Die Hodizeiten des Dritt enReidis »Ich verlange insbesondere vom SA - Führer, daß er ein Vorbild In der Einfachheit und nicht im Aufwand ist.«; »Ich wünsche nicht, daß der SA -Führer kostbare Diners gibt oder an solchen teilnimmt.« »Ich verbiete insbesondere, daß Mittel der Partei, der SA oder der Oeffentlich- keit für Gelage und dergleichen Verwendung finden. Es ist unverantwortlich, von Geldern, die sich zum Teil aus den Groschen unserer ärmsten Mitbürger ergeben, Schlemmereien abzuhalten.« »Ich will Männer als SA -Führer und keine lächerlichen Affen.« (Hitler , am 30. Juni 1934.) Seit dem 30. Juni 1934— dem Tage des Hitlerschen Kameradenmords— ist nahezu ein Jahr verflossen. Die Hitler , Gö- ring und Göbbels , die sich mit dem Blute der Landsknechte, die sie hochgetragen haben, Macht, Stellung, Vermögen und Einkommen gesichert haben, sitzen fest auf der Spitze der gesellschaftlichen Pyramide. Für sie gibt es keine deutsche Not, keine Wirtschaftskrise. Sie sitzen im Genuß, in Prunk und Verschwendung. Sie sind die Verkörperung des gröbsten Genußmaterialismus. Keine untergehende Ge- sellschaftsschicht der Vergangenheit hat so zynisch wie diese Männer nach dem Prinzip gelebt: Nach uns die Sintflut! Sie führen jetzt dem Volke andere Schauspiele vor als das Blutschauspiel vom 30. Juni. Sie feiern jetzt— Hochzeiten. Sie spielen die Legende von der Liebe und Treue des deutschen Mannes, von der ehelichen Treue, sie führen die Großen des Systems vor mit glückstrahlenden Bräuten in Schleier und Kranz an der Seite. Sie haben es nötig! Geht nicht ein Weg vom 30. Juni 1934 zu der Göringhochzeit vom 11. April 1935? Damals haben sie ihr politisches Verbrechen maskiert mit dem Rufe; Nieder mit den 175em, heute zeigen sie: seht, wir heiraten sogar, richtige deutsche Frauen! Hochzeiten des Dritten Rei ches — auf dem Hintergrund des männer- bündischen Charakters der Hitlerverschwörung. Es ist ein schauerliches Schauspiel. Diese Göringhochzeit in Berlin war eine Demonstration des Parasitentums der fuhrenden Schicht des Systems— zugleich eine schonungslose Zurschaustellung der Schande des deutschen Volkes, der Verderbnis und Verkommenheit, der moralischen und geistigen Verrottung des Systems. Durch die Hochzeiten des Systems schreitet»der Führer« hindurch. Er segnet sie, wie er die Morde des 30. Juni gesegnet hat. Er ist mit den Seinen im gleichen Boot— beim Mord wie bei der Hochzeit. Er wird am Tage der Abrechnung mit ihnen in der gleichen Verdammnis sein. Die Hochzeit des Karl Ernst Er hat die Hochzeit des Karl Ernst gesegnet, des ehemaligen Obergruppenführers der SA in Berlin , Dieser Mensch, ein korruptes Subjekt, ein Emporkömmling des Dritten Reiches , wie alle seinesgleichen ein Parasit am Volkskörper, ist eine Ehe eingegangen wider seine widernatürliche Veranlagung. Diese Ehe war eine Lüge, bestimmt, die Veranlagung dieses Mannes zuzudecken, seine Hochzeitsfeier ein Schaustück für das Volk, ein Betrug, der den stinkenden Sumpf des Systems zudecken sollte. Bei diesem Betrug hat Adolf Hitler als Schwur- und Trauzeuge gedient. Er hat sich mit diesem Subjekt und der Frau, die als Werkzeug einer Propagandalüge diente, gemeinsam photographieren lassen. Karl Emst und Adolf Hitler Seite an Seite! Wenige Wochen darauf hat diese Lüge ein grausames Ende gefunden— Adolf Hitler hat Karl Emst von der Hochzeitsreise wegholen und erschießen lassen. Der Fall