Diktatur der taroIUtorai In dem von Gottfried Feder verfaßten Programm der NSDAP heißt es unter Punkt 13: »Riesenbetriebe(Konzerne, Syndikate und Trusts) werden verstaatlicht.« Zur Begründung wird gesagt: »Syndikate und Trusts dienen in erster Linie der Absicht, in irgendeinem Produktionsgebiet einen Zusammenschluß gleicher Betriebe zum Zwecke des Preisdiktats zu erreichen. Nicht das Bestreben, beste und billige Güter zu liefern, ist vorherrschend, sondern Güte, Menge und Preis der Ware den Verbrauchern vorzuschreiben.« Die»Reform«, die das Dritte Reich vorhat und deren Grundlinien jüngst verkündet worden sind, steht zu diesem Programm im stärksten Gegensatz. Die Monopolmacht der Konzerne wird nicht geschwächt, sondern in ungeheurem Maße verstärkt, die öffentliche Kontrolle der Verfügung über fremdes Kapital zugunsten der privaten Verfügungsgewalt einiger weniger Konzemmagnaten auf ein Nichts reduziert. Die Aktie unterscheidet von jeder anderen Art der Kapitalbeschaffung das Fehlen jeder Haftung für ihren Besitzer, den Aktionär. Dieses Manko der Aktie ist zugleich ihr Vorzug, weil die Abwesenheit jeglicher finanzieller Verpflichtung gegenüber der Gesellschaft und ihren Gläubigem die Aktie zu einer Ware macht, die ihr Besitzer jederzeit versilbern kann. Mit der Einführung der Aktie und in dem Maße ihrer Anwendung wird der Kreis der Leute, die Geld zum Kauf industrieller Anlagen hergeben können, weit über den Kreis derer hinaus erweitert, die es sich leisten können, ihr Kapital für lange Zeit zu entbehren und mit der Kapitalhergabe auch das Kapitalrisiko auf sich zu nehmen. Mit der Gründung einer Aktiengesellschaft appellieren die Gründer nicht an einzelne Geldkapitalisten, sondern an den Geldmarkt, »an alles, was Geld hat«. Mit der Erleichterung der Kapitalbeschaffung kann der Umfang des Betriebes wachsen. Seine Größe ist vom Stand der Technik, nicht mehr von der Kapitalkraft einzelner Kapitalisten abhängig. Die Einrichtung der Aktiengesellschaft erst macht die Bahn für die Entwicklung der Industrie zur modernen Großindustrie frei. Für die Schulden der Aktiengesellschaft haftet nicht der Aktionär, sondern die Aktiengesellschaft selbst, keine lebende Person, sondern eine juristische Konstruktion. Gerade well da« Kapital der Aktiengesellschaft rechtlich keinen Eigentümer hat, kann es zur Beute derer werden, die sich seiner zu bemächtigen wissen. Daher hatte der Gesetzgeber das Geschäftsgebaren der Aktiengesellschaft rechtlichen Vorschriften und damit öffentlicher Auf- sicht unterworfen. Da das Stimmrecht nicht nach der Zahl der Aktionäre, sondern nach der Zahl der in der Generalversammlung vertretenen Aktien ausgeübt wird, wird die Minderheit der Aktionäre regelmäßig von der Mehrheit der Großaktionäre vergewaltiget, die dadurch mit fremdem Kapital schalten können, als wäre es ihr eigenes. Das Aktienrecht, das den Aktionär schützen sollte, wird also vom Großkapital verwendet, um ihn schutzlos zu machen. Die Inflation hat in Deutschland als gewaltiger Antrieb zur Machtansammlung auf dem Wege des Ankaufs von Aktienmehrheiten gewirkt, als ein Mittel, mit einem Mindestmaß des Aufwands von eigenem Kapital ein Höchstmaß fremden Kapitals zu beherrschen. Durch rücksichtslose Ausnutzung der Aktienmehrheit in Gestalt von Mehratimm- reohten, Vorzugsaktien usw., alles unterschiedliche Methode der Enteignung von Minderheitsaktionäre, entstanden Königreiche der Inflation, gewaltige Zusammenballungen zugleich industrieller und finanzieller Macht. Das Aktienrecht enthält nicht nur ein Recht der Aktionäre zur Mitbestimmung, das in der Zeit