Nr. 59 BEILAGE
frei von
Neuer Vorwärts
29. Juli 1934
Eine europäische Schande
Durch die Städte der Länder, die noch tionslager weniger schlimm? Ist es paktierte! Ist es nicht grauenhafter als diesen Höllen Männer, wie Heilmann, faschistischer Schändung sind, nicht entsetzlicher als es hunderte willkür- Kameradenmorde, wenn man seit einem Ossietzky, Lüdemann usw. als geht eine Frau und klagt an. Man hat licher Erschießungen sein können, wenn Jahre in jeder Stunde weiß, daß in Schatten ihrer selbst einher gehen, geihren Mann, den Dichter Erich Mühsam , zehntausende Menschen, deren Unschuld Deutschland aber Tausende schlagen, geschunden, um den Verstand unter den Augen Europas seit 14 Mona- erwiesen ist, seit länger denn Ja h- Frauen in Angst und Verzweif- gebracht werden? Das alles wissen Hitler ten in deutschen Konzentrationslagern ge- resfrist in menschenschändenden lung von einem braunen Bonzen zum an- und seine Kumpane, wie ihnen recht gut schlagen, geschunden, gemartert und Zwangslagern festgehalten, wenn dort deren getrieben werden, weil man ihre bekannt ist, daß Torgler und Thälschließlich gemordet. Man hat ihm beide täglich Tausende nur deshalb mißhan- Männer wider Gesetz und Recht in» stei- mann noch immer wider Gesetz und Ohren verstümmelt, hat ihn Dreck schluk- delt werden, weil sie an ihrer menschli- nernen Särgen« quält, darunter viele Män- Recht im Kerker schmachten. ken lassen( Tarzan wird der kriminelle chen Gesinnung festhalten, einer Gesin- ner, die ihrem Lande in der Stunde der Die Welt aber bekreuzigt sich und Verbrecher genannt, der ihn zum Ergöt- nung, die nach der deutschen Verfassung Gefahr freiwillig mit ihrem Leben dienten, schaut zu. Gelegentlich einige Protestverzen der braunen Bonzerie dazu zwang), nicht verboten werden kann und mit der wie der kriegsverletzte Ernst Heilmann ?! sammlungen, ein paar tapfere Zeitungsman hat ihm beide Daumen gebrochen ein Hindenburg ein Jahrzehnt hindurch Ist es zu ertragen, daß seit Jahresfrist in artikel Dimitroff heißt der weißrussische Halunke, der diese Gemeinheit verübte, um sich das Wohlwollen der kommandierenden Lumpen zu sichern.
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Das blutige Schlußkapitel dieser Martergeschichte spielt im Konzentrationslager Oranienburg . Seit Segers Buch weiß die Welt, wie dort geschunden, gequält und gemordet wird. Und wieder ist es ein Stahlkopf, unter dessen Leitung sich diese Menschenschändungen abspielten.
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Wieder ist es diese niederträchtige, feige, kalte sadistische Art, vor der man erschrickt, wieder feierte der Haß der Ungeistigen gegen den Geist seine blutigen Orgien. Ein» Intellektueller<< drauf, foltert ihn ein bißchen! Als Tanzbär verkleidet wird dieser Dichter von Weltruf durchs Lager geprügelt; lächerlich geschoren und demütigend angezogen, ist dieser Mann an der Schwelle des Greisenalters jungen verdorbenen Menschen eine Angelegenheit landsknechtlicher Erheiterung; ein Aeffchen wird erschossen, um ihn zum Weinen zu bringen! Und als er endlich im Abort aufgehangen worden ist, während die beurlaubte, verärgerte SA betrunken in der Kantine hockt als die Verantwortlichen
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einen Selbstmord vorzutäuschen suchen und die Frau ihnen in die vertierten Gesichter schreit:» Er hat nicht Selbstmord begangen, ermordet habt ihr ihn!<<.
