer sich davon überzeugen will, braucht nur die beiden neuen Gesetze über die Ordnung der deutschen Arbeit und die Wirtschaft zu lesen, die im Reich in Kraft getreten sind und die den deutschen Arbeitern nur ein Recht lassen: sich bedingungslos ihren Arbeitgebern zu unterwer- f e n". So wörtlich im„Lavoro Fascista ". Wir haben dem nur den Wunsch hinzuzufügen, daß solche Reisen öfter stattfinden mögen. Ihre völkerverbindenden Erfolge dürften für uns nicht uninteressant sein. Der Sprung nach rückwärts. Die einflußreiche faschistische Zeitschrift „Critica Fascista", die von dem ehemaligen Korporationsminister Mussolinis, Bottai , geleitet wird, veröffentlicht einen Artikel über den „Nationalsozialistischen Korporativismus"; „Das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit wird von den Nattooalsozfellatea etwas einfältig als viel fortgeschrittener denn der italienische Korporativismus dargestellt Nach den Plänen der Nationalsozialisten überwindet das neue Gesetz endgültig die Klassenfrage und alles, was damit zusammenhängt(Klassenkampf, Gewerkschaften, Kollektivverträge usw.)... Aber gerade hier ist die Einfältig k e 1 1 des erhobenen Anspruches offensichtlich, weil es klar auf der Hand liegt, daß das Problem nicht ernsthaft überwunden werden kann ohne Ausmerzung des Unterschiedes zwischen jenen, die über Kapital verfügen, und jenen, die nur ihre eigene Arbeitskraft haben... Natürlich hat die Illusion, die Klassenfrage überwunden zu haben, die(nationalsozialistischen) Gesetzgeber verführt, die Klassen zu entwaffnen, und zwar, genau genommen, die Arbeiterklasse zu entwaffnen, indem man ihr das Instrument der kollektiven Verteidigung, die Gewerkschaft, nimmt... Von diesem Gesichtspunkt aus gesehen, ist man nicht über die Gewerkschaft hinausgegangen, sondern hat einen scharfen Sprung nach rückwärts getan, indem man die nach und nach vom Proletariat in einem Jahrhundert von Kämpfen gemachten Errungenschaften annulliert." Massenfludit vom Lande Soeben erschienen! Das Deutsdie Wunder 193? Eine zeitgemäße Betrachtung von X. Es handelt sich nicht etwa um das außerordentlich berühmte Weltbuch des Generals John Johnson, das als ein Warnungsbuch für alle kriegswütigen Feindvölker geschrieben wurde—, vielmehr handelt es sich um eine entsprechende Betrachtung, und lediglich handelt es sich um gar kein Buch, denn der Verfasser....— Na, wollen Sie selbst lesen! Bestellungen gegen Voreinsendung K5 7.— (oder Gegenwert evtl. in Marken) an Belsky-Verlag, Brünn , Kröna 11. Das System der Landhelferinnen erregt bei den betroffenen Frauen im höchsten Maße Unwillen. Zahlreiche Frauen weigern sich, aufs Land zu gehen. So wird aus Braun schweig berichtet, daß allein an einem einzigen Tage 80 Frauen es vorgezogen haben, der Aufforderung zur Landhilfe zu gehen, nicht Folge zu leisten. Mit diesem System der Verschickung aufs Land ist ein raffinierter Unterstützungsraub verknüpft. Die bisherigen stellenlosen Stenotypistinnen, Fabriksarbeiterinnen usw. werden vor die Wahl gestellt, entweder ! sofort aus der Arbeitslosenunterstützung auszuscheiden oder ein halbes Jahr als Landhelfe- Das schwere Kreuz Moskauer»Iswestiia«. rin in die Provinz zu gehen. Dort müssen sie außerordentlich schwere langandauernde Arbeit verrichten, ruinieren ihre auf Landarbeiten nicht eingerichtete Kleidung, bekommen zum großen Teil unzureichende Kost und schlechte Nahrung und im günstigsten Falle eine Monatsentschädigung von Mk. 20.— Nachdem sie ein halbes Jahr Landhelferimien-Tätigkeit ausgeübt haben, kommen sie nicht mehr in den Genuß der Arbeitslosenunterstützung, da ja jetzt aus der ehemaligen Stenotypistin oder Fabrikarbeiterin eine Landarbeiterin geworden ist, und diese keinen gesetzlichen Anspruch auf Unterstützung hat. Die Reichsanstalt ist also auf jeden Fall eine Unterstützungsempfängerin los, und in der Statistik erfolgt eine entsprechende Aufbesserung. Trotz der Drohung mit der Entziehung der Unterstützung hat eine Massenflucht der Landhelfer und Landhelferinnen vom Lande nach der Stadt eingesetzt. Schlechte Verpflegung und Unterkunft, brutalste Ausbeutung und rohe Behandlung treiben die aufs Land gegangenen Arbeitslosen zur Flucht. Das System sucht sie durch Zwang zu halten. In Hessen hat der Reichsstatthalter Sprenger einen Aufruf veröffentlicht, in dem es heißt: „Jedes Abwandern und jedes Anwerben aus ländlicher Arbeit in gewerbliche, auch hauswirtschaftliche Stellen, ist Sabotage am Ziel unseres Führers. Deshalb ordne ich folgendes an: Die Führer der gewerblichen Betriebe sind dafür verantwortlich, daß alle ihre Arbeitsplätze ausschließlich mit Erwerbslosen, die für eine landwirtschaftliche Tätigkeit nicht in F r ag e kommen, besetzt werden. Die Gefolgschaft des Betriebes wacht darüber, daß in gewerbliche Arbeit keine Arbeitskräfte eindringen, die in der Landwirtschaft gebraucht werden. Die Arbeitsämter haben die Zuweisung landwirtschaftlich verwendbarer Arbeitsuchender in gewerbliche Betriebe unter allen Umständen zu verweigern; sie haben alle direkten Einstellungen dieser Art, die ihnen jetzt oder später zur Kenntnis kommen, zur Anzeige zu bringen. Keine landwirtschaftliche Arbeitskraft darf jetzt oder in den kommenden Monaten ihren Arbeitsplatz verlassen, auch dann nicht, wenn sich die Gelegenheit gewerblicher Arbeit bietet, Für Notstandsarbeiter, Arbeitsdienstwillige und Landhelfer muß vollste Arbeitsbereitschaft für die Landwirtschaft gefordert werden. Jeder Dienst an der Landwirtschaft ist Ehrendienst am deutschen Volk." Aber aller Terror versagt. Die Arbeitslosen, die auf dem Lande schlimmer behandelt und schlechter entlohnt und beköstigt werden als einst polnische Wanderarbeiter, sagen; „Lieber in der Stadt verrecken, als das Hundeleben auf dem Lande länger ertragen!" Agrarischer Egoismus und braune Arbeiterfeindschaft rufen neue Spannung zwischen Stadt und Land hervor. Der Marxismus Ist tot und lebendig Plakatsäulen, Häuserwände und andere für amtliche Anschläge geeignete große Flächen sind im Dritten Reich nach wie vor von Wichtigkeit. Es ist wieder einmal ein„Massenaufmarsch der Deutschen Arbeitsfront " angekündigt. Die Arbeiterquartiere werden besonders stark mit Plakaten bedacht. Da schieben sich Erwerbslose in dichten Reihen auf das Gebäude' eines Arbeitsamtes vorwärts. In Riesenlettern leuchtet ihnen ein Plakat von der hohen Wand des Arbeitsamtes entgegen. Der Aufruf zur Teilnahme am Massenaufmarsch endet mit den Worten: „Der deutsche Arbeiter ist von der Illusion des Marxismus geheilt, stolz marschiert er mit Adolf Hitler , unserem heißgeliebten Führer, ins Dritte Reich. Der Tag für Freiheit und für Brot bricht an. Der Marxismus ist tot." Doch kaum hat unser Erwerbslosen- Berichterstatter das Auge von der auf grell- rot farbigem Plakat gedruckten Todesanzeige des Marxismus abgewandt, da nimmt schon ein dicht daneben befindliches weißes Plakat den aufmerksamen Beschauer wieder in Anspruch. Er liest die polizeiliche Bekanntmachung; „Auch hier im Industriegebiet kriechen die roten Untermenschen wieder aus ihren Löchern, in die sie sich vor der siegreichen nationalen Revolution geflüchtet hatten. Seit einigen Tagen verteilen sie wieder ihre schmutzigen Sudeleien und verspritzen ihr Gift gegen unsere herrlichen Führer und die unvergleichliche SA. und SS. Wer ein solches Flugblatt annimmt oder liest, wird mit Zuchthaus bestraft. Gegen die Verteiler solcher Schmutzblätter ist Polizei, die SA. und die SS. berechtigt, von der Schußwaffe Gebrauch zu machen." Der Marxismus ist lebendig— es läßt sich nicht ableugnen! Die marsdiierende MitgllederTersammlung Es geschehen noch Zeichen und Wunder im Dritten Reich . Die faschisierten Gewerkschaften halten Mitgliederversammlungen ab. Die Mitglieder des„Deutschen Arbeiterverbandes des graphischen Gewerbes", Ortsgruppe Berlin , wurden zum 8. Februar zur „Generalmitgliederversammlung"(wie das klingt) aufgefordert. Zutritt nur gegen Eintrittskarten mit einem Personal-Abschnitt zur Saalkonrolle. Die Karten mußten bezahlt werden. Die Mitglieder begaben sich zu ihrer Generalversammlung in Kolonnen nach folgendem Aufmarschplan: „Die Belegschaft eines Betriebes sammelt sich nach Betriebsschluß und marschiert von dort geschlossen zum Sportpalast. Bei der Wahl des Anmarschweges ist lediglich zu beachten, daß die Bannmeile nicht berührt wird. Der Abmarsch muß so erfolgen, daß der Zug rechtzeitig den Sportpalast erreicht. Bei ungünstig liegendem Betriebsschluß ist zu versuchen, beim Betriebsführer einen früheren Arbeitsschluß zu erwirken. Diese Art des Anmarsches ist allen größeren trieben zu empfehlen. Es bleibt aber den Verbandsamtswaltern überlassen, den gemeinsamen Anmarsch zu wählen oder Einzelbesuch zu veranlassen." „Die NSBO-Fahnen der Berliner Druckerund Papierverarbeitungsbetriebe sammeln sich um 7 Uhr in der Bierschwemme des Sportpalastes. Die Verbandsamtswalter sind dafür verantwortlich, daß die Belegschaft� in möglichster Geschlossenheit erscheint...." Nachdem die so in Reih und Glied formierte Generalmitgliederversammlung angetreten war, der Verbandsbonze Coler seiner Truppe von der Herrlichkeit des Nationalsozialismus berichtet hatte und das Horst-Wessellied gestiegen war, durften die Berliner Buchdrucker wieder nach Hause wandern.„Kehrt, weggetreten, die Mitgliedergeneralversammlung ist aus." Wir würden zur Vervollständigung künftiger Generalversammlungen und zur Belebung der Mitgliederparade noch folgende Befehle im Anschluß an dln Bericht des Verbandsleiters vorschlagen;„Achtung Mitgliedschaft, erteilt Entlastung, Hände hoch."„Entlastung ist erteilt Rührt Euch." Die gestohlene Winterhilfe Hauptkassierer der NSDAP , in Flensburg verhaftet wegen Betrug und Diebstahl. Das Gesprächsthema der Flensburger Bevölkerung bildet zur Zeit eine große Nari- Korruptionsaffäre. Der Hauptkassierer der NSDAP. , Ebeling, wurde verhaftet. Das hat großes Aufsehen erregt, obgleich es seit lat* gern erwartet worden war. Ursache zu diesem Vorgehen gegen Ebeling ist Diebstahl und Betrug. Seit langer Zeit war in eingeweihten Kreisen bekannt, daß die Abrechnungen Ebelings falsch waren und daß ihm Geld in der Kasse fehlte. Darüber hinaus hat Ebeling ganze Eiseu- bahnwaggonladungen von Lebensmitteln, die für die Winterhilfe gesammelt, also für Bedürftige und Arbeitslose bestimmt waren, gestohlen. Ebeling wurde auf Veranlassung der SA.- Standarte verhaftet, jedoch kurze Zeit später wieder auf freien Fuß gesetzt und abgeschoben. Kein Mensch kennt den neuen Aufenthaltsort dieses sauberen Burschen. Es wird behauptet, daß er von der SA. abgeschoben wurde, um zu verhindern, daß mehr von seinen Verbrechen in der Oeffentlichkeit bekannt werden sollte. Trotzdem ließen sich die Dinge nicht vertuschen. Außerdem sollen bei einem Schwager Ebelings mehrere Säcke Zucker gefunden worden sein, die gleichfalls aus den Erträgnissen der Winterhilfe stammen. Dieser Schwager, der im übrigen bereits löraal wegen Diebstahl, Einbruch usw. vorbestraft ist, wurde erst vor kurzem wieder wegen Diebstahl zu vier Monaten Gefängnis verurteilt. Auch dieser Ehrenmann ist selbstverständlich Mitglied der NSDAP , und der SA. W er\ erräferlobf, kommt un> Der Gesinnungsakrobat F, 0. H. Schulz ist einer der deutschen Zeitung zum Verhängnis geworden. Sein Buch„Untergang des Marxismus" wurde m der„Mitteldeutschen Rundschau" in einem großen Artikel P 0" sitiv besprochen. Das Ergebnis dieser Würdigung waren Berge von Abbestellung des Blattes aus seinem gesamten mitteldeutschen Verbreitungsgebiet. Die„Mitteldeutsche Rundschau", die zuerst in Jena und später in Nordhausen gedruckt wurde, hielt eine gewisse Distanz zum neuen Regime.- 16 hatte einen erheblichen Teil der früheren L«* serschaften sozialdemokratischer und demokratischer Blätter gewinnen können. Jetz' pfeift sie nach Massenflucht der Leser aU' dem letzten Loch. Judenhe�e ohne Ende In einer Betriebsräte-Konferenz in Nürn berg wurde nach einem Bericht im»D e u'' sehen Lederarbeiter«(Nr. 9/10.*' April 1934) vom Kreisleiter Pg. Braun die J'j' denfrage aufgerollt und ausgeführt,„daß w' r im Kampf gegen Alljuda nie erU*1' men dürfen. Wir müssen in dem Juds11 immer den Feind unseres Volkes sehen- In de11 letzten 14 Jahren, in denen man den Juden d;® Gleichberechtigung gegeben hatte, hat er£e" zeigt, was er mit dem deutschen Volke vorhatte. Ueberall konnte man sehen, daß der Jude versucht hat, und es ihm zur Zeit amm schon gelungen war, das Volk moralisch, körperlich und sittlich zu zersetzen und dam1 seinen Einfluß immer mehr zu stärken. Nif werden wir es hier in Franken du* den, daß ein Jude Führer der deu'' sehen Arbeiter wir d." Brüning. Der Berliner Korrespondent v0. ,.Het Volk" berichtet, daß Brüning von au-' ländischen katholischen Universitäten Professur angeboten worden sei, daß er" doch in Deutschland bleiben wolle.
Ausgabe
2 (6.5.1934) 47
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