ein wenig melancholisch! Das kommende Strafrecht besohränkt sich also da.iuuf, nur die»Rädelsführer« und die»Stredkhetzer« zu fassen. Man glaubt so wenigstens Exempel statuieren zu können. Mit»Recht« hat freilich dies willkürliche Herausgreifen des einen oder des anderen der Streikenden, weil die
Die Generation der Wissenschafter, die
»strafwürdige« Masse schon nicht zu fassen traditionsgemäß noch eine gewisse Sauberkeit in der Forschung und in der Lehre nicht völlig preisgegeben hat, stirbt langsam aus. In der entscheidenden Einflußsphäre brauner Kulturerneuerung dirigiert bereits ein jüngerer Professorentyp, der die Schule der SA- Universität mit Erfolg absolvierte. Einer aus dieser Reihe und ein besonders prominenter ist Walter Frank , der»Geschichtsschreiber des neuen Deutschlands «, wie ihn die braune Presse bezeichnet Vom Führer mit der Leitung eines entsprechenden»Reichsinstituts« beauftragt, neue Geschichtswerden nach der»Erkennt- nistat« Hitlers und auf Grund»völkisch- i rassischen Erlebnisses« quellenmäßig sammeln und darstellen soll, ist Frank heute der jDiktator der neudeutschen Geschichtswissenschaft Es lohnt sich, den Aufstieg dieses Arrivierten näher zu verfolgen. Frank kommt aus dem nationalsozialisti-
Ist, nicht sehr viel zu tun; entscheidend und ohne Scham herausgestellt ist die Staatsräson in ihrem ganzen Relativismus und Opportunismus. Bei dieser vom System seihet festgestellten . Fragwürdigkeit der Tauglichkeit strafrechtlicher Waffenanwendung gegen die kollektive und solidarische Kraft einer kämpfenden Arbeiterschaft können sich mm die Väter des neuen braunen Strafrechts, wenn säe sich nicht selbst aufgeben wollen, unmöglich mit solcher Resignation bescheiden. Sie suchen also dem Klassenkampf von der anderen Seite, aus der »Individuellen Zone« beizukommen. Sie versuchen sich an»den« Arbeiter zu halten, wenn schon»die« Arbeiter sich ihnen entziehen. Der einzelne Arbedter wird also an die Kandare gelegt, die man der Arbeiterschaft als Ganzem— trotz Ley und seiner Zwangsorganisation— nicht anlegen kann. In diesem Sinne darf der schon zitierte»Pg.« Grau denn auch die folgende Mitteilung machen:
ter wissenschaftlicher Methodik und Wahrhaftigkeit an die Judenfrage heranging.« Dieses Buch brachte ihn»begreiflicherweise« in engere Verbindung zu Hitler . 1934 veröffentlichte er eine Schrift über den»deutschen Soldaten Freiherrn von Epp«. Die Karriere stand ihm offen. Im Herbst des gleichen Jahres ernannte ihn sein Führer zum Referenten für Geschichte im Stabe Rosenbergs und verlieh ihm den Professorentitel. Nach welchen Prinzipien er Kilos Griffel an wegweisender Spitze deutscher Ge- das alles' schichtswissenschaft zu führen gedenkt, dafür zeugen ein paar Stellen aus seinen Schriften und Bekenntnissen: »Wenn wir die Kraft besitzen, die Geschichte wieder so zu schreiben, daß die Geschichtemachenden sie im Tornister mit sich führen, dann haben auch wir Geschichte gemacht.«(Rede:»Zunft und Nation.«)
