Die Gäbbelsclique und der deutsche   Film

Der künstlerische und wirtschaftliche Ruin des Film- und Theaterwesens

Die Gefahren für den Film sind, auch wenn er endlich fertiggestellt und geschnitten ist, noch lange nicht vorbei.

Denn nun geht der Filmstreifen zur staatlichen Filmprüfstelle des Herrn Oberreglerungsrates Seeger. Und der braucht sich weder an die Genehmigungen, noch an die Gutachten So schlimm haben es sich selbst die be-| kommen lahmgelegt wurde. Die unter dem| Deutschland   darin enthalten ist. Die Prüfung der Herren Krause und Allvörden zu halten. geistertsten Gegner des nationalsozialistischen Protektorat von Göbbels   gegründete Film- dauert so lange, als es Herrn Krause behagt, Und tut es auch nicht. Er entscheidet Regimes nicht vorgestellt. Gewiß, die Taten bank konnte bisher im ganzen zwei Filme der selbst natürlich die hervor­selbständig und verbietet eventuell das, was der Nazisten auf künstlerischem, kulturellem finanzieren. Sie sind so schlecht ausgefallen, rag endsten" Filmsujets schreibt. bereits von den nationalsozialistischen Vor­Gebiet ließen einen Niedergang des Film- und daß der größte Teil der Investition verloren Hat man Glück gehabt und die Genehmigung zensoren genehmigt worden war. Ist aber Theaterwesens erwarten. Daß es ein der- sein wird. Theatermäzene, die heute in die Herrn Krauses für einen nicht von ihm per­auch die Station der Filmprüfstelle glücklich artiger Bankerott wurde, hatte niemand ge- verkrachten oder noch vegetierenden deut- sönlich stammenden Filmstoff erhalten, so dacht. schen Privatbühnen Geld stecken, sind schon kann man noch lange nicht mit der Arbeit passiert und läuft der Film bereits in den Kinos an, so besteht durchaus die Möglichkeit, lange nicht mehr vorhanden, die Staatstheater beginnen. daß die lokale Polizeibehörde dem erfordern ungeheure Zuschüsse. Denn jetzt erhält Herr von Allvör- Kinobesitzer die Vorführung des Films unter den, der Leiter des Filmnach­

Arbeitslose Künstler.

Göbbels   und seine Clique.

Der deutsche Kunstbankerott dokumentiert sich beileibe nicht nur in der schlechten Her­stellung schlechter Filme oder der schlechten Und wieso ist das alles gekommen? Ge­Aufführung schlechter Theaterstücke. Er er- wiß, man hat viele hervorragende Künstler weist sich viel lebendiger in der Zahl der und Schriftsteller ausgetrieben, die Aufführun­verboten. Aber arbeitslosen Schauspieler, in dem Zusammen- gen bedeutender Autoren

weises, das Wort. Er hat die Schau- Maßgabe irgendwelcher Gründe untersagt. spieler und Statisten zu genehmigen, die be- Wenn aber auch das nicht eintritt, schäftigt werden dürfen. Er bestimmt so­gar recht eigenmächtig die Kräfte für die einzelnen Rollen.

so hängt das Schicksal des Films noch im­mer von der Filmzensurstelle der SA. ab. Sie entscheidet wiederum unab­hängig von der staatlichen Filmprüfstelle, vom Reichsfilmdramaturgen und den lokalen

Polizeibehörden.

Denn es bestehen doch manchmal wesent­

Erlaubt gnädig einem Schauspieler, diese bruch von Filmgesellschaften und Theater- schließlich gibt es doch noch eine Menge unternehmungen. 1932 gab es in Deutschland   Künstler und Autoren in Deutschland  , die oder jene Rolle zu übernehmen und verbietet 402 Theater und 5000 Kinos. 77 Filmgesell- ihren Frieden mit dem herrschenden Regime einen anderen, der sein Wohlwollen nicht be­schaften beschäftigten sich mit der Herstel- geschlossen haben und gegen deren Betäti- sitzt. Endlich ist also das Manuskript und die lung von Filmen. Heute spielen noch 126 gung sicher kein Einwand erhoben wird. Mit Besetzung günstig erledigt. Die Aufnahmen liche Unterschiede zwischen dem, künstleri­Theater, 3700 Kinos sind noch in Betrieb, 32 ihnen müßte doch gutes Filmmaterial zu schaf- können beginnen. Selbstverständlich wohnen schen" Empfinden der SA. und anderen natio­ihnen unter Kontrollrecht sowohl Herrinalsozialistischen Aemtern. Die Filmzensur­Filmgesellschaften fristen noch ein kümmer- fen, gute Theateraufführungen zustandezu­Krause wie Herr von Allvörden bel. stelle der SA. hat verschiedene Arten des Niches Dasein. 1932 beschäftigte das Theater bringen sein? eventuellen Einsprüche müssen Einspruchs gegen einen Film eingeführt. Der unter allen Umständen Berück- milde Boykott ist das Verbot der Sturm­sichtigung finden.

