Neuer Vorwärts
Sozialdemokratisches Wochenblakk
Verlag: Karlsbad , Haus„ Graphia* Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblatt letzte Seite
Nr. 72 SONNTAG, 28. Okt. 1934
Aus dem Inhalt:
Die spanische Kommune
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Babylonische Verwirrung bei Hitler
Saar und Kriegsgefahr
Mit der Freiheitsfront gegen Hitler für Deutschland !
Eines der brennendsten Probleme Euro-| ergebnis nur ein Definitivum. Ginge es Gelingt es dem Völkerbund so oder so Es gibt also heute ein verwickeltes und pas ist heute das Saarproblem. Wie ist es nach seinem Wortlaut, so müßte die Saar mit leidlicher Ordnung über die Abstim- gefährliches Saarproblem. Aber dieses Proentstanden, worin besteht es? nach einem Sieg des Status quo für alle mung hinwegzukommen, so ergeben sich blem ist erst durch den Sieg der braunen Vor zwei Jahren gab es kein Saarpro- Zeiten vom Völkerbund regiert werden. für ihn neue Probleme. Bleibt der Status Piraten über die anständige und friedliche blem. Es gab nur die Gewißheit einer Das aber will kein Mensch. Wer für quo, so wird das innere Regime mehr als Mehrheit des deutschen Volkes entstanVolksabstimmung, die mit 95 bis 99 Pro- den Status quo stimmt, der tut bisher auf den Boden der Selbstverwaltung den. Wenn Hitler noch vor dem 13. Jazent für Deutschland entscheiden würde. es in der Absicht, die Rückkehr zu stellen sein. Im Falle eines Sieges Hit- nuar stürzt, wenn das Regiment des VerVon einer Kriegsgefahr hätte damals nur aufzuschieben, bis Deutsch- lers muß aber der Völkerbund diejeni- brechens verschwindet, dann gibt es kein land wieder ein zivilisierter gen schützen, die in der Minder- Saarproblem mehr, dann ist eine fast einStaat geworden ist. heit geblieben sind. Er darf das stimmige Entscheidung und die reibungsDarum muß man vom Völkerbund we- Land nicht räumen, um dem Mord und lose Rückkehr der Saar für Deutschland nigstens das eine verlangen: Er muß klar dem Totschlag Platz zu machen. gesichert. Nur weil in Deutschland heute Nach dem Friedensvertrag muß Verbrecher regieren, Recht und Freiheit
ein Narr reden können.
Dann kam Hitler . Seit Hitler da ist, besteht keine Sicherheit mehr darüber, wie sich das Saarvolk entscheiden wird, und der 13. Januar 1935 gilt als kritischer Tag erster Ordnung für den europäischen Frie
den.
Das Saarvolk ist heute landsdeutschtum überall
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wie das Auszerrissen. Ein
und unzweideutig erklären, daß der Wille
der Status- quo- Wähler respektiert und der Deutschland im Falle seines Sieges die von dort verschwunden sind, wehren sich Weg zu einer nochmaligen Ent- Kohlengruben von Frankreich zurückkau- heute Hunderttausende von Auslandsdeutscheidung offengehalten werden soll. fen. Ueber die Modalitäten dieses Rück- schen verzweifelt dagegen, Untertanen dieDem Geist zu des Selbstbestimmungsrechts kaufs wird verhandelt werden. Wichtiger ses entarteten Staatswesens werden. widersprechend und höchst illoyal wäre es, aber als Frankreichs Geld sind Leben und Daß es ein Saarproblem gibt, daß es eine wenn man einem Volk einen Zustand als Freiheit jener ungezählten Tausende, die Kriegsgefahr an der Saar gibt, ist einzig Definitivum aufzwingen wollte, den es nur bei einem Einbruch der braunen Barbarei und allein Hitlers Schuld. Darum stehen zu Deutschland , aber jetzt sind. als Provisorium wünscht. Daß dies nicht auf das Aeußerste bedroht Sie wir zur Parole der Freiheitsfront an der geschehen soll, darüber muß noch recht- schutzlos ihren Peinigern preiszugeben, Saar :> Gegen Hitler für DeutschAm 13. Januar fällt die Entscheidung zeitig volle Klarheit geschaffen werden. wäre schimpflich. land!
auch nicht!
will
zwischen der Rückkehr zu Deutschland und der Beibehaltung des Völkerbund -| regiments, dem sogenannten Status quo. Der Anschluß an Frankreich , im Friedensvertrag theoretisch vorgesehen, kommt praktisch nicht in Betracht.
