Nr. 96 BEILAGE
Neuer Vorwärts
Diktator Göbbels macht in Kultue
Eine Bilanz der» geistigen Erneuerung«( sozialistischen Geistes geleiteten Theatern im Dritten Reich .
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Der ruinierte Film
14. April 1935
um 22 Prozent zurückgegangen. Dasselbe
Millionen Reichsmark und erklärt, daß die Gesamtlasten der deutschen Filmwirt
trägt nicht nur bei der absolute Mangel Beim deutschen Film sieht es be- Blatt berechnete den Rückgang des ErUm der böswilligen Welt die Segnungen erfolgreich, beweist die Tatsache, daß erst kanntlich nicht anders, wenn möglich noch löses aus der Filmausfuhr von 20 auf 10 des Dritten Reiches zu beweisen, wird im- an zugkräftigen und auch nur einiger- schlimmer aus. Die darin wohl zuverlässige mer wieder aus dem Propaganda- Mini- maßen sehenswerten Stücken wen kann Essener» Nationalzeitung« hat kürzlich gesterium verkündet: Wenn es uns schlecht man noch mit der ewigen Dramatisierung schrieben, Göbbels habe nun endgültig die schaft über die reinen Filmherstellungsginge, wäre eine solche Kulturhausse zu und Glorifizierung aller, auch der läppisch-> diplomatischen Beziehungen zum Film ab- kosten bereits enorm hinausgehen. Tatverzeichnen? Wären dann in den großen sten Einzelheiten aus der blutigen Ge- gebrochen. Er hatte damals, in den sache ist, daß lediglich einige ausländische Großstädten die Theater und Kinos immer schichte des preußisch- deutschen Militaris- Maientagen des Dritten Reiches , den deut- Filme, wie» Maskerade«,» Königin Christine< usw. volle Kinokassen gemacht ausverkauft, die Konzerte stets gut mus anlocken? es ist nicht nur diese schen Filmproduzenten kommandiert, nunbesetzt, der Buchhandel glänzend beschäf- geistige Leere, sondern es ist auch das ab- mehr eine deutsche und nationalsoziali- haben. Die meisten ausländischen Filme, tigt, der Absatz von Radioapparaten und solut unzulängliche und minderwertige stische Filmkunst zu schaffen. Wo immer die in aller Welt monatelang die KinokasSchallplatten ständig im Steigen und eben- Spiel nichtskönnerischer Darsteller. Denn in deutschen Kinos Filme auftauchten, sen füllen, dürfen ja nicht dem deutschen Publikum gezeigt werden, entweder weil man kann sich kaum einen Begriff von deren Inhalt aus der» nationalsozialisti- ihre Tendenz dem Herrn deutschen Kulturder Protektions- und Krippenwirtschaft schen Gedankenwelt geschöpft war, er- diktator Göbbels nicht paßt, oder weil in machen, die jetzt an den deutschen Büh - griff das Publikum vor ihnen die Flucht ihnen schrecklich!- ein Schauspieler nen herrscht. Wenn für einen Pg. gar und sie mußten binnen kurzem von den mit einer nicht garantiert reinarischen keine Beschäftigung mehr zu finden und Spielplänen abgesetzt werden. Vor allem Großmutter auftritt. Daß die deutsche wenn er selbst zum Amtswalter zu dumm waren sie im Ausland völlig unverkäuflich, Filmindustrie langsam am Blubo verendet,
so die Zahl der Radiohörer?
Die Lage der Theater
Mitunter zieht dieser Bluff noch. Wenn man sich aber die sogenannte Kulturhausse im Hitlerland auf ihre Echtheit und Ursachen genauer ansieht, erkennt man sehr schnell den Schwindel. Nehmen wir einmal sogar als wahr an, daß die Theater ausverkauft sind. Weshalb wohl? Seit dem glorreichen Anbruch des Dritten Reiches sind weit über die Hälfte der deutschen Theater zusammengebrochen und geschlossen worden. In Berlin allein sind es neun Bühnen. Kein Wunder also, daß die wenigen noch in Betrieb verbliebenen Bühnen durchschnittlich leidlichen Besuch haben, obwohl die Gesamtziffer der Theatergäste gegen 1932 zirka 40 Prozent zurückgegangen ist, ist, ganz zu schweigen dem katastrophalen Schwund der Theatereinnahmen. Welche Unsummen an Subventionen die Aufrechterhaltung der wenigen Bühnen verschlingt, kann man sich kaum vorstellen. Göring allein läßt sich, z. B. sein Berliner Staatstheater, jährlich mehr als drei Millionen Mark kosten. So ist es ausnahmslos in jeder Stadt und in jedem Land; kein Theater mehr, das sich, wie einst unter dem verruchten jüdisch- marxistischen System, aus eigener Kraft erhält.
