Scharfmacher wieder am Werke

Beaktion in der Gewerbebygiene Nazi- Amtswalter kommen im deutschen Buchdruckerverein nicht zu Wort

lich in Frankfurt a. M. ein Mann verhaftet, der angeblich behauptet haben sollte, daß Josef Göbbels ein Schwindler sei. Der Angeschuldigte konnte zu seinem Glück Zeugen dafür erbringen, daß er überhaupt nicht von Politik, sondern von seinem Rheu­ma gesprochen hatte, das infolge einer län­

Die Warnungsrufe des Göbbels an die licher Vorschriften vorgeschoben wird. In bungen am Vorstandstisch im einzelnen wie- geren Kur im Schwinden(!!) begriffen sei. Nörgler und Kritikaster sind sehr schnell einer Zementfabrik hatte die Gewerbeaufsicht der und fährt fort:

verpufft. Es hat sich allzu deutlich erwiesen, daß die alten Mächte des Großkapitalismus längst über das Stadium der Nörgelei hinaus und dabei sind, nun umgekehrt den Pg's. aus der Arbeitsfront das Kritisieren und Meckern zu unterbinden.

nicht weniger als 199 Beanstandungen unfall­technischer Art zu machen.

es

An anderer Stelle heißt es: > Obwohl nur das Notwendigste gefordert wurde, gab nicht nur in verstärktem Maße Einwendungen, sondern die Beamten Man muß nur einen Blick in die Fach­wurden auch in beleidigender Form ange­blätter der Reichsbetriebsgemeinschaften tun, griffen. Vereinzelt versuchten Arbeitgeber es dort bereits von um festzustellen, daß die Besichtigungstätigkeit zu stören oder authentischen Nachrichten über die Offensive Fragen an die Arbeiter zu verhindern.<< der alten Scharfmachergruppen gegen die In dem Bericht über die Düsseldorfer Ta­NSBO. und die Funktionäre der Arbeitsfront gung wird geklagt, daß auch nicht ein ein­geradezu wimmelt. ziger Teilnehmer auf die wirklichen Mängel Mit viel poetischem Aufwand schreibt der in den Betrieben eingegangen ist, und der Verfasser meint offenherzig, es müsse endlich auch dem Arbeiter im Betriebe der Platz ein­geräumt werden, den er verdient. Das Klage­

> Grundstein« vom 13. Juni 1934:

>> Kalk her! So ertönt es immer wieder auf der Baustelle, damit die Arbeit munter

vorwärts geht<<.

> Wenn es aber leider immer noch Quer­treiber und Saboteure gibt, Leute in man­cherlei Kleid und Gewand, die wir als Re­aktion bezeichnen, so sind das diejenigen, die mit dem. anderen» Kalk<, dem unge­löschten, zu tun haben.<

Der» Grundstein< glaubt bald nicht mehr daran, daß die Unternehmer den Geist der neuen Zeit verspüren; er findet, daß die Re­ferenten der

von

Tagung der Deutschen Gesellschaft für Gewerbehygiene in Düsseldorf

waren.

der» Kalkkrankheit« befallen Diese Tagungen waren früher, solange noch freie Gewerkschaften bestanden haben, Kund­gebungen von Arbeit und Wissenschaft für eine pflegliche Behandlung des arbeitenden Menschen. Objekt der Gewerbehygiene war der Mensch, dem alle Wirtschaft zu dienen hat. Zwar haben auch auf den früheren Ta­gungen gelegentlich Arbeitgebervertreter Ko­stenbedenken der Gewerbehygiene geltend ge­macht, doch genügten die Erklärungen der Ge­werkschaftsvertreter, um die Gesellschaft für Gewerbehygiene immer wieder an die Erfül­lung ihrer Pflichten zu erinnern.

Dieses Mal dagegen beherrschte das Un­ternehmertum die Düsseldorfer Tagung so vollständig, daß

lied endet mit den Worten:

>> Die großaufgezogene Tagung in Düssel­ dorf ist ohne Gewinn vorübergegangen, sie ist gescheitert an der Bürokratie, die jenseits des handwerklichen Lebens steht.<< In Wirklichkeit ist die Bürokratie hier nur das ausführende Organ des alten Scharfma­chertums, das unter dem Schutz des Regimes eine hemmungslose Ausbeutung des arbeiten­den Menschen betreiben darf.

über die Amtswalter der NSBO. wird auch in

> Pg. König als Bezirkswalter der Reichs­betriebsgemeinschaft Druck hatte sich nun­mehr schriftlich zum Wort gemeldet, um zum Punkt Verschiedenes zu sprechen. Es wurde jedoch die Worterteilung abge­lehnt...