der Ausbreitung des Konzemwesens in sein Gegenteil umgeschlagen ist, sondern auch eine Pflicht zur Veröffentlichung von Jahresabschluß und Jahresbericht, also zu einer Art öffentlicher Rechnungslegung, die als Handhabe der öffentlichen Kontrolle dienen kann. Wichtiger als der Schutz der Aktionärminderheit vor deg Enteignung durch die Großaktionäre ist der Schutz der Allgemeinheit vor den Folgen des Mißbrauchs der Konzerngewalt. Mit der Größe ihres Machtbereichs wächst der öffentliche Charakter der Konzerne als Zentren privater Machtausübung, damit gleichzeitig die Verschachtelung und mit ihr die Möglichkeit der Verschleierung, die die gesetzliche Pflicht zur Veröffentlichung aus einem Mittel der öffentlichen Kontrolle zum Betrug an der Oeffentllchkedt macht. Die maasenhafte Verfügung über fremde Gelder wächst sich aus zu ihrer Verschwendimg und zu einem System des Raubes. Gerade in der Zeit der größten Massenarbeitslosigkeit häufen sich die Konzernskandale. Die Fälle Favag, Patzenhofer, Kar stadt , Nordwolle sind noch in aller Erinnerung. Die gigantische Pleite des Nordwollekonzems hat den großen Bankkrach von 1931 wenn nicht verursacht, so doch ausgelöst, der unendliches Elend über Proletariat und Mittelschichten heraufbeschworen hat und ohne den es die Massenverzweiflung nicht gäbe, die Hitler die Anhänger zugetrieben hat, ohne den er nicht die Macht erreicht hätte. Die gesetzlichen Vorschriften waren also nach dem Ausspruch des bedeutenden Aktienrechtsspezialisten Prof. Geiler»durch die wirtschaftliche Entwicklung so sehr überholt und antiquiert, daß sie ihre Gegenwartsbedeutung fast ganz verloren hatten«. Die »Spannung zwischen geschriebenem Recht und wirklichem Rechtszustand« hatte eine Kommission des Juristentages veranlaßt, sich mit der Frage der Reform des Aktienrechts zu befassen. Der Enqueteausschuß des Reichstages hat durch Befragung von Kon- zernleitem, Fachjuristen usw. reiches Material zur Behandlung dieser Frage geliefert. Im Jahre 1931 sind einige Aenderungen des geltenden Aktienrechts im Sinne des Aktionärschutzes durchgeführt worden. Im Drit ten Reich ist ein Ausschuß für Aktienrecht der Akademie für Deutsches Recht eingesetzt worden, der vor einigen Monaten seinen Bericht erstattet hat. Vor einigen Wochen hat der Staatssekretär im Reichsjustizministerium, Dr. Schlegelberger, in einem in Ham burg gehaltenen Vortrag der Welt kundgetan, wie das Dritte Reich das Aktienrecht zu reformieren gedenkt. War man vor Hitler dahin einig, daß Oeffentlichkeit und Minderheit eines Rechtsschutzes bedürfen, und geteilter Meinung nur über das Ausmaß des Schutzes, so»reformiert« das Dritte Reich in genau umgekehrter Richtung. Der Schutz, der bisher schon vorhanden war, wird nicht ausgebaut, sondern beseitigt, der Mißbrauch der Konzernmacht nicht eingedämmt, sondern gesetzlich verankert. Man nennt das die Uebertragung des Führerprinzips im Sinne der nationalsozialistischen Weltanschauung auf das Verhältnis vom Generaldirektor zur Gefolgschaft seiner Aktionäre. Schlegelberger hat ausdrücklich verkündet, die Hauptversammlung würde nach dem neuen Recht »ein abgesetzter König« sein. Damit wird das bisherige rechtliche Verhältnis von Verwaltung und Generalversammlung direkt auf den Kopf gestellt. Nicht mehr bei der Generalversammlung ruht die Herrschaft der Gesellschaft, sondern allein beim Vorstand. Der Generaldirektor, der zum Führer der Gesellschaft ernannt wird, diktiert nicht nur selbstherrlich die Geschäftsführung, sondern kontrolliert auch höchstpersönlich sich selbst. Der Aktionär, dem in der Regel der Einblick in die