Wr.ttO SOMKTA,S.J«9K19»6 Verlag: Karlsbad , HausGraphia" Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblatt letzte Seite Aus dem hohak: Begräbnis der Osthilfe Braune Raubpläne in Südamerika Der Anschlag auf Danzig Romantischer Soziahsmus Die ZercM der SlMielt ein Fragebogen und eine Antwort »Keine Macht in der Welt kann Deutschland von seinen Zielen ab­drängen. Deutschland anerkennt nur eine höchste Autorität die Nation selbst.« (Hitler während der letzten Wahl­bewegung in der Rede von Königs­ berg .) Schloß die englische Parla­mentsdebatte über die auswärtige Politik mit der Anerkennung der von Mussolini vollzogenen Tatsache der An­nexion Abessiniens, so die französi­sche mit der Kapitulation der französi­ schen Politik vor der von Hitler vollzoge­nen Tatsache der Wiederbesetzung und Befestigung des Rheinlandes. Und ebenso wenig wie aus den Reden Baldwins oder Edens läßt sich aus der französischen Re­gierungserklärung Klarheit über die Fort­führung der Außenpolitik nach Eintritt der beiden umstürzenden Ereignisse ge­winnen aus dem einfachen, aber aus­reichenden Grunde, daß solche Klarheit nicht existiert. So bleibt denn nur der heiße Wunsch, doch noch mit Hitler oder Mussolini oder womöglich mit beiden, zu den berühmten Vereinbarungen zu kom­men, die den Frieden sichern und die kollektive Sicherheit garantieren. In der Erklärung der von Leon Blum geführten und von den Kommunisten un­terstützten Regierung hat diese Sehnsucht sogar zu der Versicherung geführt, die französische Regierung wolle an der Zu­sage Hitlers , mit Frankreich zum Einver­nehmen zu kommen, an idem Wort eines alten Frontkämpfers, der vier Jahre hin­durch das Elend des Schützengrabens ge­kannt hat«, nicht zweifeln. Die Wiederho­lung einer Phrase, die man sonst nur aus dem Munde einiger englischer Hitler -Lords zu hören gewohnt war, in einer französi­ schen Regierungserklärung ist um so auf­fallender, als ja jener Abschnitt aus »Mein Kampf «, der die Vernichtung des vwnegerten Frankreichs als das letzte, unverrückbare Ziel der Außenpolitik Hit- lera proklamiert, nicht nur nach vier Jah­ren Schützengraben, in dem sich Hitler übrigens nicht aufgehalten hat, sondern sogar nach dem Abschluß des Locamo- ver trage« geschrieben ist, und man Blut­scheu dem Herrn der Konzentrationslager, dem Organisator und Exekutor des Ka­meradenmordes vom 30. Juni 1934, dem Erzieher der deutschen Jugend zu Völker­haß und Kriegsrausch wirklich nicht vor­werfen kann. Verwundert fragt man sich, wozu denn die Anwendung solch törichter Phrasen, an die die Urheber ja selbst nicht glauben, dienen sollen und beharrt erst recht bei der altmodischen Meinung, daß »aussprechen, was ist« in so le­bensgefährlichen Situationen nicht nur klügere Politik, sondern Gebot der Ehren­haftigkeit ist Die französische Außenpolitik hat seit der Besetzung des Rheinlandes sehr viel von ihrer früher entscheidenden Kraft und Selbständigkeit eingebüßt. Die Führung und Hauptverantwortimg in dem Kampf um die Verhütung einer neuen Katastro­phe ist auf England übergegangen. Ver­stärkte Zusammenarbeit mit England, Versuch, die kollektive Sicherheit im Rah­men des Völkerbundes doch noch zu er­reichen bei Aufrechterhaltung der Allian­zen mit Rußland und der Kleinen Entente , und Vermehrung der eigenen militäri­schen Stärke ist das nächste Ziel der französischen Politik. Ebenso und noch mehr als die englische sucht sie nach einer Bereinigung des Verhältnisses zu Deutschland und drängt auf die Beant­wortung des berühmten, vor drei Mona­ten überreichten Fragebogens. England und Frankreich werden auf die offizielle, zur Einheftung in die Akten geeignete Antwort wohl noch lange war­ten müssen. Denn immer deutlicher wird es, daß die deutsche Regierung gar nicht daran denkt, ihre