Was bedeutet der Sieg des Status quo? Er bedeutet einen furchtbaren Schlag gegen das braune Regime, seine lebensgefähr
Führende Zeitschrift der nationalsoziali-| bewährten nationalsozialistischen Kräften, die| greifen brauchten, um den Plan der Rettung
der in der Freiheitsfront vereinigten So- stischen Wirtschaftspolitik ist„,„ Die deutsche sich dann ausschließlich mit der Begründung und Weltbeglückung hervorzuziehen!
!
Die Lage ist nach Dr. Hunke so, daß die
Millionen Deutsche , die den wirtschaft-» Deutschen lichen Verfall, die politische Knechtung im Lage<: Dritten Reich schmerzlich fühlen, glauben dennoch alles tragen zu müssen, weil sie Wirtschaftspolitik des Dritten Reiches ( wörtin den Erfolg der Nationalpolitik lich)> an die Geschichte vom Turmbau von Hitlers glauben. Sie haben noch nicht Babel erinnert<. erkannt, daß gerade diese Nationalpolitik sich Dr. Hunke schon einmal in Babel befinHitlers eine Kette von Bankrotten ist und det, hängt er auch seine Harfe an die Wei- nicht weit genug fortgeschritten, um
Und nicht nur das!
Da
zu
Am
Führender Mann dieser und Ausbildung einer national- 1. Mai 1933 prolongierte Hitler seinen ZuZeitschrift ist Dr. Hunke, M. d. R. sozialistischen Wirtschaftslehre kunftswechsel um fünf Jahre aber die VerDr. Hunke, M. d. R. schreibt in der und-theorie zu befassen hätten". Er be- sprechungen blieben aufrechterhalten! Haben Volkswirtschaft< über:> Die gründet diese Forderung folgendermaßen: sie dann nicht während der sogenannten Ar,, Eine bewußte Tat erfolgt nur aus einer beitsschlacht immer wieder versichert, eigentklaren Grundhaltung heraus und hat ihren lich seien die Versprechungen schon erfüllt, Grund in einer fundierten Weltanschauung. die Wirtschaft gerettet und das Paradies auf Ohne diese, ist sie stets die Tat des blinden die deutsche Erde gekommen? Hödur." Heute zucken sie mit den Achseln: ,, VerDr. Hunke ist in seiner Erkenntnis noch sprochen? Wir haben nichts versprochen!" Aber sie versprechen immer weiter! Versehen, was ,, nationalsozialistische" Wirt- sprechen sie nicht dem deutschen Volk den , Wir haben vielfach den Weg so schaftspolitik in Wirklichkeit ist, nämlich die Frieden mit feierlichen Beteuerungen? nommen, daß wir die Begriffe be- korrupteste kapitalistische Interessenpolitik, Eines Tages werden sie auch über diese Verstehen ließen und wir nun ihren Sinn eingehüllt in ein paar ,, sozialistisch" klin- sprechungen die Achseln zucken und erklänicht ren: ,, Frieden versprochen? wandelten. Das ist in stillschweigen- gende Phrasen. sieht, wohl auch nicht schon darf, so sieht haben nichts versprochen!" der Uebereinkunft geschehen. er nur Wirrwarr, Unklarheit, Widersprüche, Zweideutigkeit, Turmbau von Babel und Taten des blinden Hödur. Wie aber muß es nach zwanzig Monaten Naziherrschaft die deutsche Wirtschaft bestellt sein, wenn
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daß sie beseitigt werden muß, wenn das den und weint: Leben der Nation gerettet werden soll. Geschieht nun am 13. Januar das jenen Kreisen Unfaßliche, verweigert das Saarvolk seinen Anschluß an Deutschland , dann werden gerade den ehrlich Nationalgesinnten die Augen aufgehen, sie werden mit Entsetzen bemerken, wohin Hitler sie
geführt hat.
Das braune Regime kämpft an der Saar um sein Leben. Es wird vor keinem Mittel zurückschrecken, um das Abstimmungsergebnis für sich günstig zu gestal
ten oder
-
die Abstimmung gewaltsam zu verhindern. Was tut der Völkerbund? Er regiert
wenn die Gefahr zu groß ist
mit seiner Regierungskommission gemäBigt liberal. Die Regierungskommission verbietet gelegentlich, um ihre Unparteilichkeit zu beweisen, auch sozialdemokratische Zeitungen. Den Terror der sogenannten deutschen Front wirksam zu bekämpfen, fehlen ihr die Machtmittel. Die Werber Hitlers riskieren so gut wie nichts. Die Anhänger des Status quo riskieren im Falle der Niederlage den Verlust von Heimat und Habe, Freiheit und Leben.
