Neuer Vorwärts

Sozialdemokratisches Wochenblatt

Verlag: Karlsbad , Haus„, Graphia" Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblatt letzte Seite

Nr. 96 SONNTAG, 14. April 1935

Aus dem Inhalt:

Vom Schachtwechsel zum

Bodensatzwechsel

Göbbels Geheimnisse Berauschtes Deutschland

Görings Bluthochzeit

Hitler in Danzig geschlagen

Die Opposition behauptet sich trotz Terror und Fälschung.- Eine Mahnung an den Völkerbund und die europäische Demokratie

Nationalsozialisten Sozialdemokraten

Kommunisten

Zentrum

Liste Weise

Liste Pietsch

•

Polen

.

•

•

•

( 109.029).

139.043

38.015

( 37.882)

7.990

( 14.566)

31.525

( 31.336)

9.691

( 13.596)

59.2% 16.2% 3.4% 13.4% 4.1%

382 8.310

( (

-

)

0.2%

6.743)

3.5%

Wahlberechtigt 237.016, abgegebene Wahlscheine 13.482. Gültige Stimmen 234.956. Ungültige Stimmen 1777, insgesamt 236.733.

Demokratie und

noch erweckt

-

-

Das Hitlersystem hat in Danzig eine| nalsozialisten ein Höchstmaß des Terrors| Hilferuf auf Hilferuf ist an ihn ergangen., wonnen haben. Gebt Deutschland nur die­Niederlage erlitten. Die Wahl zum Dan- aufgeboten. Sie haben die propagandisti - Er hat nicht wirklich geholfen. Er hat ge- sen eines wirklichen ziger Volkstag sollte den Nationalsoziali- sche Kraft des Reichs eingesetzt. Sie haben duldet, daß unter schamloser Verhöhnung Wahl rechts, gebt ihm nur das Recht, sten mehr als 75 Prozent der Stimmen und Göring , Göbbels , Streicher nach Danzig ge- der Verfassung die Kräfte der Demokratie Parteikandidaten gegen nationalsozialisti­Mandate bringen. Sie sollte ihnen die rufen. Sie haben die elende Praxis der terrorisiert worden sind. Er hat darüber sche Parteikandidaten zu stellen, und die Macht über die Danziger Ver- Wahlfälschungen betrieben. Das Ergebnis: hinweggesehen, daß es die Kräfte des Lüge von der Totalität des Volkswillens fassung geben, sie sollte ein Plebiszit noch nicht 60 Prozent der Stimmen, Stim- Friedens sind, die dem Terror unter- wird zu Ende sein! Danzig , ein Spiegel von gleich dem Saarplebiszit werden. Im Be- menzuwachs von Sozialdemokraten und lagen. Diese Wahl sollte ein Schlag gegen Deutschland , nun gut, das heißt: die sitze des Staatsapparats haben die Natio- Zentrum. Hier ist das Wahlergebnis: ihn sein, gegen den Garanten der demokra- nationalsozialistische Partei ist in Deutsch­tischen Verfassung der Freien Stadt Dan- land in der Minderheit, sie beherrscht mit zig. Die Männer, denen er nicht seinen terroristischen Mitteln die Mehrheit. Auch in Deutschland wird gekämpft. ganzen Schutz gegeben hat, haben diesen Schlag gegen ihn abgewehrt. Wird er nun Die unsichtbare illegale Oppositionsarbeit, sich daran erinnern, daß ihre Sache die in ihrem wahren Umfang eher dem Feind Sache des Rechts, und damit die Sache des als dem Freund erkennbar, mag den Kräf­Friedens ist? Die Unerbittlichkeit im ten der europäischen Demokratie, die an Schutze des Rechts darf nicht darunter offene Wahlschlachten, an offen über­leiden, daß ein Land klein ist, und daß es blickbare Organisationen gewöhnt sind, weit im Osten liegt! weniger sagen als eine Wahlziffer. Aber es Das bedeutet: Die Nationalsozialisten keine Volksmehrheit in Dan­Die Mahnung gilt auch für die Kräfte ist eine Täuschung, daß darum ihre Be­beherrschen Danzig , ohne eine Mehr- zig! Sie sind eine Minderheit, die mit der europäischen Demokratie. deutung geringer sei. Hinter ihnen stehen heit des Volkes hinter sich zu verbrecherischen Mitteln und angemaẞter Welche Anteilnahme hat der Saarkampf gewissermaßen virtuelle Wahlziffern. Hin­haben! Sie haben mit Terror und Fäl- staatlicher Macht die Mehrheit terrorisiert! aber auf welche Gleich- ter ihnen steht die gefesselte deutsche De­schung eine Parlamentsmehrheit erschli- Das ist eine Klärung, das zerreißt die gültigkeit ist die Danziger Wahl gestoßen! mokratie, hinter ihnen steht die Feind­chen- aber die Lüge von der Volksge- Täuschung, die durch das Saarplebiszit ge- Es ist wahr, daß Danzig im Osten liegt, schaft eines großen Teils des deutschen meinschaft unter dem Hakenkreuz ist zer- schaffen worden ist. Das ist ein Ergebnis daß es nicht zum unmittelbaren Blickfeld Volkes gegen das System, die Feindschaft sprungen. Die Sozialdemokratie, von weittragender Bedeutung! der westeuropäischen Demokratie gehört. gegen den Krieg, die Ablehnung des Völ­gegen die sich der Terror mit besonderer Das Hitlersystem ist die Verkörperung Aber ist das eine Entschuldigung? Die kerhasses und Rüstungswahns, der von Wucht gerichtet hat, hat