Terboven Die Hochzeiten des Dritten Reiches sind von einer ganz besonderen Atmosphäre umgeben. Es ist nicht nur der Gestank des Sumpfes, der moralischen Verwesimg. Es mischt sich in die Verwesungsatmosphäre der Geruch von vergossenem Blut. Am 28. Juni 1934 feierte der Gauleiter und Staatsrat Terbovenin Essen seine Hochzeit— tagelang, mit ungeheurem Gepränge. Dieser Bursche, blutjung, ohne Kenntnisse, ohne Bewährung, ein Emporkömmling und Korruptionist des Dritten Reiches wie alle anderen, unterschied sich von Subjekten wie Emst und Konsorten nur dadurch, daß er unbedingt sich mit dem Hitlerwinde drehte. Er hat wie alle anderen seinen Emporstieg benutzt, um sich mit irrsinnigem Luxus auf Kosten der Oeffentlichkeit zu umgeben, angefangen vom Luxusauto bis zur geschenkten Luxusvilla. Die private Geldwirtschaft dieser Subjekt© ist völlig undurchsichtig. Aus vielen öffentlichen Quellen fließen ihnen gewaltige Mittel zu— und dennoch sind diese Mittel nicht gewaltig genug, nm ihren Lebensaufwand zu decken. Alle diese Männer haben eines gemeinsam: sie kaufen und bezahlen nicht, sie erhalten»geschenkt«, nnd— sie nehmen. Es ist nie darüber berichtet worden, wer die gewaltigen Mittel bereitgestellt hat, die dies Hochzeitsgepränge verschlungen hat. Städtische und staatüche Mittel fluß seines Wahnsinnes gebrandmarkt worden ist, ist zugleich Symbol der ungeheuren Verachtung der Männer des Systems gegenüber dem Volke, sind Mittel, um ihm eine schauerliche Popularität bei den gedankenlosen Massen zu verschaffen, die dem System nachlaufen. Es ist der Glanz für jene Bevölkerungsschicht, die das Glück dieser Parasiten gemacht hat. Vor der Mache dieser Hochzeitsszenerie verblassen selbst die Schaustellungen des wilhelminischen Systems. Diese Hochzeit ist Monarchie-Ersatz. Das wilhelminische System war berüchtigt wegen seiner Stillosig- keit, seinem barbarischen Prunk, wegen der Mischung aus Brutalität und äußerem Gepränge, wegen seiner Kulturlosigkeit. Das System Göring hat alle diese Züge noch ins Gigantische gesteigert. Und doch Die Göring -Hochzeit; Hitler beim Festessen im Kaiserhof. sind es nicht allein gewesen, die dabei vergeudet worden sind. Eine ganze Provinz ist zur Tributleistung gezwungen worden. Alle Behörden und Organisationen wurden zum Schaustück wie zum»Geschenk« gezwungen, von den Schulkindern angefangen bis zum Oberbürgermeister. Glockengeläute und Spaliere, Kirchenrummel und Wagenfahrt, Heürufe und»Volksjubel«, und dazu»der Führer«. Er brachte ein sinniges Angebinde mit zu dieser Hochzeit; Den Entschluß zum Kameradenmord. Diese Hochzeit wurde verschönt durch das Blut der Röhm und Ernst und Heines, aber auch der Klause- ner, der Schleicher, der Frau Schleicher. Als Hitler die Hände des Terboven und seiner jungen Frau drückte, sah er im Geiste schon seinen Freund Röhm tot vor sich liegen. Göbbels hat es beschrieben, das Nachspiel zu dieser Hochzeit, wie sie am Rhein Idylle spielten, süße Nachtluft, Gläserklang, weiche Nachtmusik— und dann auf zum Kameradenmord nach München ! Förster Das ist der Gauleiter von Dan zig, Hit lers Prokonsul in der»Freien Stadt«, neben dem Verfassung, Senat und Senatspräsident nur Schemen sind. Auch er ein Plünderer öffentlicher Mittel, ein schmarotzender Parasit. Auch er hat vor kurzem geheiratet und daraus ein öffentliches Schaustück mit fürstlichem Gepränge gemacht, umwittert vom Gestank der Korruption. Er