Wlrtsdiaftlldie Folgen der Saarrückgliederung

j Die Rückgliederung des Saargebietes wirft für die saarländische wie für die ganze deutsche Wirtschaft Fragen auf, die nicht leicht szu Jösen sein und die wirt­schaftlichen Schwierigkeiten Deutschlands noch erschweren werden. Freilich, das Problem, das einst im Vordergrund gestanden hatte, wie näm­lich die Kohlengruben, die durch den Versailler Vertrag aus dem Besitz des preußischen Staates in den Frankreichs übergegangen waren, von dem geld- und devisenarmen Reich zurückgekauft wer­den sollen, hat durch die Entwicklung selbst eine Lösung erfahren. Der Wert der Sc.argruben war in den früheren Verhand­lungen und schon Stresemann und Briand hatten in der berühmten Unter­redung von Thoiry eine vorzeitige Rück­gabe des Saarlandes ins Auge gefaßt heftig umstritten gewesen. Die Repara­tionskonimission hatte bald nach der Uebernahme den Wert der Gruben auf 300 Millionen Goldmark beziffert. Es war die Zeit der großen Kohlennot nach dem Kriege, die ja überhaupt zur Saarregelung geführt hatte; denn die Saargrubenförde­rung sollte Frankreich den Ersatz für die Produktion der durch die deutsche Kriegs­führung zerstörten französischen Berg­werke liefern. Die deutschen Regierungen, in der Meinung, diese Summe würde spä­ter auf die deutschen Reparationszahlun­gen angerechnet werden, hatte Anfangs die Festsetzung als zu niedrig bekämpft. Als sich dann zeigte, daß die von der Re­parationskommission für die Gruben eben­so wie die für die abgetretenen Kolonien und Handelsschiffe eingesetzten Werte für die Reparationszahlung ganz gleichgültig gewesen waren, änderte sich der deutsche Standpunkt. Denn jetzt hatte der Fall des Rückkaufs allein noch Bedeutung und Deutschland suchte den Wert der Gruben möglichst gering hinzustellen. Mark für Franken Bei den Vorverhandlungen in Genf im Dezember wurde ein Kompro- m i ß erzielt und dies umso leichter, als ja die Zeit der Kohlennot einer Zeit des Kohlenüberflusses und der Ueberproduk- tion gewichen ist. Der Preis für den Rück­kauf wurde auf 900 Millionen franz. Francs oder 150 Millionen Reichs­mark festgesetzt. Außerdem erhält Frankreich das Recht, die Ausbeutung der an der Grenze gelegenen Wamdtgruben auf die Dauer von fünf Jahren, frei von Pachtzinsen, fortzusetzen mit einer Maxi­malausbeute von 2.2 Millionen Tonnen jährlich. Der Wert dieser Vereinbarung ist etwa auf 50 Millionen Francs zu schätzen. Bei der unterdesssen zu so würgender Devisennot gesteigerten deutschen Finanz­lage war die wichtigste Frage, wie denn nun der Transfer des Kaufprei­ses zu sichern wäre. Und da ist nun Deutschland ein eigenartiger Umstand zu­gute gekommen. Am 1. Juli 1923, auf dem Höhepunkt der deutschen Inflation, ist im Saargebiet die französische Wäh­rung eingeführt worden. Jetzt wird so­fort die deutsche Währung an die Stelle der französischen treten und die im Saar­gebiet umlaufenden Francs müssen in Reichsmark umgetauscht werden. Wie hoch die Menge dieser Francs ist, ist nicht genau bekannt und die Schätzungen gehen weit auseinander. Einige hundert Millionen Francs wird aber die Reichsbank wohl im Umtausch gegen von ihrneugedruck- te Marknoten erhalten und damit wird das Reich, dem die Reichsbank gegen' neugedruckte Schatzscheine die Francs zur Verfügung stellen wird, die Gruben zu einem wesentlchen TeU wenigstens be­zahlen können. Bleibt ein Restbetrag, so soll dieser in jährlichen Gratis-Kohlen- lieferungen abgetragen werden. Die Saarländer freilich erhalten für Zahlungsmittel der festesten Goldwährung der Welt jetzt die Noten der von Gold und Devisen entblößten Reichsbank. Aber sie haben es ja so gewollt Neugierig darf man auch darauf sein, ob die Gruben, was im fluchwürdigen Sy­stem selbstverständlich gewesen wäre, wie­der ganz in den Besitz der öffent­lichen Hand Preußens oder des Reichs überführt werden oder ob nicht der wütig kapitalistische Schacht einen Versuch der Privatisierung un­

