Nr. 77 BEILAGE

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Neuer Vorwärts gentle off

1911

2. Dezember 1934

Die»> Miliz« ohne Seele

Ist das wahr?

Militärische Wirren des Dritten Reichs

Das Kaderheer an sich raubt der Miliz reden wie er wolle, er werde immer die Stra­

daß er

Jahrzehnte hindurch war die Miliz eine sie und nimmt dem sozialistischen Miliz-| dieses Problem und den Zwiespalt zwischen| bei der Volksversammlung. Hier trat Diony- or und verleumdete die bisherigen Sozialistische Forderung. Die stehenden gedanken sein Herz, seinen Geist und Krieg und Volkswille nicht überbrücken, sius auf Heere wurden als eine Gefahr für den seine Seele und hinterläßt ein dürres weil die Masse so oder so,» an der Front« Führer, sie hätten den Staat an den Landes­äußeren und inneren Frieden angesehen Knochengerüst, das uns an den Tod, nie- oder» hinter der Front« doch schlach- feind verraten. Dafür wurde er zwar vomod und unter diesem Gesichtspunkt bekämpft. mals aber an das Leben erinnert. tenentscheidend bleibt, weil Gericht mit einer Geldstrafe belegt, doch der stehendes Heer, sondern Volks- Was sich heute unter dem Deckmantel» Kriegsfront und Arbeitsfront«< völlig reiche Philistus bezahlte die Strafe für ihn und sagte ihm, er möchte nur ruhig weiter war der Titel einer Broschüre der» Miliz« vollzieht, das ist die Milita- identisch geworden sind<<( Jünger). Bebels und zugleich die Kampfparole der risierung des Volkes, während die Sozialdemokratie in einer bestimmten Milizforderung von gestern auf die Zivi- nicht ihre Seele. Jede Miliz setzt einen fen für ihn bezahlen. So wurde Dionysius Phase der Entwicklung. Heute reden alle lisierung des Militärs hinauslief. Stamm von Ausbildungspersonal voraus, immer dreister und erreichte auch, Militärs von der>> Miliz«. Sie ist zwar um- Das eine ist Herrschaft des Militarismus wesentlich ist nur, ob das Kaderheer zum Feldherrn gewählt wurde. Nun wandte sich zum stritten, aber längst nicht mehr in dem über das Volk, das andere Herrschaft des selbst im Geiste der Miliz organi- er alle Geschicklichkeit an, um seines Vaterlandes zu Sinne, wie es früher der Fall war. Füh- Volkes über den Militarismus und damit siert ist und funktioniert, ob das Kader- Alleinherrscher er die Männer be­rende Militärschriftsteller machen darauf Auflösung des Militarismus. heer die Massen beherrscht, oder die Mas- machen. Zuerst mußte aufmerksam, daß man sich den>> sozialisti- Die moderne Entwicklung des Kriegs- sen das Kaderheer in ihre Gesetzmäßig- seitigen, die mit ihm zugleich zu Feldherrn schen Wehrauffassungen sehr sichtbar wesens hat den Krieg vom repräsentativen keiten einbeziehen. Im Faschismus gewählt worden waren. Zu diesem Zwecke Kampf der Heere zur unmittelbaren Ange- a b er sind alle Schattenseiten hielt er sich ihren Beratungen fern, vermied legenheit der Volksmassen und der ganzen des Milizheeres mit denen des auch, mit ihnen sonst irgendwie zusammen­Bei oberflächlicher und nur militäri- Nation gemacht. Jedoch wurde der Krieg Berufsheeres vereint. Die heutige zukommen, ließ aber das Gerücht verbreiten, scher Betrachtung erscheint dies richtig. zur unmittelbaren Angelegenheit der>> Miliz«< hat mit der Miliz nicht mehr ge- daß sie mit dem Feinde in Verbindung stän­Von Kind auf werden die Staatsbürger in Volksmassen nur im militärischen meinsam, als der deutsche>> Sozialismus<< den. Gleichzeitig versprach er den Soldaten den Dienst der Wehrhaftigkeit gestellt. Sinne, politisch und wirtschaftlich ist er mit dem Sozialismus. Italien steht an der Spitze dieser Be- es weniger denn je. Der totale Staat ist strebungen. Deutschland folgt. So das Eingeständnis dieser Tatsache, er ist sind also die beiden faschistischen Staaten die politische Folge der manniggfaltig zer­die tatkräftigsten Preisfechter sozialisti- rissenen Nation. So wird die Miliz also zu scher Wehrauffassungen? Findet hier der einer Zeit eine militärische Notwendgkeit, große Gedanke des Sozialismus und des wo sie politisch und sozial zugleich eine kühnsten Verfechters der>> Nation in Waf- große Gefahr für die Herschenden bedeu­fen«, Jean Jaurés , seine Verwirklichung? tet. Nicht nur die Arbeiterklasse steht in Ja und nein. Nimmt man für sich allein Opposition zu vielen Staaten, dasselbe ist die rein militärisch technische Seite der heute von weiten kleinbürgerlichen Krei­Sache: ja! Sieht man in der sozialistischen sen zu sagen. Hat doch selbst der Natio- Schiller hat in seiner ,, Bürgschaft" zwar Milizforderung mehr als eine mili- nalsozialismus vor seiner Machtergreifung für selbstverständlich gehalten, daß tärisch- technische Forderung, Aeußerungen getan, die von Militärs als ehrenwerter Mann seine Stadt mit setzt man sie in Beziehung zu den dama- Landesverrat gedeutet wurden. Dolche von einem Tyrannen befreien ligen Bestrebungen, zu den Zielen und Aus dem heutigen Widerspruch zwi- gibt aber diesem Selbstherrscher einen groß- einziehen, das Volk von Gela aber lobte ihn Idealen des Sozialismus: nein! keine größere Schändung Jaurés , als diese, daß man behauptet, sein Wehrideal habe