hat seine Quittung dahin in Gestalt der Danziger Wahlniederlage der Nationalsozialisten, die nur mit Mühe und Not in eine Mehrheit umgefälscht worden ist. Er hat nun die Abrechnung gegenüber seinen Oberen zu fürchten, daß er nicht genug terrorisiert und gefälscht hat, und wer weiß— vielleicht wird auch hier das Blut nicht fehlen! Der Fall Göring Der Fall Göring faßt alles in sich zusammen. Göring ist die Zentralfigur des Systems, der oberste der Bluthunde wie der Oberste der parasitären Schmarotzer. Er ist der Monarch-Ersatz der Diktatur, das Aushängeschild, mit dem das System auf die Instinkte des niedrigsten Pöbels spekuliert. Sein Aufwand, sein Gebaren, seine Uniformen, seine Orden, sein Sadismus, seine Schaustellungen, alles, was so oft von den Feinden des Systems als Auskann aller Glanz den Leichengeruch nicht verdecken, der von diesem System ausgeht. Am widerlichsten ist der Byzantinismus, den er hervorgebracht hat,— ein erzwungener Byzantinismus, Speichelleckerei und Bauchrutscherei aus Furcht Das Wort Friedrich Wilhelms L, des Vaters des Drit ten Reiches , steht über diesem Schaustück: »Lieben sollt ihr mich, ihr Hunde!« So, wie bei dieser Hochzeit, ist die deutsche Presse nicht einmal vor Wilhelm auf dem Bauche gekrochen. Aber das sind nur die äußeren Erscheinungen. Es stinkt von innen her.., Es stinkt nach Korruption. Der Herr preußische Ministerpräsident und General der Flieger hat sich zu seiner Hochzeit beschenken lassen— von Behörden und Privaten, von Städten und öffentlichen Anstalten, von Großkonzernen und Wirtschaftsverbänden. Meisterwerke der Kunst, Porzellan und Silber, Wisente, Wildschweine und Madonnenfiguren, Gobelins und Schränke, goldene Schwerter und Radioapparate, Servietten mit Bildern von Parsifal , in die er sich das Maul wischen kann, Hochseeyachten und Jagdhäuser, alles bunt durcheinander. Er hat von allen genommen! Er hat sich bezahlen lassen— von den einen für die Dividende, die er ihnen verschafft hat, von den anderen für die Furcht, die sie vor ihm haben! Er steht im Mittelpunkt der deutschen Aufrüstung, an der di e S c h w e rindus t ri e verdient— die Schwerindustrie erweist sich erkenntlich, indem sie ihm Geschenke macht, die Hunderttausende von Mark wert sind. Es sind Millionenbeträge, die ihm insgesamt in Gestalt von Geschenken zugeflossen sind. Hier enthüllt sich die korrupte Gesinnung dieses Mannes, zugleich aber auch die moralische Verkommenheit der deutschen Großbürger, die diesen Mann an den neuen Vor- kriegsgewinnen teilnehmen lassen. Ihnen gehört der Reichtum in Deutschland , ihnen der goldene Segen der Kriegsrüstung, sie schmarotzen gemeinsam an der Not des Volkes. Für die Vorkriegsgewinnler sind die Männer des Systems tätige Teilhaber am Rüstungsgeschäft, die ihre Tantieme in jeder Gestalt beziehen müssen. Es ist die zynische Zurschaustellung einer auf Korruption gegründeten Ordnung. Dieser Mann Göring , der sich jetzt in einem irrsinnigen, unnützen, unverwendbaren Luxus wälzt, ist ins Dritte Reich hineingegangen als einer jener verschuldeten Abenteurer, die an die Macht mußten, weil sie einem schmählichen Bankrott ins Auge sahen. Er ist heute vielfacher Millionär. Die Knechtung der Freiheit, die Zerstörung des Friedens der Welt hat sich für ihn gelohnt Man nennt diesen Mann als künftigen deutschen Reichswehrminister. Es gehört zur Legende des deutschen Militarismus, daß sein