Es klopft.

( Alle Anwesenden fahren zusammen. Ernst verkriecht sich hinter Röhm, verschiedene Köpfe verschwinden unterm Tisch, Heines greift an seine Narbe.)

Heinest

Ha, sagte ich nicht schon, es juckt mich! Auf, Heimdall, trompete ins Horn

und schau, wen es diesmal erwischt hat! Heimdall( sieht durchs Guckloch und fährt mit gesträubten Haaren zurück):

-

er selbst!

O Grauen, mir schlottern die Därme, da draußen steht wahrlich Ernst( laut mit den Zähnen klappernd): Er wird mich aufs neue erschießen! Ich überleb' es nicht wieder,

Hilf Röhm mir, beschütz mich mir graut! ( Die Gruppe der großen Deut­ schen , die bisher schweigend verharrte, wird lebendig)

Goethe( belustigt):

Platz, Junker Schreihals kommt, Platz, süßer Pöbel, Platz!

Bismarck :

Wir Deutschen, wir fürchten nur Gott

Ihr aber, ihr undeutschen Memmen,

ihr fürchtet den Götzen aus Braunau .

Friedrich der Große :

Gäb's in Berlin heut noch Richter, man brächt' zur Raison den Gefreiten. Schiller:

Weh! Spräche ich jetzt>> In Tyrannos<, mein Kopf käme leicht mir ins Rollen.

II. Szene

( Die Vorigen, der Neue.)

Der Ankömmling( tritt die Tür ein): Heil Hitler! Ihr seid wohl besoffen? Empfängt man so Gäste wie mich?

-

( Einen Augenblick lang herrscht erstarrtes Schweigen, dann erhebt sich ein brüllendes Gelächter.)

Heines( jubelnd):

Er ist's nicht, Heil Hitler, er ist's nicht, es ist nur sein Doublee, sein Schreck! Röhm( ebenso):

Zu Saufen! Bringt mir Bier in Schläuchen! Sein Kugelfang ist's, dieses Roß!

( Die Gruppe der großen Deut­ schen drängt nach vorn. Alle Blicke rich­ten sich ungläubig auf den Chauffeur.) Friedrich der Große ( allmählich begreifend): Wie wird mir? Ein Herrscher der Deutschen schickt andre für sich vor den Lauf?

Der Soldatenkönig ( grimmig):

Ein Kugelfang? Wie denn, das Heldchen verborgt sein Gesicht und entflieht?

Chor der Despoten:

Das hat es noch niemals gegeben,

so drückte sich nie ein Despot.

Kein Nero, kein Iwan, kein Philipp

hat so unsre Ehre geschändet, hat so unsre Gilde beschmutzt.

Der greise Präsident( war über seiner Rede eingeschlafen, jetzt rappelt er sich hoch und liest weiter):

Heroisch ist, Freunde, die Zeit, der wir dienen, atsi

ein Heros ist wahrlich, den Führer ihr nennt! Röhm:

Schluß jetzt und genug mit dem Schwindel! ( entreißt ihm das Manuskript. Wendet sich an Schreck):

Und du, mein gewes'ner Genosse, wie kommst du so plötzlich hierher? Schreck( dreht sich vorsichtig um, legt den Finger ans Bärtchen):

Pst, Ruhe! Ihr brüllt wie die Ochsen, euch hat man wohl lang nicht gesäubert? Ernst( staunend):

Nein so was, sie flüstern noch leiser, seitdem wir den Schauplatz verlassen! Wenn sie in dem Tempo beharren, ist bald nur noch Mimik erlaubt.

Heines( geht auf Schreck zu):

Du hast ja ein Loch in der Stirne Ei schau mal, ein prächtiger Schuß! Wem hat denn die Erbse gegolten, die dir unters Stirnlöckchen fuhr? Schreck( wütend):

-

Es erwischt eben immer die Falschen. Lenk du doch da unten sein Auto! Ich bin schon der Dritte, den's trifft. Röhm:

Was heulst du? Was gibt's da zu winseln? Ein Doublee des Herrn Diktatoren, das nicht eines Tags übern Harz geht, verfehlte bei Gott den Beruf.

