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Nr. 127 BEILAGE

Neuer Vorwärts

17. November 1935

..fluchwürdig gewordene Tyrannei"

Professor Karl Barth stäupt die theologischen Oppositionsschwächlinge

und sie

Gebet um die Befreiung von einer fluchwürdig geworde­nen Tyrannei werden könnte. Sie hat für Millionen von unrecht Leiden­

daß es, wo sie die Lüge und das den noch kein Herz. Sie hat zu den einfach­Unrecht zum Prinzip erhoben sten Fragen der öffentlichen Tätigkeit noch sieht, eines Tages auch zudem kein Wort gefunden. Sie redet noch immer in den Psalmen vorgesehenen nur in ihrer eigenen Sache. Sie hält noch

Professor Dr. Karl Barth, der als solche, wie gerade Augsburg gezeigt hat, regierung garantierten Bestandes ehemalige berühmte evangelische Theologe nicht dort. Sie denkt noch gar nicht daran, denkt auch noch nicht daran, daß ihr Gebet und Dogmatiker an der Bonner Universi- daß sie» ein Wort an die Obrigkeit« richtend, um die von Gott gesetzte Obrigkeit seine tät, die große und fast einzige Hoffnung auch noch etwas anderes auszusprechen haben Echtheit darin erweisen müßte, aller jungen geistigen Kräfte in der luthe- könnte, als die mit der Beteuerung rischen und kalvinistischen Glaubenswelt, ihrer politischen Zuverlässig­die immer noch an die Möglichkeit einer keit begründete» inständige Bit­>> restauratio in Christo<< des evangelischen te« um die Erhaltung ihres durch die Reichs­Kirchentums im historischen Lande der Reformation glauben, von einem Berliner Disziplinargericht wegen Verweigerung der Eidesleistung auf Hitler in seiner Eigen­schaft als Verkünder und Interpretator des Evangeliums verurteilt, vom braunen Kultusminister Rust dann schimpflich sei­nes Amtes enthoben und vor einem hal­ben Jahr nach seinem Schweizer Vater­land zurück» emigrierte, hat kürzlich an einen seiner Freunde in Deutschland einen Brief gerichtet, den die katholisch redi­gierte Kattowitzer Wochenschrift» Der Deutsche in Polen« in ihrer letzten Aus­gabe abdruckt.

Der Fahneneid der Generale

-

aufpeit­

son­

Der Brief Barths enthält nicht nur die furchtbarste Anklage gegen die Unmensch­lichkeit und Unsittlichkeit des regierenden Systems in Deutschland selbst schend genug aus solchem Munde! dern erhebt sich darüber hinaus auch zu einer Abrechnung mit dem Geist der amoralischen Knechtseligkeit und Christus lästernden Unrechtsduldung und Verbre­chensvergötzung, die nicht zuletzt auch in der besonderen Haltung der sogenann­ten» Kirchen opposition<< innerhalb des in zwei Lager gespaltenen deutschen Protestantismus im Dritten Reich ihren Ausdruck findet. Daß Barth dieser» Oppo­sition<< der sogenannten» Bekenntnis­kirche im Gegensatz zu der nur noch eine Hitlerkaserne einzige darstellenden >> Reichskirche<< des hakenkreuzlerischen > Reichsbischofs« anfänglich als Rufer im Streit angehört hatte, verstärkt nur das Unabweisbare dieser seiner Anklage. Im einzelnen enthält Barths Brief fol­gendes: Der Schweizer Gelehrte erinnert zunächst in seinem Schreiben daran, daß die oppositionelle« Bekenntniskirche nicht, wie er es gewissermaßen als ihr Begrün­der erwarten durfte, durch eine Berufung an eine ihm gebührende Wirkungsstätte. auf seinem Verbleiben in Deutschland be­standen habe. Die führenden Männer der das Bekenntniskirche hätten ihm weder

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genügende Vertrauen noch die hinreichen­

