Nach der Koniiskation zwe

biw a

Auilage.

Neuer Vorwärts

Sozialdemokratisches Wochenblakk

Nr.87 SONNTAG, 10. Februar 1935

Aus dem Inhalt:

Was gelten Pakte mit Hakenkreuz- Siegel?

Mehr Autos! aber- weniger Brot! Hitler in USA !

Was wird aus den Saar­Emigranten?

Verlag: Karlsbad , Haus Graphia"

-

Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblatt letzte Seite

Das Londoner Abkommen und der verhandlungsbereite Hitler

Die finanziellen und die militärischen des Vertrags langt es aber längst nicht Nun bietet man Hitler Verhandlungen Bestimmungen des Vertrages von Versail- mehr. Wäre der Vertrag wirklich noch in an. Selbstverständlich wird er verhandeln. les haben gerade dazu gereicht, die deut- Kraft, so müßte- man halte sich fest! So lange man verhandelt, kann man wei­sche Republik zugrunde zu richten. Nach- das einstmals besetzt gewesene Gebiet terrüsten. Scheitern die Verhandlun­dem sie diese Funktion erfüllt haben, sind einschließlich des Saargebietes schon gen, so kann man auch weiter­sie zu nichts mehr nütze. Alle diese Ar- längst wieder besetzt sein! Das wäre rüsten und führen sie zu einem Ergeb­tikel über Reparationen, Okku- nach dem Wortlaut des Vertrags eine nis, so kann man wiederum weiter- Aber seien wir uns auch darüber klar: pationen, Kontrollkommissio- Sanktion, die Deutschland noch nicht ein- rüsten. Denn an ein Ergebnis, das eine Nach einem mißlungenen Versuch, sich aus nen und Sanktionen, die die Staats- mal als einen» feindseligen Akt< im Sinne Einschränkung der Rüstungen mit sich der blutigen Vergangenheit zu einem wirk­männer der Republik zur Verzweiflung des Völkerrechts betrachten dürfte. Ueber- bringt, wird man sich nicht halten. Laẞt lichen Fortschritt zu erheben, ist die Welt trieben, deren Ausführung Putsche, Auf- flüssig hinzuzufügen, daß kein verantwort- also die Diplomaten finassieren und die in ihre alte Bahn zurückgerollt. stände und Attentate hervorrief, sind heu- licher Staatsmann der Welt an solchen Soldaten exerzieren, so ist es schon immer

te ohne jede Bedeutung. Das gilt ganz be- Wahnsinn denkt. Nicht überflüssig aber gewesen, seit die Welt steht, und das Ende

-

sonders für den Teil V des Vertrags, der ist, daran zu erinnern, daß dieser Wahn- war noch immer- der Krieg! die Bestimmungen über die Land-, See- sinn in den ersten Jahren nach dem Krieg

Aber wenn wir Sozialdemokra­

und Luftstreitkräfte enthält. Jetzt haben der deutschen Republik gegenüber gelten­Bich Frankreich und England darauf ge- des und wirksames Recht war. einigt, seine> Abänderung ins Auge Seit Locarno also standen die Bindun­zu fassen. Man kann aber nicht» ab- gen für Deutschland nur noch auf dem ändern, was nicht mehr existiert. Papier . Ob und wieweit man sie hielt, war ten von Versailles weg wollten, so deshalb, Der Kampf gegen den Vertrag von Ver- eine Frage der politischen Opportunität. weil wir zum echten Frieden hin sailles ist von allen deutschen Regierungen Die Regierungen vor Hitler wollten wenig- wollten. Dieser echte Frieden war nur zu geführt worden, und immer war es so, daß stens nicht provozieren. Hitler mußte es, erreichen durch eine Erneuerung des glückliche Nachfolger ernteten, wo un- ob er wollte oder nicht- dafür sorgte die Geistes im Sinne von Humanität, De­glückliche Vorgänger gesät hatten. Dynamik seiner Revolution«. Seitdem mokratie und Sozialismus. Diese Erneue­Wenn unter Brüning die Besetzung ver- klirrt Deutschland in Waffen. Und der rung ist- gestehen wir es nur einst­schwand, so war das ein Erfolg Hermann Vertrag von Versailles? Er ist nicht erst weilen gründlich fehlgeschlagen. Deutsch­Müllers. Wenn unter Papen der Young- jetzt zerstört worden- es hat sich nur land ist in die Barbarei zurückgesunken, plan außer Kraft gesetzt und eine Schluß gezeigt, daß er nicht mehr vorhanden ist. und siehe da!

zahlung von wurde

worden ist

drei Milliarden vereinbart

die natürlich auch nicht geleistet so war das ein Erfolg

-

Brünings. Wenn unter Schleicher die prinzipielle Gleichberechtigung auch auf militärischem Gebiet erreicht wurde, so war das wiederum ein Erfolg aller frühe­ren Regierungen, ganz besonders Hermann Müllers, der im Jahre 1928 in Genf schärfer als irgend ein deutscher Kanzler vor oder nach ihm für Deutschlands Gleichberechtigung eingetreten war.

