Nr. 95 BEILAGE

Neuer Vormärts

7. April 1935

Der Geist des preußischen Militacismus

Eine Hindenburgbiographie von Rudolf Olden

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Rasch ist dem Hindenburgbuch von| lismus das deutsche Bürgertum immer digkeit macht. Es liegt darin eine gewisse Stärken wie ihrer verwundbaren Stellen, Emil Ludwig eine Hindenburgbiographie stärker und tiefer ergriff und der N a- Gefahr: die Gefahr der Verherrlichung der wenn sie die Gewichte so falsch verteilt. von Rudolf Olden gefolgt. Sie nennt sich tionalismus als weltweite Erschei- Weitsicht und der Kraft des Gegners > Hindenburg , oder der Geist der preußi- nung ließ sich nicht allein aus dem Klas- zugleich die Gefahr einer gewissen Resig­Armee<( Verlag Europäischer seninteresse des ostelbischen Großbesitzes nation, die der Ueberschätzung des Geg­Merkur, Paris ) und der zweite Teil des und der Tradition der preußischen Armee ners entspringt! Titels enthält Programm und eigentlichen herleiten. Es schwächte weiter den Blick

schen

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Inhalt des Buches.

ableitungen

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Das

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treten alle Charakterzüge des Borussen­

die Selbstverständlichkeit, mit der sie den

Denn richtige Erkenntnis ist die erste Vor­aussetzung des Erfolges dieses Kampfes! Die Ueberbelichtung hat natürlich auch ihre Vorteile. Sie zwingt, über Zusammen­Mit dem Buche Emil dafür, daß Eroberungslust und und so wenig in der Vorkriegszeit der Geist In Wahrheit war vieles ganz anders, hänge nachzudenken, die in der Vergangen­heit nicht scharf genug gesehen worden Ludwigs hat es im wesentlichen die Be- Weltherrschaftsträume der deutschen Politik allein aus der Tra- sind, und dient damit der historischen nutzung der gleichen biographischen Quel- ihre tragende Kraft im Großbürgertum dition der Armee und der Junker begriffen Wahrheit. Sie hat jedenfalls der Erkennt­len gemeinsam sie treten in den rein hatten. Nicht nur die deutsche Politik werden konnte, so wenig heute die Ge­nis des Wesens der Hindenburg­biographischen Abschnitten in beiden- der Vorkriegszeit, sondern auch das Wesen schichte des Sturzes der demokratischen schen Persönlichkeit nichts ge­chern stark, manchmal zu stark hervor. der Herrschaft war wesentlich bestimmt Republik . Auch hier gehört dazu das Bür - schadet, sie hat sie vielmehr in ein schar­Aber während Emil Ludwigs Buch bei durch die großindustrielle Entwicklung aller Anerkennung der kämpferischen Deutschlands , wie durch die europäischen Konstellation zusammenhängende Konvention und des Weihrauchs nicht mehr gertum, die Masse, der mit der europä- fes Licht gestellt, in dem die Schleier der Qualitäten in die Reihe der historischen ische und welt politische Kon- Nationalismus, hier gehört dazu die Welt- decken. Hier enthüllt die Methode Oldens Belletristik gehört, ist das Buch von Olden stellation. Ein geistiger Kämpfer wie wirtschaftskrise mit ihren zerstörenden ungleich mehr als die Emil Ludwigs. Hier ein ausgesprochen politisches Mehring gehörte seiner ganzen Stimmung und verändernden Einwirkungen. Buch. Es verliert sich nicht in Milieu- und Erkenntnislage nach