Karl

de Entschlossenheit entgegengebracht. Der führende Bekenntnispfarrer in Bonn habe es nach seiner( Barths) Suspension sogar flugs für richtig gehalten, ihm die eigene Kanzel zu verweigern, obwohl er, Barth, dort in Bonn sogar Mitglied des Presbyteriums gewesen sei. Man habe ihn nach seinem politischen Den­ken auszuspionieren begonnen, obschon das mit den theologischen Dingen nicht das geringste zu tun habe; habe ihm seine politische Auffassung> ohne jeden bekenntnismäßigen Grund« als Belastung ausgelegt alles in allem: man habe es für richtig gehalten, sich dem» Staats­feind« Barth gegenüber( wörtlich):> vor­sichtig abzugrenzen, zu distan­zieren, sich freizuhalten sich selbst zu schützen«...

Das Dokumentarische des Barth- Brie­fes ist aber in dem folgenden Abschnitt des Schreibens niedergelegt:

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( 17)

Das ist euer letzter Meineid!

>> Sie sind reichsverwiesen?

mit.<<

Ausgewiesen

Kommen Sie

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erwiderte Karl doch hier auf

immer die Fiktion aufrecht, als ob sie es in ihrem heutigen Staat mit einem Rechtsstaat im Sinne von Röm. 13 zu tun habe. Und es ist heute weni­ger als je zu erwarten, daß sich darin so bald etwas ändern wird. Es wird mir eine pein­liche Erinnerung an die letzten zwei Jahre sein und bleiben, daß ich selber nicht kräf­tiger in der hier gebotenen Richtung vorge­stoßen habe. Vielleicht stand es mir als Schweizer auch nicht an, dies zu tun. Jeden­falls könnte ich jetzt nicht mehr länger da­bei mittun, zu schweigen, wo geredet werden sollte, zu reden, wo Schweigen die allein würdige Rede wäre...<

Der Mann, der dieses grimme j'accuse hinausschleudert, ist ein ganzer Deut­scher aus jenem besseren Teil der Volks- und Kulturgemeinschaft der Deut­ schen, der sich in der freien Schweiz die sittliche und politische Kraft seiner Väter erhalten hat, und zugleich ein Christ, dem der Nazarener und seine Botschaft noch etwas gilt und nicht die Pfründe, die Pensionsberechtigung, der hierarchische » Belang«. Ist das alles aber nicht auch die erschütternde Abrechnung mit dem Geist der protestantischen Kirche in Deutschland, wie sie nun einmal in Deutschland historische Gestalt angenom­

men hat?

Es ist die Tragik des deutschen Protestantismus gewesen, Jahrhunderte lang seit seiner Entstehung Fürsten angele­genheit gewesen zu sein, wie es die besondere Tragödie des deutschen Vol­kes in derselben Zeit gewesen ist, im Voll­oder Halbabsolutismus seiner politischen Zustände dahinvegetieren zu müssen und bei dem florierenden Geschäft im Wilhel­ minismus verlernt zu haben, noch an gro­Be und ewige politische Ideale zu glauben. Das sind die elenden Realien der deutschen Geschichte- viel, viel schlimmer als Ver­ sailles und alles, was zu ihm gehört von denen jetzt das braune politische Monstrum profitiert! Im religiös- sittlichen Bezirk kommt also jetzt derselbe aufrüt­telnde Ruf aus den freien Bergen der Schweiz an diejenigen, die noch nicht ganz in Deutschland verderbt sind, wie er erst dieser Tage im politischen und kulturellen Bezirk gleicher Weise aus dem Munde eines deutschen Schweizers, des ehemaligen Begründers der» Frontisten« erklang. Das ist kein Zufall! Das ist die Stimme des Gerichts über dieses Deutschland!