ternehmen wird, wie er zugunsten Thys­sens beim Stahlverein geglückt ist Kohle und Eisen Findet so die Frage des Rückkaufs der Saargruben eine verhältnismäßig einfache Lösung, so stellt die Rückgliederung für die Dauer doch die deutsche Wirtschaft vor große Schwierigkeiten. Das Saargebiet ist Ueberschußgebiet für Kohle und Eisen. Die Jahresleistung des Steinkohlenbergbaus betrug 1933 rund 10% Millionen Tonnen Kohlen und 252.000 Tonnen Koks; dazu kommen noch 1.6 Mil­lionen Tonnen Hüttenkoks. Das Haupt­absatzgebiet war Frankreich , während die deutschen Absatzmärkte, besonders der süddeutsche Markt in der Zwischenzeit von der Ruhrkohle okkupiert wurden. Bis­her war das Saargebiet in das französische Zollgebiet eingegliedert und genoß ande­rerseits auch im Verkehr mit Deutsch­ land besondere Vergünstigungen. Dieser Zustand wird jetzt ein Ende finden. Schreibt doch der»Temps « sehr entschie­den: »Deutlich sei gesagt, daß nach einer ge­wissen Uebergangszeit keine wlrtschaft- lichen Vergünstigungen von Frank­ reich dem Saargebiet zugestanden werden können. Die Saarländer haben mit aller Deut­lichkeit bekundet, zu Deutschland zu gehören; dem sei so, aber auch mit allen Konsequenzen, die sie damit für ihre Wirtschaft in Kauf ge­nommen haben.« Nun befindet sich der französische Berg­bau in einer schweren Krise, obwohl er den Inlandsbedarf nicht vollkommen deckt. Deshalb war ja auch die französische Schwerindustrie und mit ihr auch manche Regienmgs- und Deputiertenkreise in Wirklichkeit durchaus f ü r die Rück­gliederung der Saar in der Hoffnung, da­durch von einer unbequemen Konkurrenz befreit zu werden. Die Zechenbesitzer, aber

auch die Arbeiter fordern immer dringen­der von der französischen Regierung, daß sie die Zufuhr ausländischer, und das heißt deutscher und jetzt auch saarländi­scher Kohle einschränke. Denn die fran­ zösischen Bergarbeiter müssen jetzt 8 bis 10 Feierschichten im Monat verfahren. Sie haben deshalb sogar schon dagegen Pro­test erhoben, daß die Restbezahlung für die Gruben in Form von Gratiskohlen- lieferungen erfolgen. Jedenfalls muß damit gerechnet werden, jdaß der Saarkohlen­absatz nach Frankreich eingeschränkt wird und die Rückgliederung jedenfalls eine erhebliche Verschärfung der deutschen U e b e r p r o d u k t i o n mit sich bringt. AehnUch liegt es bei der Eisenpro­duktion. Die deutsche Eisen- und Stahlproduktion ist ohnehin übersetzt. Bis­her hatte das Saargebiet im internationa­len Eisenverband ein eigenes Kontingent zugewiesen. Auch hier wird eine Neurege­lung erfolgen, die das jetzt deutsch ge­wordene Kontingent kürzen, den deutschen Eisenabsatz also drosseln wird.. Freilich ist auch Frankreich am Saar­absatz stark interessiert. Außer Eisen­erzen und Mineralölen hat Frankreich na­mentlich landwirtschaftliche Produkte aus dem Elsaß nach der Saar geliefert. Aber gerade die agrarische Einfuhr wird bei dem jetzigen Kurs der deutschen Wirt­schaftspolitik auf den stärksten Wider­stand stoßen und die Devisennot die Ein­fuhr der Eisenerze beschränken. So muß man dem Resultat der bevorstehenden Wirtschaftsverhandlungen mit größter Skepsis gegenüberstehen. Auf alle Fälle verliert das Saargebiet die günstige Stel­lung, die es bisher zugleich in dem fran­ zösischen und dem deutschen Wirtschafts­gebiet innegehabt hat, und seine Einglie­derung bedeutet für die deutsche Schwer­industrie eine wesentliche Steigerung der