-

Hitlers Ehrenworte

Was gelten Pakte mit Hakenkreuz- Siegel!

Die europäische Außenpolitik unserer Tage bruch und Verrat programmatisch zur Pflicht| jazzo" und man müsse sich vorsehen, daß ,, politische Faxenmacher" nicht hat Anspruch auf den Titel Politik verwege- gemacht. Seine politische Laufbahn ist von dieser

ner Paradoxien. Jeder Großstadt bangt vor Anfang bis zum einstweiligen Ende die Ver- Deutschland in den Abgrund stürzt. Schweyer dem Angriff eines Nachbarstaates. Er bangt anschaulichung dieses Programms. Ein Rück­

vor der Unzuverlässigkeit bisheriger Bundes- blick verlohnt sich.

genossen und vor der Tücke von Mächten, die

waren. Um aber vor Tücke, Unzuverlässig­

Der entscheidende Stoß gegen die mili­tärischen Bestimmungen des Vertrags war aber schon viel früher geführt worden,| nämlich im Jahre 1925 in Locarno. zeitweilig Freunde oder neutrale Zuschauer Damals wurde der entscheidend wichtige| vierte Abschnitt außer Kraft gesetzt, der keit, vor Angriffslust und Ueberrumpelung von den Interalliierten Kontrollkommissio- geschützt zu sein, flüchtet Europa zu einem nen handelt. In der ersten Zeit war es so Paktsystem, dessen Wert völlig von dem Ab­gewesen, daß Kommissionen von Entente- scheu vor Friedensbruch, Ueberfall und Tük­Offizieren durch ganz Deutschland rei- ke abhängt.

Ehrenwort Nr. 1.

Vor Weihnachten 1922 gab es in München eine patriotische Massenversammlung im Hof­bräuhaus. Gustav von Kahr sprach als Prä­sident der Vaterländischen Verbände". Lu­ dendorff sprach als verbitterter Kriegsver­

kam nach Dachau . Im Konzentrationslager weigerte er sich, seine brieflichen Aeußerun­gen über Hitler zu widerrufen. Was aus Schweyer , einem 70jährigen Greis, wurde, weiß man nicht. Vielleicht erfährt man noch nachträglich, daß seiner Familie die Asche zugesandt wurde.

Ehrenwort Nr. 3.

Im September 1930 schwur Hitler vor dem schmeichelt, mit so hohen Herren als Mit­Hitler verpflichtete sich in allen Bespre­arbeiter verkehren zu dürfen, schimpfte etwas chungen mit Hindenburg , als künftiger weniger ruppig wie sonst über Marxisten, Reichskanzler die Verfassung zu respektieren. Juden und Vaterlandsverräter. Die Anspra­chen endeten mit einer unendlich kitschigen Ehrenwort Nr. 4.

lierer pro domo. Hitler , damals noch sehr ge- Reichsgericht den Legalitätseid. Dieser furchtbare Fehlerkreis

sten, überall Untersuchungen anstellten vollendet sich in verhängnisvollster Weise und Anordnungen trafen. Dann kam der dadurch, daß alle bedrohten Mächte geradezu Ruhrkrieg, und von da ab waren der- versessen sind, sich gegen den zynischen Ver­artige Kontrollfahrten, die an die Selbst- ächter übernommener Verpflichtungen durch disziplin des deutschen Volkes die härte- Vertragsabschluß vor der Kriegsentfesselung Nachäffung der Rütliszene. Kahr , Luden­sten Anforderungen stellten, nicht mehr zu schützen. möglich. In Locarno vereinbarte man dann, daß an die Stelle des Kontrollrechts 1er muß den ostpakt en voeren. Hit- schlag Treue bis zum Tod", schwuren sung. Ein paar Monate später rühmte er

rechte

80­

Hitler muß in Völkerbund .

die Unabhängigkeit Oesterreichs des Völkerbundes treten mitgarantieren. Die europäischen Großmäch­