sich heute erfüllt.

Also nichts!

Diktatoren

F. W.

von Syrakus , ihren Sold zu verdoppeln.

Gela, die Vaterstadt von Syrakus , jetzt seit zweitausend Jahren vom Erdboden ver­schwunden, fühlte sich von den Karthagern so bedroht, daß es nach Sykarus um drin­gende Hilfe schickte. Dionysius zog also in Eilmärschen in das Innere von Sizilien und kam gerade dazu, als in der Stadt, in der vor noch nicht zwei Menschenaltern der be­rühmte griechische Dramatiker Aeschylos gewirkt hatte, schwere Zwistigkeiten zwi­schen den augenblicklichen Machthabern und ein dem Volke ausbrachen. Auf die Wirkung in er dem Syrakus bedacht, ließ die bisherigen und will, Machthaber hinrichten ihr Vermögen

des Altertums Zu Dionys, dem Tyrannen, schlich...

ver­

auf

Es gibt schen militärischer Notwendigkeit und po- mütigen Zug: ,, Ich sei, gewährt mir die Bitte, als den Stifter seiner Freiheit und sandte Ab­litischer und sozialer Rechtlosigkeit der in eurem Bunde der Dritte!" Doch selbst mit geordnete nach Syrakus , die dort sein Lob Massen suchen einzelne Militärs dadurch dieser Großmut tadelt der Dichter, der sein preisen und ihn mit großen Belohnungen be­herauszukommen, daß sie eine Berufs- erstes Werk ,, in tyrannos" geschrieben hat, ehren sollten. Nun hielt es Dionys nicht mehr Denn für Jaurés war die Miliz untrenn- armee verboten, die in langjähriger alle Tyrannenmacht. Denn eben die bürger- in Gela , trotzdem sich die Nachrichten bar verbunden mit dem Geist der fran- Dienstzeit zur größten Zuverlässigkeit er- lichen Tugenden der Freundschaft, des Ver- stärkten, daß die Karthager mit ihrem gan­zuerst gegen Gela zösischen Revolution, mit dem vom Fa- zogen und die als entscheidende Truppe trauens, der Verläßlichkeit sind Diktatoren zen Heer den Feldzug würden, und die Gelaer den schismus, verfluchten Liberalismus, mit eingesetzt werden soll, mit dem Ziel, den fremd, mißtrauisch wittern sie in jedem einen unternehmen Hand Feldherrn dringend baten, sie nicht im Stiche dem Gedanken der Republik und des Krieg durch eine sehr bewegliche Armee neuen Feind, in jeder versteckten Selbstbestimmungsrechtes des Volkes,( nach Möglichkeit allein durch sie und in wähnen sie einen Dolch und gehen aus Angst zu lassen. Dionys gab ihnen nur das Ver­der große sprechen, mit einer größeren Macht wieder­also der politischen Demokratie. Die der kürzesten Frist) zu beenden. So sehr über Leichen. Nie gelingt ihnen Miliz war gleichsam der militärische die Berufsarmee im Sinne des General von Wurf, eines Freundes Freund zu sein; Raub- zukehren, und zog nach Syrakus , ohne Ausdruck dieser Gedanken. Seeckt und anderer die Folge der ungeheu- tiere in Menschengestalt stehen sich gegen- die Karthager zu warten. Die Syrakusaner fragten bei seiner Heim­Für den Faschismus ist die Miliz in ren Komplizierung der Kriegsführung und über. Die Anekdote, die dem Schillerschen Ge- kehr verwundert nach den Karthagern, doch erster Linie für den Krieg vorhanden. der damit notwendigerweise verbundenen Für den Sozialismus war die sehr intensiven Ausbildung ist, so sicher dicht zugrunde liegt, entstammt dem Ge- Dionysius erklärte, er wisse nichts und er Milizin erster Linie die Garan- es ist, daß solche Spezialtruppen wahr- schichtsschreiber Diodor von Sizilien , der in bitte um seine Entlassung, er tie des Friedens, sie galt vor scheinlich auch künftig nicht entbehrt wer- seiner Bibliothek der Geschichte" ausführ- mit Generalen zusammenarbeiten, die Landes­allem der Vernichtung kriegs- den können, darf doch andererseits nicht lich beschreibt, wie dieser Tyrann einer der verräter seien. Wenn er das früher nur ver­lüsternen Militarismus, der, seinem eigenen übersehen werden, daß ihr in der Seeckt - damals größten Städte des mittelmeerischen mutet habe, so wisse er es jetzt bestimmt. eine halbe denn der karthagische Feldherr habe einen Schwergewicht folgend, seine Bestimmung schen Ausprägung auch die Furcht vor Kulturkreises Syrakus hatte immer im Kriegführen sehen muß und der Masse zugrundeliegt, die nicht nur Million Einwohner, also zehnmal so viel als Herold an ihn gesandt und fragen lassen, ob alle andersdenkenden Volksschichten nie- deshalb geringer bewertet wird, weil sie jetzt die Macht errungen und wie er sie er nicht dem Beispiel seiner Kameraden fol­derzuhalten bestrebt ist. Durch die Miliz nicht mehr» die schlachtenentscheidenden behauptet hat. Mehr als diese Anekdote hat gen wolle. Diese Verleumdung hatte eine so sollte das Volk seinem politischen Recht Kräfte« besitzt, wie es früher der Fall war, heute Gegenwartswert!