trotzdem Stim- des brutalsten Nationalismus. Es hat mit Männer und Frauen, die diesen Kampf dem braunen System gepredigt wird. Es gibt eine Friedenspartei men gewonnen! grausamem Terror, mit der Vernichtung durchgehalten haben, die nicht unter der der Demokratie die These aufgestellt: der Wucht des Terrors zusammengebrochen in Deutschland . Es ist nicht währ. Nationalismus ist die wahre Demokratie. sind, die ein so schönes Beispiel des Muts daß der Nationalismus des deutschen Vol­Nationalismus Es hat eine freiwillige Volksgemeinschaft und des Widerstands gegen ein übermäch- kes, daß der Kriegs- und Expansionswille Nach dem Saarplebiszit hat die vorgetäuscht, wo nur eine Gemeinschaft tiges terroristisches System gegeben ha- des deutschen Volkes die Welt bedroht: es nationalsozialistische Propaganda aufgeju- des Leidens und des Zwanges ist. Es legi- ben, sie haben so allein und verlas- ist nicht Nationalismus und Wille des Vol­belt: nur weiter so! Nach der Saar timiert seinen Kriegswillen, seine Erobe- sen gestanden wie selten eine Kämpfer- kes, sondern des terroristischen Sy­Memelland, Danzig , Sudetendeutschland , rungspläne mit dem Willen des Volkes-schar. Wenn es Resignation war, die diese stems. Oesterreich! Wählt, wählt, das Volk ist für den es fälscht und unterdrückt. Es be- Haltung der europäischen Demokratie be­stimmt hat, dann rufen wir ihr zu: befreit Hitler- Deutschland! Unser ist die Waffe hauptet, demokratisch zu sein der plebiszitären Demokratie, der Stimm- zeigt die Züge einer plebiszitären Demo- euch von der gefährlichen Täuschung, daß zettel geht dem Schwert voran, er legiti- kratie, der verfälschtesten, widerlichsten der kriegerische Nationalismus des Hitler­miert es. Ueber die Reichsgrenzen hinweg Form der Massenherrschaft. Und selbst systems alle Kräfte der Demokratie und spricht der deutsche Rundfunk, in den diese Züge täuscht es nur vor; denn wenn des Friedens zermalmt hat! Es ist eure Grenzgebieten stehen die geheimen Kampf- der Terror fällt, bricht selbst dieser Schein Sache, für die in Danzig gekämpft wurde, abteilungen in der Uniform der deutschen zusammen. Mit diesem Schein maskiert es es ist die Sache des Friedens, für die dort Irredenta , es wirbt die Macht des Reichs, seine Expansionspläne, mit diesem Schein und in ganz Deutschland gerungen wird! die Anziehung seiner wachsenden militäri- wälzt es seine Verbrechen von den eigenen Jawohl, in Deutschland ! Es war Gö­schen Kraft. Unwiderstehlich ist die wer- Schultern auf die Schultern des deutschen ring, der in Danzig sprach: Danzig , Neues Reichsplebiszit? bende Kraft des braunen Nationalismus in Volkes, lenkt es den Haẞ Europas von sich ein Spiegel von Deutschland ! den Ländern deutscher Zunge Das Propagandaministerium hat den über alle Es ist ein Spiegel von Deutschland . Sie Parteigrenzen hinweg fallen ihm die Mas- Zieht den Terror ab, und dann wol- haben in Danzig eine Wahl veranstaltet wie Redaktionen der gleichgeschalteten Presse len wir sehen, was von der Einheit vom vor Hitlers Machtergreifung im deutschen vertraulich mitgeteilt, daß die Reichsregie­Lande Lippe. Sie haben in ein kleines Ge- rung erwäge, über ihre außenpoliti­Danzig war die Probe aufs System und Volk übrig bleibt! Exempel! Der Terror hat auch die Danziger Wahl biet, kleiner als ein deutscher Reichstags- schen Ziele eine neue Volksbe­Das Saarplebiszit war eine Er- überschattet. Aber die Verfassung, vom wahlkreis, ihre ganze Kraft geworfen, sie fragung zu veranstalten, die den ein­heitlichen Willen der Nation bekunden soll. schütterung und eine Täuschung. Dan- Völkerbund garantiert, doch nicht ge- haben Macht und Terror aufgeboten Diese vertrauliche Information an die zig ist eine Klärung und eine Mahnung. schützt, tausendfach durchlöchert und und sie haben es nicht erreicht, ihre Geg­Vom Saarplebiszit ging ein tiefer Pessi- verhöhnt, gab der Opposition eine Mög- ner zu zerschmettern, sie haben es nicht Presse ist vor der Wahl von Danzig aus­mismus in der europäischen Demokratie lichkeit; Gegenkandidaten auf- verhindern können, daß ihre Gegner ge- gegeben worden. aus, ein Pessimismus für den Frieden und zustellen. Die Werbung für sie, for­für die Zukunft der Demokratie. Er nährte mell zugelassen aber verboten, verboten, die geheime Sorge, daß der Nationalismus verboten! Die Kandidaten der Opposition: die Idee der Demokratie und der Freiheit bedroht, verfolgt. Man hat ihnen unter To­niedergewälzt habe. Hoffnungslos wandten desdrohungen parteiamtliche Aufforderun­