Offizierkorps hoch in gesellschaftlichem Range, aber arm an irdischen Gütern gewesen sei, durch den Begriff der Offiziersehre geschützt vor allen korrupten Einflüssen. Die Legende fällt: der Göringgeist als Geist der neuen Armee, das heißt d i e Raffkegesinnung als Grundzug des ganzen Systems! Wer bezahlt? Es bezahlt das Volk—■ nicht die Geber!»Der Führer« hat seinem Freunde Göring ein Bismarckbild von Len- bach geschenkt Dieses Büd hing in den Räumen des ehemaligen Bundesrates im Reichstagsgebäude . Es war Reichs- e i g e n t u m. Gehört dem»Führer« alles, was dem Reiche gehört? Die Stadt Berlin hat die Kosten für ihr Hochzeitsgeschenk aufgebracht, indem sie Lohnabzüge bei den städtischen Arbeitern und Angestellten vorgenommen hat! Drastischer ist wohl noch niemals der Raubcharakter einer Diktatur hervorgetreten. Die Unternehmer und Untemehmerverbände haben die Löhne ihrer Arbeiter gedrückt— sie geben einen Teil des Mehrwerts an den Göring ab. Das Volk hungert, und Gö ring wird immer reicher. Es ist ein einfacher Tatbestand. Es ist der Tatbestand, der Sinn und Wesen dieser Diktatur ausdrückt. Die Hochzeiten des Dritten Reiches sind Raubzüge. Sie sind zugleich das Blendwerk zur Verd eckung des Raubcharakters. Wenn der Pöbel das mit Brillanten und Saphiren geschmückte Diadem bewundert, das Göring seiner Frau Emmy geborene Sonnemann aufsetzt, schreit er ach! und oh! und vergißt mit offenem Munde, daß er es bezahlen muß. Es ist eine Methode der Massenbeherrschung, Die Regie ist überall sichtbar, aber was fragen danach die Männer des Systems. Jetzt hat das System eine zweite mit Flitter behangene Puppe, mit der es auf Pöbelinstinkte spekuliert, zum L a- metta-HermanndieBrillanten- E m m y. Es war im Zweifel, wie es sie dem Volke vorstellen sollte. Es wollte sie zunächst als Königin Luise kostümieren— aber da griff ein anderer Regisseur ein; der Reichswehrminister Blomberg . Er hat sie vorgestellt als Minna von Barnheim, die Soldatenfrau. Armer Lessing! O, sie verstehen es, auf Sentimentalitäten zu spekulieren! Erst die Komödie mit der Leiche von Karin, der Frau mit dem gebrochenen Herzen, nun Emmy -Minna, die Soldatenfrau. Je blutiger ihre Hände sind, umso rührseliger sind ihre Gesten. Und richtig: das Blut hat auch nicht gefehlt. Epstein und Ziegler, zwei Opfer des deutschen Justizverbrechens, sind am Morgen von Gö- rings Hochzeitstag zu Ehren der Horst- Wessel -Legende geschlachtet worden. Es ist eine teuflische groteske Komödie. Sie spielt auf dem Hintergrunde der europäischen Kriegsgefahr. Sie ist ein Stück jener Methode, die das deutsche Volk in einen besinnungslosen Wahn reißen soll, in dem alle Vernunft, alle Kultur, alle Gesittung versinkt, in dem nichts bleibt als eine willenlose Herde, die sich von boshaften Verbrechern zur Schlachtbank führen läßt Das deutsche Volk ist ein tief unglückliches Volk. Aber wir hoffen, daß der unbändige Zorn aus dem Herzen der Nüchternen und der gerecht Denkenden um sich greifen wird, und daß der Tag kommen wird, an dem das Volk die Schande nicht mehr erträgt, in die es von diesen Verbrechern gestürzt worden ist! Mutige Jungen. In der Nähe von Bremen ist der katholischen Jugend ein Heim in Schepsdorf gestohlen(»enteignet«) und der Hitlerjugend Ubergeben worden. Acht katholische Jugendangehörige holten In der Nacht ihr Eigentum ab und zerstörten das Haus bis auf den Grund. Die braunen Bonzen toben.