ge
Diese Methode hat aber ihre Grenzen. Wenn z. B. in der Wirtschaftstheorie
je nach Bedarf die freie oder die gebundene Wirtschaft als nationalsozialistisch angesehen wird,
noch Weil er das
um
dann besteht die Gefahr, daß das Salz sich der Brust eines ,, führenden" braunen Wirt( nicht nur dieses! Red. d. N. V.) dumm schaftspolitikers ein solcher Verzweiflungswird. Wenn eine Seite die Wirtschafts- schrei entringt! lenkung als nationalsozialistisch be
zeichnet und dementsprechend in der Pra- Sie haben nichts
xis reglementiert, die
andere
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Wir
In diesen Tagen hat Europa um die Opfer des Mordes von Marseille getrauert. Viele Städte hatten Trauergewand angelegt, und in den Kinos konnte man die vielen Tausende sehen, die ihren Herrscher auf seiner prunkvollen letzten Fahrt begleiteten. Der Tod der
aber die freie Wirtschaft in der Praxis fordert Sie ziehen wieder einmal landauf, landab worden, aber was ist diese Tragik, verglichen dann wird die Praxis sehr bald so aus- und reden, reden. Reichsführer, Reichsstatt- mit der jener stummen Helden, wie sie sehen, daß in der allgemein entstehenden halter, Gauleiter, Kreisleiter und was sie täglich dem Schrecken des Hitlerregiments Unsicherheit die überwunden geglaubten reden, ist immer wieder dasselbe:„ Wir zum Opfer fallen! Eine schlichte Anzeige in Theoretiker und Praktiker wieder Ober- haben nichts versprochen!" Hit- einer Leipziger Zeitung, in der die Bekanntler selbst hat damit angefangen, dann kam gabe der Todesursache fehlen mußte, hat uns
wasser haben.
die
wie Welten miteinander ringen, sich beide als nationalsozialistisch be
zeichnen.
der Litho
In dieser Weise lassen sich Hunderte Göbbels , nach ihm Rosenberg, und nun drehen den Tod eines unserer Besten gemeldet. von Beispielen, die uns zeigten, sie alle die gleiche Walze. Sie haben auf ein- Christian Ferkel , ehemals sozialdemoSächsischen mal alle nichts versprochen. Nichts kratischer Abgeordneter des von Rettung der Wirtschaft, Aufstieg des Landtages und Bevollmächtigter der OrtsMittelstandes, Arbeit und Brot, nichts vom gruppe Leipzig des Verbandes besseren Leben, nichts, garnichts! graphen und Steindrucker, war im August Es ist erst zwei Jahre her, daß Hitler er- von den Häschern des Dritten Reiches ver Weise der nationalsozialistischen die Be- zählte, er habe einen fertigen Plan zur Ret- haftet und, wie seine Mitgefangenen, der Folzeichnung nationalsozialistisch abspricht." tung der Wirtschaft, zur Behebung der Krise. ter barbarischer Mißhandlungen unterworfen Mit anderen Worten, die Herrschaften ha- Damals wurde der Inhalt dieses angeblich worden. An ihren Folgen ist er, ein kräftiger
Es überrascht dabei nicht, daß die nichtnationalsozialistische in bekannter
das Beispiel der katholischen, Kirche. Die Kirche weiß sehr genau, daß sie bei einem Anschluß an Hitlerdeutschland nichts zu gewinnen und alles zu verlieren hat. Aber sie fürchtet die Rache der Machthaber in Deutschland . Sie ben so sehr ,, den Sinn der Begriffe gewan- vorhandenen Plans streng geheim gehalten Mann von etwas mehr als fünfzig Jahren,
ist in ihrer Entscheidung unfrei.
delt", d. h. das Blaue vom Himmel herunter- damit nicht die politische Konkurrenz ihn nach vierzehn qualvollen Wochen, in der Gefer der Freiheitsfront im Nachteil. Der wissen, was und wer und wo sie sind. Darum so stellten sie sich als die Retter hin, die am eingeäschert worden. Noch in anderer Weise sind die Kämp- geschwindelt, daß sie nun selber nicht mehr ohne Hitler ausführe! So redeten sie damals, fängniszelle gestorben, am 16. Oktober ist er
Friedensvertrag kennt als Abstimmungs- fordert Dr. Hunke die ,, Freisetzung von alten Tage der Revolution nur in die Schublade zu
Er wirkte, ein geborener Bayer, 1918 und