zur vorimperia- spezifische Gewicht der Reichswehr in der tums, der ostelbischen Junker klar hervor von zweifelhaftem Wert, son- listischen Periode Deutschlands . Es muß Politik der Republik ist jedenfalls ganz ge­dern es arbeitet eine historisch- politische heute ruhig festgestellt werden, daß seine waltig überschätzt. Es ist wertvoll, darauf Staat als ihr Eigentum betrachten, das These mit großer Konsequenz heraus. Es Betrachtungsweise noch die politische Er- hinzuweisen, daß sie spezifisches Gewicht gute Gewissen, das sie bei der Ausplünde­zeigt Hindenburg als Teil und Symbol einer kenntnis überschattete und damit einseitig besaß und besitzt Kraft, die seit einem Jahrhundert die gestaltete, als aber es ist gefährlich, rung der öffentlichen Mittel haben. Wenn mit der Aenderung der deutsche Geschichte überschattet, als Problematik ein weiterer Blick notwendig dieses spezifische Gewicht maẞlos zu über- es die Beziehungen Hindenburgs zu diesen Teil des preußisch- deutschen wurde. Das richtige politisch- historische treiben! Kreisen zeigt, wird das Buch zum Gericht. Es schleudert eine Anklage, Erkennen aber ist ein sehr wesentlicher Die Uebertreibung hat in der Olden- die oft erhoben worden ist nie aber Damit rückt das Buch ein in die Reihe Teil unseres Kampfes! schen historischen Betrachtung neben be- so fest untermauert, der Bücher und Schriften, in denen in edler so stark aus dem Das Buch von Olden nun so viel rechtigter Kritik der sozialdemokratischen Empörung und zorniger Sprache dem kul- moderner es ist ganzen historisch- sozialen Zusammenhang - steht dieser einseitig Partei manches Unrecht zugefügt. Das ist abgeleitet. Es ist die Anklage, die sich aus turfeindlichen, rückständigen, stockreaktio- auf das Borussentum konzentrierten Be- die Kehrseite der reinen Anbetung des dem Komplex Neudeck ergibt, und die Ol­nären Borussentum geistig- politische Ge- trachtungsweise außerordentlich nahe. Das Erfolges: die Sieger von heute erscheinen den in die Worte zusammenfaßt:» Man fechte geliefert wurden. Dieser Kampf tritt manchmal verblüffend hervor. Man gewissermaßen als Vollstrecker geschicht- kann die Wahrheit nicht ver­schon Lessing hat ihn kann von einer Arbeit, die sich auf ein licher Notwendigkeit, als die einzig ernst hüllen. Die Hindenburgs hat­begonnen, die Besten des deutschen Bür- Thema konzentriert, nicht eine volle Auf- zu nehmende Kraft in der Geschichte der ten sich kaufen lassen.<«< Sie haben gertums haben ihn geführt, er war ein faltung und kritische Erörterung des ge- deutschen Republik und die Besiegten von sich zweimal kaufen lassen: einmal durch wichtiger Inhalt des Kampfes der Vor- samten Geschichtsverlaufs verlangen heute als die harmlosen Leute, die, ohne das Geschenk des Gutes Neudeck von ihren kriegssozialdemokratie. Die glänzendsten aber die weitgehende Vernachlässigung der jemals eine wirkliche poli- Standesgenossen für deren Interessen, das Streitschriften Mehrings haben diesem großkapitalistischen Proble- tische Kraft gewesen zu sein, zweitemal von Göring und Hitler durch das Kampf gegolten- der Brandmarkung der matik, der Agrar krise, der Welt- eine zeitlang geduldet, politische Schein- Geschenk einer Domäne für die Interessen Mischung von

Militarismus.

