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Unrichtig ist es obendrein, daß ich stelle, und daß meine Ablehnung einer Ver-| Liliencron die Erfindung des Rotationsdrucks| die Freiheit, die von der Idee der Humanität hier etwas zu widerrufen gehabt hätte. Mein götzung der Technik und der Unterwerfung und des Rundfunks, vom Telefon und der Un- und der Demokratie nicht zu trennen ist, zwei Urteil über diese Dinge stand längst fest und der Menschen unter die Maschine ein» feiger tergrundbahn nicht zu reden, bei weitem auf-| Ideen, die ich im Abendland durch die Jahr­hunderte wirken und mit seinem Schicksal ist wiederholt ausgesprochen und niedergelegt Katzenjammer* sei. Richtiger würde mein wiegt. Es ist unrichtig, daß ich fordere, wir dauernd verbunden sehe, als ein Element des worden, ehe die Katastrophe der deutschen Verhältnis zum Liberalismus gekennzeichnet Linken ausgereift war. Richtig ist, daß zu als das Gefühl eines un überwindlichen sollten künftig nicht mehr Sozialismus sagen, Sozialismus ansehe, richtig ist, daß ich meinen verwerflichsten Lasten die Voraus Ekels vor einer zur Unsauberkeit und es ist unrichtig, daß ich für die Freiheit mich um eine Synthese aus Freiheit und Bin­eine allerdings nicht liberal verstandene dung( S. 256) bemühe, in der ich den Sinn sicht gehört, die ich den deutschen Begeben- schleimigen Verwesung entarteten, in ihren Freiheit nichts übrig hätte. Richtig ist unserer Geschichte sehe, richtig ist, daß heiten gegenüber erwiesen habe, richtig Anfängen einst großen Weltanschauung. ist, daß der ganze Mangel an wirklichem Richtig ist, daß man einen Katzenjam- vielmehr, und richtig bleibt, daß ich mein Buch» Abendländische Revolution< historischem Verständnis<, den Max Klinger mer nur nach einem Rausch haben kann, daß ich immer wieder darauf verweise, daß es mit den Worten schließe: > Im sozialistischen Abendland wird ein bei mir feststellt, sich u. a. darin erwiesen ich aber von der Technik niemals berauscht ohne eine sozialistische Ordnung überhaupt Deutschland aufgehen. Ein freies keine Zukunft für das Abendland gibt. Rich- freies hat, daß ich den Untergang der Weimarer De - gewesen bin, sondern daß sie in meiner stets tig ist, daß mein ganzes Buch ein einziges Deutschland wird dem Abendland das Brot mokratie auf Grund nicht erfühlter, sondern eben nicht liberalen Wertordnung sehr rechenbarer Vorzeichen als unabwendbar einen untergeordneten Platz einnahm, so daß Bekenntnis zur Idee und zur Moral des So- des Lebens reichen: den ordnenden Geist des erkannte. Wenn ich kapituliert habe und zu- mir eine Strophe von Claudius, Mörike oder zialismus darstellt. Richtig ist, daß ich Sozialismus. << sammengeknickt bin, so ist das lange vor 1936, lange vor 1933 und sogar lange vor 1930 geschehen, und in der Form, daß ich mit meinem völligen Mangel an geschichtlichem Verständnis immer noch der Einäugige unter Blinden gewesen sein dürfte.

Unrichtig ist aus den schon angeführ ten Gründen, daß ich die Morde der Konter­revolution an Erzberger und Rathenau recht­fertige, richtig ist vielmehr, daß für meine Beurteilung politischer Morde der moralische Standpunkt der Masse nicht maßgebend ist. Richtig ist, daß ich mich auf eines der ersten Opfer der mörderischen Konterrevolu­tion, auf Gustav Landauer , als auf einen geistigen und sittlichen Führer durch diese Zeit öfter berufe als auf jene Vorbilder, die Max Klinger für mich entdeckt hat.