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Von den wenigen Theatern sind tatsächlich außerdem nur noch wenige wirklich gut besucht, und zwar nur jene, die sich ganz hoher Protektion erfreuen und daher bei den Gagen aus dem Vollen wirtschaften können. Es ist schon gesagt worden, daß Göring seine preußische Staatstheater nicht knapp hält, schon allein, um seinen Rivalen, den Reichspropagandaminister, auf seinem preußischen Kulturreservat auszustechen. Man hat von fernher die teuersten Künstler herbeigerufen, gibt ganz große Starvorstellungen. Sogar Schacht hat von seinem Devisenbestand eine erkleckliche Summe opfern müssen, um die Gastspiele Benjamin Giglis und Jan Kiepuras in der Berliner Staatsoper zu ermöglichen. Gu staf Gründgens , ein sauberer Märzgefallener, heute Staatstheater- Intendant und Staatsschauspieler von Görings Gnaden, hat einen Fünfjahresvertrag mit einer Jahresgage von 100.000 Mark. Ueberhaupt: Bei den von Göring patronisierten preuBischen Staatstheatern merkt man sehr wenig von» nationalsozialistischem Kulturwollen<; um die für nationalsozialistisches Kulturgut sich immer noch herzlich wenig begeisternden Zuschauer in die preußische Staatstheater zu bringen, hat man für sie die Prinzipien aufgelockert. Wenn man etwa das Ensemble des preußischen Staatstheaters betrachtet, findet man es aus Namen zusammengesetzt, die in den
Danziger Wettersturz
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kümmert die neudeutschen Kulturpäpste nicht; wenns garnicht mehr weiter geht, wird eben wieder einmal ein Griff in die Reichskasse helfen müssen. So sieht es mit den überfüllten Kinos von heute aus.
Das Kabarett
Daß in dem Reich der humorlosen Gangster das einst so hochwertige deutsche Kabarett völlig verödet ist, versteht sich von selbst. Es gilt ja heute schon als eine Heldentat, wenn sich ein Kabarett- Künstler wie es kürzlich
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auf einer Berliner Kleinkunstbühne geschah den Witz erlaubt:» Gib mir doch mal die Baseler Nachrichten her, ich will mal sehen, was es in Berlin Neues gibt!<< Man kann sich also vorstellen, was > Witz< dem heutigen Kabarettpublikum geboten wird und wie es, durch solche verheißungsvolle Programme angelockt, in hellsten Scharen in die Kleinkunst- Theater strömt. In Berlin werden, besonders für die Fremden, die Kabaretts durch allerlei dunkle Geschäfte mit dem Reichspropagandaministerium noch über Wasser gehalten( wenn auch zwei von den früher so florierenden Kleinkunstbühnen geschlossen sind) aber in der Provinz, wo sich vor Hitler schon eine sehr beachtliche Kleinkunst entwickelt hatte, sieht es geradezu trostlos aus. In den meisten deutschen Großstädten sind die Kleinkunstbühnen allmählich geschlossen worden, teils freiwillig, teils gezwungen; dort, wo sie bestehen blieben, sind sie zu ordinären Neppund Amüsieretablissements herabgesunken.