H. E.

Auf dem Grenzbahnhof stieg er aus. Er Sie mir keine Geschichten!<< Die Koffer der Ausgewiesenen wurden meldete sich bei der Paẞkontrolle. Der Be- aufgebracht.» Sie amtieren durchsucht. Karl als Einzelner mußte bis zu­amte nahm Karls Paß an sich. tschechischem Boden, nicht?<< letzt warten.» Das ist die Rache«, dachte er Der Beamte sah Karl wütend an. lächelnd,» weil ich ihm Bescheid gesagt habe.<< » Wieviel Geld haben Sie bei sich? Legen Ein zweiter Beamter forderte die Frau Sie her, was Sie haben. Zehn Mark in Silber der Familie zum Mitkommen auf. Sie ver­dürfen Sie mitnehmen auch als Ausgewie- schwand hinter einer Tür, hinter der man die sener. Wenn Sie mehr haben, sagen Sie es Beamtin stehen sah, die die körperliche lieber jetzt. Sie werden gründlich durchsucht. Durchsuchung der Frau vorzunehmen hatte. Ich mache Sie darauf aufmerksam.<< Besorgt sah Karl den Mann an. Wenn er Karl zählte sein Geld hin. Achtzig Kronen. etwas mit hatte, so hatte er es möglicher­» Deutsches Geld haben Sie nicht?< weise seiner Frau oder den Kindern zuge­man um diese » Nein. Ich brauche kein deutsches Geld. steckt in der Meinung, daß Ich habe mir die zehn Mark schon drüben sich weniger kümmern würde. Aber so schlau, sehen Sie nach; damit zu rechnen, waren sie hier auch.

» Da

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Da wartete schon eine Familie, die auch >> Meine Gedanken über das gegenwärtige Mann, Regierungssystem in Deutschland, die von aus Deutschland ausgewiesen war. Anfang an ablehnend waren, in denen Frau und zwei Kinder. sehen Sie den Mann?« fragte der ich mir aber anfangs, wie meine Veröffent­lichungen zeigen, immerhin eine gewisse Zu- Beamte. Er deutete auf einen Dasitzenden, rückhaltung auferlegen konnte, haben sich der ein Paket in Zeitungspapier neben sich mit der Zeit und im Laufe der Ereignisse so liegen hatte.» Wie Ihr uns zugespitzt, daß meine weitere Existenz in Der Mann da ist ein Reichsdeutscher, den die Deutschland, da die Bekenntniskirche mich Tschechoslowakei ausweist, nur weil er mal bei diesen Gedanken im Ganzen nicht tragen ,, Heil Hitler!" gerufen hat.<< kann, sozusagen physisch unmöglich gewor­

so wir Euch!

>> Wenn ich im Dritten Reiche ,, Freiheit!" den ist. Ich zweifle nicht daran, daß unzäh- gerufen hätte, wäre es wohl mit der Aus­lige ihrer Glieder im Stillen ge- weisung nicht abgegangen«, erwiderte Karl nau so denken, wie ich und ich bin gefaßt. überzeugt, daß auch die Bekenntniskirche als

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» Und wenn Sie es hier rufen, kann Ihnen solche über kurz oder lang vor der Frage auch noch was passieren, verstanden!<< sagte » Nehmen Sie sich in stehen wird, ob sie nicht vom Bekenntnis her der Beamte schroff: genau so denken und dann auch entsprechend acht! Sie sind noch nicht drüben!<< » Dann verkehren Sie bitte mit mir, wie reden und handeln müsse. Im gegenwärtigen

einwechseln lassen. Bitte

es steht im Paß eingetragen.<< Der Mann indessen erzählte leise, wie es » Und mehr haben Sie nicht?<< ihm ergangen sei. Nur ihn hatte man ausge­>> Bei einem Arbeiter werden Sie kein Ver- wiesen, die Familie nicht. Natürlich nahm er mögen finden«, sagte Karl ruhig.

> Ach was! Ihre Sache ist politisch. Sie können ja Parteigelder mit rübernehmen.<< Karl lächelte.> Parteigelder? Die sind doch beschlagnahmt worden.<<

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sie mit. Als er auf dem Ausländeramt wegen der Kosten des Möbeltransportes bis zur Grenze von dort an übernahm sie, da die Familie völlig mittellos war, der tschechoslo­wakische Staat nachgefragt hatte, hatte >> Seien Sie still. Danach habe ich Sie nicht ihm der Beamte höhnisch geantwortet:>> Was wollen Sie denn? Sie sind doch ausgewiesen

Augenblick aber steht die Bekenntniskirche es Ihnen Ihr Dienst vorschreibt, und erzählen gefragt.<<

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