Nr. 51 BEILAGE na Heuer Vorwärts

Neuer Barwärts

jaloga mohaini

Rosenberg und Seckt

Zwei Wege deutscher Außenpolitik

3. Juni 1934

Reichswehr und Nationalsozialismus| Deutschland den Standpunkt vertrat, daß| Kaisers erinnert, der die Ukraine besetzte, wurde systematisch die nationale Welle passen in der Außenpolitik schlecht zu- bei einer Machtergreifung durch Hitler so- einen Feldzug gegen Leningrad unternahm und gesteigert, in der dann schließlich auch

sammen.

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Das befreite Kind

Vernichtung Sowjetrußlands" vorgestellt wurde. So findet dann die erzwungene Westorientierung ihren folgerichtigen Ausdruck.

Der Nationalsozialismus hat fort die Rote Armee " nach Deutschland die baltischen Länder als Aufmarschplan für die KPD ertrank. seine Außenpolitik von Rosenberg marschieren müsse, flossen von Rußland einen solchen Feldzug benützte. Dieser Kurs Der Kampf gegen den Völkerbund war bekommen, die Reichswehr die ihre nicht weitere Aufträge nach Deutschland . Zu- gewinnt in Deutschland die Oberhand über kein grundsätzlicher, sondern lediglich zuletzt vom General von Seeckt. Zwi- erst schien es, als wolle Deutschland - un- jene frühere Politik, die in den bekannten Ver- der Kampf gegen die Westorientierung. schen diesen beiden Strömungen gibt es abhängig von dem Vernichtungsfeldzug trägen zwischen der Sowjetunion und Den Beweis bekommen wir von einer an­keine Verständigung. Denn Rosenberg gegen die KPD die Beziehungen zu Deutschland ihren Niederschlag gefunden hat." deren Seite her heute durch den vielleicht will den Krieg gegen die Sowjet- Rußland aufrechterhalten. Aber das Rußland tat stets sehr viel für die Auf- kurz bevorstehenden Eintritt Rußlands in union , General von Seeckt will mit dauerte nicht lange. rechterhaltung der engsten wirtschaft- den Völkerbund, der uns als, Hort der der Sowjetunion die Stellung Deutsch­ lands heben. Seeckt sieht einen einheit­lichen Westen, gegen den Deutschland sich zu wehren hat, Rosenberg glaubt an eine Loslösung Englands von Frankreich . Rosenberg will im Bunde mit England; in dem er den geborenen Feind eines ein­heitlichen Rußlands " sieht ,,, die ukrainische Revolution gegen den Bolschewismus" organisieren, um im Osten ,, Raum und Bo­den für ein deutsches Geschlecht von 100 Millionen" zu schaffen. Seeckt sieht darin ein Abenteuer und weist nach, daß sich Weißruẞland und die baltischen Staaten auf die Dauer nicht der Anziehungskraft durch das russische Zentrum werden ent­ziehen können. Auf diese Differenzen könne sich eine weitsichtige Politik nicht verlassen.

Rosenbergs Haß gegen Rußland ist ebenso stark wie die Ueberzeugung des Generals von Seeckt , daß Deutschland die russische Freundschaft ebenso nötig hat, wie Rußland umgekehrt die deutsche . Ausführlich weist Seeckt in seiner Bro­schüre ,, Deutschland zwischen Ost und West nach, daß zwischen Deutschland und Rußland keine auf geographischer, historischer oder rassemäßiger Grundlage beruhenden Gegensätze" bestehen...