Die Gruppe der großen Deutschen bewegt sich entschlossen dem Ausgang zu. Goethe:

Wir ziehen vor,

räumen.

( Sie tun es.)

den garet'gen Stall zu so gut wie zur Reichs- Amtssprache geworden

Der greise Präsident( will ihnen nach).

Röhm( packt ihn von rückwärts):

Du bleibst bei uns, mein lieber Mit- Ganove,

sein.

ist, nämlich auf die Nerven. So lesen wir jetzt in der Zeitschrift> Die Literature, die allerdings schon ihren 38. Jahrgang feiert und darum zum Unterschied von Hitlers > alten Kämpfern« immer noch wenigstens ungefähr

denn wer mit uns vom gleichen Troge fraß, weiß, was deutsch in gutem Sinne ist und soll auch mit uns in Ewigkeit verdammt was nicht, folgende immerhin mutige Bemer­kung zu einer typischen Nazi- Buchneuheit, dem> Werk< eines Fr. Wenker- Wildberg über > Bernadotte , Soldat.- König<<, erschienen im alt- ehrwürdigen Verlag Hoff­mann- Campe, Hamburg - Leipzig :

Der Stil

-

Donnerschlag. Vorhang.

Marschall

-

> Störend ist der offenbar auf Forschheit

kende Ton der Darstellung. Worte wie>> Steh­kragenproletarier<,> meckern< und dergleichen, Sätze wie» Bonaparte bedankte sich für die Ehre, der politische Liftboy der Nation zu machen< passen nicht in das Zeitkolorit. Es findet sich andererseits kaum eine Formulie­rung, die aufhorchen ließe; dafür gibt es Stil­blüten solcher Art:> Mit Riesenschritten steuerte das Staatsschiff auf den Abgrund

zu<

das ist das Regime! bedachte, in Wirklichkeit jedoch salopp wir­Le style c'est l'homme, der Stil das ist der Mensch: diesen Erkenntnisbeitrag zur Psychologie, den man dem klassischen Lande der guten Form, Frankreich , verdankt, läßt sich unschwer und zugkräftig variieren: der Stil das ist auch das Regime! Wer die Sprache des deutschen Nazismus von dem Gesichtspunkt aus prüft, wie weit sich in ihr die ideellen Besonderheiten des > Aufbruches der Nation<, die Hysterie seiner Gilt diese Beanständung nun nur dem be­Anstifter, das Strolchtum seiner Banden, die Pubertätsexzesse seiner> alten Kämpfer und sagten Buch? Oder gilt sie nicht ge­so vieles andere an wirklichem Untermen- nau so etwa den höchsten Rednern oder Schreibern des Systems? schentum äußern, kommt zu ganz überraschen­den Resultaten. Nie ist die deutsche Prosa Die Frage bleibt offen; aber jeder versteht, daß es sich über eine bloße Buch- und ( und die Poesie gleich mit) so mit schiefen Schmökerkritik hinaus um Wesentliches Bildern angefüllt gewesen, als zur Zeit. Das schauerliche Wort» restlos<( beispielsweise tut es der Nationalsozialismus prinzipiell nie darunter, daß er Marxisten

handelt!

oder Reaktion Schwester Lisas

eben> restlos« vernichtet) findet sich in cha­rakteristisch- nationalsozialistischen Stilproben mindestens so häufig, wie der gewöhnliche Sterbliche, der deutsch spricht,» und« oder >> aber< gebrauchen muß; es entlarvt sowohl den bornierten Materialismus wie das geistig­dynamische Unsicherheitsgefühl der Bewe­gung. Man will, auch in der sprachlichen Neu­schöpfung, volkstümlich sein, aber wirkt nur ganovenhaft. Sogar gewissen ganz Gleichge­Das weit're findet sich in Götz von Ber - schalteten des Dritten Reiches fällt diese lichingen.