da antwortet niemand und der braune Lagerkommandant Stahlkopf sucht schnell noch ein kleines Geschäft gegen die schwarze Konkurrenz draus zu deichseln:> Machen Sie nie die SA dafür verantwortlich, die Schuld trägt allein die SS...<
Unvorstellbar für alle außerhalb der Konzentrationslager ist nicht nur das Grauen dieser Stätten, unvorstellbar ist auch die Heldenhaftigkeit, die dort geschoren und in lächerlicher Gewandung einhergeht. Wie mancher andere seiner Leidensgenossen, die standhaft blieben, hätte es Erich Mühsam bequemer haben können. Wenn er abgeschworen hätte, buẞfertig und klein geworden wäre! Durch 14 Monate bitterster Qual, Not und Folterung hindurch ist er dem Lager der Menschlichkeit treu geblieben, bespuckt, gepeitscht, getreten, ein Passionsweg, wie ihn kein Jesus je gegangen! Täglich bewies er seinen Peinigern, daß man ihn zwar zum Abortscheuern, aber nie zu ihrer gemeinen Gesinnung zwingen konnte. Wenn in dem Gsindel, das gegenwärtig Deutschland malträtiert und jede
Stunde geschwollen von Heroismus
quatscht
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wenn in diesem Gesindel auch
nur ein Funken Respekt vor wirklichem Heldentum lebte, dann müßte es vor diesen Helden der K- Z in den Staub sinken. Aber sie wagen nicht einmal, ihnen die Freiheit zu geben!
Was aber tut die übrige gesittetere Welt? Sie bekreuzigt sich und schaut
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DUITER
DONS
KARTOFFELN MEH
B
Dahin haben sie es wieder gebracht!
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dann ist wieder Ruhe, dann wird der täglich notwendige Kampf gegen diese Schande wieder dem sozialistischen Lager überlassen. Katholische Arbeiter sitzen mit im K- Z, weil sie eine eigene Meinung hatten- ihre Führer schweigen. Wirth, Brüning sind im Ausland- und schweigen, während es gerade dort zu reden und zu kämpfen gälte! Wird der gesamten bürgerlichen Welt nicht Angst vor der Blut- und Haßsaat, die vom amtlichen deutschen Sadismus täglich gesät wird und in aber Millionen, die bisher menschlich dachten, zu einem unheimlichen Vergeltungsdrang werden muß? Dieses Blutregime wird von erheblich kürzerer Dauer sein, als mancher noch vor Monaten dachte, und in nicht zu ferner Zeit muß sich zeigen, daß die Weltnöte mit großkapitalistischen Diktaturen à la Mussolini , Hitler, Dollfuß& Co. nicht zu kurieren sind. Wer im Bürgertum hat bei diesen Aspekten noch Interesse daran, daß durch den Anschauungsunterricht des deutschen Barbarenregimes in den Arbeitermassen aller Länder ein furchtbarer Rachewille gezüchtet wird? Wann endlich steht die gesittetere bürgerliche Welt auf und fordert: Schluß mit der gefährlichen Schande dieses Barbarismus, wirtschaftlicher und moralischer Boykott bis zur Kapitulation!
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die dem TrübOssietzky, Heilmann sinn verfallen sind Lüdemann, Thäl mann , katholische und evangelische Priesie ster nebst Zehntausenden anderer sind alle noch in den Klauen faschistischer Folterknechte. Langsam, methodisch, täglich, stündlich werden die Tapfersten und Geistigsten unter ihnen dem völligen Verfall entgegengetrieben. Der Mord ist dann beinahe noch ein Akt grausamer Wohltat...
Eine trauernde Frau geht durch die Welt, fordert Obduktion der Leiche eines zu Tode gemarterten Dichters der Bruderliebe. Eine Frau klagt an, aber an ihrer Seite schreitet ein Heer Gemordeter, schreiten unsichtbar hunderttausende Frauen, Mütter, Kinder ein Zug der Qual, der Marter, entsetzlicher Pein.... Wie lange glaubt die bürgerliche Welt, an dieser europäischen Schande noch vorbeischauen zu können?! Bruno Brandy.
Strahlen als Kriegswaffe?
Dadurch entErd
Todesstrahlen. Was. Gott nicht
den oberen Luftschichten von den Kosmischen Strahlen nichts zu fürchten haben.
Von den Kosmischen Strahlen über die Radium strahlen zu den Röntgenund Ultravioletten Strahlen reicht das Band der chemisch wirksamen Strahlen.
