Steigende Unkosten-sinkender AbsatfTotale Btirokratisierung— Wadisende TeuerungSeit Beginn der nationalsozialistischenDiktatur haben die Eingriffe in die Wirtschaft einen fast unübersehbaren Umfangangenommen. Da sie aber nicht nachirgend einem Wirtschaftsplan erfolgen,sondern jeweils der Befriedigimg der zahllosen Interessentenhaufen dienen, ist dasResultat ein greuliches Gemisch von bürokratischer Reglementierung und kapitalistischem Profitstreben. Alle Nachteile kapitalistischer Anarchie multiplizieren sich mitdenen einer planlosen Bürokratisierung.Das einzige bis jetzt erreichte Resultat isteine Vermehrung der sogenannten„falschen Kosten" der Produktion, d. h. derunproduktiven Ausgaben.Es wäre sehr interessant zu erfahren,wie hoch diese Kosten der Reglementierung und Ueberwachung auf den verschiedenen Wirtschaftsgebieten heute schonsind. Wir wissen, daß namentlich in derLandwirtschaft die Kosten für die„Marktregelung" von Getreide, Vieh, Milch, Eiernusw. sehr groß sind, und zur Erhaltungdes Apparats hohe Abgaben erhoben werden. Solche Marktregelungen werden füreine immer größere Anzahl agrarischerErzeugnisse vorgenommen. Dabei ist dieTendenz zu beobachten, daß diese Regelungenimmer mehr zu einer vollständigenZwangswirtschaftwerden. So wird z. B. durch eine neue Verordnung der Hopfenanbau genau geregelt.Danach kann der„Reichsnährstand" denUmfang der Hopfenanbaufläche begrenzenund jährlich bestimmen, welche Flächehöchstenfalls mit Hopfen bebaut werdendarf, er kann den Brauereien die Verpflichtung auferlegen, bestimmte Mengen deutschen Hopfens abzunehmen(auf dieseWeise also ohne Rücksicht auf bestehendeHandelsverträge die Einfuhr ausländischenHopfens drosseln), er kann Güteklassenfestsetzen und vor allem Preise und Preisspannen bestimmen. Natürlich benutztDarre, der Reichsernährungsminister,der sich hinter dem Pseudonym„Reichsnährstand" verbirgt, diese Befugnis mitgroßem Erfolg zur immer weiteren agrarischen Preistreiberei.Nebenbei erfährt man aber aus derneuen Verordnung auch etwas über dieKosten des Apparats, der für die Durchführung dieser Bestimmungen aufgezogenwird. In der Hopfenverordnung wird nämlich festgesetzt, daß der reine Händler-nutzen 10 Mark für den Zentner nichtübersteigen darf. Der Käufer aber hat fürjeden Zentner 10 Reichsmark an die Deutsche Hopfenverwertungsgesellschaft Nürnberg zu zahlen: außerdem aber werdenweitere zehn Mark für die Ausstellung derBerechtigungsscheine, die die Händler undBrauereien zum Ankauf beim Erzeuger berechtigen, erhoben, und drei Mark für dieAusweiskarten, die die Personen, die fürRechnung von Berechtigungsscheininhabern deutschen Hopfen aufkaufen dürfen.(Die schleppende Sprache gibt die Schwerfälligkeit der bürokratischen Handhabungtrefflich wieder.)Das Ergebnis ist nun außerordentlichinteressant:Die Kosten des bürokratischen Apparats belaufen sich auf mehr als dasDoppelte der gesamten Handelsankosten.Da die Nationalsozialisten nicht etwa durchAusschaltung des Handelsprofits die Unkosten ermäßigen können— der selbständige Mittelstand muß ja erhalten werden— so müssen sie die Kosten des Apparats,sei es von den Konsumenten, sei es vonden Produzenten zusätzlich hereinbringen.So erklärt es sich, daß trotz der gestiegenen Agrarpreise die Erlöse der Produzenten lange nicht in gleichem Maße steigen.Andererseits bedeutet die sich immer mehrausdehnende Zwangswirtschaft namentlichbei leichtverderblichen Produkten(Eiern,Frischgemüse) starke Verlustmöglichkeiten, die wieder auf die Produzenten abgewälzt werden. Daher die wachsende Unzufriedenheit und steigende Nazifeindlichkeitder Bauernschaft, die immer mehr dieNachteile des bürokratischen Zwangesempfindet, ohne eine genügende Kompensation durch steigende Preise zu erhalten.Denn ein großer Teil der gestiegenen Verkaufspreise