Neuer Vorwärts

Sozialdemokratisches Wochenblakk

Verlag: Karlsbad , Haus, Graphia" Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblatt letzte Seite

Nr. 56 SONNTAG, 8. Juli 1934

Aus dem Inhalt:

Sonderbericht aus Berlin

Wie Röhm zum Vorwärts

flüchtete

Schleichers Ende

Gangsters plündern das Reich aus

Hitlers blutiger Verrat!

Das Ende der SA. gerichtliche Erschießungen. an der Macht erhalten, heißen sie: stand- die SA sich nicht auflösen und ohne Sold Die von oben ge­

verabschieden lassen wollte ebenso wie

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>> Vor Tagen hat mir der Führer den Zur Begründung der Massenmorde die Brigade Ehrhard im Kapp- Putsch . Befehl gegeben, auf Stichwort hier zu führt das System zwei Delikte an: Vor- Röhm hat im Reichskabinett die Einglie- gen die von unten

zuschlagen, und mir damit vollziehende bereitung der zweiten Revolution und derung der SA in die Reichswehr verlangt Gewalt übertragen<.

Göring am 30. Juni vor der Presse.

Was am 30. Juni und 1. Juli in Deutsch­ land

geschehen ist, hat mit einer Revolu­tion nichts zu tun. Es fällt ins Gebiet des politischen Mordes. Ein Teil der parasi­tären Herrenschicht hat sich Existenz und Fortbestand der Herrschaft erkauft mit dem Blute des anderen Teils.

Kreise

gesäuberte SA« auferstehen! Die Monar­chisten, oder die Volksmonarchisten? Hit­ler und Konsorten haben diese ebenso säuberlich unangetastet gelassen wie die um Hugenberg, Oldenburg- Janu­ schau und die Industriellen. Die Schlei­cher, von Bose, Klausener, Tschirschky zu wem haben sie

» Wir werden nicht dulden, daß von einer zweiten Revolution noch ge­schwätzt wird.<<

reaktionäre Umtriebe. Sie heißen bald und ist mit seiner Forderung allein ge­» Verrat am Führer« und bald» Hochver- blieben. Er hat darauf mit Protest die Göring am 30. Juni. rate. Die Reaktion was haben sie Kabinettsitzung verlassen. Er hat dunkle bisher darunter verstanden? Den Stahl- Drohungen folgen lassen. Am 8. Juni er­Die unmittelbare Furcht von Hitler , helm? Der wird vermutlich als die» neue, ließ er eine Proklamation an die SA : Göring , Frick und Heß vor einer Revolte » Ich erwarte, daß am 1. August die der SA war nur der eine unmittelbare An­SA wieder voll ausgeruht und gekräf- laß zu den Greueln. Die Ereignisse vom tigt bereit steht, um ihren ehrenvollen 30. Juni sind in ihrem Wesen ein wi­und schweren Aufgaben zu dienen, die derlicher Handel mit Köpfen. Volk und. Vaterland von ihr erwarten Die Köpfe ihrer ehemaligen Freunde und dürfen. Wenn die Feinde der SA Kameraden sind das Eintrittsgeld, das sich in der Hoffnung wiegen, die SA Hitler und Genossen für ihren endgültigen werde aus ihrem Urlaub nicht mehr Eintritt in den Kreis der feinen Leute, der oder nur zum Teil wieder einrücken, so Großbourgeoisie bezahlen. Sie bezahlen wollen wir ihnen diese kurze Hoffnungs- nicht freiwillig, sondern gezwungen! freude lassen. Sie werden zu der Zeit Im Sommer 1933 hat Hitler die Revo­und in der Form, in der es notwen- lution für abgeschlossen erklärt. Er hat da­dig erscheint, darauf die gebühren- mals jedem mit Parteiausschluß gedroht, Die SA ist der es fernerhin noch wagen würde, von

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Es war eine wohlvorbereitete Massen­abschlachtung. Die Version, daß Hochver­räter bei einem Komplott in flagranti überrascht wurden und darnach stand­rechtlich erschossen worden wären, ist gehört? Der Scherlsche> Montag sagt: gut für die Göbbelssche Legende, aber sie hat mit der Wirklichkeit nichts zu tun. Hitler , Göring , Göbbels , Frick| und Heẞ haben eine Nacht der langen Messer gegen ihre eigenen Spießgesellen veranstaltet, die von langer Hand vorbe­Die Neuernennungen waren fertig, die zwölf Punkte Hitlers an die SA , die Reden von Göbbels und Göring , die Proklamationen, die Proskriptionslisten,

reitet war.

» An abendlichen Tischen wurde d e- battiert. Es wurden Hoffnungen Wünsche ausgesprochen, ausge­tauscht, denen man dann in sogenann­ten de Antwort erhalten. diplomatischen Kreisen angeblich entgegenkam, um später umso| leichter Gründe zur Gewalt gegen Deutschland zu finden<.