Ueberproduktion, während eine Reihe kost» spieliger Maßnahmen vom Reich getroffen werden müssen, um die Krise, die durch den teilweisen Verlust des französischen Markts für die Saar entsteht, zu mildem. Wadisende Schwierigkeiten Dies alles trifft, zusammen mit einer A b s c h w ä c h un g d e r deutschen Konjunktur. Die Wirkung der»Ar­beitsbeschaffung« scheint ihren Höhepunkt im Sommer erreicht zu haben und seitdem ist eine gewisse Ermüdung zu verzeich­nen. Das zeigen selbst die manipulierten Zahlen der ArbeitsIosenstati- stik. Nachdem die Zahl der Arbeitslosen im November um 86.000 gestiegen war, ist im Dezember eine neue Steigerung um 252.000 erfolgt Natürlich ist diese Zu­nahme in beträchtlichem Maß auf saison­mäßige Einflüsse zurückzuführen, obwohl die Arbeitslosigkeit der Landarbeiter wohl zu einem großen TeU nicht mehr in der Statistik in Erscheinung tritt und die »Landhelfer« von den Bauern auch über den Winter behalten werden müssen. Ent­scheidender ist, daß offenbar die wirk­liche Arbeitslosigkeit größer ist als sie die Statistik ausweist Denn wäh­rend die Zunahme der Arbeitslosen im November nur mit 86.000 angegeben wird, ist die Beschäftigungszahl nach der Sta­tistik der Krankenkassen, in der noch da­zu die Landhelfer und Notstandsarbeiter mitgezählt werden, von 15,637.000 auf 15,476.000, also um 161.000 zurückgegan­gen. Die Dezemberzahlen Uegen noch nicht vor, aber jedenfalls ist die unsicht­bare Arbeitslosigkeit erneut im Wachsen. Das Jahr 1934 war für die deutsche Wirtschaft das Jahr der künstlich mit inflationistischen Mitteln angekurbelten Binnenkonjunktur, zugleich das Jahr der völligen Erschöpfung der Goldbestände, der fortschreitenden Außenhandels­schrumpfung und der beginnenden Roh­stoffschwierigkeiten. Die Fortsetzung der Ankurbelung stößt auf Schwierigkeiten, die ihr in absehbarer Zeit ein Ende be­reiten müssen und die Rückgliederung der Saar wird diese Schwierigkeiten nur noch vergrößern. Dr. Richard Kern.

Der Bauer als Opfer des Systems

Kein Produkt der landwirtschaftlichen Erzeugung unterliegt einer so strengen Rege­lung, bei keinem ist der Markt so radikal ausgeschaltet wie bei Getreide. Im ersten Jahre der Hitlerregierung begnügte man sich mit der Festsetzung von M i n d e s tpreiaen, im zweiten ist man zu F e s tpreisen überge­gangen. Die Preisgestaltung soll von Wind und Wetter und den Einflüssen der Jahres­zeiten unabhängig gemacht werden. Der Preis ist für den ganzen Kalenderablauf ein für allemal festgelegt. Er beginnt bei 144 Mark je Tonne im Erntemonat und steigt bis zur nächsten Ernte um 2 Mark je Tonne mo­natlich. Er ist also nach der zeitlichen Ent­fernung von der nächsten Ernte, er ist aber außerdem noch nach der räumlichen Entfer­nung des Versorgungsgebiets vom Erzeugungs­gebiet gestaffelt. Das ging solange gut, als der sonst so unzuverlässige Wettergott sich als strammer Nationalsozialist aufführte und die Getreideernte einen Ueberscbuß ergab. Erst im Jahre der Dürre, in dem die Getreideernte um ein Fünftel geringer war als Jahre vor­her, erwies sich die Zwangsbewirtschaftung des Getreides nach wie vor als ein Segen für den vorwiegend getreidebauenden Großgrund­besitz, aber jetzt als ein Fluch für die vor­wiegend viehzüchtenden Bauern. Darrö stand jetzt vor der Entscheidung, entweder dem Städter die Brotratton zu kürzen oder den Bauern die Futtermit­tel zu verknappen. Darr6 hat das letz­tere vorgezogen: offenbar fürchtete man, daß im Dritten Reich die Plünderung von Bäcker­läden in den Städten sich aufdringlicher be­merkbar machen könnte, als das schimpfende Bauerntum. Deshalb hat man mit einer Mil­lion Tonnen Getreide von der vorjährigen Ernte das fehlende Brotgetreide ersetzt und die Vermahlungsquote von 65 auf 75 Prozent erhöht. Bei der Vermahlung des Brotgetrei­des ergibt sich ein Abfall, die Kleie, die eines der wichtigsten Futtermittel ist Bis dahin ergab die Vermahlung eines Zentners Getreide 65 Pfund Mehl und 35 Pfund Kleie, jetzt 75 Pfund Mehl und nur 25 Pfund Kleie. Der Zweck der Verordnung ist die Streckung des Brotgetreides auf Kosten des Futtermittels und damit auf Kosten des Bauern. Daß es den Bauern an Futtermitteln fehlt,