Mit euch in Ewigkeit zu weilen, ist weder Ehre noch Gewinn! Chor der Großen:

Sprache der Gosse und Kaschemme, die heute

Verlagsanstalt»> GRAPHIA« Karlsbad

FRIEDRICH STAMPFER

DIE 14 JAHRE

Drei neue Bücher:

DER ERSTEN DEUTSCHEN REPUBLIK

640 Seiten. Großformat. Für die ČSR kartoniert: 80.-, Leinen: 105., England:-16.6( Leinen£ 19.3), Dänemark : Kr. 16.50, ( 21.60), Holland : hfl. 5.50( 7.-), Polen : Zl. 20.-( 25.50), Schweiz : Fr. 11.25( 14.80), USA $ 3.65( 4.80) und für andere Länder in ent­sprechender Umrechnung.

Friedrich Stampfer war als Chefredakteur des Berliner » Vorwärts<< ( 1916 bis 1933), als Reichstagsabgeordneter und Mitglied des Sozial­demokratischen Parteivorstandes an allen Kämpfen beteiligt, die die erste Deutsche Republik, von ihrer Entstehung bis zu ihrem Sturz nach innen und nach außen zu führen hatte. Sein inhaltsreiches Buch ist erlebte Geschichte. Keines der zur Rechtfertigung geschriebenen Memoiren­werke, sondern ein gewissenhafter Tatsachenbericht, der ausführlichste und tiefgehendste, über die in jeder Hitlerrede geschmähten und doch so bedeutungsvollen» VIERZEHN JAHRE«. In einem kurzen Vorwort be­kennt sich Stampfer zur vollen Mitverantwortung gegenüber allen Vor­würfen, die von Freund und Feind gegen die sogenannten» Schuldigen<< am Fall der Deutschen Republik erhoben werden. Im übrigen drängt er dem Leser seine Meinung nicht auf. Er liefert ihm die Grundlagen zur Bildung eines eigenen Urteils. Ein ausführliches Personen- und Sach­register machen das Buch zum unentbehrlichen Hand- und Nachschlage­werk der Deutschen Geschichte bis 1933.

ALEXANDER STEIN: ADOLF HITLER .

SCHÜLER DER WEISEN VON ZION<

120 Seiten. Broschiert für die ČSR : 18.-, England:

-3.3, Holland : hfl. 1.20, Polen : Zl. 4.40, Schweiz : Fr. 2.50, USA :$.80. Das Thema dieser Schrift ist nicht etwa künstlich konstruiert. Durch Gegenüberstellung der wichtigsten programmatischen Erklärungen Hitlers und Rosenbergs mit den politischen Rezepten in den legendären» Proto­kollen der Weisen von Zion< wird tatsächlich der Beweis erbracht, daß diese mit Theorie und Praxis, des Nationalsozialismus übereinstimmen und: durchgeführt werden. Die erste quellenkritische Untersuchung, die das Weltbild Hitlers , die Methoden seiner Politik und die Ursachen seines Erfolges aufdeckt und erkennen läßt, was von ihm und dem National­sozialismus an Ueberraschungen noch zu erwarten ist.

GREGOR BIENSTOCK:: EUROPA UND DIE WELTPOLITIK DIE ZONEN DER KRIEGSGEFAHR

84 Seiten, mit vier Kartenskizzen. Für die ČSR brosch.: 15., England: £ 2.9, Holland : hfl. 1.-, Polen : Zl. 3.65, Schweiz : Fr. 2.10, USA :$-. 70. Gregor Bienstock entwickelt hier sehr klar und übersichtlich die Kernprobleme der heutigen Weltpolitik. Jedermann, der Anteil nimmt an dem Weltgeschehen, das heute oder morgen sein eigenes Schicksal werden kann, braucht einen Führer durch das Labyrinth der Außen­politik: Hier findet er ihn.