War das ihr ganzes Verbrechen?

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und bleibt das Schicksal Deutschlands .<< einer zweiten Revolution zu reden. Nach Die Feinde der SA aber waren in erster der Ausschiffung Hugenbergs begann Linie der Reichswehrminister und der Kurs Schmidt- Schacht, der Göring, der Reichswirtschafts- sogenannten» Normalisierer«. Die» Anti­minister und der Reichsfinanz- kapitalisten«, Wagener und seine

ehe die Blutarbeit begann. Ein Blick auf Die zweite Revolution aber die deutschen amtlichen Berichte zeigt, das ist etwas ganz anderes. Das ist ihre minister, das waren Hitler, Göb- arbeiter, gingen ins Konzentrationslager. daß die Erschossenen überwacht, daß ihr eigene Vergangenheit, das sind die nicht- bels, Heß, Frick, Darré, nachdem Hitler und Genossen begnügten sich mit Aufenthalt und ihre Bewegung so festge- gehaltenen Versprechungen, die enttäusch- sie sich gegen Röhm entschieden hatten. Macht und Beute, die Bestimmung des stellt waren, daß sie>> auf Stichwort<< ab- ten Hoffnungen der eigenen Anhänger, das Die SA- Milliarde war für das System un- Kurses übernahmen Finanzkapital und In­getan werden konnten so wie der Ber- ist das Aufbegehren der Söldner! Das ist tragbar geworden, nachdem es fest im dustriefeudalsimus. Die Befreiung des liner Gruppenführer Ernst vom Schiff das, was sie gefürchtet haben! Sattel saß, gestützt auf Reichswehr und Ausbeutungswillens des Unternehmertums Die zweite Revolution ist immer die Polizei. Ueberflüssig gewordene Lands- von allen staatlichen Fesseln war das Ziel auf Urlaub wie die SA. Die Er- Phrase der braunen Söldner gewesen. knechte sollten abgeschoben werden, wo- der» Normalisierer«. Göring wurde der aus» antikapitalistischem Affekt«, bei der unbezahlte Urlaub die erste Sta- starke Arm der Feudalherren des Groß­Nur tion sein sollte. Die Drohung Röhms mit kapitals. Schon damals wurde ihm sondern aus Selbsterhaltungstrieb!

geholt wurde, als er auf Urlaub fahren

wollte

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klärungen Görings über seine Vereinbarun- Nicht

Stichwort ist erschossen worden. gen mit Hitler sagen im übrigen alles. Auf bei der Vorbereitung und Durchführung der» gebührenden Antwort auf Termin die SA unbequem. Er umgab sich Der Ablauf der Dinge verdient festge- von Revolutionen ist der Söldner notwen- ist der reale Hintergrund für die Putsch- mit einer SS- Wache. Es wurde ganz offen halten zu werden. Am Donnerstag waren dig, im stabilisierten System ist er über- erzählung. darüber gesprochen, daß er sich mit Plä­Hitler und Göring in Essen. Sie waren flüssig, unbequem, gefährlich, muß er mit| Hitler, Göring und Blomberg haben nen trage, die SA aufzulösen und sich auf sehr gemütvoll Trauzeugen bei einem Gau- einer Abschiebung rechnen. Deshalb hat vorgezogen, einen vielleicht möglichen SA- Reichswehr und Polizei zu stützen. Mit leiter. Göring fuhr nach Berlin zurück, er gegen die Schließung der Revolution Putsch von vornherein dadurch zu ver- allen Kräften ging er daran, Eingriffe der Hitler an den Rhein. Er ließ sich feiern protestiert und nach der zweiten Revolu- eiteln, daß sie die möglichen Führer eines SA gegen Unternehmer zu unterbinden. und nahm an Festen der Arbeitsfront teil. tion gerufen. Es schwebte ihm kein So- solchen Putsches planmäßig ermorden Aber die Stabilisierung des Systems war Das war am berichtet Göbbels Freitag. Am Abend sozialismus, kein antikapitalistisches Regime ließen. Sie haben dabei jeden abschlach- damals noch nicht so weit, daß die stand er auf der vor, sondern die Dauerrevolution, die Re- ten lassen, den sie für einen möglichen Zerschmetterung der SA gewagt werden und wahrscheinlich war auch tasievollen Erzählungen gehören ins Ge- Hitler selbst damals noch nicht zum Ver­Konzert vor dem Hotel. Dann brach er Der einfache Tatbestand, der zu den biet der Göbbelsschen Propaganda- Le- rat an der SA bereit. auf zur Massenmorden geführt hat, ist der, daß gende.

