Hinter den Kulissen

Ein» Wähler« berichtet Die Jagd nach dem Stimmschein blödung Spalier durch SA- Kohorten in allen Wahllokalen mung am Tage darauf

Ein reichsdeutscher Parteigenosse, der noch am 19. August in Deutsch­ land  , in der Nähe Berlins  , sein Stimm­recht ausübte, berichtet uns nach sei­ner Ankunft in Prag  : 100 SY

Prag  , 21. August.

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Plakatver­Katerstim­

zieht auch seine deutschen   Informatoren mit hinein.

Wenn es mir dennoch geglückt ist, über Tun und Treiben in Hitlerdeutschland Be­richt zu geben, so

danke ich das in erster Linie den Män­nern und Frauen, die die Wahrheit und den Sozialismus höher stellen als ihr Leben,

legt. Und Du, deutscher Volksgenosse,| Willen, innerlich anständig zu bleiben und zu die in Nacht und Nebel mich zu finden wuẞ­willst nicht einmal die hundert Schritte verneinen, mag bei diesem provokant gespielten, den Mann der» Arbeiderspers<, die auch zum nächsten Wahllokal zurücklegen?<< ten Terrorstück die Courage in letzter Minute ihre Presse ist. Daß ich diese Frauen und Wer kann bei solcher Logik widerstehen? wieder ausgegangen sein! Wie viele mögen, Welcher Jungfrau entflößen nicht die Tränen nur unter dem augenfälligen, deprimierenden

der Rührung?

Eindruck dieser Kasernen>> wahl<

Männer, diese Deutschen  , die dafür sorgen,

daß das Wort>> Deutsche<< in der Welt nicht ganz und gar dem Abscheu verfällt, verlas­sen mußte; ist mir schmerzlich. Ich erkläre von dieser Stelle aus im Namen von Millio­nen Deutschen  , die sich dagegen wehren, mit den Nazis auf eine Stufe gestellt zu werden: aber vergeßt nicht, daß im Dritten Reiche Millionen leben, die das mit noch mehr Recht und mit noch mehr Leidenschaft tun als ihr! Deutschland   wird aus dieser Raserei den Weg zur Zivilisation zurückfinden!<

> Verachtet die Nazis

Abstimmungstag! Es gab kein mit zitternder Hand dennoch ihr»> Ja< Am Freitag dem 17. August, zwei Tage vor- Wahllokal in Deutschland  , das nicht von SA gegen bestes Wissen und anderen Vorsatz her also, begann es mit der mit Recht so und SS förmlich belagert war von draußen gemalt haben? Freilich, als dann am Sonn­beliebten allgemeinen Flaggerei... Wenn und von drinnen. In vollem Kriegsschmuck tagabend die ersten Abstimmungsergebnisse jemand zwei Tage vorher bereits ganz genau saßen die Herren am Tisch des Wahlvor- da waren und als man sah, wie viele Millio­weiß, daß er die Schlacht, in diesem Falle die standes, die Ehrendolche des Herrn Röhm nen Tapferer es dennoch in Hitler­Wahlschlacht gewinnen wird und also die selig neben dem Tintenfaß. Wer zur Wahl- Deutschland gibt, mag alle diese Millionen Siegeswimpel schon achtundvierzig Stunden zelle ging, mußte an singenden, Karten spie- im letzten Augenblick Verängstigter SO vor der Entscheidung hißt, so kann über die lenden, qualmenden, wurstverzehrenden Uni- etwas wie Reue und wie Scham > Wahl<<- Methode nicht der geringste Zweifel formierten sich vorbeidrücken. Wer nicht mit beschlichen haben.» So schlimm war herrschen. Der Terror erlaubt es, die Gesin- lautem>> Heil Hitler  « eingetreten war, konnte es also nicht...<< Und nun merkt man die nung eines jeden Menschen zu beliebiger sicher sein, von sehr mißtrauischen Augen berechtigte Schadenfreude auf jedem dritten Stunde vor dem Fälligkeitstermin zu eskomp- zumeist in Gesichtern, denen man ansah, wie Gesicht in Deutschland  :» Na, da werden sie ja Die Möglichkeit von dort zu wirken ist mir viele Jahre Zuchthaus oder Erziehungsanstalt viel zu suchen haben, wenn sie im einzelnen genommen. Was man mir nicht nehmen kann, allein bedeutet schon einen wohlorganisierten die Träger wegen schwerer Körperverletzung jetzt noch herauskriegen wollen, wer alles ist das Wissen, mitgeholfen zu haben, den

tieren. Flaggen in Hitler- Deutschland

Gesinnungsdruck in Dorf und Stadt.

Wer nicht flaggt, ist Staatsfeind.