geht weit zurück

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ostelbischem Junkertum wirtschaftskrise in den entschei- spiele vorführen durften. Wir spitzen dies Hitlers . Diese schmutzige Affäre, untrenn­und Militarismus in ihrer Kulturlosigkeit, denden Jahren der deutschen Republik mit voller Absicht so zu, weil dies eine sehr bar verbunden mit dem Geiste des Borus­die damals den von europäischen Kultur- nimmt der Oldenschen Entwicklung viel allgemeine Tendenz ist sie zeigt, wie die sentums, mit dem Kampfe der ostelbischen begriffen Erfüllten ebenso als deutsche von ihrem Erkenntniswert. Die tiefste Er- Nähe der Ereignisse noch den Weg zu Junker um ihre Behauptung, ist enthüllend Schande erschien wie heute das Hitler- bitterung Oldens gegen seinen Feind ist wirklichem geschichtlichem Verständ- und erklärend. Die volle Wucht dieser An­system. Hier ist das Buch die Wiederauf- gerecht- aber sie verführt ihn nahezu zu nis der großen Kämpfe in der Weimarer klage wird man freilich erst später verste­nahme eines notwendigen Kampfes, und einer durch nichts gerechtfertigten Glori- Republik versperrt. Diese Tendenz das gibt vor allem dem ersten Teil seinen fizierung dieses Feindes. Er zeichnet eine aber auch ihre Gefahren für den Kampf stumpften Zeit birgt hen nicht in dieser moralisch abge­Wert und seine tragende Kraft. und das geschichtliche einheitlich ununterbrochene, um nicht zu gegen die heutige Herrschaft in sich: sie und moralische Urteil wird ebenfalls erst Es war indessen schon in der Vor- sagen, unerbittliche Linie von Fried- erschwert die Erkenntnis ihrer wirklichen später vollstreckt werden. kriegszeit eine einseitige These, rich Wilhelm I bis zu Hindenburg , von| das Wesen des deutschen Militarismus rest- 1914 bis zum November 1918, vom Novem­los aus der preußisch- ostelbisch- fridericia- ber 1918 bis zum 30. Januar 1933, vom nischen Tradition herzuleiten, und diese 30. Januar 1933 bis zum 16. März 1935. einseitige These hat schon damals der Er erklärt die Geschichte der deutschen wichtigen Erkenntnis der politischen Ge- Republik mit strengster Logik aus der Die Worte exerzieren, die Sätze schießen, die Lehrer freuen sich! gebenheiten und Kräfte in Deutschland im Einheit des Machtwillens und des reaktio­Wege gestanden, mit denen es die deutsche nären Willens der Träger des Geistes der

das deutsche Bürgertum

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und

eine

M. K.

Deutsche Sprache- Dienstpflichtig!

Um den wissenschaftlichen Unterricht im| wohlgefällig fest.> So hat auch der wehr­der Germanen und Deutsche die Kinder lernen exerzieren, ehe sie lesen, erfüllte, in der Sprache seinen kräftigen Nie­

Dritten Reich ist es bitter schlecht bestellt, hafte Geist,

ein neudeutscher Lehrer dennoch seine klei­

den

Sehnsüchtig blickt er zurück ins Reich der

Ururahnen:

> Wir verstehen es, wenn unsre Vorfah­ren ihren Kindern kriegerische Namen als Angebinde mit auf den Lebensweg gaben, denn Eltern pflegen in die Namen ihrer Kinder ihre Wünsche für die Zukunft zu legen.<<

zu dieser These zugleich die andere, daß Großgrundbesitzes. Er gibt ihnen und vor allem vor allem den Offizierskorps der Reichs- und schießen, ehe sie schreiben können. Daß derschlag gefunden.<< das Großbürgertum seine politischen| wehr und dem Wehrministerium Interessen verraten und politisch abge- gradlinige, klarbewußte politische Konse- nen Freuden erleben kann, zeigt ein Aufsatz dankt habe. Die volle Belichtung der quenz, die sie durch alle Stadien der Ge­ in der sozusagen schulwissenschaftlichen Macht von Großgrundbesitz und Armee schichte der Republik durchgehalten haben » Zeitschrift für Deutschkunde<. wurde verbunden mit der These von der wie der verkörperte Hegelsche Weltgeist. Darin jubelt ein Jugendbildner über > wehrhaften Geist der Deutschen im Spiegel völligen Ohnmacht des deutschen Bürger- Er unterliegt der Versuchung, die augen­tums. Das war von heute aus gesehen blickliche Situation als Ergebnis eines not­der Sprache<. historisch falsch, und damals war es poli- wendigen Ablaufes zu zeichnen, wobei er| tisch gefährlich. Denn es verschloß den die Herrscher Deutschlands von heute zu den sie als ein mit kriegerischen Tugenden chen ihren Wünschen, und Namen wie Ger­Weg zu der Erkenntnis, daß der Nationa- Trägern und Vollstreckern dieser Notwen- begabtes Volk betrachtet, stellt er eingangs not, Sieghard, Brünnhilde werden ja wirklich

> Solange die Deutschen bekannt sind, wer­

Gott strafe England!

Er versteht es, denn seine Wünsche glei­

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