Das Schicksal des deutschen Buches
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Die angebliche Belebung auf dem" Bücher markt könnte, wenn sie stimmte, damit zu erklären sein, daß die Menschen im heutigen Deutschland aus dem Alltag fliehen wollen. Letzteres stimmt zwar, aber wie sieht die gewaltige Konjunktur in Wirklichkeit aus? Deutsch land , das vor Hitler auf dem Gebiete der internationalen Buchproduktion jahrelang zuerst an erster, dann an zweiter Stelle stand, ist seit der Herrschaft der braunen Kulturmacher in die sechste Reihe abgerutscht. Es werden zwar in Nazi- Deutschland von allen möglichen Händen viele Bücher zusammengestoppelt, aber wer liest sie? Massenauflagen, wie sie einst Emil Ludwig , Feuchtwanger usw. erzielten, gibt es ja nicht mehr. Daß dem deutschen Volk durch Zwang verordnete Buch Hitlers » Mein Kampf « wirft dem deutschunkundigesteckt. produzent mit Ausnahme der aus der gen Verfasser zwar alljährlich immer noch Riesensummen ab, weil es eben als Präspielt haben. Man zieht die Schüler der Selbstverständlich, daß die höheren Her- Reichskasse unterhaltenen Ufa derartigen Stücken etwas wissen mien, Festgeschenke und vorgeschriebene jüdischen Regisseure Reinhardt, Jeßner ren Pgs. vor allem ihre Maitressen beim von Literatur gekauft werden muß. Aber die und Barnowsky seltsamerweise doch dem Theater unterbringen. Der Intendant der wollte, sondern seine Zuflucht nahm zu > Werke der übrigen Führer, soweit sie nationalsozialistischen Talentnachwuchs ehemaligen Berliner Volksbühne am Bü- dem bewährten» Kitsch der marxistischnicht zwangsweise verordnet werden, geist liberalistischen Epoche«. Trotzdem aber vor. Nicht anders ist es in der Staatsoper, lowplatz( jetzt Horst- Wessel - Platz) deihen nie über kümmerliche Reklamewo jüdische und jüdisch- versippte Dirigen- Graf Solms, intimer Freund, des Göbbels - gelang es der deutschen Filmbranche nicht ten, Sänger und Sängerinnen die Berliner Adjutanten Prinz Lippe. Der edle Graf hat mehr, die deutschen Lichtspieltheater so erfolge hinaus. Der deutsche Leser kauft heute nur unpolitische Bücher, Romane und Fremde in Ränge und Parkett locken. seine Freundin, die frühere kleine Statistin zu füllen, wie sie ehedem voll waren, als es keinen Arierparagraphen, keine und Novellen idyllischen Inhalts, er flüchDafür hat Göbbels in seiner Char- Saal, sofort zum ersten Star seines Thea- noch lottenburger Oper unter dem In- ters avancieren lassen. Seitdem heißt die Schachtsche Devisendrosselung und keine tet sich zu den wenigen von früherher vertendanten Rode ein reinrassiges Instrument| Volksbühne im Berliner Volksmund» Saal- Blubo- Kunst gab. Der Reichsfilmkammer - bliebenen Autoren und Autorinnen. Zusam- Präsident Dr. Scheuermann hat jüngst gesucht sind auch Uebersetzungen nationalsozialistischen Kulturwollens. Wie bau am Horst- Wessel - Platz<<.
Heim ins Reich!
Zeiten des jüdisch- marxistischen Kultur- und zu unfähig ist, wird er einfach irgend-| so daß schließlich kein deutscher Filmbolschewismus die prominenten Rollen ge- wo in ein Theaterensemble
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mehr
Sehr
aus
kürzlich, und dies sogar an einem Glanz- menfassend kann man über die Entwick- zwar behauptet, daß die Kammer die ländischer, namentlich englischer Romane. abend, ganze 180 Eintrittskarten für die lung des Theaters im Dritten Reich nur deutsche Filmwirtschaft vor dem Zusam- Vor allem aber fragt man in den Buchdas menbruch gerettet habe, und daß die Be- handlungen und Leihbibliotheken immer Charlottenburger Oper verkauft worden das treffende Wort wiederholen, sind. Das ist ungefähr der Kassendurch- irgendein brauner Großwürdenträger wäh- sucherzahlen in Filmtheatern um zwanzig wieder nach historischen Werken, offenrend der sogenannten» Reichstheater- Fest- Prozent gestiegen seien. Merkwürdig nur, bar, weil man sich ein eigenes Urteil über woche< gelassen ausgesprochen hat:» Die daß genau vier Tage später die» Rheinisch - die Quellen deutscher Geschichte bilden deutschen Theater stehen geschlossen hin- Westfälische Zeitung« feststellte, in Rhein - will. Einer der stärksten Beweise für dieses Zur Flucht aus dem vom» national- ter Adolf Hitler.<< land- Westfalen allein sei der Kinobesuch Bedürfnis ist der lebhafte Absatz einer
Schnitt.
Die Krippenwirtschaft