Politik festzulegen, daß die restlose Behauptung ihrer»B e w e- trotz aller wirtschaftlichen Schwierigkei­ten nur Angriffs- und Eroberungsabsich­ten dienen kann. Die englische konserva­tive»Morning Post« hat soeben über die deutsche Aufrüstung Angaben gemacht, die über die Churchills noch hinausgehen. Darnach belaufen sich die Ausgaben für das laufende Jahr auf 900 Millionen Pfund (1154 Milliarden RM). Die eine Hälfte ent- Die Blut|iistiz wütet Neue Sdiredkensurteile gegen Sozialdemokraten Die Terrorjustiz des Dritten Reiches tenberg , Spremberg , Sorau , Forst und Um­hat neue Opfer aus unseren Reihen gefor­dert. Der 5. Strafsenat des Kammer­gerichts Berlin hat unter dem Vorsitz des Kammergerichtsrats Dr. Taeniges in Cott­ bus einen Massenprozeß gegen So­zialdemokraten aus Cottbus , Senf- Helene Karich, Anton Lehmann, Paul Krause, Marta Tschickert, Otto Voigt, Günther Meide, Kurt Greischel, Kurt Töpfer, Hermann Bender, Kurt Schlosser , Otto Frömter, Otto Schorisch, Adolf Bierhold, Richard Kubow, Heinrich Wendel band, 30 Berta Jänchen, Max Gloger, Felix Kuhn, Paul Wobusa, Walter Scholz, Kurt Frömsdorff, Fritz Scheinert, Walter Graefer, Paul Walther Friedrich Bahner, Oswald Scheffner, Diese Schreckensurteile braunen Terroristen noch genügen den nicht Es ist deshalb gegen die folgenden Genossen Parteisekretär Schmidt aus Guben Gewerkschafter Trogisch aus Cottbos Arbeitersekretär Tschickert aus Sprem­ berg ein besonderes Verfahren vor dem Volks­gericht wegen Hoch- und Landes­verrat eingeleitet worden. Dieses be- gebung durchgeführt. Sie wurden beschul­digt, die Organisation der Sozialdemokra­tischen Partei Deutschlands illegal fort­geführt zu haben. Das Terrorgericht fäll­te die folgenden Schreckensurteile: 3 Jahre Zuchthaus, 2 Jahre 9 Monate Zuchthaus , je 2 Jahre 6 Monate Zoen th aas je 2 Jahre 3 Monate ZueMbans 2 Jahre Zuchthaus 2 Jahre Gefängnis 1 Jahr 9 Monate Gefängnis 1 Jahr 6 Monate Gefängnis 1 Jahr 6 Monate Gefängnis» 1 Jahr Gefängnis 8 Monate Gefängnis 4 Jahre Zuchthaus, 5 Jahre Ehrverlust 3 Jahre 6 Monate Zuchthaus , 5 Jahre Ehrverlust 2 Jahre 3 Monate Zuchthaus 2 Jahre Zuchthaus 1 Jahr 9 Monate Gefängnis 1 Jahr 9 Monate Gefängnis 1 Jahr 3 Monate Gefängnis 1 Jahr Gefängnis 6 Monate Gefängnis 6 Monate Gefängnis sondere Verfahren verfolgt den Zweck, die Beschuldigten zu höchsten Strafen zu ver­urteilen. Die Gefängnisse sind längst überfüllt, die braune Justiz wütet gegen die auf­rechten Deutschen , die sich dem Druck der Despotie nicht unterwerfen wollen. Wäh­rend das braune Deutschland zu prunkhaf­ten Festen rüstet, bringt das aufrechte, friedliebende Deutschland unerhörte Opfer für seine Gesinnung. gungsfreiheit« ihr als bestes Mittel erscheint, die neugewonnene Stärke zu neuen Vorstößen ausnützen zu können. In der Tat ist das Ansinnen an Hitler , seine politischen Ziele selbst zu beschränken, in dieser Situation, in der ihm gerade seine Nichtgebundenheit alle Vorteile bie­tet, eine vollendete Kinderei. Für Leute, die nicht sich selbst und ihre Völker be­trügen wollen, hat die Entwicklung der deutschen Politik längst die Antwort auf den Fragebogen erteilt und sie birgt mm wirklich keine Geheimnisse mehr. Die erste und wichtigste Antwort ist die erneute Steigerung des R ü- stungstempos, obwohl Deutschland alles in allem genommen schon heute die stärkste Militärmacht ist, von keiner an­deren Macht trotz aller deutschen Lügen­propaganda bedroht wird und die Fort­setzung der Rüstungen in dieser Hast und fällt auf Kriegsmaterial, die andere auf die Unterhaltung der Armee, Flotte und Flugwaffe. Die Summe ist fast dreimal so groß wie die des britischen Wehrbud­gets für 1936/37, das sich auf 170 Mill. Pfund beläuft. Der Friedenswille des»al­ten Frontkämpfers« manifestiert sich