Neuer Vorwärts
Sozialdemokratisches Wochenblakk
Verlag: Karlsbad , Haus„, Graphia" Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblatt letzte Seite
Nr. 57
SONNTAG, 15. Juli 1934
Aus dem Inhalt:
Unsere Totenliste
Schleicher- das Ende einer Utopie Schachts Kapitulation
Die Wahrheit über die Mordtage
Das System ist erschüttert!
Rettung durch Volkspolitik!
aus Nationalsozialisten gestellt worden ist.| haftet, seiner Positionen
Wo ist das Band, das diese 639 National- enthoben. Niemand weiß, ob er noch Das Schicksal
-
den
der SA
Presse Die nationalsozialistische
verDie
sichert: die SA kommt wieder! Verratenen sollen durch Hoffnungen von der Rebellion abgehalten werden. Die SA kommt nicht wieder! Was wieder kommt, wird eine
militärähnliche Formation von der Stärke der also rund 300.000 Mann von 2½ Sie wird unter dem Oberbefehl Das war der Sinn
Der» Daily Herald< hat
darüber
ken. Ihre Führer klammern sich an sie Was kommt nun? Möglich, daß SS. sein fest, um von ihnen einen Legalitätsschein die» Männer der Tat< und die Machtgrup- Millionen. für ihre Verbrechen zu erhalten und um pen, vom Blutopfer erschöpft, in Ermat- der Reichswehr stehen. nicht allein untergehen zu müssen! Diese tung sinken, daß sich das System stabili- des Geschäfts, das Hitler und Blomberg in Kreaturen sind Teile des verbrecherischen siert und weiterherrscht, menschenfeind- ihrer außenpolitischen Bedrängnis machen Systems. Ueber ihrer Zusammenkunft lich, zerstörend, terroristisch, mit Blut be- wollten! hängt die Drohung des Zusammenbruchs, fleckt und vom Tode gezeichnet. Möglich, daß neue blutige Ueberraschungen sich hängt der Tod! Das System kämpft um seine Festi- aus dem Innern des rasenden Machtkampgung. Die Gegensätze sollen neu verhüllt werden. Die Machtgruppen suchen sich zu konsolidieren. Neue Intrigen, neue Verschwörungen sind im Gange. Das Bild wechselt täglich aber die großen Linien treten immer wieder hervor. Hier Hitler dort Göring , die
zusam
folgendes berichtet: » Vor vierzehn Tagen hielt sich Hitlers Sondergesandter v. Ribbentrop in Pa ris auf. Er kam mit dem französischen Außenminister Barthou men und versprach ihm, daß Hitler , wenn Deutschland die vom Lordsiegelbewahrer Captain Eden umrissenen Aufrüstungspläne bewilligt erhielte, seine Sturmtruppen nicht nur, entmilitarisieren' das hatte er besondern sie reits Captain Eden zugesagtauch sofort auflösen werde. Barthou war auf der Hut und antwortete, die französische Regierung könne sich nicht auf Versprechungen einlassen, sie müsse Beweise für deren Aufrichtigkeit erhalten.
sozialisten mit dem Volke verknüpft? sächsischer Ministerpräsident ist! So geht Der engere Kreis versammelt den wei- es den Wagner, den Kube, sie können Rettungsversuche von Göbbels , Lutze und teren Kreis seiner Mitschuldigen um sich. Lutze, den Göbbels Das System ist über die erste blutige Die Kreaturen müssen teilneh- Parteigänger im Machtkampf sein, aber Genossen. Etappe seiner Umwandlungskrise hinwegmen am Verbrechen wie an der sie selbst sind ein nichts, bloße Kreaturen. gekommen aber nur um den Preis Verantwortung! Sie müssen bezah- So ist es nur folgerichtig, daß im Machtschwerster Erschütterung. Die das len für ihre parasitäre Existenz, sie müs- kampf eine neue Note hervortritt ideologischen Hüllen fallen in Fetzen hersen mit hineinwaten in den Blutstrom, sie verzweifelte Bemühen dieser Männer, die unter, nackt und bloß steht der Despotis- müssen erklären, daß die Morde» rech- Reste der SA zu retten als Garanten ihrer mus vor dem Volke. Die Künste der Lüge tens« waren. Sie dürfen sich nicht drük- Stellung und ihres Lebens. verfangen nicht mehr. In der Spitze des Systems rast der Machtkampf. Der bürokratische Apparat wird locker, er dient dem System, blickt aber schon zum Verrat bereit auf die kommenden Herren oder auf die, die er dafür hält. Vor einem halben Jahre schien ihm die Hitlerherrschaft für alle Ewigkeit gesichert, dann wurde ein Sturz Hitlers für möglich gehalten, später für wahrscheinlich, und heute rechfes erheben! Das grauenhafte Spiel wird nen die Optimisten mit wenigen Monaten weitergehen, solange weit, weit unten die und bemühen sich um die Nachfolger. Masse des Volkes in düsterem Schatten Weit, weit unter diesen Vorgängen lebt schweigend und willenlos verharrt, ohne die Masse des Volkes in düsterem Schatfeste Vorstellung von der politischen ten, völlig getrennt, durch