Geschäfte der Gesellschaft fehlt, war, wenn er in der Generalversammlung auftreten wollte, auf die Auskünfte des Vorstandes angewiesen. Es bestand deshalb für diesem eine Pflicht, nicht nur auf Verlangen Auskunft zu geben, sondern von selbst die erforderlichen Mitteilungen zu machen und Rechenschaft abzulegen. Jetzt soll es im Ermessen des»Führers« liegen, die Auskunft zu verweigern, wenn»der gemeine Nutzen von Volk und Reich es erfordert«. Ob das der Fall ist, entscheidet selbstverständlich der»Führer« selbst. Damit ist nicht nur die Kontrollmöglichkeit für die Aktionäre, sondern auch für die Oeffentlichkeit beseitigt. Das wichtigste Recht der Generalversammlung bestand in der Genehmigung von Jah- resbüanz und Gewinnverteilung. Damit bekam der Aktionär einen gewissen Einfluß auf die Höhe seines Anteils am Gewinn und die Verwendimg des eingezahlten Kapitals. Die Entscheidung Uber Bilanz und Gewinnverteilung hat in Zukunft nur noch der Vorstand. Die Hauptversammlung darf nur noch dem Vorstand Entlastung erteilen. Ebenso wie der Reichstag durch Hitler , wird also auch das Parlament der Aktionäre zur Ja- sagemaschine herabgewürdigt. Der Akademieausschuß hatte vorgeschlagen, die Minderheit durch Einführung des doppelten Stimmrechts für die Großaktionäre zu entmachten. Das lehnt Schlegelberger ab, und das sieht so aus, als wolle er den Mißbrauch des Mehrstimmrechts verhüten. In Wirklichkeit wird das Mehrstimmrecht überflüssig, weil es durch das»Fuhrerstimmrecht« ersetzt wird. Dem Führer, d. h. dem Vorsitzenden des Vorstandes, dem Generaldirektor, wird, nur in seiner Eigenschaft als Führer, nicht weniger als ein Fünftel des den übrigen Versammlungsteilnehmern Insgesamt zustehenden Stimmrechts eingeräumt. In der Regel pflegt der Generaldirektor Besitzer | von Aktien seiner Gesellschaft zu sein. Ueber- trägt er das an ihnen haftende Stimmrecht auf andere, ihm ergebene Personen, so ist ihm die Mehrheit fast gesichert. Das genügt aber Herrn Schlegelberger nicht; er will absolut sicher gehen. Er betrachtet die Frage, wie er sich selbst ausdrückt,»nicht sentimental, sondern realpolitisch«. Damit die Generalversammlung nichts als eine Farce sei und die Diktatur des Führers absolut gesichert, wird das oft angefeindete Depot- stimmrecht der Banken, also ein Stück Zinsknechtschaft, nicht beseitigt, sondern beibehalten, und zwar mit der ausdrücklichen Begründung, man würde sonst»eine große Anzahl verwaltungstreuer Aktien einflußlos machen und damit Zufallsmajoritäten zum Siege verhelfen«. Der Führer der Gesellschaft wird in Zukunft nicht mehr der Generalversammlung, sondern nur noch dem Aufsichtsrat gegenüber verantwortlich sein. Dieser kann den Führer zwar wählen, aber wenn er ihn gewählt hat, bleibt er für mindestens fünf Jahre unabsetzbar. Da aber die Generalversammlung, die den Aufsichtsrat wählt, vom»Führer« beherrscht wird, so ist auch der Aufsichtsrat nur eine Marionette in des Führers Hand, um so mehr, als er auf kontrollierende und begutachtende Funktionen beschränkt sein und sich der Mitverwaltung enthalten soll und als nur der Vorsitzende des Vorstandes, nicht der des Auf- sichtsrates als Führer anerkannt ist. Der Raub an den materiellen Rechten der Aktonäre macht den Eindruck, als wolle man den Kapitalbesitzern den Erwerb von Aktien verleiden und der Industrie diesen billigsten Weg der Finanzierung verbauen. Tatsächlich ist nicht mehr und nicht weniger beabsichtigt, als eine riesenhafte Umschichtung des Eigentums von den Kleineren auf die ganz Großen. Geldmangel beim Einzelhandel, j Geldfülle bei der Rüstungsindustrie— darin