blieb Walter Frank selbstverständlich auch an der Spitze beim Durchbruch neuer Geschichtsschreibung. Man begreift, weshalb er die objektive Geschichtswissenschaft von einst von den deutschen Hochschulen vertreiben will. Die Suche nach Geschichtswirklichkeit und Geschichtswahrhaftigkeit, denen die großen deutschen Historiker Ranke und Mommsen, Lamprecht und Oncken dienten, um nur einige aus einer glänzenden Reihe zu nennen, sind senile Ueberbleibsel aus einer Zeit, wo man im Banne des verweichlichten Liberalismus noch nicht erkannte, daß es»für deutsche Menschen nur eine Geschichtsschreibung vom deutschen Wesen her und in deutscher Bewertung geben kann.« Das Wertmaß für dieses deutsche Wesen festzustellen, dafür ist Franks»Reichsinstitut« da, wo die Kreatur des Führers mit dem Marschallstab hantiert. Schon um zu wissen, was für Leute neben Frank»Bildner am Antlitz des Deutsch -
»Die innere Bindung, die jetzt zwischen schen Studentenbund. An der Seite Bai du r
den einzelnen Arbeitern und den Übrigen Gliedern der Gefolgschaft wie auch dem Betriebsführer besteht, bat Anlaß zu einen weiteren neuen Tatbestand gegeben, der die Verweigerung unentbehrlicher Arbeiten in 1 e- bens- und kriegswichtigen Betrieben mit Strafe bedroht. Anders wie beim Streik besteht hier ein Bedürfnis, jegliche
von Schirachs war er einer der braunen Sturmgesellen, die an den deutschen Universitäten wohlorganisierte Skandalosa verübten.»Damais schien der Elan der nationalsozialistischen Studentenbataillone im raschen Anlauf die deutschen Hochschulen zu gewinnen«— so sagt er selbst in einem Interview. Aber die Holzereien zur Nieder-
Nichtverrichtung von Arbei- zwingung der Gegner genügten nach seinem t e n, ohne die der Betrieb nicht aufrecht Geständnis doch nicht ganz, um dem schöp- erhalten werden kann, zu bestrafen, wenn ferischen Kulturwillen des Nationalsozialis-
dle Arbeitsverweigerung pflichtwidrig ist. Pflichtwidrig aber wird ein Arbeiter nicht nur dann handeln, wenn er vertraglich zu der Arbeit verpflichtet war, sondern auch dann, wenn die Arbeit unter Berücksichtigung aller Umstände von ihm erwartet werden kann. Ein auf tägliche Kündigung angestellter Arbeiter, der mit einer so wichtigen Arbeit betraut ist, darf also nicht durch ein unerwartetes Ausscheiden die Fortsetzung eines lebenswichtige« Betriebes gefährden. Er muß so lange auf seinem Arbeitsplatz ausharren, bis normalerweise für anssrcdchenden Ersatz gesorgt ist und so die Stillegung des Betriebes verhindert werden kann... Sowohl bei Streiks wie bei der Verweigerung unentbehrlicher Arbeiten wird dem Streiken oder der Nichtverrich- tung der Arbeit die sogenannte passive Resistenz gleichzustellen sein. Denn es macht für die Lage des Betriebes regelmäßig nur einen geringen Unterschied, ob die Arbeit überhaupt nicht getan wird oder böswillig so verrichtet wird, daß der ordnungsmäßige Gang des Betriebes gestört ist«. Bs ist wichtig, festzustefllon, wie der sicherlich ganz autorisierte Augur des neuen brau-
mus zum Endsiege zu verhelfen. Es mußte, so sagt er, die»Ueberiegenheit des Nationalsozialismus auch in der geistigen Begründung einer Wissenschaftsidee mit eingehalten werden.« 1928 veröffentlichte Frank eine Schrift über»Stöcker und die christlich- soziale Bewegung«, worin er»mit unbeding-
»Dle Wehrmacht steht mitten in der geistigen Auseinandersetzung der Nation. So wie der Soldat auch die geistigen Güter der Nation lands von morgen sind, nennen wir aus der mit seiner Waffe schützt, so wird der Reihe der neuen Gelehrtengeneration einige, Geistige dem kämpferischen Lebenswillen die nach Franks Zeugnis im besonderen seines Volkes, den der Soldat verkörpert,._ Maße von der Gnadensonne bestrahlt werden.