sen zu!

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auf das deutsche Volk!

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aber es

Es ist die teuflische Methode der Ver­derber des deutschen Volkes, System und Volks als eins erscheinen zu lassen. Wehe der europäischen Demokratie, wenn sie die­ser Suggestion unterliegt, die sich gegen sie selbst kehrt! Seht auf die Kämpfer von Danzig ! Es ist euer Kampf, den sie ge­führt haben. Es ist euer Kampf, der in Deutschland gekämpft wird!

Kandidaten der Opposition: Die Stimmung Die Stimmung in Berlin

sich viele jenseits der deutschen Grenzen gen ins Haus geschickt, sich zurückzuzie- Gemachte Begeisterung Zurückhalten der Bevölkerung

vom deutschen Volke ab, weil sie es rest- hen. Der Knüppel und der Dolch haben ge- Wir erhalten das folgende Stimmungsbild Spitzel vermutet, geht es in den lesenden Gruppen sehr still zu. Ein Meinungsaustausch los dem braunen Nationalismus, dem Gei- wütet. Und dennoch: dies minimale Recht, aus Berlin : » Die gesamte Berliner Arbeiterschaft oder eine Diskussion wie früher ist ein Un­ste des Militarismus und der Gewalt ver- parteimäßig Gegenkandidaten aufzustellen, fallen, weil sie die Einheit von System und hat genügt, um den siegessicheren Natio- steht selbstverständlich stark unter dem Ein- ding. Auch ein Beweis dafür, wie es in Wahr­Volk für gegeben glaubten. nalsozialisten diese Niederlage zu bereiten! druck der Regierungsverkündung betreffend heit um die Volksgemeinschaft bestellt ist. den Lokalen und Ver­Die Danziger Wahl widerlegt diesen Nein, die Demokratie, die wahre De - allgemeine Wehrpflicht. Da die Ar- Das gleiche Bild in Pessimismus. Sie sollte ein zweites Saar - mokratie ist keine Waffe für den braunen beiter in richtiger Einschätzung des Wertes kehrsmitteln. plebiszit werden.>> Heim ins Reich< so Nationalismus, sie ist eine Waffe gegen aller gegenwärtigen Presserzeugnisse auf die hieß die Parole der Nationalsozialisten. Sie ihn! Schon dieser letzte blasse Schimmer, Lektüre einer Zeitung überhaupt verzichten, hatten alles für sich: die Macht, den Ter- diese Andeutung einer parlamentarischen bilden sich vor den Filialen der Berliner Ta­ror, die einseitige Propaganda, die Beispiel- Wahl hat sich als Waffe gegen ihn er- geszeitungen starke Ansammlungen, die inter­Da sich wirkung des Saarplebiszits, den Appell an wiesen. Das ist die Klärung. Das ist zu- essiert die Fensteraushänge lesen. nur selten einer zu einer Bemerkung hinrei­das Nationalgefühl, die Diffamierung der gleich die Mahnung. Zunächst für den Völkerbund. Er Ben läßt, da jeder in seinem lieben Mitmen­politischen Gegner als Landesverräter. Und sich einen Denunzianten und dennoch dieses Ergebnis. Sie haben hat die Danziger Verfassung garantiert. schen neben sich

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Jeder versucht ängstlich seine wahre Meinung zu verbergen, meidet seinen Mit­menschen, schaut scheinbar desinteressiert drein oder redet wenn aus Höflichkeits­gründen nicht anders möglich belang­loses Zeug. Steigt ein Fahrkartenkontrollor in die Straßenbahn ein oder löst ein BVK- Schaff­

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