kommt zum Ausdruck, daß die Verstärkung der Wehrhaftigkelt mit Vermehrung des Massenelends erkauft wird. An Stelle der Sparkassen und öffentlichen Versicherungsanstalten könnte die Rüstungsindustrie gezwungen werden, ihren müßigen Geldreserven zur Konsolidierung der Reichsschuld, zur Anlage in Reichsanleihe zu verwenden. Sie wird nicht nur vor dem Risiko der Schuldenwirt- schaft des Dritten Reich aa geschützt, sondern ihr zugleich die Möglichkeit verschafft, sich vor ihren Folgen in die Sachwerte zu retten. Deshalb wird ein an Zwang grenzeder Druck auf die Aktionäre ausgeübt, sich zugunsten der Großkonzeme enteignen zu lassen. Zwar sollen die Aktionäre haftbar gemacht werden, wenn sie zum Schaden der Gesellschaft oder anderer Aktionäre handeln. Ausgeschlossen wird die Haftung aber ausdrücklich, wenn dem Wohle des Konzerns die Interessen der Konzernunternehmungen und seiner Aktionäre geopfert werden. Damit wird dem �dißbrauch der Konzerngewalt, der im Falle Nordwolle so verhängnisvolle Folgen gehabt hat, gesetzlicher Vorschub geleistet. Jeder Verschachtelung und Verschleierung, jeder Bereicherung der Konzemleiter auf Kosten der Aktionäre von Konzemgesellschaften wird damit die rechtliche Sanktion erteilt. Damit wird die Beteiligung an Konzemgesellschaften so gut wie wortlos und die Besitzer solcher Aktien werden sich ihres Besitzes so schnell wie möglich zu entledigen suchen. In der gleichen Richtung liegen zwei andere»Reformen«. Das Mindestkapital von gegenwärtig 50.000 Mark soll auf 500,000 Mark erhöht werden. Wenn nicht die schwierige Umwandlung in Personalgesellschaften gelingt, droht den betreffenden Unternehmungen die Auflösung, sie werden also, wie heute schon die jüdischen Firmen, gezwungen sein, sich billig von der Großindustrie aufkaufen zu lassen. Nach der Inflation ist der Mindestnennbetrag einer Aktie auf 100 Mark herabgesetzt worden, er soll jetzt wieder auf 1000 Mark heraufgesetzt werden. Die Besitzer solcher Aktien werden gleichfalls gezwungen sein, ihren Aktienbesitz loszuschlagen, bevor ihre Aktien die Gültigkeit verUeren. Es tritt also an die Stelle der Verstaatlichung der Monopole eine ungeheure Verstärkung privater Monopolmacht, an die Stelle der Förderung des Einzel Unternehmers seine Ausschaltung. Die»Reform« de« Aktienrechts ist nichts welter als ein Instrument für die Großkonzerne der Rüstungsindustrie, sich für den Fall zu sichern, da die Rüstungskonjunktur abgebaut werden muß. Es wird ihnen die Möglichkeit gesichert, die Folgen der Krise, die dann ausbrechen muß, durch gesteigerte und von keiner öffentlichen Kontrolle gehemmte Ausnutzung ihrer Monopolmacht auf die große Masse des Volkes abzuwälzen. G. A. Frey. Eine Industrie sackt ab Wie richtig die Einschätzung der Produktionskonjunktur In zahlreichen Industriezweigen als eine nur durch staatliche Unterstützung künstlich erzwungene Belebung ist, die auch mit dem Aufhören dieser Unterstützung sofort ihr Ende findet, das wird durch die Entwicklung der deut schen Radioindustrie bestätigt. Im Jahre 1933 und noch in def ersten Hälfte 1934 nahm diese Industrie noch einen Aufschwung. Das Propagandamimsterium sorgte durch die Einführung des Volksempfängers und durch einen Druck auf bestimmte Schichten der Bevölkerung, die Radioabonnenten werden mußten, für umfangreiche Aufträge. Aber diese Hilfe konnte sich nur Innerhalb einer bestimmten Frist wirksam erweisen. Nachdem sie nun abgelaufen ist, stellen sich in der Radioindustrie ernstere Schwierigkeiten ein. Sie werden noch verschärft dadurch, daß die Zahl der Rundfunkhörer jetzt nur noch langsam