Als Kampfmittel kommen sie für die Kriegsindustrie nicht in Betracht. Wer die harten von ihnen in praktischen Mengen erzeugen könnte, der besäße das Geheimnis zur Umwandlung der Elemente. Was brauchte der dann noch Krieg führen?
Immer stärker stellt sich die Welt Das Wellenband hält alle Geheimnisse. auf einen neuen Krieg ein. Man spricht Wie früher bei Mangel von sensationellen von neuen, furchtbaren Kriegswaffen. Dabei spielen neben dem Luftkrieg und Nachrichten die Seeschlange der Ausgangsden Giftgasen die sogenannten To- punkt der Reporterphantasie war, so sind es desstrahlen< eine erhebliche Rolle. heute alle Sorten von geheimnisvollen StrahPhantastische Gerüchte und Behauptungen sind daran geknüpft worden. len, die die sensationshungrige Menschheit Wir haben deshalb von einem Sach- in Atem halten. Auch der sonst skeptische verständigen darstellen lassen, was an Mensch ist heute geneigt, nach dem großen zu. Als am 1. Juli die deutschen Füsilaallen diesen Gerüchten tatsächlich wahr Wunder Radio vieles für wahrscheinlich zu den bekannt wurden, schrie die Weltpresse ist. halten, was er sich aus seinen Kenntnissen vor Entsetzen auf. Was? Nicht nur seine Kameraden, sondern auch völlig unschul- Im Sommer 1932 gelang es Ingenieuren heraus nicht erklären kann. dige, gutbürgerliche Leute, wie Schleicher, der Westinghouse Electrical Company in stand die Hochblüte der Urstrahlen, Klausner usw. waren auf Hitlers Befehl Pittsburg , USA. , ein Frankfurter Würstchen strahlen, über den Haufen geknallt worden? Und so zu kochen, daß sie es in ein Feld von das alles ohne Beweise, ohne gerichtliches ultrakurzen Radiowellen legten. Die harmVerfahren, ohne Verhör wenigstens der losen Familienzeitungen knüpften daran die dem unendlich Kleinen in die Endlichkeit unan serer täglichen Längenmaße heraufsteigt, bürgerlichen unschuldigen Leute?! Plötz- Erwartung, daß man in einigen Jahren solche arm an unbekannten Stellen. Auch die kürzelich mußten selbst die ruhigsten Schwei - jeden Rundfunkempfänger auch eine die kosmischen zer Blätter in Gangsterien verboten wer- Kochvorrichtung anbauen werde. Etwas wen- sten dieser Wellen, ebenso folgerichtig Strahlen, hat man als Todesstrahlen beden, und seitdem hört man es im Ausland niger hausbacken aber Sowohl halbamtlich wie im seriösesten Teil dachte man in den Laboratorien der Kriegs- zeichnet. Sie sind so hart, daß sie Bleiblöcke der nichtfaschistischen Presse: ein un- industrie. Dort sagte man sich: Wir kochen von vielen Metern durchschlagen, wenn sie gungslänge von einigen Kilometern bis herab Feld der durch die Lufthülle gedämpft zu uns kommen. zu hundert Metern. Unter hundert Metern bemögliches Regime, eine Schändung statt Frankfurter Würstchen im Europas . Alles richtig und gut, aber war Ultrakurzwellen lebende Menschen. So ent- Die Kriegsindustrie interessiert sich für die ginnen die Kurzwellen, unter dreißig Metern denn die nun schon über ein Jahr wäh- stand das, was man nun als> Todesstrahlen< Strahlen nicht mehr, seit sie durch die Strato- die Ultrakurzwellen. Zwischen den Kurzwelrende Schande der Konzentra- bezeichnet. sphärenflüge weiß, daß Kriegsfliéger auch in len und den längsten Wärmewellen lag die
kann, die Strahlen können es.
In Wirklichkeit ist das Wellenbad, das aus
Die Wellen, die sich an dieses Band schlie Ben , die Lichtwellen, sie sind uns am besten bekannt. Eine Wellenlänge von siebeneinhalb zehntausendstel Millimeter hat rotes Licht. Von ihm bis zu einer Welle von einem halben Millimeter reichen die Wärmestrahlen.
Die Lücke für die Ultrakurzwellen. Normale Radiowellen haben eine Schwin