Es ist unrichtig, daß man auf meinem Es ist Wege zur Konterrevolution kommt. unrichtig, daß ich im Blubostil über Karl den Großen schreibe: richtig ist im Ge­genteil, daß ich gegenüber der zaristischen Geschichtskritik

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Jubiläum in Walhall

Zum 30. Juni 1936

Vorspiel auf Erden

( Friedhof. Am Grabe des Hitler­chauffeurs Schreck sind alle Grö­Ben des Dritten Reiches versammelt. Das breite Tor im Hintergrunde ge­währt einen Durchblick auf die war­tenden Luxusautomobile der national­sozialistischen Arbeiterführer. Zum of­fenen Grabe tritt:)

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SS - Führer Himmler :» So wie wir kämpfen, dienst du droben in Walhall für deinen Führer, für die Bewegung und für Deutschland !<

I. Szene

Leistung( Walhall. Zeit, Bühnenbild, Personen: siehe obiges Gemälde.)

die europäische Karls des Großen unterstreiche. Es ist un­richtig, daß ich zu einer feierlichen Ver- Der greise Präsident: fluchung von Jesuiten und Freimaurer kom­me, richtig ist, daß ich diese beiden sozia­len Gruppen in durchaus rationaler Weise als gesellschaftliche Produkte der bürgerlichen Entwicklung erkläre. Richtig ist allerdings, daß mir die Zugehörigkeit zu einer Loge mit der zu einer sozialistischen Partei in Wider­spruch zu stehen scheint.

Mäßige Weisheit wahre der Mann, er werde nicht allzu weise: sorglosen Sinn hat ein solcher allein, dem sein Schicksal dunkel.

Schleicher( ehrfürchtig):

Er redet in Runen, und Worte der Edda entquellen dem zahnlosen Mund.

O rührt nicht am lieblichen Wahne, er glaubt, er sei Wotan persönlich. Röhm:

Quatsch, Wotan! Gebrochene Eide machen noch längst keinen Gott.

Es jährt sich zum anderen Male der Tag

nun...

Röhm:

Es ist unrichtig, daß sich unter mei­nen Ausführungen eine» geheime alldeutsche Sehnsucht verbirgt. Richtig ist, daß ich solche Sehnsucht nicht empfinde, und daß jeder objektive Leser meines Buches schon aus meiner Wertung der preußisch- österrei- Der greise Präsident: chischen Polarität, aus meiner Wertung des alten Reichsgedankens, aus meinem Bekennt­nis zu Europa , zum Gedanken der Europäi­schen Föderation, aus meiner Wertung der slawischen Völker ebenso wie aus meiner Wer­tung Frankreichs und endlich aus meinen Darlegungen über das besondere Problem der deutschen Zwischenstellung in Europa ent­nehmen muß, daß ich das alldeutsche Pro­gramm für eine gefährliche Illusion halte und die europäische Föderation als das Ziel an­sehe, für das sich auch der nationale Deut­sche einzusetzen hat.

Es ist unrichtig, daß meine Absage an den Liberalismus eine» feige Flucht< dar­

heitlichen Grundsätze, die er früher propa- p giert hatte. Dennoch: trotz dieser Schwen­kung, die viele seiner Freunde enttäuschte, bleibt Gorki im Gedächtnis der Nachwelt nicht nur als Sturmvogel der Revolution lebendig, sondern vor allem als großer prole­tarischer Dichter, der während seines ganzen Lebens dem Worte treu blieb, das er in den letzten Jahren als Richtlinie für die Jungen prägte: sozialistischen Realismus mit revolu­tionärer Romantik zu vereinigen.

Landesverräter

Gestapo und Feuilleton.

V.

Da uns ein natürlicher Tod traf. Ernst:

Natürlich? Das nennt er natürlich! Röhm( strafend):

Gekillt zu werden, mein Schätzchen, ist wahrlich im Dritten Reiche der weitaus natürlichste Tod. Stimme aus dem Rundfunk: Denn Deutschland ist schöner geworden. Der greise Präsident:

Es jährt sich zum anderen Male der Tag

nun...

sie ihn fest! Aber er hat eine Waffe...<

Röhm:

Jetzt fehlt ihm schon wieder die Spucke. Wo bleibt denn der Meißner, der Kerl? Heines:

Vielleicht kommt er heute( Zwischen­ruf: Nu wenn schon!)

Mich juckt meine Narbe, mir scheint es naht sich uns bald wieder Saures. Der greise Präsident:

Schleicher( kalt):

Seitdem wir mit Ihresgleichen

uns listig vereinten, Herr Röhm!

Der greise Präsident( ist von der Debatte völlig unberührt, buchstabiert an dem Manuskript herum. Liest weiter): Nach vierzehn Jahren der Schande... Röhm:

Kein Wort, das er spricht, ist von ihm.

Es naht sich zum anderen Male der Tag Heines: ( kommt ins Sabbern:)

nun...

...

.