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das

Er fliegt aus der Arbeit. Er kommt auf die schwarze Liste der Boykottierten. Ihm winkt die>> Erziehung im Konzentrationslager<<. Die SA und SS macht Straßenpatrouillen und Häusererhebungen treppauf, treppab. Heraus mit den Lappen! Wehe, wer sich ausschließt. Die Tapferen hissen schwarzweißrot ohne Zu­tat. Die Schlauen halten es mit der Doppel­beflaggung; das ist noch das Gescheiteste nach der einen und der anderen Seite hin... Das heißt: angefangen hatte es in Deutschland   mit der Volksabstimmung in aller Heimlichkeit schon längst vorher. Näm­lich es begann auf einmal, kaum daß der Ab­stimmungstermin endgültig feststand, eine ganz merkwürdige Jagd nach dem Stimmschein, gerade auch solcher geruh­samen Bürger, die sonst nie in ihrem Leben anderswohin als bis zum Nachbardorf gelan­gen und bisher die Einrichtung, auch außer­halb des Wohnortes abstimmen zu können, nur vom Hörensagen kannten.

Die Reichsregierung hat zwar öffentlich so getan, als sei dieser Drang nach dem Stimmschein ganz natürlich gewesen, weil ja die Wahl< in die Reise- und Ferienzeit fiele... Aber wie viele Leute fahren heute

noch in Deutschland  , wie sonst, in die Ferien? Die verwaisten Kurorte können davon ein Liedchen singen. Warum also dieser Massensturm? Der Schreiber dieser

Zellen wohnte bisher in einer kleinen säch­

sischen Gemeinde. Von den rund dreihundert Bewohnern des Dorfes, Bauern, Arbeitern, kleinen Angestellten, dürfte sich kein halbes Dutzend auswärts» in den Ferien< aufhalten oder auch nur die Absicht gehabt haben, ge­rade am 19. August den Globetrotter zu spie­len. Dennoch! Als der Schreiber am Don­nerstag vor der Wahl zum Gemeindevorstand

Frau zu fordern, kratzte der Mann sich sor­genvoll hinterm Ohr:

Mein Werk in Berlin   ist unterbrochen.

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oder Diebstahls im Rückfall eigentlich ver-» Nein« gesagt hat. Stummer Vorsatz bei Haß gegen den Faschismus in die Herzen zu dient hätten, gemustert zu werden. Wie vie- Millionen: Das nächste Mal wirds besser ge- pflanzen. Diesen Haß und dieses Wissen will len Hunderttausenden, die mit dem besten macht!<< ich ungebrochen weiter in den Dienst der Arbeiterbewegung stellen ohne daß ich mich fortab täglich durch allerlei Kunst­stücke freimachen muß von den schleichen­den Gestapobrüdern, die meine Wohnung be­spitzelten und die in den Cafés von nebenan­stehenden Tischen Bruchstücke meiner Ge­ihren

Auslandsjournalisten

SCI

in Deutschlandsprache aufzufangen suchten,

Ein Blick zurück auf ein Land voll Tränen

Von L. J. van Lool.

zu verdienen.

um

Mitarbeit abgelehnt

Genosse van Lool, langjähriger Arbeiterklasse so erscheinen zu lassen wie 3 Jahre

3 Jahre Zuchthaus!

vor

Korrespondent der holländischen sozia- sie sind: als Feinde der Menschheit. Wo und Justiz der veredelten Demokratie". listischen» Arbeiderspers«<, vor kurzem so oft das möglich war, habe ich mich an aus Deutschland  Mehrere Kommunisten hatten sich ausgewiesen, ver- diese Pflicht gehalten, doch auch ich hatte öffentlicht in seinen Blättern folgende nur beschränkte Möglichkeiten.te inlbödem Sondergericht in Merseburg   zu verant­rückblickende Betrachtung: Das stärkste Hindernis war die Unter- worten. Ihnen wurde der Versuch einer drückung der freien Meinungsäußerung in Neugründung einer Partei" zum Vorwurf ge­Deutschland, eine Unterdrückung, die viel macht. Die Angeklagten wurden zu Zucht­weiter geht als es sich die Einwohner eines freien Staates mit der größten Phantasie denken können.

brennend erhalten.

Der Deutsche, der einem ausländischen Journalisten Einsicht gibt in Dinge, die der deutschen Regierung unangenehm sind, riskiert sein Leben.

hausstrafen zwischen 2 und 3 Jahren verur­teilt. Ein Angeklagter hatte die Auffor­derung zur illegalen Mitarbeit abgelehnt. Er erhielt 3 Jahre Zuchthaus, weil es seine Pflicht gewesen wäre, der Polizei von dieser Aufforderung sofort Kenntnis zu geben." Unter der Ueberschrift ,, Teurer Brief­,, Baseler Nationalzel­

war am frühen Morgen, als ich Deutschland   verließ, das Land der braunen Horden, der geistigen und körperlichen Unter­drückung, das Land voll Tränen und Schmer­zen, aber auch das Land der nicht wan­kenden Treue zu dem sozialisti­ schen   Ideal, das Land, wo Tausende von Männern und Frauen trotz allem die unbe­fleckte Fahne des Proletariats bewahren und das heilige Feuer des Sozialismus in sich Wer die Wahrheit erzählt, wenn sein Nach- wechsel" meldet die bar dabei ist, läuft Gefahr, morgen in ein tung": Die Begrüßung in Holland   war eine rot- Konzentrationslager gebracht zu werden oder weiß- blaue Flagge, die Ich weiß nicht aus jahrelang in ein Zuchthaus eingeschlossen zu welchem Grunde irgendwo an der Grenze werden. auf einem kleinen Hause flatterte. Die Flagge Die zweite Beschränkung, die einem aus­auf­war nach all den Hakenkreuzlappen, die ich ländischen Journalisten in Deutschland  in den letzten achtzehn Monaten in Deutsch  - erlegt ist, ist die der persönlichen Gefahr. land anschauen mußte, eine herzliche Er­Auch dem ausländischen Journalisten quickung. Sie mahnte mich an die Verbunden- droht Gefängnis und Mißhandlung. heit mit meinem Land und seinen Sitten, um Drei Tage vor meiner Ausweisung kam mein so mehr, da ich als freier Holländer, Bürger Kollege Hemberger frei. Vier Tage ist er eines Landes der traditionellen geistigen Frei-> abhanden< gewesen. Die Gestapo   hatte ihn heit, bis dahin genötigt gewesen war, in der arretiert, weil er in seinem Blatte, der> Pra­

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sozialismus zu leben.

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von einem» besonderen Korrespondenten<

,, Die Frau des erschossenen Minister­präsidenten Kurt Eisner   unterhielt nach ihrem Wegzug von Peterzell i. Schwarz­wald nach der Schweiz   regen Briefwechsel mit dem 32jährigen Johann Burry aus St. Geor gen, der die Briefe wieder beantwortete. Da dieser Briefe der Angeklagte zwei zum Lesen weitergab, wurde er om Badischen   Sondergericht zu Mannheim   zu einer Gefängnisstrafe von acht Monaten verurteilt."

Aus Schneidemühl   wird

uns be­

kam, um Stimmscheine für sich und seine menschenentehrenden Sphäre des National- ger Presse<, Artikel veröffentlicht hatte, die richtet: Ein Arbeiter, den man zwang, den Deutschen Gruß zu gebrauchen, sagte dazu Die Geheime Staatspolizei   Hitlers   und kamen. Mit Hilfe des tschechoslowakischen nicht ,, Heil Hitler  ", sondern Heil Deutsch­Görings hat meinem Bleiben in Deutschland   Gesandten konnte man ihn aus den Händen land". Er wurde deshalb wegen Beleidigung ein Ende gemacht. Für mich ist es eine der Gestapo   befreien. Es ist mir unbekannt, des Führers zu zwei Jahren Gefäng Ehre, für meine Familie ist es eine Beruhi- ob ihm das Los eines anderen Kollegen er- nis verurteilt. Ein anderer Arbeiter, der August verlangt hat, hat das, mit den gering- gung, daß der Nationalsozialismus mich aus spart geblieben ist, der in dem SS- Gefängnis sich kritisch über die hohen Einnahmen des

» Das ganze Dorf will Stimmscheine. Ich habe keine Formulare mehr.<<

Sicher ist: Wer einen Stimmschein zum 19.

ges und der schlechten Instinkte sagen zu

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seiner Gewaltsphäre entfernt hat für ihn Columbiahaus selbst ist es die beste Charakterisierung: Mit nackt in einem Gang hin- und hergejagt

tische Korrespondent aus Deutschland  

hungen und dem Druck

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Reichspropagandaministers Göbbels   äußer­te, erhielt eine Gefängnisstrafe von 5 Mona­ten. Ein dritter Arbeiter, der gesagt hatte, daß die außenpolitische Situation Deutsch­ lands   nicht günstig sei, wurde zu drei Mo­naten Gefängnis verurteilt.