Man verstieg sich zu der Aeußerung, daß auch dann, wenn der Leiter der Druck Reichsbetriebsgemeinschaft

selbst erscheinen würde, man ihm nicht das Wort erteilen könne.<<<

Ein Interessent des braunen Regierungs­sumpfs, ein Gestapo - Spitzel, hatte zugehört, aber nur mit halbem, tendenziös gespitztem Ohr.

Psychose des schlechten Gewissens! Im Hessischen wurde ein Mann unter der Anschuldigung aus seiner Wohnung weg­geschleppt, daß er die Bevölkerung aufhetze und beim Anblick nationalsozialistischer Em­bleme und» Hoheitsabzeichen< sowie beim Sichtbarwerden brauner Uniformen syste­matisch Grimassen schneide.

er

Die Reichsbetriebsgemeinschaft tobt tobt in Der Unglückliche wäre wahrscheinlich in ihrem Fachblatte über eine> Brüskierung un- seinem ganzen Leben nicht aus dem Kon­erhörtester Art<< und meint, die geübten Köche zentrationslager herausgekommen, wenn alter Methoden fürchteten das neue Feuer, nicht durch mehrere einwandfreie ärzt­an dem sie sich selbst verbrennen könnten. liche Atteste hätte nachweisen können, Die braven NSBO- Leute scheinen noch immer daß er seit Jahren an einem nervösen Ge­nicht begriffen zu haben, daß der Nazi- Mohr sichtsreißen litt. seine Schuldigkeit getan hat und deshalb aus dem Beratungszimmer der Unternehmer ver­schwinden kann.

Die Quintessenz dieser tragikomischen Er­eignisse ist höchst einfach und von zwingen­der Logik: die Miesmacher- Jagd der Usur­patoren, die Angst der Terrorchefs vor der Mißtrauen vor allem und jedem, das aus dem hysterischen Kesseltreiben gegen die Mies­

Panik des schlechten Mißachtung, der Kritik der Enttäuschten, das

Gewissen!

In einer norddeutschen Provinzstadt er- macher spricht, ist der Ausbruch des eignete sich vor vielen Jahren ein allen Fach- schlechten Gewissens, das hinter je­leuten zuerst unenträtselbarer Kriminalfall. der Tapete und hinter jeder Straßenecke Ein angesehener Bürger der Stadt, Mitglied haßerfülltes Gemurmel der Betrogenen hört.

Der Sieg der großkapitalistischen Mächte verschiedener Honoratorenstammtische und Es ist nicht nur ein verzweifeltes Ablen­der Ausgabe des> Korrenspondent vom 16. auch sonst in Gewohnheiten und Veranlagung kungsmanöver eines unoriginell gewordenen Juni bestätigt. Der Bericht über die Jah- kaum von der Norm abweichend, hatte seine Propagandamixers. Es ist, haargenau, der resversammlung des Vereines Frau, die Hausangestellte und eine bei ihm Fall jenes scheinbar reputierlichen Bürgers, Berliner Buchdruckereibesitzer wohnende Tante der Frau niedergeschossen. der, die Zentnerlast des Mordes auf dem Ge­zeigt, daß die höchsten Stellen> des deutschen Man nahm zuerst einen plötzlichen Aus- wissen, zum Revolver greift, der aus ohn­Sozialismus<< nichts mehr zu melden haben, bruch von Geistesgestörtheit an, die sorgfäl- mächtiger Schwäche zur Bestie wird, vom wenn die Unternehmer unter sich sein wollen. tige klinische Beurteilung des mordwütigen Fluch der Dichtererkenntnis begleitet, daß Auf der Generalversammlung, die am 30. Mai Patienten ergab jedoch keinerlei Anzeichen Böses fortzeugend Böses gebären muß. im Landwehrkasino in Berlin stattfand, ver- einer ausgesprochenen geistigen Störung. Bis Die Miesmacher- Parole der braunen Dema­langte der erste Vorsitzende, daß mit Rück- im Zuge der kriminalistischen Erhebungen gogen ist die Parole des wahnsinnigen Cali­sicht auf die Umstellung der Vereinsstatu- höchst überraschende Dinge zutage traten. gula, der durch ein neues Verbrechen ten die Neuwahl des ersten Vorsitzenden von die alten auslöschen will! der Tagesordnug abgesetzt werden müsse.

Der zur Vertretung der Arbeiter im gra­phischen Gewerbe anwesende Bezirkswalter Pg. König überreichte dem Vorsitzenden in die Stimme des Arbeiters aller Bescheidenheit ein Schreiben des Wirt­überhaupt nicht zu hören war und die Fach- schaftsstabes des Stellvertreters des Führers zeitschrift der Bauarbeiter sich nachträglich Pg. Rudolf Heß . Dieses Schreiben, in dem beschwert. Ja, der>> Grundstein<< ist über die verlangt wurde, daß der neue Direktor der Ausführungen der Referenten geradezu ent- Berek, Pg. Schulze, als erster Vorsitzender setzt und schreibt: lo zur Wahl zu stellen sei, löste eine große Un­ruhe aus, bis sich schließlich die Vorstands­mitglieder zu einer Sonderberatung zurückge­zogen hatten.