in einer einzigartigen Weise! Die zweite Antwort ergibt sich aus der sich allmählich entwickelnden Konkre­tisierung der deutschen außen­politischen Zielsetzung. Wir ha­ben in einem früheren Stadium einmal die deutsche Außenpolitik als die Addition aller je vorhandenen Wunschträume be­zeichnet. Zu den Forderungen der All­deutschen wurden die vor und während des Krieges entstandenen imperialistischen Bestrebungen, Hitlers Annexion Oester­ reichs und Rosenbergs Kampf gegen Sow­jetrußland und Eroberung bäuerlicher Siedlungsräumc im Osten hinzugefügt. Schon damals aber bemerkten wir, daß in diese chaotische Zusammenfügung, die als Unterlage einer irgendwie ernsthaften Außenpolitik absolut unbrauchbar ist, einmal Ordnung kommen werde durch das allmähliche Ueberwiegen der wirklichen Interessen des deutschen Kapitalismus und des diktatorischen Machtapparats über die romantischen Phantasien. Diese Entwick­lung ist in raschem Fluß. Sie ist ge­kennzeichnet einmal dadurch, daß die Kolonialforderungen immer stär­ker in den Vordergrund gestellt werden ganz im Gegensatz zur Stellung Hitlers in »Mein Kampf «. Die veränderte Stellung ist unmittelbar erzwungen durch das Be­dürfnis der diktatorischen Wirtschaftspo­litik, die die normalen Quellen der Roh­stoffbeschaffung selbst verschüttet, für ihre Aufrüstung aber einen ungeheueren Mehrbedarf hat und diesen ihrem inneren Wesen nach nur befriedigen kann durch Raub der Rohstoffquellen. Dabei macht es nichts aus, daß Kolonien den Rohstoff­bedarf gar nicht befriedigen können. Denn die Kolonialforderung wird nur zum Teil eines umfassenden Programms, in Jom sie erst ihren Sinn enthält. Jeden­falls wird die Gewinnung des alten Kolo­nialreiches und seine Erweiterung wieder Ziel der deutschen Außenpolitik, die da­mit das alte imperialistische Bestreben der Vorkriegspolitik wieder aufnimmt. Nur ist infolge des von der Diktatur herbeige­führten Wirtschaftsbankrotts Deutschland eine bedeutsame Aenderung eingetreten. Es werden nicht neue Anlagesphären für überschüssiges Kapital gesucht, sondern zur Ausbeutung bereits fertig erschlossene Rohstofflager, deren sich die Diktatur zur Aufrechterhaltung ihrer Kriegswirtschaft bemächtigen will. Aehnlich verhält es sich mit dem Wie­deraufleben eines anderen Ziels der deut­ schen Vorkriegspolitik, der Beherr­schung des südosteuropäi­schen Raumes und dem Uebergrei- fen auf Vorderasien, wie es einst in der Bagdadbahn -Politik zu Tage trat. Wir haben anläßlich der Balkanreise Schachts dargelegt, wie die wirtschaftlichen Durch­dringungsbestrebungen zugleich die politi­sche Abhängigkeit des europäischen Süd­ostraumes bezwecken. Auch hier ist jetzt der treibende Grund, daß die für die Kriegführung wünschenswerte Autarkie Deutschland der Ergänzung durch die Wirtschaft dieser in den wirtschaftlichen und politischen Umkreis Deutschlands einzubeziehenden Länder bedarf. Heute möchten wir darauf hinweisen, welche Bedeutung für diese Politik der Besitz Oesterreichs erlangt hat. Ein Deutschland unterworfenes Oesterreich sichert der bereits so kriegsstark gewor­denen Diktatur den direkten Zugang zum Balkan und sperrt Italien den Landweg dorthin. Er gibt Deutschland schlechthin die entscheidende Stellung, deren Ueber- gewicht, verstärkt durch die Hinneigung Ungarns und Bulgariens zu Deutschland , sich kein Balkanstaat mehr so leicht ent­ziehen könnte. War die Angliederung Oesterreichs ursprünglich vor der deut­ schen Wiederaufrüstung, der Schwächung Frankreichs und Englands nur eine Ma­rotte des Braunauers, so wird Oesterreich in der sich herausbildenden außenpoliti­schen Konzeption jetzt eine unge­mein wichtige und ausschlag­gebende strategische Position. Das gilt allerdings auch für Italien und erklärt, warum trotz aller Annäherung der