In Broitzem   wurde der Arbeiter Gustav

sten Ausnahmen wirklichen Reisebedürfnis­ses, getan, weil er glaubte, so dem Terror mir verschwindet der letzte sozialdemokra- worden ist, wobei an den beiden Enden einige der Abstimmung leichter entgehen zu kön­die SS  - Leute standen, die ihn immer wieder in nen! Entweder glaubte er, sich überhaupt dem von der Abstimmung zu drücken, um nicht übrigen waren bereits früher vor den Dro- die andere Richtung stießen. Was mit der Sturmtruppen türkischen Journalisten geschehen ist, >> Ja< zu einem verhaßten System des Betru- aus dem Lande gewichen. Die Nazi- Finster- der monatelang in einer Zelle des Polizei­müssen, oder aber dort, wo man ihn persön- linge vertragen die Beleuchtung durch einen präsidiums gesessen hat, ohne daß jemand Alter vom Schnellrichter zu vier Monaten lich nicht kennt, leichter sein» Nein<« in die sozialistischen   Journalisten nicht. Sie wissen sich um ihn kümmerte, weiß ich nicht... Diese Schwierigkeiten sind es, die be­Die Arbeit eines Korrespondenten in Hit- wirken, daß vieles in der Feder bleibt, was lerdeutschland ist nicht einfach. Rein tech- unter normalen Umständen nisch gesehen ist sie für einen sozialisti- werden würde. Jeder Journalist weiß z. B. Mitteilung des Presse- und Propaganda­schen Korrespondenten leichter als für einen ziemlich genau, mit welcher Energie an der amts der ,, Deutschen Arbeitsfront  ": Redakteur bürgerlicher Zeitungen. Der sozia- Aufrüstung gearbeitet wird, wie die Fabriken listische Redakteur wird von seiner Organi- in drei Schichten arbeiten, wie die Flugzeuge rer der DAF., Dr. Ley, sind seit einiger ,, Ueber den Stabsleiter der P. O. und Füh sation getragen, wird gestützt durch seine in Serien gebaut werden und Flugplätze wie unsinnigsten Gerüchte im Umlauf....

Urne werfen zu können. Ebenso schlau frei­lich wie diese Millionen von Stimmscheinphi­losophen war freilich auch wieder die Regie­rung. Als sie das höchst merk- und denk­würdige Schauspiel dieses Ansturms auf den befreienden Zettel durchschaut hatte, war zwei Tage vor der Wahl durch Radio und Presse bekannt gegeben, die Verfügung bei allen Gemeindeämtern da, daß die abgege­

warum!

Gefängnis verurteilt, weil er sich eine Rund­funkrede des ,, Führers" nicht anhören wollte. veröffentlicht Massengeflüster um Ley

die

Zeit

Zeitung. Er kann, soweit das von seinem Ver- mit einem Pfefferstreuer über Deutschland   während der letzten Tage haben diese Ge benen Stimmscheine sofort einzelnen an die leger und seiner Chefredaktion abhängt, die geschüttet werden. Sie schreiben nur nicht rüchte an einzelnen Stellen des Reiches

Heimatgemeinden weiterzuleiten seien, so daß also die Kontrolle, ob und vielleicht auch wie gewählt worden war, nun erst recht gegeben war.

Wahrheit schreiben.

Der bürgerliche Redakteur muß bei sei­nen Berichten dem Wunsch seiner Re­daktion Rechnung tragen, daß er in Ber­ lin   bleibt.

darüber, können nichts darüber schreiben, Ausmaß angenommen, daß es schon wenn es ihnen nicht so ergehen soll wie Pembroke Stephens, dessen Frau mit dem Tode bedroht wurde, derweil er selbst in einem Loch festgehalten wurde.

ein

in

Anbetracht der Volksbefragung am 19. August notwendig wurde, weitgehende Irreführung der Meinung zu unterbinden. Es mußten

eine öffentlichen eine

So

Ja, es war eine Lust sich zu entscheiden, Er muß lavieren und muß ab zu versuchen, Der wirkliche Zustand Deutschlands   hat Reihe von Personen, die böswillig oder leicht­an jenem denkwürdigen 19. August.. Wel- den Nazis eine Blume an den Hut zu stecken, im Ausland noch nie richtig beschrieben wer- sinnig solche Gerüchte weiter mitgeteilt ha­

cher Zauber der Plakate!

wo das, ohne ein Gefühl des Abscheus bei den können. Auch mit dem größten Mut hält ben, festgenommen werden."

Ob die gefüllten Gefängniszellen den Säu­

>> 1.5 Millionen Kilometer hat der Füh- seinem Leser zu erwecken, geschehen kann. es ein Journalist meist nicht länger als eine ich hatte Woche aus. Und wenn er ausharrt, bringt er fer und Verschwender wieder nüchtern und

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rer im Kampf um Deutschland   im Flug- Ich brauchte das nicht zu tun zeug, im Auto, in der Eisenbahn zurückge-| das Recht und die Pflicht, die Feinde der nicht nur sich selbst leicht ins Zuchthaus, er redlich machen werden?!