>> Wir können es nicht verstehen, wie ein Referent, der nur sehr wenig Ahnung von harter körperlicher Arbeit haben kann, die Behauptung aufzustellen wagte, daß

ein Arbeiter mit 57 Pf. pro Tag leben und dabei noch Werkarbeit leisten könne.<< Die Unzufriedenheit in der Reichsbetriebs­gemeinschaft für das Baugewerbe wird noch verständlicher, wenn man die letzten Berichte der preußischen Gewerbeaufsicht zur Hand nimmt. Immer wieder muß dort berichtet werden, daß die wirtschaftliche Notlage als Grund für die Nichterfüllung gewerbepolizei­

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> Hinter den Kulissen, so schreibt der > Korrespondent<<,> wurde lebhaft debattiert, da man ja nicht daran gedacht hatte, den Vorsitz des Berliner Vereines einem

Nationalsozialisten zu übergeben. Trotz der Aufforderung des Wirtschaftssta­bes des Stellvertreters des Führers wurde die Abstimmung zur Wahl des Vorsitzen­den vereitelt.<<

Der Bericht gibt dann die weiteren Schie­

Pierre.

Der Täter hatte vor Jahren einen Mord begangen, der unentdeckt geblie- Sie ist, auf eine kurze Formel gebracht, beu war. Die Familienangehörigen waren die Panik der schlechten Gewissen! völlig ahnungslos und wußten nichts von der biutigen Tat; bei dem Täter aber bildeten sich im Laufe der Zeit Wahnideen des schlechten Gewissens heraus. Er glaubte, daß Front des Geistes seine Angehörigen von seinem Geheimnis er­fahren hätten, darüber flüsterten und ihn be­obachteten. Bis

er schließlich dem Druck

nicht länger widerstehen konnte und zur Pi­stole griff.

Neue bemerkenswerte Veröffentlichungen

In der Weltbühne Nr. 26 schreibt H. v. Gerlach unter der Ueberschrift Göbbels in Warschau <:

> Daß Polen und Hitlerdeutschland sich Von Caligula , dem wahnsinnigen römi- einander näherten, lastet wie eine dunkle Ge­schen Kaiser , wissen mehrere Geschichts- witterwolke über Europa . Solange Polen schreiber zu berichten, daß er eines Tages außenpolitisch mit dem friedliebenden Frank­ reich zusammenarbeitete, war es selbst ein eine Anzahl Männer seines engeren Kreises bedingungsloser Garant des Friedens. Und vergiften ließ, weil er ihnen fälschlicher- jetzt? Die einzige konstruktive Idee in Hit­weise die Kenntnis gewisser Handlungen lers Außenpolitik ist destruktiver Natur: ge­unterschob, die er begangen hatte. waltsame Expansion nach Osten hin. Allein Von diesen beiden Fällen lassen sich zum lichung. Er sucht Helfershelfer; wird er sie fühlt er sich zu schwach zu ihrer Verwirk­

Fall der Miesmacher witternden hilterfaschi- finden?<< stischen Caligulas von 1934 die verblüffend­sten Parallelen finden.

Aus der Straßenbahn heraus wurde kürz­

Oranienburg

Erster authentischer Bericht eines aus dudem Konzentrationslager Geflüchteten

Von Gerhart Seger

Mitglied des Deutschen Reichstags der V., VI., VII. u. VIII. Wahlperiode Mit einem Geleitwort von

Heinrich Mann

Die Schrift ist eine Anklage gegen das System der Gewalt, dem Zehntausende unschuldige Menschen in den Konzentrationslagern aus­gesetz sind. Der Verfasser läßt seinem Berichte die Eidesformel vor deutschen Gerichten vorangehen: Ich schwöre, daß ich nach bestem au Wissen und Gewissen die reine Wahrheit sagen, nichts verschweigen und nichts hinzusetzen werde!" Er hat das Manuskript als Strafan­zeige gegen die vollem Namen angeführten SA- Verbrecher dem deut­ schen Reichsjustizminister, dem Oberreichsanwalt und dem Stabschef der SA gesandt. Die Antwort darauf war die sofortige Ueber­führung der in Deutschland lebenden Frau mit dem neunzehn Monate alten Kindchen des Verfassers in das Konzentrationslager RoBlau, aus dem sie nach drei Monaten unter dem Druck der allgemeinen Empörung baine d besonders in England befreit worden ist.

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Neuer Normärts

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