Die Broschüre erschien erst Anfang 1933 und war besonders gegen die natio­nalsozialistische Außenpolitik gerichtet. ,, Von nationalsozialistischer Seite sind oft Aeußerungen gefallen, welche den Ein­druck erwecken, als ob man hier die Kampfstellung gegen den Kommunismus nicht mit der Rücksicht auf die Erforder­nisse der Außenpolitik vereinigen könnte", sagt Seeckt u. a. Das benunruhigt die Russen stets sehr, fügt er hinzu, und er betont, daß solche Miẞstimmungen nicht immer mit einem heimlichen Händedruck, auch nicht nur mit einem Gruß Unter den Linden beschwichtigt werden könne. ,, In Rußland sagt Seeckt besteht eine dauernde Sorge vor einem Regierungs­wechsel, der eine Aenderung der deut­ schen Russenpolitik zur Folge haben könnte.

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Dieser Regierungswechsel ist inzwi­schen eingetreten. Wie der General von Seeckt in dieser Arbeit, so hat beispiels­weise der Tat- Kreis ", dessen Tageszei­tung die ,, Tägliche Rundschau", die unter Schleicher Regierungsorgan war, die Ost­orientierung, das Bündnis mit Sowjetruß­land, gefordert. Die Kommunistische In­ ternationale nahm dieser Kreis nicht ernst, er hat immer betont, daß Rußland gar nicht mehr an die Weltrevolution denken kann. Seeckt macht es genau so. Der Bolschewismus wird nicht zusammenbre­chen, wenn wir die Verträge von Rapollo und Berlin lösen, wir werden dann aber einen Feind an der Grenze ha­be, dessen Einwirkung auf unsere inneren Zustände nicht geringer sein wird."

Nun ist es anders gekommen. Hitler­deutschland hat die Beziehungen von sich aus gelöst. Rosenberg hat gesiegt" und

Mrs.

TATE

MP

Renate darf zu ihrem Papa. England will es!

Ist die Ostorientierung für immer be­graben? Die Bestrebungen zu ihr sind in letzter Zeit wieder stärker geworden. nachdem Rosenbergs Konzeption für man­chen an Wert beträchtlich verloren hat. Der Tat- Kreis, die Anhänger der ,, zweiten Revolution", der Aufbruch- Kreis", die ..Schwarze Front " und nach wie vor die Reichswehr treten nachdrücklichst für sie ein. Käme eine Militärdiktatur, an deren Nähe viele Leute in Deutschland glauben, so wäre das außenpolitisch gleichbedeu­tend mit dem Versuch, von der Linie Ro­senberg auf die Linie Seeckt zurückzu­19 kehren. Fred War.

Das Kreidekreuz

Nein, mit dem, Kreidekreis" hat es nichts zu tun. Nicht von einem chinesischen Drama ist die Rede, sondern von einer Kampfszene aus der deutschen Arbeitsschlacht. Da man nämlich im Dritten Reiche die Arbeitslosen zwar statistisch versteckt, aber doch nicht be­seitigt hat, stehen die Arbeitslosen noch immer in Gruppen und Kolonnen vor den Arbeits­ämtern. Und was tun sie dort? Sie meckern und machen mies. So nennt es Göbbels be­kanntlich, wenn die Unzufriedenen und Betro­genen über die Mißerfolge des Hitlerregimes diskutieren. Dagegen hat er zur Offensive auf­gerufen man kennt sich an den verschie­denen innerpolitischen Kampffronten des brau­nen Paradieses kaum noch aus. Zur Bekämp­fung der, Miesmacher und Meckerer" hat man in einer sächsischen Industriestadt ein buch­stäblich recht hinterhältiges Mittel ersonnen: unter die in Gruppen diskutierenden Arbeiter mischen sich SA- Leute in Zivil. Sie nehmen an den Diskussionen teil und helfen dabei wohl auch ein bißchen provozierend nach. Ist nun so ein ,, Miesmacher" im besten Zuge, so klopft ilim ein solcher SA- Spitzel zustimmend kräftig auf den Rücken. Geht dann der Meckerer an einem SA- Quartier vorüber, so wird er zu seiner großen Ueberraschung, kurzerhand hin­eingezogen und verdroschen. Erst hinterher erfährt er den Zusammenhang: der fremde Mann, der da so kräftig seine Zustimmung be­kundete, hatte sich mit Kreide ein Kreuz auf den Handteller gemalt und dieses Kreidekreuz klopfte er dem Miesmacher als Erkennungszei­chen auf den Rücken.