Verbote und Kraft, die das blutbefleckte System abTerror eingeengt. Vor den Kartoffelläden und die Reichswehr lösen, von der Politik, die nach der stehen Schlangen, die Lebensmittelpreise Polizei und die SS. Wo aber steht die Befreiung getrieben werden soll! steigen, voll banger Sorge denkt das Volk nationalsozialistische Partei? Wir sehen, daß in der grauen Masse an den kommenden Winter. Zunehmende Sie ist trotz ihrer ungeheuren numerischen die sozialistische Idee neue Kraft gewinnt. Arbeitslosigkeit, während sich in den Stärke, trotz ihrem aufgeblähten bürokra- Wir sehen das Erwachen der soNachbarländern Konjunkturanstieg zeigt, tischen Apparat ein Schemen und zialdemokratischen Arbeitersteigende Preise, drohender Mangel. Alle kein Machtfaktor. Es ist als wäre sie bewegung, eine Wiedergeburt dessen, Illusionen auf besseres Leben sind zerstört. nicht vorhanden! So stehen die national- was viele für immer verloren glaubten. Die Männer des Systems zeigen alle sozialistischen Halbgötter im Leeren, selbst Ein Wiederzusammenschluß und WiederSymptome der Torschlußpanik. Bald wer- Kreaturen der Wenigen, die über Militär aufbau ist im Gange. Hier ist der Kristalden sie aus Furcht vor dem Ende das oder Polizei befehlen können. Die Erfah- lisationspunkt, die Hoffnung, an die das Volk mit neuem Terror anfallen wollen! rungen des Killinger am 30. Juni zeigen Volk anknüpfen kann, wenn es den AusNoch mehr Schweigen, noch weniger die Schwäche ihrer Position. Dieser Mann, weg sucht. Nicht Führerpolitik, nicht Wahrheit! Der hysterische Ausbruch des sächsischer Ministerpräsident, getragen Herren, Generale und Präsidenten werden aber die Hitler und Göbbels gegen die Weltpresse läßt einen angeblich von dem einmütigen Willen der das Volk retten, sondern wahre Volks- Furcht. Sie fürchten die Vergeltung einerDesperado erkennen, der nichts mehr zu sächsischen Bevölkerung, von der gesam- politik, getragen von verlieren hat. Im März 1933 griffen Hit- ten nationalsozialistischen Partei, wurde Bewegung und dem Bewußtsein des Vol- ohne den Arm der SA. nackt und bloß dazuler, Göbbels und das Reichskabinett gegen auf Befehl Görings verhaftet, wieder ent- kes! die Weltöffentlichkeit zum Judenboykott
heute bleibt ihnen nur die Waffe der
Ausweisung, der Zeitungssperre, des Versuchs der Drosselung der Wahrheit, die sich nicht mehr drosseln läßt. Jedermann| liest aus diesen Ausdrücken die Furcht vor dem nahenden Ende heraus.
Wo ist die Führung«? Es gibt keine Politik mehr, nur noch Revolver
kampf
um die Macht. Der» Führer< macht
Bankrott. Er wird vor den Schattenreichstag treten, er wird Erklärungen abgeben, auf die Außenpolitik ablenken, seinen Friedenswillen beteuern.
Aber
welche
zusammenhaltende Kraft
kann von einer solchen Demonstration des Systems noch ausgehen, das wie von den Furien gehetzt sich selbst von innen heraus zerstört? Was vermögen Worte und Erklärungen, wenn der geistige Bann zer
bricht?
Vielleicht werden die Männer des Systems dem Volke das Schauspiel einer in Treue und Vertrauen geeinten Regierung bieten!
Feierlicher Aufmarsch der Reichsminister vor dem Reichstag , von denen jeder| sich die Frage stellt: Wer erschießt
nun wen? Und wer führt wen vor den von dessen sogenannten Ab
Reichstag
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geordneten jeder ein Todeskandidat oder ein Mördergenosse ist, je nach dem Stand
punkt, von dem
aus
man es betrachtet.
Noch eine jede Sitzung dieses sogenannten Reichstages war eine Komödie, erfüllt von Trug und Lüge, ein Hohn auf jede Volksvertretung! Diese Tagung aber trägt gespenstische Züge! Wo ist nun der ungeheure Berg papierener Stimmzettel, auf| dessen Spitze ein sogenannter Reichstag
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Ribbentrop bat um eine Frist, um von seiner Regierung Anweisungen zu erbitten. Nachdem er in Berlin gewesen war, kehrte er mit der Zusicherung zurück, daß die verlangten Beweise binnen Kürze geliefert werden würden. Dasselbe Versprechen wiederholte er dem Ministerpräsidenten Doumergue gegen
über.<<
der lebendigen seits
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und sie fürchten sich andererseits,
stehen. So gehen bewußte Lügen und aufrich
Sie grüßen jetzt mit beiden Händen!
Low
HITLER'S UNKEPT
PROMISES
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THE
DOUBL
CROSS
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