Der Tag nun Denn ist nicht, o Freunde, Die Mark. unsre Ehre und Treu... Denn ist nicht der Osthilfe Ehre... äh, Neudeck

die Treue der Mark.. Schleicher( drückt ihm ein Manuskript in die Hand):

Da hier, Exzellenz, Ihre Rede!

Der greise Präsident( nimmt das Manuskript und liest beinahe fließend):

Es jährt sich zum anderen Male der Tag nun,

da jener gewaltige Mann,

den ich übers Vaterland setzte,

die eigenen Freunde im blutigen Stahlbad ersäuft.

Sagt, ist nicht die Treue das Mark unsrer Ehre,

und hielt er nicht mannhaft den Freunden die Treue,

wie weiland ich selber dem Weimarer Staat? Chor der Gekillten:

Kein schönrer Tod ist in der Welt, als wer vom Freund erschla- agen. Röhm( auf den greisen Präsidenten zufah­rend):

Hör auf mit dem schleimigen Sabbern! Dir dank ich den ganzen Salat. Schleicher( flehend):

Belaßt ihn im lieblichen Wahne! Röhm:

Was Wahn! Seit wann setzt man Mörder zu Hütern des Vaterlandes ein?

Seit wann werden Lumpen Minister? Seit wann lenken Räuber den Staat?

Bei Wotan! Sein Testament noch ließ er von anderen fälschen. Ernst( beginnt zu schluchzen):

Nach vierzehn Jahren der Schande begann erst der richtige Stunk. Sie haben mich meuchlings erschossen. Was tat ich denn andres als sie? Ich schlemmte und was tut der Her­

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mann? Ich soff auch und was tut der Ley? Verblaßt nicht mein lumpiges Auto

vor Baldurs Privatlimousine,

und ist etwa gerade der Baldur son anders veranlagt als ich? Röhm:

Mach Schluß mit dem knechtischen Winseln! Du wußtest zu viel. Sei ein Mann! ( Gekicher im Hintergrund: Mann is gut!)

Ernst( fortfahrend):

Und als wir den Reichstag verbrannten, strich Hermann so sanft übers Haar mir, versprach mir metallene Ehren...

Röhm:

Die hast du bekommen, halts Maul! Oder war jene Kugel aus Pappe?

Heines:

Mich juckt meine Narbe, o Freunde, noch heute erleben wir Arges,

und ihr hört nicht auf, euch zu zanken. Ich warn euch: noch lebt, der uns trog. Ernst:

O nenn nicht den furchtbaren Namen! Heines:

Selbst wenn du nicht flehtest, du Feigling, verböte es mir die Zensur.

Pallas Athene abgesetzt

Das Dümmste sind jene Schlager, die Das ist das Gesicht des Fremden... Klar| Gottfried Benn ebenso wie die Schwülitäten und laut spricht sie in den Raum: von anderen Leuten, die jetzt braun dichten.» aufbauend< sein wollen und die Natur zu > Er liegt da unter dem Sofa, nehmen Um so mehr wird die Dreigroschenoper aus- Gassenhauern verarbeiten. Davor bekreuzigte Der Gesuchte hat ein sympathisches Aeuße- geschlachtet, denn der nicht beschlagene Le- sich jüngst sogar das Dortmunder Naziblatt. res.> Staatsfeinde< sahen in der braunen Li- ser weiß ja nicht, daß Brecht mit seinen Gas­teratur bisher aus wie echte Untermenschen. sensongs darin die Moral und Stickluft einer Kommt man mit der alten Schablone nicht mehr durch? Die Verfolgten des Dritten Rei­ ches pflegen die offenen geraden Gesichter der Wahrheitskämpfer zu haben, also muß endlich vor den Sympathischen gewarnt werden:» Achtung! So sehen Staatsfeinde waren ihre Lieder!

Landesverräter.