Nach der Machtübernahme leistete Hitler dorff und Hitler gelobten sich mit Hand- den Eid auf die Weimarer Verfas­

Kampf bis zur Zertrümmerung des Versail- sich, die Weimarer Verfassung Stein für Stein ler Vertrages. Ein knappes Jahr später ver- ausgebrochen zu haben. riet Kahr den Hitler, Hitler den Kahr . Hinter­her kam, vom Konsul Scharer vermittelt,

der Entente das sogenannte» Investigations- ler muß sollte. Untersuchungen waren nur noch te, gegenüber stipulierten Völkerrechtsver­vorzunehmen, wenn der Völkerbundsrat sie einbarungen dogmengläubig im Widerspruch beschloß. Ein Jahr später saß Deutsch - zu aller Logik und Erfahrung, tun gerade so, land selbst im Rat! Von da ab hing es lediglich vom guten Hitler seinen Namen unter ein Schriftsttick Am 30. Juni hat er ihn ermorden lassen.

als ob sie etwas Reelles davon haben, wenn

eine Versöhnung zustande. Kahr hielt wenig stens Frieden. Hitler bekämpfte ihn weiter.

Ehrenwort Nr. 2.

Ehrenwort Nr. 5.

Nach dem Reichstagsbrand verkündete Arbeitsminister Seldte am Mikrophon, daß der Herr Reichskanzler Hugenberg mit Ehren­wort zugesagt habe, die deutschnationalen Minister, wie immer auch die Wahl ausfalle,

In Augenblicken kritischer Selbstbesin- Anfangs November 1923 sah in München im Amte zu belassen. Einige Wochen später vieles nach einem Naziputsch aus. Der bay- aren Hugenberg und Seldte Strohpuppen im des Völkerbunds wird sich Hitler selbst darüber wundern. Er rische Innenminister Franz Schweyer ließ Kabinett Hitler und kurz darauf wurden sie

-

falls solche bel ihm vorkommen

Willen der deutschen Regierungen ab, ob völkerrechtlichen Charakters setzt. und inwieweit die Bestimmungen des Teils V noch eingehalten wurden. Was das nung > Investigationsrecht< wert ist, hatte man ja im Falle Un- hat es der politisch interessierten Welt in Hitler kommen und verpflichtete ihn mit entlassen. garn gesehen. Lange war dieser kleine seinem Buch und in seinen Reden dutzendmal Ehrenwort, den Putschplan aufzugeben., it­

Staat dem deutschen Großstaat auf dem gesagt, daß

Ehrenwortbruch und Verrat mitunter pa­triotische Tugenden

Ehrenwort Nr. 6.

ler gab sogar sein ,, heiliges Ehrenwort". Am Was den Landsleuten recht ist, trügeri­

8. November debutierte er als Revolutions- sche Ehrenwörter von Hitler zu erhalten, ist held im Bürgerbräukeller. Schweyer wurde den Außenpolitikern billig. Im Sommer 1933

Sein Kampf gegen lien

Wege der Aufrüstung vorangegangen. Er dient. Durch ihn war bewiesen, daß das sind und daß Nationalsozialisten ohne Beden- verhaftet. Als die Seifenblase geplatzt war, intervenierten Frankreich , England und Ita­Experiment der vertragswidrigen Auf- ken sich ihrer schuldig zu machen haben. wurde er rehabilitiert. rüstung keine unmittelbar gefährlichen Seine Schuld ist es also wirklich nicht, wenn Hitler ist Schweyer schlecht bekommen. Nach Oesterreich . Folgen hatte. Frankreich hat jetzt in London eine gen über ihn förmlich die Vertrauensinflation. spondenz überprüft. In einem Briefe an den der Agitation zu. Die Agitation wurde ver­Formulierung durchgesetzt, die eine Lega- So sollen sie mit den Werten dieser Inflation ehemaligen Ministerpräsidenten Held äußerte stärkt. Die Broschürenabwürfe aus deutschen lisierung des vollendeten Vertragsbruchs bezahlt werden. vermeidet. Zu einer wirklichen Ausführung

wegen der deutschen Propaganda in Dem italienischen Botschafter die Mächte darauf hereinfallen. Sie verhän- Hitlers Machtübernahme wurde seine Korre- sicherte Hitler mit Ehrenwort die Einstellung

er sich über den ganz schäbigen Ehrenwort- Flugzeugen hörten zwar auf, desto eifriger Buch und Reden Hitlers haben Ehrenwort- brecher Hitler". Er sei im Grunde ein ,, Ba- arbeiteten die deutschen Agenten mit Bom­