auf Mitbestimmung

-

könne nicht

starke Wirkung, daß Dionysius zum unum­Befehlshaber gewählt wurde.

militärischen Nach- sondern wohl auch, und vielleicht sogar in Syrakus hatte durch die Karthager eine schränkten druck verleihen können. Die Miliz war erster Linie, weil die Masse in ihrer sozia- schwere Niederlage erlitten; die Weiterfüh- Seine erste Tat war, daß er sein Versprechen so die militärische Ergänzung len Struktur heute ganz besonders proble- rung des Krieges sollte des Stimmzettels. Die Entscheidung matisch ist. Trotzdem kann das Kaderheer übertragen werden.

über Krieg und Frieden sollte dem Volk selbst überlassen sein.» Die Nation in Waf-| fen kann nichts anderes bedeuten als die gerechte Nation<, schrieb Jaurés in

seiner>> Neuen Armee<.

Wer war der kühnste Verfechter des Volkes in Waffen? Jaurés! Und wer war der leidenschaftlichste Bekämpfer des Iwer versuchte die Mobilmachungsmaschine Weltkrieges, wer war sein erster Toter, zu bremsen, wer rief von der Tribüne des Parlamentes ins Land hinaus, daß für Poincarés Reise nach Petersburg kein Geld bewilligt werden dürfe, wer verkün­dete, daß das französische Volk das Bünd­nis mit Rußland lösen müßte, falls es die Regierung nicht tut, wer entwarf das» Ma­nifest an die proletarischen Massen«, in dem es u. a. hieß:» Die sozialisti­sche Fraktion verkündet laut, daß Frankreich allein über Frankreich verfügen darf.... wir kennen nur einen Vertrag, den Ver­trag, der uns an das Menschen­geschlecht bindet!

Wieder war es Jaurés!

Der Jaurés der neuen Armee ohne den Jaurés als Gegner des Weltkrieges, das ist nicht der Sozialist Jaurés , sondern

kann jeder Faschist sein.

das

Wer diese beiden Seiten einer großen Sache zu trennen sucht, der verkleinert

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neuen Feldherren einlöste und die Soldaten doppelten Sold er­Die Entscheidung lag hielten. Um aber noch eine besondere Leib­wache zu erhalten, ahmte er den Schwindel des Pisistrates nach, stellte sich, als ob ihm nachgestellt würde, und bewog so das Volk, thm sechshundert Mann, die er sich selbst auswählen durfte, zu bewilligen. Zu spät merkte das Volk, daß es betrogen worden war. Die Stadt war längst voll fremder Sol­daten und außerdem drohten die Karthager mit ihrem großen Heer und Dionysius konnte höhnisch fragen, ob sie durch einen Bürger­krieg dem Feinde die Tore öffnen wollten. Diodor bemerkt an dieser Stelle elegisch: ,, So ward also Dionysius aus einem Schreiber und gemeinen Privatmann Alleinherrscher der größten Stadt griechischer Abkunft und behauptete seine Herrschaft bis seinen Tod, indem er achtunddreißig Jahre regierte." Selbstverständlich ging Gela verloren; als Dionysius jetzt hineilte, war es zu spät, er wurde unter den Mauern der Stadt geschla­gen und mußte nach Syrakus heimkehren. In erbarmungswürdigem Zuge begleiteten ihn die Gelaer mit Weib und Kind, da ihnen die Furcht zu zögern nicht erlaubte. Diese erste Niederlage führte auch zu dem ersten Auf­ruhr gegen den Tyrannen. Es gab Hinrich­tungen, die aufständischen syrakusanischen Reiter wurden getötet oder aus der Stadt schläge auf das Leben des Tyrannen; Furcht zwang ihn, über seiner Weste einen eisernen Panzer zu tragen und schon zu seb

HARING

OLNISCHER BEOBACHTER

B

an

,, Gestern sagten Sie doch noch Ihrer Frau, Sie wollten verjagt. Doch unaufhörlich folgten neue An­

mich ermorden.

..? 66

,, Ach was, die Alte sieht und hört ja nichts!"

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