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Terrasse des Rheinhotels in Godesberg . volution um ihrer selbst willen als Er- Konkurrenten hielten. Alle anderen phan- konnte

Dunkler Nachthimmel, weite Landschaft, werbsquelle.

Kaltblütiger

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ist noch nie eine Massen­

abschlachtung vorbereitet worden. Bilder

Hitlers von diesem Tag vor dem Kamera­denmord zeigen verwüstete Züge.

Die Ausführung der Morde nach der Liste hat in der Hand

besonderer SS­

Gruppen und SS- Feldjäger gelegen. Die| Berichte haben von> standgerichtlichen

-

Hitler war der Verbündete der Feu-.

Wie Röhm zum» Vorwärts« flüchtete

Schon im April 1932 sollte er umgelegt werden

Die Massenabschlachtung von Hitlerfüh-| die Femezelle den

nationalsozialistischen Führer­

als Major Buch, den Standartenführer Danzeisen, einen intimen Freund

Hit­

Morden damit ein Schein von Legalität rern ist bezeichnend für den Geist des Mor- elgentlichen Leiter angehängt worden. Göring hat von den des, der im > vom Führer angeordneten kreis lebendig ist. Dort belauert einer den lers. Danzeisen wurde in der Folge zul

standgerichtlichen

Erschie- anderen argwöhnisch, dort fürchtet jeder die

war

Bungen gesprochen. Das> Standge- tödliche Kugel des anderen! Röhm richt bestand also darin, daß Hitler eine sich seit Jahren nicht darüber im

un­

wenn er unbe­Im Jahre 1932 war ein Teil der jetzt Er­

welcher Beweise, Verdächte und Vermu- quem würde, umzulegen versuchen würde.

was die 6 Monaten Gefängnis verurteilt, Freundschaft zu Hitler nicht beeinträchtigte. Die von den Mördern Bedrohten flüchteten von München nach Berlin. Sie legten Wert darauf, daß im Falle ihres Todes kein Ge­heimnis über Ursache und Täter suchten Schutz.

ren, und seien in Begleitung des Rechts­anwaltes Litgebrune im Hotel Kaiserhof abgestiegen. Es waren: Stabschef Röhm,

Chef der Nachrichtenabteilung Graf Du Moulin- Eckert, Chef des Rasseamtes Himmler, Graf Spreti,

Dr. Bell.

Diese Flucht in eine begrenzte Oeffentlich­einsetzende Ver­Berlin. Es haftungen zerschlugen damals die Mord­

aus dem Tscherwonzen­

einem

unbekannt. Das Wort Hitlers genügt, um schossenen schon einmal von dem gleichen bestehen sollte, und sie ein Todesurteil zu fällen. Das Reichsgericht, Schicksal bedroht. Wir sind in der Lage, aus Einer ihrer Beauftragten erschien deshalb am das Volksgericht ist überflüssig. Hitler be- eigener Kenntnis diese Dinge zu enthüllen. 9. April 1932 morgens auf der Redak- keit sowie in München fiehlt, dann wird erschossen. Damit ist die Anfang April 1932 berichtete die Münchner tion des» Vorwärts« in Diktatur offiziell in eine neue, noch bluti- Post über die Existenz einer Mördergruppe, war der Dr. Bell, Mitarbeiter und Berater pläne. Das Schicksal der Beteiligten war fol­gere Phase getreten. Sicher ist, daß- Zelle G genannt, im braunen Hause in Mün- Röhms, bekannt ring bei diesem Massenmord einige Privat- chen. Sie teilte mit, daß eine Gruppe unter prozeß. rechnungen mit beglichen hat. Wenn sol- einem gewissen Horn aus Karlsruhe her­che Massenabschláchtungen zu Rebellionen beigeholt worden sel, daß der Gareis- Mörder und zur Entmachtung der Befehlenden Schweikart dazu gehöre. führen, leben sie in der Geschichte fort sollte mehrere nationalsozialistische Führer, als abscheuliche und verdammenswerte die unbequem geworden Greueltaten. Wenn die Befehlenden sich Das Blatt nannte als Verantwortlichen

waren,

Die Gruppe

umlegen. für

gendes: Major Buch wurde bei Spaziergang im Walde im vorigen Jahre er­wurde im Frühjahr Er teilte uns mit, daß er im Auf- schossen. Dr. Bell trag Röhms käme. Röhm und seine 1933 auf österreichischem Gebiet von bayeri­Freunde fürchteten, wegen gewisser Be- schen Nationalsozialisten ermordet. Röhm ziehungen Röhms zur Reichswehr und Graf Spreti sind am 30. Juni 1984 worden, schossen zu werden. Sie seien in der» standrechtlich<< erschossen Nacht von München nach Berlin gefah- Himmler hat sie erschießen lassen!

er­

und