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Kapitalverluste.

Der deutsche Kunstbankerott ist zum wesentlichen Teil dem Propaganda­minister Dr. Göbbels   zu ver­danken.

zu keuchen

in Deutschland   7000 Schauspieler und 28.000 Angestellte, der Film und das Kino 6000 Schauspieler und 12.000 Angestellte. Heute finden beim Theater noch 2600 Schauspieler Wenn man erst einmal die ungeheuren und 11.000 Angestellte, beim Film und Kino kaum 2000 Schauspieler und Statisten sowie Schwierigkeiten kennt, unter denen Produzen­7700 Angestellte Beschäftigung. Unter den ten und künstlerische Leiter Schauspielern, die heute arbeitslos sind in haben, wenn man weiß, wie heute in Deutsch­Berlin allein 1400 befinden sich Künstler land ein Film zustandekommt, wie viele Pas­von Weltruf, wie Bassermann und Albers. sionen zu absolvieren sind, wie die Herstel­lung und erst recht die geschäftliche Aus­nutzung eines Films heute auf reinem Zufall Fast das ganze Film- und Theater- basiert, wie ständig ein Damoklesschwert kapital ist verloren gegangen. Tells über jedem Film, über jeder Theaterauffüh­infolge des schlechten Besuchs der Bühnen rung hängt, dann erst kann man glauben, daß die Einnahmen der Kinobesitzer sind 1933 ein künstlerisches Werk in Deutschland   gar gegenüber 1932 um 39 Prozent, die der Thea- nicht mehr entstehen kann. Hie und da bäumt ter um 37 Prozent gesunken-, teils infolge sich ein Prominenter noch auf und erlaubt von Verboten und Boykottierung von Filmen sich, darauf zu drängen, daß die Bewegungs­und Theaterstücken, in denen viel Geld inve- freiheit für die Kunst durchbrochen werde. stiert war. Nicht nur die kleinen Filmgesell- Erst kürzlich hat der Regisseur Fanck, Leni schaften die eine Million der Aafa, die drei Rieffenstahls Protegé und daher von Millionen der Emelka, die Cine Allinaz etc. wohlgelitten, dem Reichskanzler sind am Rande des Ruins, auch die Ufa  , die Denk- und Beschwerdeschrift die, unsäglichen gezwungen ist, ihren großen Theaterpark zu Leidensstationen geschildert, die Produzenten versorgen und deshalb sogar noch von jüdi- und Regisseure durchzumachen haben. Hat schen Produzenten Filme herstellen läßt, wes- es etwas genützt? Nein!

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Hitler

einer

sogar das notwendige Kapital schon aufge­trieben und sich den Filmstoff gesichert,

halb sie den heftigsten Attacken ausgesetzt Leidensstationen der Filmproduzenten. ist, hat dadurch und durch die vergebliche Und wie erfolgt nun die Herstellung eines Stützung des Scherl- Verlags einen Großteil deutschen Films? Hat sich eine Firma zur thres Kapitals verloren. Die Tobis, die an Herstellung eines Films entschlossen, hat sie der Herstellung aller Filme kleiner Gesell­schaften maßgebend beteiligt ist, und unge­heure Bar- und Materialkredite ausgegeben hat, ist durch die Uneinbringlichkelt großer Forderungen ebenfals stark angeschossen. Die Kapitalien ausländischer Filmfinanziers, wie des Schweizers Weltzmann oder des Tsche­choslowaken Auerbach, sind dem deutschen   Er prüft den Stoff darauf, ob erstens natio­Film entzogen worden, wodurch eine Rethe nalsozialistische Gefühle nicht verletzt werden von Produzenten teils ganz um-, teils voll- und ob zweitens eine Tendenz für das neue