BESTELLUNGEN DURCH JEDE BUCHHANDLUNG

H. E.

einziger Wunsch

Einer Roten- Kreuz- Schwester namens Li­sa Baumann wurde kürzlich das Frontkämp­ferkreuz verliehen. Die braune Presse ver­öffentlichte daraufhin lange Interviews mit der Ausgezeichneten. Sie schildert darin an­schaulich, wieviel Schwerverwundete sie ge­pflegt, wieviel sie in Schmerzen stöhnen hörte, in zuckender Todesqual sterben sah. Ihr einziger Sohn war darunter. Am Ende des Gesprächs wagte der Journalist eine Frage, ob sie, die nun schon betagte Kriegsschwester Lisa, heute im Dritten Reich endlich ganz wunschlos sei. Da» leuchteten ihre Augen noch einmal im alten Glanze und sie antwor­tete wörtlich:

> Meine Wünsche sind nicht materieller Art, aber ich habe einen ganz großen Wunsch: Ich möchte einmal den Füh­rer ganz von der Nähe sehen, und ich hoffe, daß dieser Wunsch noch einmal in Erfüllung geht. Einen ganz kleinen Wunsch habe ich auch noch: wenn im Felde die Flieger über uns schweb­ten, dann wäre ich gern einmal selbst mit­geflogen. Aber das war streng verboten. Vielleicht nimmt mich aber doch noch ein­mal jemand mit zu einem Flug durch die Wolken.<

Kein Massengrab hat diese wackere Schwester Lisa zum verweichlichten Pazifi­sten bekehren können. Den Führer sehen, dann noch einmal fliegen, möglichst mit einem Bomber, der in kräftigen Explosionen wohltätige Gase versprüht: der Platz im zweiten Parkett von Walhall ist ihr gewiß!

Neuer Vorwärts

Gozialdemokratisches Wochenblatt

Herausgeber: Ernst Sattler; verant­wortlicher Redakteur: Wenzel Horn; Druck:> Graphia«; alle in Karlsbad . Zeitungstarif bew. m. P. D. Zl. 159.334/ VII- 1933. Printed in Czechoslovakia .

Der» Neue Vorwärts« kostet im Einzel­verkauf innerhalb der ČSR 1.40( für ein Quartal bei freier Zustellung 18.-). Preis der Einzelnummer im Ausland 2.-( 24. für das Quartal) oder deren Gegenwert in der Landeswährung( die Bezugspreise für das Quartal stehen in Klammern): Argentinien Pes. 0.30( 3.60), Belgien : Belg . Frs. 2.45( 29.50) Bulgarien Lew 8.-( 96.-). Danzig Guld. 0.45 ( 5.40), Deutschland Mk. 0.25( 3.-), Estland E. Kr. 0.22( 2.64), Finnland Fmk. 4.-( 48.-), Frankreich Frs. 1.50( 18.-), Großbritannien d 4.( Sh. 4.-), Holland Gld. 0.15( 1.80), Ita­ lien Lir. 1.10( 13.20), Jugoslawien Din . 4.50 ( 54.-), Lettland Lat. 0.30( 3.60), Litauen Lit. 0.55( 6.60), Luxemburg B. Frs. 2.45( 29.50), Norwegen Kr. 0.35( 4.20), Oesterreich Sch. 0.40( 4.80), Palästina P. Pf. 0.020( 0.216), Polen Zloty 0.50( 6.-), Portugal Esc. 2.­( 24), Rumänien Lei 10.-( 120.-), Schwe­ den Kr. 0.35( 4.20), Schweiz Frs. 0.30( 3.60), Spanien Pes. 0.70( 8.40), Ungarn Pengö 0.35 ( 4.20), USA . 0.08( 1.-).

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