wird durch die unproduktivenKosten aufgezehrt. Für die wachsende Un-produktivität der Gesamtwirtschaft ist eswahrhaftig kein Trost, daß in diesen anschwellenden Wirtschaftsapparat immermehr Pg.'s eingestellt werden können.Auf der anderen Seite wachsen die unproduktiven Ausgaben auf dem Gebiet derIndustrie und der Geldwirtschaft ebenfallsin raschem Maße. Die Devisenzwangswirtschaft beschäftigt in der Reiehsbank undden anderen Banken wohl viele Hundertevon Personen, aber auch die Ueberwa-chungsstellen für die Verarbeitung derverschiedenen Rohstoffe erfordern einständig steigendes Personal. So beschäftigtdie Ueberwachungsstelle für die Industrieder Nichteisen-Metalle mehr als 100 Personen und man rechnet für die nächsteZeit noch mit neuen Einstellungen.Bedeutungsvoller aber sind die indirektenWirkungen. Die Devisenwirtschaft machtrasche Entscheidungen über geschäftlicheMaßnahmen, die namentlich im Außenhandel unerläßlich sind, immer mehr zur Unmöglichkeit. Sie stellt in wachsendemMaße wohl die schwerste Hemmung dar,die dem deutschen Außenhandel je bereitetworden ist.Die Verhandlungsmethoden von Schachthaben dazu geführt, daß die Zwangsmaßnahmen sich immer mehr häufen. NachHolland ist auch Finnland zu einer Art vonZwangsclearing geschritten, und auch dieEngländer und Schweden scheinen entschlossen, zu Zwangsmaßnahmen überzugehen, wenn nicht endlich die Regulierungder alten Handelsschulden vorgenommenwird.Dazu kommen die Kostenerhöhungeninfolge der durch die mangelnden Rohstoffzufuhren erzwungenen Produktionseinschränkungen. In der Textilindustrie z.B. bedeutet die Einschränkung eine Umsatzverminderung von etwa 25 Prozent,während die Generalunkosten dieselbenbleiben. Die Folge ist natürlich Preiserhöhung undweitere Verminderung der Exportfähigkeit.In derselben Richtung wirkt der Zwang,deutsche Rohstoffe oder Ersatzstoffe zuverwenden. So hat das Kartell der Filztuchfabrikanten namhafte Preiserhöhungen dekretiert, mit der Begründung, daßes genötigt sei, mehr als bisher zur Verwendung deutscher Wolle überzugehen.Die deutschen Wollen hätten aber seit derEinfuhrsperre für Auslandswolle beträchtlich im Preis angezogen.Diese Preiserhöhungstendenzen setzensich um so leichter durch, als auch unterSchacht kaum ein Tag vergeht, an demnicht neue Zwangskartelle geschaffen werden. Aber die Monopolisierung ist ja längstnicht mehr auf einzelne Industriegruppenbeschränkt. Für große Erwerbszweige, wiebeim Einzelhandel, bei den Gaststätten,Apotheken, Annoncenexpeditionen, Tankstellen und vielen anderen, ist der Zuganggehemmt oder gesperrt. Die Konkurrenzwird immer mehr ausgeschaltet und sobleiben die Erlasse gegen Teuerung aufdem Papier.Die Teuerungstendenz setzt sich durchin.einer Zeit steigenden Lohndrucks, alsoeiner Verengerung des Binnenmarktes, zugleich verengt sie den Außenmarkt nochweiter. Es ist ein fortschreitender Niedergang, demgegenüber die Wirtschaftsdiktatur bis jetzt wirksame Gegenmaßnahmennoch nicht einmal versucht hat.Dr. Richard Kern.Für 5 Pfg. MehlHungerquanten im Einzelhandel.Einem Brief aus dem Westen entnehmenwir:„... Ein Lebensmittelgrossist, Inhabereines großen westdeutschen Unternehmensdieser Branche, gibt eine Darstellung vomNahrungsmittelkonsum der Bevölkerung undvon der Geschäftslage bei Groß- und Kleinhändlern. Durch die Devisenbestimmungenist ein Zweig der Branche fast ganz vernichtet: Kaffee, Kakao, Tee und ähnlicheausländische Artikel verschwinden immermehr aus dem Absatz, Der Geschäftsumfangund die Verdienstmöglichkeiten werden dadurch stark eingeschränkt. Den Zusammenbruch zahlreicher Unternehmungen kann voraus berechnet werden. Da auch mit dem Kornsehr sparsam gewirtschaftet werden muß,wird es nicht lange dauern und„Morgentrank"„Tabu" und ähnliche Kriegsbrühensind wieder da. Aber auch