steigt. Da es noch immer Millionen Familien im Dritten Reich gibt, die nicht Rundfunkhörer sind, so darf man daraus schließen, daß der Nazifunk keine Werbekraft mehr ausüben kann. Unter einem großen TeU der Rundfunkhörer herrscht schon seit langem Empörung darüber, daß sie wohl monatlich 2 Mark bezahlen müssen, daß ihnen aber dafür außer hohlen Führer- und anderen Agitationsreden und unglaublich tiefstehender Unterhaltungsmusik, bezw. Vorträge Uberhaupt nichts geboten wird. Wer wird da wohl noch Lust verspüren, neuer Rundfunkhörer zu werden? Es kann darauf auch kaum überraschen, wenn der »Angriff« vor einigen Tagen mitteilen mußte, daß die in der Wirtschaftsstelle der deut schen Rundfunkindustrie zusammengeschlossenen Firmen am Ende des Frühjahres 1934/35 fast 40 0.0 00 Apparate auf Lager behielten, die zwar mit Hilfe von Ausverkaufspreisen auf den Handel Ubertragen werden konnten, ohne daß aber der Abfluß in den Konsum bisher in großem Umfange eingesetzt habe. Dadurch sei der Industrieabsatz z. Zt. gehemmt, zumal da die Zahl der Rundfunkhörer jetzt nicht mehr die gleichen Fortschritte mache wie noch im letzten Jahre. So Ist nun Jetzt, da sich auch der Absatz ins Ausland nicht heben läßt, eine der größten deutschen Rundfunkfirmen, die Dr. Georg Seibt A. G. in Berlin , insolvent geworden. Sie hat das Ausgleichsverfahren beantragt. Sie ist das erste Unternehmen, des öffentlich die Pleite bekanntgeben muß. Bis ist aber kein Geheimnis, daß es um eine Reihe weiterer mittlerer und auch größerer Radiofirmen nicht besser steht. Nach einer kurzen Scheinkonjunktur ist also die deutsche Radioindustrie im Begriff, abzusacken. Gymnastik um Brodski Bekanntlich hat der amerikanische Richter Brodski die wegen eines Ueberfails auf die»Bremen « Angeklagten freigesprochen und dabei ein um so schärferes Urteil Uber das»Dritte Reich « gefällt. Natürlich wurde Brodaki in Deutschland sofort als Jude gekennzeichnet und sein Verhalten in strelcher- soher Manier gebrandmarkt. Der deutsche Reichsjuristenf Uhrer Minister Frank hat öffentlich bedauert, daß»diese bodenlos niederträchtige Gemeinheit eines Juden unter dem Schutze eines amerikanischen Staatsamtes geschehen konnte.« Man hätte in der Tat Zweifel hegen können, ob es klug gewesen, wenn jüdischerselta ein solcher Angriff erfolgt wäre, der Nutzen für das Dritte Reich ist in solchen Fällen zuweilen beträchtlich. Aber diesmal haben die braunen Barbaren doch Pech gehabt. Das Washingtoner Staatsdepartement hat dem Auswärtigen Amt die Mitteilung gemacht, daß Richter Brodskl kein Jude ist, vielmehr einer alteingesessenen katholischen Familie entstamme. Die Amerikaner ersuchten darum, diese Feststellung zur Kenntnis der Bevölkerung zu bringen, nachdem der deutsche Rundfunk sich in den Dienst der Verbreitung der Frankschen Behauptungen gestellt hatte. Welch ein DUemma! Wie halfen sich die Herren? Sie haben die Mitteilung gebracht, aber weder wurde die Presse dazu in Anspruch genommen, noch erfolgte sie im eigentlichen Nachrichtendienst des Rundfunks. Kleinlaut wurde stattdessen im Anschluß an die Gymnastikstunde des Berliner Rundfunks das Gegenteil der großsprecherischen Behauptungen voraufgegangener Tage mitgeteilt: Brodaki ist kein Jude! Nach der Gymnastikstunde! Sie biegen, winden und drehen sich, ballen die Faust und beugen da« Recht In den Verleumdungen sind sie viel lauter und gründlicher. Die werden zwar auch, aber doch nicht ausschließlich in der Gymnastikstunde gemacht l
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3 (27.10.1935) 124
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