Leider hat sich auch das schnell herumge­sprochen. Und nun beschauen die Arbeitslo­sen nach solchen Diskussionen immer erst im nächsten Hausflur ihren Rock, und vielleicht kommt gar einer auf den Gedanken, vor dem Arbeitsamte für 5 Pfg. eine Kleiderbürste zu verleihen.

Auch unter den Bürgerlichen, die das., Er­wachen der Nation" zunächst begeistert oder. mindestens hoffnungsvoll abwartend begrüßten, gibt es jetzt schon viele Unzufriedene. Da ist ein Hotelbesitzer, der sich gezwungen sieht, monatlich oft bis zu 15 Freiquartiere für braune bei diesem Sieg" bis jetzt nicht nur nicht Noch Ende Januar 1934 erklärte Sta-| lichen und militärischen Beziehungen zu Gäste zur Verfügung zu stellen und dabei rund England und Italien gewonnen, sondern lin auf dem XVII. Parteitag: Deutschland . Und insbesondere die mili- 120 Mk. nicht einimmt, ohne der vielen und auch noch sein Prestige verloren. ,, Diese Wendung( zu Polen und Frankreich . tärischen Beziehungen waren sehr enge. hohen Sonderleistungen zu gedenken, denen er Kein Zweifel: Rußland hätte die Tren- F. W.) ist auch mitbedingt durch gewisse Seeckt betont und bedauert zugleich, daß sich nicht entziehen kann. Auch er meckert nung von Deutschland nie aus eigenem Wandlungen in der Politik Deutschlands . Die die Verständigung mit Rußland fast aus- heute schon leise zwar und mit aller Vor­Antrieb vollzogen. Seeckt hat das rich- Aufrichtung des faschistischen schließlich durch militärische Hände ging. sicht. Aber er meckert. tig vorausgesehen. ,, Zu einer Schwenkung Regimes in Deutschland an sich Im Ruhrkrieg fehlte nicht viel zu einem Und ein Fleischermeister schimpft sogar der russischen Außenpolitik im Sinne ist es nicht. Wir sind zwar weit entfernt, 4. August der kommunistischen Partei und ganz offen vor seiner Kundschaft im Laden. eines Gegensatzes zu Deutschland liegt... uns für das faschistische Regime in Deutsch - Internationale. Denn der damalige Natio- Eben war ein SA- Mann mit einer Sammel­kein Grund vor, solange er nicht von un- land zu begeistern, aber das Beispiel Ita- nalbolschewismus hatte ebenso wie das büchse da. Der Fleischermeister mußte wider­serer Seite herbeigeführt wird." liens zeigt, daß wir auch mit dem faschi- im September veröffentlichte ,, Programm willig geben. Als der Schnorrer wieder raus Wie sehr Rußland an guten Beziehun- stischen Italien die besten Beziehungen her- der nationalen und sozialen Befreiung des ist, macht der Meister seinem Groll Luft: gen zu Deutschland gelegen war, hatte ja gestellt haben. In den Beziehungen mit deutschen Volkes" seine Ursache in dem ,, Diese ewige Bettelei! Man weiß schon gar besonders drastisch die erste Periode der Deutschland handelt es sich vielmehr darum, Bestreben Rußlands , eine Annäherung nicht mehr, wo man's hernehmen soll. Drei Hitlerregierung gezeigt. Während Trotzki daß in Deutschland ein Kurs eingesetzt hat, Deutschland - Frankreich und eine West- SA- Leute habe ich aus meiner Tasche voll­in einer seiner Broschüren zur Lage in der an die Politik des ehemaligen deutschen orientierung Berlins vereiteln. Solständig ausgerüstet! Und nun

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