wortet eine deutsche Frau: ,, Ich habe zwar viele politische Broschüren angefangen aber kaum eine zu Ende gelesen. Sie sind durch die Bank nichtssagend und uninteressant", äußert sich ein Konsul diplomatisch: ,, Heute, da wir nicht mehr so viel Bücher von nationalpoliti­scher Bedeutung lesen, studieren wir gern po­littsche Spezialliteratur, beispielsweise histori­sche Memoiren oder wirtschaftspolitische Schriften. Wenn ich mir zur Erholung ein

so muß das Manuskript zuerst einmal an den ,, Reichsfilmdramaturgen" Willy Krause  , hinausgeworfener Ull­stein- Reporter, zuletzt Redakteur des An­griff" zur Begutachtung.

DAS

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BERLINER BRIEF

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führer für den Besuch durch S A.­Angehörige, das natürlich veröffentlicht wird und schon dadurch einen gewissen Ein­druck auf die Gesamtbevölkerung macht. Scharfer Boykott ist die, Entfesselung des Volkszorns", der sofort die Ab­setzung des Films erwirkt.

So unsicher ist heute das Filmgeschäft in Deutschland  . Wer kann es da verdenken, daß sich eine Gesellschaft nur sehr schwer entschließt, einen Film herzustellen, Kapital zu riskieren? Und wen wundert da noch, daß kein künstlerischer Film mehr zustandekommt, daß die Kinos und Bühnen leer, die Schau­spieler beschäftigungslos sind? Denn nicht anders geht es beim Theater zu, obwohl ein Werner Kraus der Reichskulturkammer prä­sidiert. Die Theaterstücke und Filmlibrettos aber, die allen deutschen Stellen gerecht wer­den, sind von braven nationalsozialistischen Parteigängern gemacht und ihre Qualität ist von solcher Güte, daß sie heute keinen Hund in Deutschland   mehr von dem Ofen hervor­locken können! Curt Haas.

Wenn's Judenblut

vom Messer spritzt...

,, Bei seinem Besuch in Solingen   wurde dem Reichsjugendführer Baldur von Schirach   vom Oberbürgermeister Brückmann mitgeteilt, daß die Hoffnungen, die von der Solinger   Messer­industrie auf die Einführung von Fahrtenmes­sern in der Hitlerjugend gesetzt worden seien, sich nicht ganz erfüllt hätten."( Ber­ liner   Zeitungsnotiz.)

Wenn's Judenblut vom Messer spritzt geht's der Solinger   Messerindustrie noch mal so gut!

sel... Ich glaube, daß es im Zuge der all-| Dadaismus   sehr ähnlich. Christa- Ma-| sophentagung in München   zutrug?. Zu dieser gemeinen Individualisierung, der Auflösung ria Rock." Tagung hatte auch Oskar Kraus  , der bekannte aller Gemeinschaft lag, wenn an Stelle der gemeinsamen Schüssel das George- Abeles, der nur gebrochen Deutsch   Philosoph der deutschen Universität in Prag  eigene Besteck, der eigene Tel- schreibende ,, deutsche Geißler", all das gar- eine Einladung erhalten. Doch dieser Gelehrte ler getreten ist... Hier wird sich all- niert mit Christia- Maria Rock ,, und muten lehnte die Teilnahme an diesem Philosophen­gemein ein Wandel vollziehen... wir werden fremdartig an"! da muß der Satiriker die tag ab, weil er zu wenig musikalisch gebildet nicht jeder mehr sein eigenes Kaffeekännchen sei, um den Niedergang der Philosophie in Deutschland   in ihrer aktuellsten Erscheinungs­form zu würdigen." Die Tagesordnung ent­hielt nämlich als einen der wichtigsten Punkte die Absingung des Horst- Wesselliedes.

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haben wollen sondern wir werden uns Waffen strecken. Das Dritte Reich schreibt die wieder um den gemütlichen und verbinden- verwegensten Satiren über sich selber! den Familienkrug setzen... Tritt gefaßt-!"

Den verbindenden Familienkrug gemeinsam

Buch suche, dann greife ich zu Storm, zu am Munde und Tritt gefaßt"- so marschiert Deutsche   Universitäten

Stifter oder zu Eichendorff  ."

das ,, Dritte Reich  " dem Höllengelächter der Selbst die blonde Hitlerike gibt keine Nazi- zivilisierten Umwelt entgegen! schriften an, sondern antwortet: Meine Lieb­

und der kleine George

lingsschriftsteller sind Stifter, Kleist, Eichen- Der große Streicher dorff und Dickens  . Und Grimms Märchen  ," während der SA- Mann die Groschenromane" als die beliebteste Literatur der Stürme be­zeichnet.