der Absatz inländischer Produkte sinkt katastrophal. DerEinzelhändler kann dem Grossisten nicht terminmäßig zahlen, da gute langjährige Kundschaft auf Pump„kauft". Die elenden Löhneund Unterstützungen reichen nur zum Einkauf geringster Qualitäten und Quanten Lebensmittel. Es Ist üblich geworden, daß für5 Pf. Zucker, Sirup, Mehl, Salz,Oel usw. meistens von den Kindern geholt werden. Der Kleinhändlerweiß nicht, wie er solche Hungerquanten abgeben soll, wie er dabei noch etwas verdienenkann, da z. B. ein Pfund Zucker 46 Pf. kostet.Familien, die früher drei Heringe zum Abendessen kauften, kaufen jetzt einen. Dazukommt die starke Knappheit an Margarineund Kartoffeln. Diese Händlerschichten sindsehr niedergeschlagen, untereinander verfluchen sie das Hitlersystem, haben aber nunerst recht Angst vor dem Bolschewis-SteSgerung derMassenkauf kraft?Entgegen der Behauptung der Nationalsozialisten, daß die Konsumkraft der Massenunter ihrer Herrschaft gestiegen sei, geht ausden Umsatzziffern des Handels das Gegenteilhervor. Die Umsätze des Einzelhandels habenim ersten Halbjahr 1934 gerade die Umsatzhöhe der ersten Jahreshälfte von 1932 erreicht. Die Textilfachgeschäfte haben in derersten Hälfte dieses Jahres mehr absetzenkönnen als in der gleichen Zeit des Jahres1932, aber dieser Mehrabsatz ist in derHauptsache wohl auf die Angst- und Vorratskäufe zurückzuführen.Demgegenüber steht aber nun ein bedeutender Rückgang der Umsätze der Warenhäuser. Selbst gegenüber dem Jahre 1933 sind im ersten Halbjahr 1934 die Umsätze welter gefallen, undzwar um 6 Prozent. Gegenüber dem Jahre1932 ergibt sich jedoch ein Umsatzverlust vonknapp 25 Prozent. Die Textll- und Bekleidungsabteilungen der Warenhäuser verzeichnen in dem gleichen Zeltraum einen Umsatz-schwund von 14 Prozent.Wenn dieser bedeutende Umsatzrückgangder Waren- und Kaufhäuser lediglich auf denmit terroristischen Mitteln durchgeführtenBoykott der Nationalsozialisten zurückgeführtwerden könnte, dann müßte im Einzelhandeleine entsprechende Zunahme zu verzeichnensein. Da das aber, wie die Ziffern zeigen,nicht der Fall ist, so liegt darin die BestäU-gung dafür, daß seit Anfang 1933nicht eine Steigerung der Massenkaufkraft, wohl aber eine weitere Senkung stattgefunden hat.Das Absterbender KonsumvereineAus dem Geschäftsbericht des Spitzenverbandes der Deutschen Konsumvereine, derfrüheren Großeinkaufs-Gesellschaft, geht hervor, daß der Umsatz der der GEG angeschlossenen Konsumvereine im Geschäftsjahr 1933/34von 911 Millionen auf 719 MUlionen Reichsmark zurückgegangen ist. Der Rückgang d e s U m s a t z es b e t r äg t demnach mehr als 22 Prozent.Da die Nationalsozialisten nach dem Raubund der Gleichschaltung der Konsumgenossenschaften den Massenaustritt der Mitgliederdurch ihr Terrorregime verhindert haben, dasie weiter behaupten, daß durch ihre Arbeitsbeschaffungsaktion die Konsumkraft derVerbrauchermassen gestiegen sei, so bleibtfür die Erscheinung des auffälligen Schrumpfens des Warenabsatzes der Konsumvereinenur die eine Erklärung übrig, daß dieZwangsmitglieder der nationalsozialistisch gewordenen Konsumvereine sich mit einem Kaufstreik zur Wehr setzen. Der Umfangdes Rückganges beweist, daß diese stillschwelgend begonnene Aktion bereits einengrößeren Umfang angenommen hat.Sie ist auch nicht ohne Folgen für denUmsatz der GEG mit ihren Genossenschaftengeblieben. Der Wert des Warenbezuges derKonsumvereine von der GEG ist von 340 auf280 Millionen Reichsmark zurückgegangen.Der Umsatz der Produktionsbetriebe ging um21 Prozent zurück.So zeigt sich, daß die Nationalsozialisten,die in den Konsumgenossenschaften ein rechtergiebiges Feld für die Betätigung gesinnungstüchtiger Futterkrippenreiter gefundenzu haben meinten, die von den Arbeitern mitihren eigenen Mitteln aufgebaute Genossenschaftsbewegung