privaten Gläubiger-, Schuldner. VerHält*nisse In der Tat verschwinden.Und wie verhalten sich da die Regierungen? Die englische und französischeRegierung habe, jede für sich, der deutschen mitgeteilt, daß sie die Fortzahlung•der Zinsen unnd Tilgungen für die Dawes-und Younganleihe fordern. Die amerikanische Regierung hat sich nicht einmaldiesem Schritt angeschlossen! Das istalles, und Schacht läßt bedauernd mitteilen, daß er auch diese 115 Millionennicht zur Verfügung habe.Und in der Tat! Solange man seinenStandpunkt akzeptiert, daß die Gläubigersich um die Zahlen der Reichsbank, umdie Gold- und Devisensummen allein zukümmern haben, sonst aber um nichts, amwenigsten um die Rüstungs-, Finanz- undWirtschaftspolitik der nationalsozialistisehen Diktatur, ist sein Standpunkt schwerzu widerlegen. Ist doch der Gold- undDevisenbestand der Reichsbank nadidem Ausweis vom Ende April auf 205Millionen(gegen 510 im Vorjahre) zusammengeschrumpft und die Notendektimg auf 5,8 gegen 9,1 Prozent! Nur daßaber dieser Zustand kein naturnotwendiger, sondern durch die nationalsozialistische Politik bewußt und absichtlichherbeigeführt ist. Aber über Politik— sobefiehlt die Diktatur— soll nicht gesprochen werden und bisher haben sichdie Regierungen dem Beschluß gefügt.Bleiben aber die Verhandlungen aufdem rein finanziellen Gebiet, welche anderen Mittel stehen dann zur Verfügung?Die Gläubiger haben einen Vergleich derAußenhandelsbilanz Deutschlands gegenüber seinen hauptsächlichsten Gläubigerländern im Jahre 1933 mit den Erfordernissen des Kapitaldienstes in dem am 30.September 1934 ablaufenden Jahre(inMillionen Reichsmark) gezogen. Das Ergebnis zeigt folgende Tabelle:Reidisgeridit abgeseiftNoch nicht sicher genug!— Die Tyrannen zitternDie Tabelle zeigt, daß alle Länder mitAusnahme Amerikas im Handelsverkehrmit Deutschland einen Ueberschuß aufzuweisen haben, der die Forderungen ihrerGläubiger übersteigt. Wenn die Regierungen ein Zwangsclearing einrichten, also ihre Importeure veranlassen,die aus Deutschland eingeführten Warennicht direkt den deutschen Lieferantenzu bezahlen, sondern die Beträge auf einKonto ihrer Zentralbanken einzuzahlen,dann verfügen sie über die nötigen Summen, um ihre Gläubiger zu befriedigen.Die Schweiz hat mit solchem Vorgehen wiederholt gedroht. In neuererZeit mehren sich aber auch englischeStimmen, die dasselbe verlangen, ja, dieenglische Regierung soll sogar die nötigen Vorbereitungen bereits getroffen haben. Die Maßnahme wäre sehr wirksamund das erklärt, warum die AeußerungenSchachts in neuester Zeit immer kleinlauter werden und die Aktien- undRenten k urse an den deutschenBörsen ständig abbröckeln. Daher die Suche nach einem Kompromiß,nach Bezahlung der Gläubiger statt inbar mit einer neuen langfristigen Anleiheusw.— Versuche, die aber alle an dervölligen Kreditunwürdigkeit der nationalsozialistischen Diktatur ihr schwer übersteigbares Hindernis finden.Das politische Problem bleibt.Unterdessen hat die Devisenlage zuneuen einschneidenden Maßnahmen geführt. Das Einfuhrverbot für ausländischeRohstoffe und Halbfabrikate ist für Textilien und raffiniertes Kupfer bis 1. Juliverlängert worden. Zugleich sind dieImportdevisenkontingente für den Maimit sorfortiger Wirkung nachträglich herabgesetzt worden, eine Maßnahme, die bisher noch nie im Laufe des Geltungsmonats vorgenommen wurde, da man sichbewußt ist, wie weit hierdurch die Dispositionen der Importeure gestört werden.Die Kontingente stellen sich nunmehrfür Mai nur noch auf 25 Prozent gegenüber ursprünglich 35 Prozent.Hand in Hand damit gehen Erörterungen, auf jede Weise den Export zusteigern. Die abenteuerlichsten Plänewerden erörtert. Da wird vorgeschlagen,eine Umsatzabgabe von dem binnenländischen Absatz von 2 bis Prozent vonDie Unabhängigkeit der Rechtspflegehat das Dritte Reich, als es entstand, faktisch sofort beseitigt. Aber die gleichgeschalteten Talarträger durften— wenigstens nach außen hin— noch eineZeitlang die Komödie einer scheinbar unbeeinflußten Justiz aufführen. Damit istes jetzt auch vorbei. Alle Selbstentmannung hat diesem Richtertum, das vor ge�wissen Gangstergestalten der braunenKonterrevolution in Unterwürfigkeit erstarb, nichts genützt: soeben ist der deutschen Justiz in aller Form das Hauptabgeschlagen worden...Das Haupt abgeschlagen! Anders läßtdieses im Reichsgesetzblatt mit dem Datum vom 24. April publizierte„Gesetzzur Aenderung von Vorschriften des Strafrechts und desStrafverfahrens" sich nicht charakterisieren: das oberste deutsche Gericht,das Reichsgericht, wird in einer seinerwichtigsten Funktionen kurzerhand abgesetzt. Dieses neue Gesetz entzieht nämlieh dem Reichsgericht die von ihm bisherals Spruch-Instanz ausgeübte Rechtsprechung in Hoch- und Landesverratssachen und überträgt sie an ein neuerschaffenes Gebilde, dem das Gesetz denNamen„V o 1 k s g e r i c h t" zulegt, dasaber mit richtiger Bezeichnung„N a t i on al so z ia 1 i st i s c h e s Parteigericht" heißen müßte. Denn nur um einsolches handelt es sich; das Volk hat mitdiesem Volksgericht so viel oder so wenigzu tun wie mit der geheimen Kabinettsjustiz eines Ludwig XIV!Das Motto des Ganzen heißt: Rachefür den Freispruch TorglersundDimitroffs! Das Urfeil des Bün-gerschen Senats im Reichstagsbrandprozeß ist einer der wichtigsten Gründeder ganzen Umgestaltung.Es darf eben nicht mehr vorkommen,daß das Reichsgericht, gestützt auf seinAnsehen In der Welt, offenbar Unschuldige wie Dimltroff und Torgier freispricht, obwohl die Machthaber die Verurteilung dieser Angeklagten aus politischen Gründen wünschen.Darum wird das Reichsgericht jetztbeiseitegeschoben, wird an seine Stelleein Gericht gestellt, das nur noch denNamen einer solchen Institution trägt,in Wahrheit aber nichts als ein gefügiges Werkzeug der Machthaber ist,von dem sich erwarten läßt, daß es auchdie letzten Rücksichten auf Recht undGerechtigkeit unterdrücken und derdurchgehenden terroristischenWillkür bedenkenlos den Hals freigeben wird! Denn dieses Gericht setztsich zusammen aus gehorsamen Mameluken der Despoten: seine ordentlichenMitglieder und deren Stellvertreter werden vom Reichskanzler Hitler auf Vorschlag des Reichsjustizministeriums e i n-zeln ernannt(der Reichspräsidenthat natürlich nichts dreinzureden!) undzwar auf die Dauer von fünf Jahren.Jede Spruchkammer des„Volksgerichts" ist in der Hauptverhandlung mitfünf Mitgliedern besetzt, davon brauchennur zwei dem Berufsrichtertum anzugehören. Die übrigen drei— so heißt es—sollen Personen sein,„die über besondere Erfahrungen auf dem Gebieteder Abwehr staatsfeindlicherBestrebungen verfügen". Mit anderen Worten:Die Mehrheit in diesen Kammern besteht aus Organen, bezw. aus Vertrauenspersonen der Gestapo. Es tritthier die Geheime Staatspolizei zugleichals oberstes Justizorgan in Funktion!Es genügt aber anscheinend nochnicht, den Angeklagten diesen Henkern inRichtertalaren auszuliefern. Er wird auchnoch, so überflüssig diese Vorsichtsmaßregel erscheint völlig recht— undwehrlos diesem Gericht vorgeworfen,Es genügt, auf die Vorschrift hinzuweisen,wonach der Angeklagte bei derWahl seines Verteidigersder Genehmigung durch denVorsitzenden des Gerichtesbedarf! Wir notieren noch Stichwortartig; Die Voruntersuchungkann nach Belieben des Oberreichsanwalts ausfallen, der Eröffnungsbeschluß fällt überhaupt fort, Rechtsmittelgegen die Entscheidungen sind nichtgegeben,— und es rundet sich dasBild eines in Permanenz tagendenStandgerichts primitivster und blutigster Art.Dabei haben wir bisher immer erstvon dem Verfahren gesprochen, nochnicht von dem„Verbrechen", die vor diesem„Volksgericht" abgeurteilt werdenund von den darauf gesetzten Strafen.Das neue Gesetz rieht die bisher vereinzelt erlassenen drakonischen Blutgesetzedes Dritten Reiches gegen sogenanntenHochverrat und, Landesverrat zusammenund steigert sie, wofern noch eine Möglichkeit dazu gegeben ist. Die Zahl der,meist die Todesstrafe— allein oder wahlweise neben hohen Zuchthausstrafen—androhenden einzelnen Strafbestimmungenist so groß, daß sie im Rahmen eines Artikels nicht einmal aufgezählt, geschweigedenn kritisch beleuchtet werden können.Es genügen jedoch auch hier einigeBeispiele, um den Blutgeruch zu charakterisieren, den dieses Gesetz ausströmt:Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wirdbestraft, wer öffentlich zu einem hochverräterischem Unternehmen auffordert oderanreizt, ebenso, wer ein hochverräterisches Unternehmen in andererWeise vorbereitet. Man stelle sich dieseKautschukbegriffe„anreizt",„in andererWeise" in den Händen der Gestapo-Richter vor!— Die Strafe springt sofort aufTodesstrafe, lebenslänglichesZuchthaus, oder Zuchthaus nicht unter zwei Jahren, sobald irgendwelche„erschwerenden" Momente hinzutreten.Solche erschwerenden Momente, die möglicherweise die Todesstrafe nach sichziehen, sind u. a.:Agitation In Reichswehr und Schutzpolizei,Beeinflussung der Massen durch H e r s t e 1-lung oder Verbreitung vonSchriften, Sah allplatten, bildlichen Darstellungen usw. Einführung von Schriften, Schallplatten oder bildlichen Darlegungen aus dem Ausland.Das Ausland hat es den Tyrannen besonders angetan, weil dort ihrer MachtGrenzen gesetzt sind. Deshalb bedrohen sieden Lieferanten zu erheben zur Bildungeines Fonds, aus dem die deutsche Ausfuhr verbilligt werden soll. Für Zuckerund Baumwollwaren befürwortet die„Kölnische Zeltung" einen Exportzwang.Die deutschen Baumwollfabrikanten sollen verpflichtet werden, 25 Prozent ihrerInlandsproduktion zu Selbstkostenpreisenzur Verfügung zu stellen, und die deutschen Zuckerfabriken sollen sogar gezwungen werden, ihre Produktion um1 Million Doppelzentner jährlich zu steigern und diese Menge um jeden Preiszu exportieren. Der Verlust soll zwischenden Fabrikanten und der Allgemeinheitgeteilt werden! Die Antarkistensind am Ende ihres Lateins!Ueber eines aber soll man sich nichttäuschen. In Frankreich und namentlich in England, wo eine kurzsichtigeund unfähige Außenpolitik sich scheut, denTatsachen ins Auge zu sehen, hofft man,die augenblicklichen Schwierigkeiten würden der deutschen Rüstungspolitik schonbald von selbst unüberwindbare Schranken setzen. Ein verhängnisvoller Irrtum!.Wie immer die Gläubigerkonferenz ausgeben mag, die Mittel, sich die notwendigen Rohstoffe für die Rüstungsindustrie zu verschaffen, wird Deutschlandschon zur Verfügung haben!Bei der immer stärkeren Dirigierungder ganzen Außenhandelswirtschaft bleibtes stets möglich, den Import anderer Waren(man denke an Südfrüchte, Tabakund andere Genußmittel) soweit zu drosseln, um sich die nötigen Erze, Metalle,Zellulose usw. für die Kriegsindustrien zuverschaffen. Aus ökonomischenGründen wird die Diktatur ihre Aufrüstungnicht einstellen und ebensowenig ausRücksicht auf eine weitere Verschlechterung der Lebenshaltung der breiten Massen. Die ist allerdings in immer stärkerem Maße bedroht und daran wird auchder Ausgang der Gläubigerkonferenz imWesentlichen nichts ändern. Aber daspolitische Problem, das in Wirklichkeit auf der Tagesordnung dieser scheinbar rein privatkapitalistischen Konferenzsteht, das wird bleiben und seine Vernachlässigung wird die Lösung nur immermehr erschweren!Dr. Richard Kern.noch besonders im Auslande begangene Taten: wer als Deutscher im Auslande durch unwahre oder gröblich entstellte(ü) Behauptungen das Ansehender Hitlerregierung gefährdet, wird mitZuchthaus bestraft.(Glückwunsch andie Ausgebürgerten: sie dürfen...!)Eine weitere Bestimmung bedroht den,der„die öffentliche Gewaltmißbraucht oder Mannschaften anwirbt oder in den Waffen einübt.Kann die Arbeiteropposltiondie öffentliche Gewalt mißbrauchen oderMannschaften anwerben wie einst HerrRöhm oder Herr Seldte? Gegen wenrichtet sich das? Gegen die Reichs.wehr, gegen den Stahlhelm odergegen wen sonst noch? Glaubt die Diktatur des Reichsgerichts nicht mehrsicher zu sein, wenn der„Hochverrat"aus diesem Lager kommt?Sehr viel ausführlicher und womöglichnoch blutiger als die Vorschriften gegenHochverrat sind die gegen Landesverrat: ihre Tendenz läuft ganz offensichtlich darauf hinaus, alle Meldungenüber die geheimen RüstungenDeutschlands, soweit der Arm der Machthaber reicht, zu unterdrücken.— in dertollsten Weise stellt das Gesetz allenthalben Fahrlässigkeit mit Vorsatz auf diegleiche Stufe: so wird z. B. wegen desBesitzes verbotener Schriften auch derbestraft der bei sorgfältiger Prüfung„ihren hochverräterischen Inhalt" hätteerkennen können.Dennoch: es gibt einen Punkt an demStrenge sich überschlägt und Schärfeschartig wird. Dieses Gesetz wird alledie nicht erschrecken die auch bisherdas Hitlerregiment nicht zu erschreckenvermochte. Aber es verrät ihnen, wiediese Tyrannen innerlich zittern!Justinian.Heilmann noch gefangen!Ernst Heilmann befindet sich, entgegen anderen Berichten, die uns zugingen, noch bnmerin Gefangenschaft in einer Zelle des BerlinerPolizeipräsidiums. Das Regime läßt ihn nichtfrei, da er körperlich entsetzlich verändert aussieht und geistig schwer gelitten hat.GesundbefenHerr Göbbels hat ein Geständnis abgelegtEr will in den Monaten Mai und Juni einenPropagandafeWzug gegen die„Miesmacher" führen.Es gibt also Miesmacher. Zum Miesmachengehören Anhaltspunkte, und die sind reichlichvorhanden. Herr Schacht erzählt den deutschen Gläubigern, wie schlecht es der deutschen Wirtschaft geht Die Börse reagiertsauer und die Kurse sinken. Die Löhne faflenimmer tiefer, den Arbeitern und dem Mittelstand geht es immer schlechter.Das alles soll durch Propaganda gesund gebetet werden! Während der Magen knurrt unddas Aeußere fmmer mehr verlumpt, soH dasdeutsche Volk beten:„Es geht uns täglichbesser und besser!"Propaganda wirkt für eine gewisse ZeitIst sie abgelaufen, so bricht die Wahrheit mitexplosiver Gewalt durch, und die Betrogene«schreien; wir sind belogen und betrogen worden! Haben die Herrschafteiiden Herbst 1918 schon vergessen?Braune BonzenwirtschaftDie Verwaltung des sogenannt«!„Reichsnährstandes" soll von Berlin nach Goslarverlegt werden, um näher an„Bhit und Boden" zn sein. Goslar Hegt in einer schönenGegend, die von Rentnern und Pensionistenmit Vorliebe zum Wohnsitz gewählt wurde.Die neugeschaffenen braunen Bonzen schaffensich eine romantische Idylle. Aber klein wirdsie nicht sein! In deutschen Zeitungen wirdgemeldet:„Die Stadt Goslar erhielt die Genehmigung für die Aufnahme einer Anleihe von500000 Mk., die zur Hälfte für die Erschließung von Baügelämle zur Uebcrsled-lung der Verwaltung des Reichsnährstandes benötigt werden. Für 3000 Personendie mit der Verwaltung des Reiohsnährstan-des zuziehen, müssen In Goslar neueWohnungen erbaut werden."Da ist ein gewaltiger zentraler bürokratischer Apparat neugeschaffen worden—'zu der bisherigen Bürokratie hinzu. Für 3000neugeschaffener brauner Bonzen werden neueWohnungen in einer der schönsten GegendenDeutschlands gebaut. Das hätte in der Republik vorkommen sollen 1