Aus dem, Stürmer": ,, Stefan George   soll nach Kürschners  Der politische Schwindel zieht nicht mehr Literaturkalender tatsächlich Heinrich um so stärker jedoch der mystische Schwin- Abeles geheißen haben. Es wird neuerdings del. Es ist bezeichnend, daß überall in Deutsch  - bestritten, aber verdächtig ist, daß die Juden land und besonders in Berlin  , der Aberglaube K. Wolfs kehl, der berüchtigte Pro­stark zunimmt. fessor Gundolf und Richard M.

Der Okkultismus ist

Der Familientrog

prostituieren sich

Braune Splitter

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Es ist wirklich kein Greuelmärchen, wenn es auch eine Schändlichkeit und eine Schande In Deutschland   ist eine große Vertrauens­ohnegleichen ist. Kommen da in Berlin   zu krise ausgebrochen. Weshalb wohl? Herr einer Konferenz die Rektoren aller preußischen Schacht kann die Gesinnungswechsel nicht Universitäten zusammen und beenden ihre mehr prolongieren! Konferenz mit folgender Resolution:

,, Hindenburg   und Hitler sind wie Vater und Sohn!" hat jüngst Herr Schacht in einem Interview gesagt. Da kann man nur Wilhelm Busch   variieren: Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dage­

,, Die unterzeichneten Rektoren deutscher, Hochschulen, die in Berlin   zusammentrafen, sind tief durchdrungen von der Notwendig­keit der inneren Erneuerung der Wis­senschaft und der Universität aus der Idee des Nationalsozia- gen sehr!" lismus, wie sie gelebt und verwirklicht wird durch den Führer des deutschen Vol­kes."

Mode geworden, Astrologen stehen an den Meyer mit der ganzen jüdischen Presse sich Straßenecken und verkünden einer gläubigen für ihn einsetzten. Der deutsche Geißler" also Jüngst sprach Herr Röhm am Grabe eines Masse ihre billigen Wundersprüche. Eine schrieb über ihn: Der göttliche George, eine verstorbenen SA- Mannes, so, wie das seine Reihe von Schaufenster sind überladen mit merkwürdige Begriffsverwirrung für die selt­Art ist, von seiner, warmen Verbundenheit Büchern über Magie  . same Blase, die der Geist der Zeit in der In der Kirche gibt es wenigstens einen mit dem Verstorbenen. Der Bericht ging an Kunst derer um Abeles getrieben hat. Seine heftigeren Protest gegen die gottlose Vergot- die Zeitungen. Im letzten Augenblick ent­Töne sind zu närrisch und zu un- tung Hitlers  . Gibt es in ganz Deutschland   deckte ein Herr im Reichspropagandaministe­deutsch und werden in dem Teil der Li- keinen einzigen Gelehrten, der den Mut hat, rium den Betriebsunfall. Ein ferngedruckter teraturgeschichte, die die Karikaturen gegen eine derartige Schamlosigkeit gegen die Ukas wurde an die Redaktionen gejagt: Der zu Absatz ,, in warmer Verbundenheit" usw. darf bringt, verewigt werden". Auch hier müßte wissenschaftliche Tradition Deutschlands  Klarheit geschaffen werden, denn die Ver- protestieren? Sollen Deutschlands   Gelehrte in dieser Form nicht gebracht werden." Ein dachtsgründe sind zwingend. Deutsch sind noch mehr der Spott jedes anständigen Aus- süddeutsches Blatt brachte ihn versehentlich ,, Eine noch in manchen Gebieten erhal­tene Sitte ist die gemeinsame Mahlzeit, a us Georges Dichtungen sicherlich nicht und muten länders werden? Soll sich wiederholen, was trotzdem. In der Rubrik: Heimatklänge". Pips. der gemeinsamen Familienschüs- fremdartig an... Ein Stil, dem jüdischen sich jüngst anläßlich der deutschen Philo­

Der> Neue Görlitzer   Anzeigere bringt einen schönen Aufsatz unter dem Titel: Ein neuer Brauch?- Nein, wie's früher war", in dem

es wörtlich heißt: