Dos System für die Generaldirektoren

Der SdiauprozeP. gegen ten Hompel

Nach einem Strafverfahren, das fast zwei Monate lang gedauert hat, ist der ehemalige Generaldirektor der Wicking- Werke, Rudolf ten Hompel , zu einer Ge­fängnisstrafe von drei Jahren und einer Geldstrafe von 22.000 Mark verurteilt worden. Herr ten Hompel war einst unter den deutschen Konzemmagnaten einer der Größten, er hieß dereinst König der westfälischen Zementindustrie, der Ze- mentkonzem, den er diktatorisch be­herrschte, war der leistungsfähigste Ze­mentproduzent des europäischen Konti­nents. Ten Hompel war Präsidialmitglied des Reichsverbandes der deutschen Indu­strie, bis 1928 Zentrumsabgeordneter im Reichstag. Kann es sich das Hitlerregime nicht zum Ruhm anrechnen, daß seine un­erbittliche Strenge auch vor Wirtschafts- führem nicht zurückschreckt? Das System zur Ver­hinderung der Produktion In keiner anderen Industrie war die Menge des fehlgeleiteten, in unausgenutzte Anlagen verpulverten Kapitals gewaltiger als in der deutschen Zementindustrie, in keinem anderen Industriezweig war die wirkliche Produktionsleistung hinter der ohne Rücksicht auf die Rentabüität und nur aus Gründen der Machtanhäufung ge­steigerten technischen Leistungsfähigkeit soweit zurückgeblieben wie hier. Selbst in den besten Jahren waren die Produktions­anlagen der Zementindustrie höchstens zur Hälfte beschäftigt, die andere Hälfte war selbst zur besten Zeit totes Kapital, abso­lut vergeudet und als Kapital vernichtet. Das ganze Ausmaß der Kapitalverschwen­dung wurde erst in der Zeit der Krise of­fenbar, als der Grad der Ausnutzimg der Erzeugungsfähigkeit auf 25, ja bis auf 10 Prozent herabsank. 90 Prozent der hoch­wertigen Betriebsanlagen bei den Syndi­katswerken, in die man in der Zeit der Hochkonjunktur wahllos Hunderte von Millionen hineingesteckt hatte, lagen still und verrosteten. Die Zementkartelle dach­ten nicht daran, die überhöhten Preise ab­zubauen, weil sie die Bauwirtschaft durch ihr Preisdiktat zwingen wollten, die Fol­gen der Kapitalverschleuderung zu tragen. Der Kartellwucher bereitete aber frucht­baren Boden für die Entstehung von Außenseitern, die die Kartellpreise unter­boten und dennoch gut auf ihre Rechnung kommen konnten. Sie drohten, die Kartelle zu sprengen. Es wurde schließlich ein gut rentierendes Gewerbe, Außenseiterwerke zu errichten, nur um sie mit gutem Ge­winn loszuschlagen und nachher stillegen zu lassen. So wurde ein Irrsinn der Ka- pitaflverschleuderung zur Ursache eines noch größeren. Die Produktion von Zement wurde schließlich ein fast überflüssiges Bei­werk, die Verhinderung der Produktion die wesentliche Tätigkeit der Beherr­scher des Zementmonopols. Am ausschweifendsten wird dem Ex­pansionsdrang vom Leiter des Wicking- Konzem, Herrn Rudolf ten Hompel , gefrönt, nirgends erreicht die Kapitalver­geudung seinen Rekord. 1931 steht sein Konzern vor dem finanziellen Zusammen­bruch, vor dem offenen Bankrott rettet ihn nur, daß er sich von einer anderen Großmacht der westdeutschen Zementindu­strie, dem Dyckerhoff-Konzern, aufsaugen läßt. Kaum ein Jahr später stand auch derDyckerhoff-Wicking-Konzern vor dem Ruin. Er würde ein Unglück für seihe Aktionäre, aber ein S e- gen für die Bauwirtschaft ge­wesen sein, die endlich vom Preisdiktat der Zementmonopole erlöst worden wäre. Aber die Herren Konzernführer sahen nur den einen Ausweg der für Wirtschafts­führer bleibt, wenn sie mit ihrem Latein zu Ende sind: die Staatshilfe. Kurz vor Ausbruch des Dritten Reiches wird von den Großkonzernen der Zementindu­strie, am kräftigsten von dem am meisten gefährdeten Dyckerhoff-Wicldng-Konzem, ein gesetzliches Zwangssyndi­kat für die Zementindustrie ge­fordert, das den überdimensionierten Groß­konzernen, die immer lästiger werdende Konkurrenz der Außenseiter vom Halse schaffen und mit den Monopolprofiten zu­gleich das Monopolkapital vor dem Ruin bewahren sollte. Das Hltlepsysiem rettet bankrotte Spekulanten Das»Schmach-System« hat dem Drän­

gen des an Einfluß mächtigen, wenn auch an innerer Kraft ohnmächtigen Zement­kapitals nicht nachgegeben. Dagegen war es eine der ersten Taten von Hitlers erstem Wirtschaftsminister, Schmitt, sich eine Ermächtigung zur Errichtung von Zwangssyndikaten erteilen zu lassen, eine der ersten Industrien, auf die sie ange­wendet wurde, war die Zementindustrie. Es ist ein Spezialgesetz zur Rettung eines durch hemmungslose Ausnutzung der Mo­nopolmacht an den Rand des Abgrunds ge­brachten Großkonzerns der Zementindu­strie, ein Spezialgesetz für den Dyckerhoff-W icking-Konzern Warum bestraft man jetzt Herrn ten Hom­pel, nachdem man sein Werk vor dem Un­tergang gerettet und damit die Spuren sei­ner Taten verwischt hatte? Der Staatsanwalt nannte den abgesetz­ten König der westfälischen Zementindu­strie einen Gauner, aber die Richter haben sich in der Urteilsbegründung die­ser moralischen Verdammung nicht ange­schlossen. Sie halten ihn nicht für einen »zielbewußten Verbrecher«, sondern nur für einen Menschen, dem »die selbstverständliche Unterscheidung zwi­schen Recht und Unrecht, anständigem und unanständigem Verhalten gefehlt habe. Sein Charakter sei nicht lauter und stark, wie man es von einem deut­schen Wirtschaftsführer unbe­dingt verlangen müsse.« Was hat er getan, das zwar nicht als strafwürdiges Verbrechen, aber immerhin als Verstoß gegen die im Dritten Reich herrschenden guten Sitten angesehen wird? Etwa, daß es ihm mehr um die Er­haltung der Monopolmacht seines Kon­zerns als um die Förderung der Bauwirt­schaft zu tun war, daß er durch unge­heuerliche Vergeudung von Arbeitskraft und Kapital nicht nur seinen Konzern, son­dern eine ganze Industrie dem Zusammen­bruch entgegengetrieben hat? Das alles wird in der Anklageschrift nicht nur nicht getadelt, son­dern, im Gegenteil, fast belobt. Es hat such, sagt das Gericht, nicht nach­weisen lassen, daß der Angeklagte bei seiner großen Expansionspolitik, mit der er ein sehr gewagtes Spiel getrieben habe, nicht von seinem Standpunkt aus das beste der Wicking-Werkc im Auge gehabt habe. Ten Hompels Spezialität Ein»gewagtes Spiel« ist nicht von nerrn ten Hompel allem getnenen woraen. Jlan kann die»Führer« der Zementinau strie in zwei Kategorien einteilen: in Auf­käufer von Außenseitern und in Außen­seiter, die sich aufkaufen lassen wollten. Die Eigenart des Herrn ten Hompel be­stand darin, daß er beide Kategorien in seiner Person vereinigt hat. Er hat nicht nur Außenseiter aufge­kauft, sondern selbst Außenseite rvrerke gegründet, er war Aufkäufer und Aufge­kaufter in einer Person. Er bekämpfte die Konkurrenz der Außenseiter zugunsten der Kartellmacht und trat selbst als Konkurrent des Kar­tells und seines eigenen Werkes auf, indem er hinter dem Rücken seines Konzerns zwei Außenseiterfirmen gründete. Der Zweck war, seine Kartellkollegen mit der Konkurrenz der von ihm beherrschten Außenseiter zu bedrohen, um sie für seine Quotenforderungen gefügig zu machen. Aber selbst diese im höchsten Maße un­lautere Methode im Kampfe der Zement­giganten hat weder das Gericht selbst noch die als Zeugen vernommenen Kollegen ten Hompels in Harnisch gebracht, die in Uebereinsümmung mit der Anklageschrift seine Kampfmethoden nur als unanständig, nicht als verwerflich bezeichneten, gewis­sermaßen nur als Verletzung des unter Generaldirektoren üblichen guten Tons. Selbst das war aber kaum mehr als eine Konzession an die im totalen Staat ver­langte Heuchelei. Denn die Herren haben am Mißbrauch von ten Hompels Allgewalt über seinen Konzern mit profitiert Ten Hom­pel beziffert den Jahresgewinn, der den nord- und süddeutschen Zementverbänden allein aus der bloßen Existenz des west­deutschen Kartells zugeflossen ist, auf 15 20 Millionen. Sie sind sicher Herrn ten Hompel dankbar dafür, daß er sie mit sei­nen falschen Außenseitern vor der gefähr­licheren Konkurrenz echter bewahrt hat. Aber selbst das ist nicht mehr als»un­

anständig«, daß ten Hompel die falschen Außenseiter zwar mit gepumptem Gelde, aber nicht für Rechnung seines Konzems, sondern für eigene Rechnung gegründet hat. Allerdings nicht auch auf eigenes Ri­siko. Er würde, wenn es gut gegangen wäre, den Gewinn für sich behalten und den Spekulationskredit selbst zurückge­zahlt haben. Da die Spekulation aber schief ging, hat er den Kredit nicht selbst eingelöst, son­dern ihn von seiner Gesellschaft ein­lösen, diese also die Kosten seiner Spe­kulation bezahlen lassen. Das ist regulärer Diebstahl, begangen von Herrn ten Hompel an dem seiner Obhut anvertrauten Unternehmen. Aber in den Augen des Gerichts besteht sein Vergehen nicht darin, daß er seiner eigenen Gesell­schaft Konkurrenz gemacht und diese auch noch von ihr hat bezahlen lassen, son­dern darin, daß er sie nicht an dem Ge­winn des Verkaufs eines der Außenseiter beteiligt, nicht wenigstens einen Teil des Geldes zurückerstattet hat, das er ihr vor­her abgenommen hatte. Darin sieht das Gericht eine»schwere Untreue«. Für diese Untreue allein erhielt Hompel ein Jahr neun Monate Gefängnis und eine Geld­strafe von 20.000 Mark zudiktiert, den Rest für Vermögensverschiebungen, die darin bestanden, daß er eine Scheinschuld bei einer rechtlich seiner Frau gehörigen, aber selbstverständlich von ihm beherrsch­ten Gesellschaft konstruierte, um sich dem Zugriff seiner rechtmäßigen Gläubiger zu entziehen und wegen Vergehen ähnlicher Art. lind der Aufsldiisrai All diese Schiebungen und Verschie­bungen sind viele Jahre hindurch betrie­ben worden, ohne daß der Aufsichts­rat sich etwas merken ließ. Ten Hompel hatte vorgesorgt und dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats mit dem Gelde des Wicking-Konzems dazu verhelfen, seine lästigen Teühaber loszuwerden. Der Auf­sichtsratsvorsitzende wiederum versah mit seinem Prüfungsvermerk einen einfachen Zettel, auf dem ten Hompel sich 93.000 Mark Reisespesen verschreiben ließ. Allein die Tatsache, daß die bei dieser Gelegen­heit enthüllte Methode der Bestechung auf Gegenseitigkeit, der Blindheit oder des Sichblindstellens der zur Ausübung der Aufsicht verpflichteten Personen, alle diese Gaunertricks sich in diesem Verfah­ren als durchaus übliche Geschäftsprak­tiken erwiesen haben, die bei Sachkennern kaum ein Kopfschütteln hervorrufen, könnte allein genügen, Untersuchungsver­fahren gegen sämtliche deutsche Kon- zemführer und ihrer Aufsichtsräte einzu­leiten. Damit das nicht geschehe und das Gericht dennoch die ihm anbefohlene Be­strafung des einen Opfers vollziehen konnte, war es gezwungen, ten Hompel für unanständig und untreu zu erklären, aber ihm vom Makel des Verbrechens zu reini­gen. Die Fälle Lahusen, Favag, Ostwerke, hätten eigentlich Beweis ge­nug sein müssen, daß das, was als Sen­sation erscheint, nur das im Verkehr von Wirtschaftsführern untereinander Uebliche ist und daß die Pechvögel nicht für ihre Vergehen bestraft werden, sondern nur da­für, daß sie sich haben erwischen lassen. Herr ten Hompel hat das Malheur gehabt, daß er ein Finanzgenie war, solange die Konjunktur auch ohne sein Bemühen gün­stig war, daß er aber, als sie schief ging, sich unwahrscheinlicher benahm als ein Verbrecher im Kriminalfilm. Er gab den Angestellten seiner Vermögensverwal­tungsgesellschaft Anweisungen über Buch­fälschungen, er ließ von seiner Sekretärin Briefe an sich selbst schreiben, er ver­steckte Anwaltakten hinter der Heizung seines Schlafzimmers usw. Er griff, wie die»Frankfurter Zeitung « schreibt, als er festgefahren war, zu den Schlichen des kleinen, unaufrichtigen Subalternen, der die Portokasse wieder in Ordnung bringen muß. Für die»Frankfurter Zeitung « gibt es keine Erklärung dafür, wie es kommt, daß der Zementkönig sich einmal wie ein echter Selbstherrscher und nachher wie ein kleiner Spitzbube benimmt. Des Rät­sels Lösung liegt darin, daß die»Führer« nicht führen, sondern nur die Spielbälle ihrer eigenen Spekulationen sind, daß der Konzemkönig ein Herrscher nur von Gna­den einer günstigen Konjunktur ist und als kleiner Gauner das Opfer der sinken­

den Konjunktur. Je mehr der Kapitalismus in riesenhaften Machtgebilden erstarrt, um so mehr werden ihre Beherrscher zu bloßen Parasiten, die an der Wirtschaft zehren, nicht sie fördern, um so mehr ver­führt die ungeheuerliche Macht einiger weniger über ungezählte Menschen und ungezählten Millionen zu Mißbrauch der Macht, die Verschachtelung von Interessen zur Verschleierung und die Verschleierung zum Betrug. Dort, wo an der Kapitalver­geudung mehr profitiert wird als an der Kapitalerzeugung, ist vom bewunderten Finanzgenie zum simplen Betrüger oft kein größerer Schritt als vom Erhabenen zum Lächerlichen. Das System für die Parasiten Der Prozeß ten Hompel bietet eine bei­spiellose Fülle von Material für den Be­weis der Notwendigkeit, mit der Selbst­herrschaft der Konzernmagnaten Schluß zu machen und sie unter wirksame gesetz­liche Kontrolle zu stellen. Ist der Hitler­regierung, die den einen Konzemieiter so hart bestraft, nicht zuzutrauen, daß sie auch die übrigen ihre Strenge fühlen läßt? Sie hat mit der Zwangskartellierung die Wunden geheilt, die die Zementkartelle mit ihrer hemmungslosen Kapitalver­schwendung sich selbst beigebracht haben. Noch mehr! Zur gleichen Zeit, da dieser Prozeß schwebte, wird das neue Aktien­recht vorbereitet, mit dem genau das Ge­genteil dessen geschieht, was die Ergeb­nisse dieses Prozesses erheischen, nicht der Ausbau der öffentlichen Konzem- kontrolle, sondern ihr radikaler Ab­bau, nicht die Einschränkung der All­macht der Generaldirektoren, sondern ihre gesetzliche Verankerung. So erweist sich der Prozeß ten Hompel als ein Schaupro­zeß, der mehr in das Ressort des Pro­pagandaministers fällt als in das des Justizministers. Man bestraft den einen, der durch das System monopoli­stischen Parasitentums zum Sünder gewor­den ist, um damit zu verdecken, daß man dabei ist, das Volk vollständig diesem Pa- rasitentum auszuliefern. G. A Frey.

Noralisdie Isolierungr Die»Times« schreibt über die Judeö�1"' folgung in Deutschland : »Die Ereignisse, die die fremde Meinung mit so vielen Zweitein, mit so viel tiefe nt und s t Tue m wider v�Tien" rrfu®* haben, sind in diesem Lande vielleicht mehr zu beklagen als in einem anderen. Sie sind ein ständiges und hartnäckiges Hindernis für I das bessere Verständnis zwischen den beiden Völkern, das. wie man hier immer stärker erkennt, den hohen Beitrag für die Entwick­lung und die Organisation in Europa darstellt, den beide leisten können. Sie mögen die Kor­rektheit der Beziehungen zwischen den beiden Regierungen nicht berühren, noch den Abschluß besonderer Uebereinkom- men, die Staatsakte sind. Aber die Akte der fremden Diplomatie können kein Er­satz für den guten Willen des Vol­kes sein, der auf irgendeiner Gemeinsamkeit des Ausblicks, in der Annäherung an ein größeres Ziel beruhen muß.« Das heißt: korrekte diplomatische Bezie­hungen, aber moralische Isolierung.

Wie in der Inflation Das Sinken der Reichsmark, das man im ganzen bayrischen Waldgebiet infolge des Grenzverkehrs mit der Tschechoslowakei so­fort merkt, hat vor allem die Landbevölke­rung zu Hamsterkäufen geführt. Die Bauern stoßen ihre Mark ab und decken sich mit allen möglichen Textilien wie Kleiderstoffen aller Art, Hemdenstoffen, Bettwäsche usw. weit über den Bedarf ein. Sogar Pelzmäntel haben sich schon Bäuerinnen gekauft. Die gleichen Erscheinungen wie in der ersten Inflationszeit.

Die Lumpen In einem Artikel»Ehrt den Alt­stoff!«, der durch mehrere deutsche Zei­tungen ging, heißt es: »Wir sollten uns unserer ungeheuren Schätze bewußt werden, die heute auf Schutthalden verrosten. Wieviel reiche Möglichkeiten bieten Textillumpen zum Beispiel zum Aufbau unserer Wirt­schaft.......< Sozusagen Aufbau-Lumpen, die solide Grundlage des Dritten Reiches .

BiDe mitlachen! »Das deutsche Wild war, wie das ganze Volk, im Laufe der Systemjahre innerlich verrottet und entwurzelt. Auch ihm hat die neue Zelt die Seele wiederge­geben.....« J Aus einer Jägerzeitung.