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Nr. 148 BEILAGE

Neuer Vorwärts

Job

12. April 1936

Sorgen um die deutsche Aufrüstung

I.

Die Kopfschmerzen

seinen Rang behalten«, wie Metzsch an einer Stelle sagt.

Was Metzsch» neue soldatische Blick­felder« nennt, ist im Grunde doch nur die

der Militärs durch die Totalisierung des Krieges erzwungene

sie bei

Deutschland ist eine Nation ohne bürger- Totalbetrachtung des Krieges, wie lich- freiheitliche Armeetradition. Aus der von weniger konservativen Militärs schon immer Scharnhorst üblich war. Allerdings, für den preußischen Soldaten ist das eine neue Welt. Metzsch sieht sich seinen ganz sturen Kollegen gegenüber gedrängt, zu unterstreichen:» Es wird hoffent­lich niemand mir alten Soldaten unterstellen, daß ich auf eine verminderte Bedeutung der

angestrebten Nationalisierung der Armee wurde die Militarisierung der Na­tion. Die Totalisierung des Krieges war zu­gleich seine» Zivilisierung«<, die Aufhebung der Kriegerkaste. Die alte Tradition wurde

tellweise durchbrochen, nun tauchten selbst

stehen.

von einer Kultur durchflutet sind, die je- nisches Vorbild eignet sich dem waffentragenden oder in der Wirt- dazu. Also los: schaft stehenden Volksgenossen wertvoll genug erscheint, um sich mit Gut und Blut für d'ese Kultur einzusetzen.<<

> Man darf also z. B. die Wirt­schaft nicht der Wehrmacht opfern, oder die Wehrmacht nicht der Wirtschaft preisgeben oder in beiden, der Wehrmacht und der Wirtschaft, nicht auf die Kultur pfeifen... wenn keiner weiß, was kulturell zu verteidigen ist, dann fällt die Wehrkraft auseinander.<

Dann sind> sechzig Millionen mehr Last

als Kraft, mehr Sorge als Stärke, mehr ge­fahrvoller Krater als hoffnungsvolle Quelle« der General hat also etwas über das Schicksal des Kaiserreiches nachgedacht.

-

doch glänzend

» Von einem nichtgenannten fünften Staat müssen wir abwarten, ob er nicht vielleicht seine Wehrpyramide schneller hochgetrieben hat, als sich das mit dem verfügbaren Baumaterial verträgt. Beton läßt sich in winzigen Zeitspannen härten. Völ­ker brauchen längere Fristen. Ob sich aus dem weichen Neapolitaner ein harter Pie­montese machen läßt, die Antwort darauf möchten wir Mussolini überlassen.<

nur dann

Metzsch hält das Dritte Reich für lebensfähig, wenn alle seine Anschau­ungen in die Praxis umgesetzt werden, d. h. wenn Hitlers Drittes Reich durch das Dritte ersetzt ist. Reich des General von Metzsch Eher darf auch kein Krieg begonnen werden, denn dieser wäre nicht zu bestehen. Kein

von dem Verdacht reinwaschen muß, die Wehrmacht in ihrer Bedeutung zu beschrän­

ken!

II.

Rüstungszwecke zu gewinnen, Kritik aus dem

in Deutschland einige zivilistisch denkende Wehrmacht abziele.< Aber:» Die Wehrmacht Soldaten und Militärs auf. Aber aus der feu- muß verdorren, wenn die Wehrkraft ver­dalen in die bürgerliche Welt hinüber, das ist dorrt<, darum muß total geschaut werden. Dem General fällt es oft sehr schwer, seine ein Sprung, den nur sehr wenige wagten, Das hat man früher nicht getan,> darum sind und auch diese blieben oft auf halbem Wege die Erfolge auch, militärisch geblieben, utopische Vision des Dritten Reiches zu ver­So leben sie im Grunde entwurzelt aber die wehrpolitischen Erfolge sind treten, ohne mit dem tatsächlichen Dritten dahin, nicht mehr mit dem konservativen, ausgeblieben. Eine interessante Unterschei- Reich in Konflikt zu geraten. So konstatiert Wunder, wenn er sich da bei seinen Kollegen noch nicht mit dem freiheitlichen Deutschland dung. Darum warnt er vor Aeußerlichkeiten, er das Nichtvorhandensein der dreispännigen an Rußland ! verwachsen, keine Kraft, die initiativ werden denn> am wenigsten würden natürlich ver- Wehrpolitik > Wenn die Sowjetunion , zum Beispiel, kann, weil sie keine Welt hinter sich haben, kleisternde Ornamente helfen. Das wäre dann ihre Völker zu Millionen verhungern und sondern immer nur zwei vor sich, die ihnen Stuck statt Stärke.< Metzsch will zwischen verkümmern läßt, um Devisen für unterscheiden. beide nicht behagen. Ihr Dilemma idealisieren Denker und Krieger nicht sie als überparteiliche Schiedsrichterrolle» Rauflust, die in Deutschland immer zu Hause zwischen den beiden Deutschland . so war, ist noch kein Soldatentum<, es gehört Faust großem fühlen sie sich vom Schicksal berufen.» die Studierstube zur Kasernenstube, Einer der Repräsentanten dieser Kreise neben die Fäuste!« Die glückliche Synthese ist der General Horst von Metzsch . Er ist zwischen dem denkenden Soldaten und dem schriftstellerisch stets sehr hervorgetreten. soldatischen Denker ist geradezu eine Vor­Sein neuestes Buch heißt:» Schlummern- aussetzung glücklicher deutscher Zukunft.< zu verwirklichen de Wehrkräfte«( Stalling, Oldenburg ). Wie sie im Dritten Reich Nicht ohne Grund wurde dieses Buch den ist, das verschweigt der General. Er polemi­vielen verantwortungslosen Publikationen siert recht interessant gegen die Auffassung, gegenübergestellt, die auf dem Büchermarkt daß alles, was nicht Wehrwert habe, Luxus des Dritten Reiches zu haben sind. Metzsch beklagt im Vorwort seines Buches:

Zu

>... daß das allgemeine wehrpolitische Verständnis in einem beträchtlichen Miẞ­verhältnis zu dem großen Umfange unserer wehrpolitischen Literatur steht. Liegt das nun an den Büchern oder an den Lesern? Das erste zu bejahen verbietet mir meine kollegiale schriftstellerische Zurückhal­tung...

-

was natürlich schon ein böses Urteil ist!

Metzsch widmet sein Buch sallen Deut­ schen , die dem Dritten Reiche aufrichtig und aufrecht dienen<, aber dieses Drittes Reich ist nicht das heutige, sondern eine Privatvorstellung des Generals. Teilweise deckt sich diese mit Möller van den Bruck's<, der augenblicklich etwas unmodern gewonden ist. Aber» Manches von ihm wird

sei. Für ihn gehört Kunstpflege, Musik und vieles andere mehr zur Wehrhaftmachung.

> Schließlich hat der alte Dessauer soviel Ordnung in seine Kerls gebracht, wie Mo­Izart in seine Noten... Ihren tiefen Segen hatten beide... Rhythmen, beide» Stöcke<, nämlich der Taktstock und der Korporal­stock. Am Ende standen harmonische Lei­stungen.<

Aus dieser Totalbetrachtung ergibt sich die These:» Wehrpolitik muß dreispännig ge­

fahren werden.<

dann ist dieser zynisch kalte Kräf­teverschleiß

Brazil

von Rüstungsgütern weder nationalsoziali- Lager der Wirtschaft

stische noch sozialistische, sondern militä­rische Wehrpolitik, die einspännig statt dreispännig gefahren wird.<<

man

Aber einige Seiten weiter merkt doch, daß Rußland gesagt, aber Deutschland gemeint ist, denn:

In einem Artikel der» Frankfurter Zei­ tung vom 29. März» Mussolinis Anspruch an die Wirtschaft« heißt es:

» Vor zwei Jahren hat Mussolini als eine der nächsten und dringlichsten sozialen Aufgaben den Häuserbau für die ländliche Bevölkerung bezeichnet; solche Pläne tre­dem Zielpunkt:

hinter

>> Wir können uns nur behaupten, nur wehren, wenn wir uns ten jetzt zurück auf eine tüchtige Wehrmacht und auf eine gesunde Wirt­schaft und auf eine kraftspendende Kultur stützen. Wir können nicht Waffen durch

Rüstung.< Mussolini , der bereits einen Krieg führt, und

Waren oder Kultur durch Waffen erset- Hitler, der ihn erst vorbereitet, gleichen ein­Woh­zen... Das schärfste Schwert ander darin, daß sie dem Volk nützt nichts in wirtschaftlich nungen versprochen haben, aber schwacher Hand. Das tapferste Herz jetzt die Behausung um der Be­nützt nichts mit militärisch unzulänglicher

Die Schwerindustrie ist darin ganz gewiß anderer Meinung, und wohl auch mancher Kollege von Metzsch!

Waffe. Der wirtschaftlich gesündeste Volks- waffnung willen vernachlässi­körper nützt nicht mit kulturell niederem gen. Sinn.< Der öffentliche Wohnungsbau ist in der entscheidender Anreger Nachkriegszeit ein des Konjunkturaufstiegs geworden. Die Ver­wüstungen des Krieges hatten die Wohngele­> Die drei Schimmel des Gespanns hel­Rüstungstempo genheit hinter dem Wohnungsbedarf zurück­Ben: Wehrmacht , Wirtschaft und das nicht weniger bleiben lassen, gleichzeitig aber auch Kultur. Eine unwirtschaftlich macht dem General offenbar Wehrmacht muß Sorge als die Vernichtung der Wirtschaft Masseneinkommen hinter den Baukosten. Der aufgebaute ebenso scheitern, wie eine mili- und Kultur durch die heutige deutsche Wehr- Bau billiger Wohnungen war kein rentables tärisch ungeschützte Wirt­macht. Er hat überlegt, wie er das nun aus- Geschäft, deshalb sprang der Staat in schaft. Und beide, die Wehrmacht wie d'e und siehe da: Hitlers italie- vom Privatkapital offengelassene Bresche. Wirtschaft, werden versagen, wenn sie nicht drücken kann

Das deutsche

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» Germany wants to see you!«

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Und nun willkommen zur Olympiade!

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