auch oft aus!< Und da sie der Bevölkerung immer sympathischer werden, müssen die Ver­Ab und zu tauchen in der Nazipresse kleine folgten einen abschreckenden Namen kriegen: Geschichten auf, in denen Meckerer und In der Literatur aller Zeiten genießt der Miesmacher aufs Korn genommen werden und wehrlose Gejagte einen ungeschriebenen Schutz das Publikum in der Form der Unterhaltung und ruft Menschlichkeitsregung wach. Dut­gegen alles Oppositionelle scharf gemacht zende Balladen erzählen davon. Bei den nor­wird. Solche Geschichten braucht die Gestapo . Wir zitieren ein neues Muster aus dem- dischen Völkern galt der Schutz des Herdes, zu dem einer flüchtete, noch im Mittelalter. nigsberger Naziblatt: Ein Verfolgter dringt Diese altüberlieferten, altgermanischen Vor­in eine Wohnung, bittet eine Frau, mit der Pistole in der Hand, um Versteck.» Der Mann stellungen bedrohen den Gangsterstaat. Ein brauner Anhänger bekehrt keinen mehr, aber hat ein junges, ebenmäßiges Gesicht Die Frau duldet, daß er sich unterm Sofa ein Meckerer macht tausend. Jagt ihn, er ist verbirgt. Gleich darauf dringt ein Polizist ins ein Mensch! Der Staat dient der Gangsterei, das Feuilleton der Gestapo . Wen sie sucht, Zimmer, fragt nach dem Flüchtling. Die junge Frau bleibt erst abweisend, dann fragt sie, der ist eo ipso ein Landesverräter. Platz der neuen Volkserziehung! was der Gesuchte getan habe.

> Der Polizist hat eine abweisende, amt­lich strenge Miene aufgesetzt. Als hätte er eine andere Antwort im Sinne gehabt, sagte er nach einigem Ueberlegen scharf:» Lan­desverrat einwandfrei überführt!<< Es ist der Frau, als ob ihr ein Stück Eis durch die Kehle glitte. Sie sieht auf einmal alles unheimlich deutlich. Auch den hellen Schimmer hinter den Fransen des Sofas.

Gedämpfter Sex- Appeal

faulenden Gesellschaft treffen will.» Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral<

so ist der Brecht. Und die Schlager von ehedem!> Wer hat den Käse nach dem Bahn­hof gerollt<< das war die Demokratie, das So wird drüben der

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Nachwuchs informiert.

Was aber hat sich im Dritten Reich am Er ist

höchstens noch spießeriger geworden. Da Schlagerblödsinn geändert? Nichts. wird gesungen:

Ein älterer Herr mit angegrauten Schläfen und mit gedämpftem Sex- Appeal, der ist für alle Ehehäfen

der jungen Mädchen heißersehntes Ziel. Der bietet Schutz und sorgenloses Leben, Er küßt die Hand, vielleicht auch noch die

Die deutsche Presse meldet:

> Die neue Fassade des neuen Uni­versitätsgebäudes in Heidel. berg; die bisher die Inschrift> Dem lebendigen Geist und eine Skulptur der Pallas Athene trug, hat anläßlich des 550jährigen Jubiläums der Universität die Inschrift» Dem deutschen Geist<< und einen Bronzeadler erhalten.<<

Den» lebendigen Geist< hat man also aus­gelöscht, und statt der Göttin der Weisheit haben die Heidelberger nunmehr einen Vogel. Wohl bekomms!

Wer anderer Meinung ist... In Wehlau ( Ostpreußen ) wurde der natio­nalsozialistische» Pregelgautage abge. halten. Am Eröffnungstage versammelten sich Doch braucht man ihm nicht alles hinzu- die alten Kämpfer. Kreisleiter Wagner erteilte geben,

Stirn.

dem Intendanten Dr. Lau das Wort, man braucht bei ihm niemals ganz sich zu und über die Rede dieses Pg. Dr. Lau heißt

verliern.

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Neudeutsche Operette! Oder wie hört sich das an:> Hab mich lieb, hab mich lieb, einmal nur in Teneriffa ! Bleib bei mir, o du schöner fremder Schiffa!< Dies neudeutscher nur einige Proben Hin und wieder gehen durch die Nazi­presse lange Fetzen, in denen mit Zitaten die Schlagerkunst; sie könnten beliebig vermehrt Verworfenheit der Lyrik und Moral vor 1933 werden und es würde sich dabei zeigen, daß bewiesen werden soll. Wir vermissen dabei der» Omama ihr Häuschen« daneben nicht immer wieder die Unterleibsdichtung des einmal zum Dümmsten gehört.

es wörtlich im Bericht des nationalsozialisti­schen Amtsblattes» Preußische Zeitung «, Nr.. 167 vom 17. Juni 1936:

» Was der Führer sagt, ist richtig, das wissen wir, und wer anderer Meinung ist, dem schlagen wir die Knochen ein.( Stür­mischer Beifall.)<<

Wir schlagen vor, diese markigen Worte an allen Ecken des Olympiadorfes zu plaka­tieren.