und ihre Betriebe allmählich aber sicher zugrunderichten.Der Haus-NaziEine Veröffentlichung der LandesstelleWürttemberg des Propaganda-Ministeriumswendet sich gegen die Firmen, die, währendsie sich früher vom Nationalsozialismus soweit wie möglich distanziert hätten, heuteden Nationalsozialismus als Aushängeschildbenutzten. Zu diesem Zweck würden für denAußendienst bevorzugte Leute eingestellt, diebereits in der Kampfzeit Nationalsozialistengewesen seien. Diese Männer sollten nununter Berufung auf ihre langjährige Parteizugehörigkeit Aufträge hereinholen,Beziehungen anknüpfen— kurz, den„Haus-Nazi" spielen. Diejenigen Geschäfte aber, dieauch in der Zeit des Kampfes oft unter Verlusten zum Nationalsozialismus gehalten hätten und die es auch heute noch verabscheuten, aus ihrer Gesinnung Geld zu machen, sei-*en die Geschädigten. Für jeden Nationalsozialisten müsse es eine Selbstverständlichkeit sein, daß diese Verbindung von Bewegung und Geschäft verwerflich sei, und niemand solle sich zum„Haus-Nazi" herabwürdigen lassen.Man predigt vergebens gegen die schmutzigen Folgen, eines„Systems", solange dieschmutzigen Ursachen wie Terror, schändlicher Mißbrauch der politischen Macht zu Geschäftszwecken, Erpressung in allen Abartenfortbestehen.Hänge-Peters, Eine feine Marke!In der Kolonialpolitik der wilhelminischenAera gibt es einen Mann der den Eingeborenen ein Greuel und für Deutschland einSchädling war. Er regierte in Deutsch-Südwestafrika und sein Name wurde zu einemWeltskandal, als er seinen schwarzenBoy Mabruk auspeitschen und hängen ließ,weil der Boy zu einer der schwarzen Mätressendes weißen Sahib durchaus landesübliche Beziehungen unterhielt. Noch dem Toten durchbohrte die Kolonialbestie mit dem Flintenlauf den Schädel und brachte bei einer Tafelei ein zynisches„Prosit auf den seligenMabruk" aus. Der Mann hieß Dr. Petersund wurde der Welt unter dem NamenHänge-Peters bekannt. Er mußte dieKolonien schließlich in Schimpf und Schandeverlassen; das offizielle Deutschland sprachseitdem nicht mehr gern von ihm.Heute prangt Hänge-Peters auf einerBriefmarke Hitlerdeutschlands, denn dasbegeht ein Kolonialdenkjahr. Wenn wir ausder Skandalchronik der Kolonial greuel einenKronzeugen für die braunen Greuel hätten nennen sollen, wir hätten auch keinen klassischeren gefunden, als Hänge-Peters. Wobeidiesem Kolonialsadisten immer mehr zugutegehalten werden muß, daß er unter Tropenkoller litt, ein mildernder Umstand,den die braunen Sadisten für ihre Blutorgiennicht anführen können. Insofern mag Hänge-Peters von ihnen allen noch der diskutabelsteFall sein— und das will bei Wotan etwasheißen... Späteren Sammler-Geschlechternaber wird diese feine Briefmarke wichtig seinals typischer philatellstiscber Ausdruck einesbarbarischen Gangsterstaates. Väter werdenihren Kindern erklären:„Diese Marke mit demKlemmergesicht? Das war damals, als dasdeutsche Volk von braunen Strolchen gepeitscht und gequält wurde, wie die afrikanischen Neger vom Hänge-Peters!"Ja, ja- die WühlmäuseDie gleichgeschaltete Presse meldet:„Gegen die Wühlmäuse die sich in Oberbayern,begünstigt durch den beißen Sommer, ungeheuer vermehrt haben, hat man besonders imBezirk Rosenheim einen planmäßigen Vernichtungsfeldzug geführt. Die Wühlmäuse haben vor allem in den Kartoffel- und Rübenfel-dem, wo zum Teil jeder Quadratmeter mitdrei bis vier unterirdischen Gängen durchzogen ist, gewütet, so daß hier 30 bis 40 Proz.der Ernte ihnen zum Opfer fielen. Auch inden Obstgärten ist der Schaden groß."Nach dem Ergebnis des 19. August scheintes, daß die Wühlmäuse sich nicht nur in Oberbayern, sondern in ganz Deutschland starkvermehrt haben.Die Görlng-CUqne. Göring hat den KapitänChristiansen, einen Mann aus seinerengsten Clique zum Polizeipräsidenten vonMagdeburg gemacht.