Dem Vieh das Korn dem Mensdben die Kleie lerregierung 46 Millionen auf, um dem Markt unverkäufliches Vieh zu entziehen. Das war aber ein Tropfen auf den heißen Stein, denn man kann den Berliner zwar zwingen« für sein Brot dreimal soviel zu bezahlen

dafür ist aber nicht die Mißgunst der Natur verantwortlich, sondern die von Darrt be­wirkte vollständige Abschnürung von der Zufuhr ausländischen Getreides, die den Ernteauafall hätte wett­

machen können. Für den getreidebauenden Großgrundbesitz, der Getreide zu verkaufen hat, ist die Drosselung der Einfuhr eine Quelle von Monopolprofiten, für den Bauern, der Ge­treide als Futtermittel zukaufen muß, ist sie eine Quelle von Verlusten, dem Großgrund­besitz bringt die Mißernte erhöhte Einnahmen, dem Bauern erhöhte Ausgaben. In den Jahren 1927 bis 1929 hatten die bäuerlichen Betriebe unter 20 Hektar, also die Mittel- und Klein­bauern, 50 bis 60 Prozent ihres Bedarfes an Futtermitteln zukaufen müssen. Die Futtermittel haben also an den Erzeu­gungskosten des Mittel- und Kleinbauern den Hauptanteil. Die Kleie war im Herbst so knapp geworden, daß der Bauer für die Kleie, also für den Abfall, fast soviel be­zahlen mußte wie für das Getreide selbst. Der Kleiepreis stand nur um ein Zehntel niedriger als der Getreidepreis. Der Bauer konnte also Futtermittel, sein wich­tigstes Produktionsmittel, nicht oder nur zu riesigen Preisen bekommen. Die Folge war, daß die Bauern, anstatt teure Futtermittel zu kaufen, ihr Brotgetreide dem Vieh vorwarfen. Die Bauern sagten: Die Mensehen essen die Kleie, während dem Vieh in den Krippen Korn vorge­setzt wird. Vielfach halfen sich die Bauern damit, daß sie das Vieh, anstatt es groß zu züchten, mas­senweise abschlachteten. Da setzte Herr Darrt Festpreise für Kleie fest. Das hatte aber nur zur Folge, daß die Futtermittel noch knapper wurden und daß die Bauern gezwungen wa­ren, das Vieh, anstatt es groß zu züchten, massenweise abzuschlachten. Herr Darrt sah sich gezwungen, den Einfuhrzoll für Kleie von 10 auf 2 Mark je Doppelzentner herabzuset­zen. Der Bauer hätte jetzt mehr und billi­gere Kleie bekommen können, wenn nicht Schacht soviel Devisen für die Rüstungsein­fuhr benötigt haben würde, daß er außer­stande war. auch noch Devisen für die Fut­termitteleinfuhr zu bewilligen. Die Rinder­märkte waren überfüllt und es drohte ein Preissturz. Anfang August wandte die Hit-

wie der Londoner dafür bezahlen muß, aber man kann ihn nicht zwingen, mehr Flelseb zu kaufen, als er Uberhaupt bezahlen kann« Das Schlimmste für den Bauern ist aber, daß das Erbhof gesetz, das die Verpfäi.dunß von Grund und Boden verbietet, ihn hindert. Kredite für Inventarbeschaffung, Gebäude* reparaturen, Landverbesserung usw. aufzuneh­men. Kein Wunder, daß der Bauer die Be­förderung zum Erbhofbauern nicht als Segen. sondern als Strafe empfindet. Da 20 Prozent aller landwirtschaftlichen Betriebe in Deutsch­ land unter das Reichserbhofgesetz fallen, U' das Problem des landwirtschaftlichen Kredite ungeheuer dringlich. Man kann allerdings der Hitlerregierung nicht vorwerfen, daß sie nach dieser Richtung ganz untätig geblieben wäre. Ende Oktober hat das Relchswirtr schaftsministerium ein»Gesetz über die För­derung der Getreidewirtschaft« erlassen, da* in der deutschen Presse nicht veröffentlicht worden ist, damit es die Bauern nicht zu lesen bekommen. Darin wird verfügt, daß da* Reich für die Landwirtschaft neue Kred�* garantien bis zu 150 Millionen Mark über­nimmt, auf daß die Banken veranlaßt wer­den, den Landwirten Kredit für Düngemittel­käufe einzuräumen. Diese Kredite sind nicht für die gesamt* Landwirtschaft, sondern ausdrücklich nnr für die Getreidebewirtschaftung bestimmt« Sie sind also eine zusätzliche Subvention den Großgrundbesitz und für die Herren voh* Chemietrust und den großen Kalikonzern«0' Der Bauer ist bei diesem Geschäft ebenso d»* Opfer wie bei der Darrtschen Zwangswirt* schaft für Getreide! Er ist das Opfer d** Systems!

Emigranten bietet sich glinstige Gelegenheit mit kleine� Kapital zur Gründung einer Existenz. Zu­schriften unter»Aussig 100« an die Ver­waltung des Blattes. LkkkkkkkkkkkkkkkkkkLLkkkkkkkl*