seine geistige Rechtfertigung mitschaffen helfen.« »Der Mann, der das neue Reich schuf, ein Süddeutscher österreichischer Herkunft, stellt in seiner Person und seinem Schicksal die lebendige Verbindung p r e u ß i s c h- s o 1 d a t i s c h e r Zucht und süddeutschen Künst- lertums dar.« »Wie die Welt während der Olympia auf DeutsclS and blickte, so wollen wir stolz und zuversichtlich aussprechen, daß Deutschland auch in einem Olympia der kulturellen Schöpfung und der wissenschaftlichen Leistung begriffen ist. Es wird nicht weniger wichtig für Deutsch land und die Welt sein als jenes Olympia der Körperkraft.«(Interview In der DAZ.) In dieser»Olympia « in vorderster Reihe,
Es sind neben Günther, Krieck und B ä u m 1 e r, den Ehrenmitgliedern des »Reichsinstituts«, noch Alfred Grunsky, der über»Seele und Staat« schrieb, Karl Richard Ganzer mit einem Buche über »Richard Wagner «, Wilhelm Grau mit Publikationen über»Antisemitismus im Mittelalter« und»Wilhelm von Humboldt und das Problem der Juden«. Diese Lehrer werdender deutscher Führertypen hat man im Auge zu behalten, als Zeugen wissenschaftlicher Entartung, für den Augenblick, wo das deutsche Geschichtsbild von seinen braunen Schmutzflecken wieder gesäubert wird. H.
nen Straf rechts neben den Begriff des lebenswichtigen Betriebes(als solche wurden bisher lediglich die großen Versorgungsbetriebe der öffentlichen Hand, vor allem die Wasserwerke, angesehen, deren Stillegung katastrophale Folgen für die Gesamtbovölkerung nach«ich ziehen muß) nun auch extra und ausdrücklich den Begriff des»kriegswichtigen« Betriebes einschmuggelt, und zwar nicht etwa für die Zeit eines wirklich ausgebrochenen Krieges, sondern zeltlos und absolut, also auch bereits für die Gegenwart des Dritten Reiches . Und welcher Betrieb wäre da nicht»kriegswichtig«? Die Interpretationsfähigkeit der neuen strafrechtlichen Begriffe ist überhaupt das Entscheidende! Was kann dem einzelnen Arbeiter nicht alles»unter Berücksichtigung aller Umstände« an Arbeit, in bezug auf Intensität und vor allem auch Entlohnung, zugemutet werden?! Und der Herr Ministerialrat Grau zuckt noch nicht einmal mit der
Wimper, wenn er seihst das Beispiel gerade von dem Arbeiter gebraucht, der, o b- schon er selbst auf tägliche Kündigung eingestellt ist, dennoch eine so wichtige Funktion ausübt, daß davon das Leben des Betriebes geradezu abhängig sein soll, Ihm geht nieüt in geringsten ein, welchen Beitrag er mit der Feststellung dieses grotesken Mißverhältnisses zu den im Dritten Reich geltenden sozialen Anschauungen liefert! Das neue braune Strafrecht macht mit der sozialen Freizügigkeit des einzelnen Arbeiters Schluß! Es ist, für die sogenannte»Friedenszeit« übernommen, die einfache Kopie des »Hilfsdienstgesetzes« in der Spätzeit de« Weltkriege«! Heute soll durch das neue»Hilfsddenstgesetz« ein System gestützt werden, dem es um die Vergewaltigung der»äußeren« Feinde genau so
zu tun ist, wie um die Domptur des»inneren Feindes« oder, anders ausgedrückt: um die Erhaltung des Spätkapitalismus in seiner bankrottesten und deshalb brutalsten Form!
Bei weldiem Go4i? Die deutschen Zeitungen melden: »Der Fahneneid, so erklärt der Reichskriegsminister, ist ein religiöser Eid, setzt aber nicht ein christliches Bekenntnis voraus. Die Worte»bei Gott « ermöglichten es, auch Anhängern nicht- christlicher Glaubensrichtungen, den Fahneneid bei dem höchsten Wesen ihres Bekenntnisses zu schwören.« Daß verhältnismäßig wenige Juden in die Verlegenheit kommen werden, den deutschen Fahneneid zu leisten, muß es sich hier wohl In der Hauptsache um die Neuheiden handeln. An welchen ihrer vielen Götter aber sollen die in der Eile denken?
Kunstkritik Der Text der aufgeführten Operette stammt von dem Dichter Baidur Raaselmami, der seine lückenlose Ahnenkette— sie hängt in Veraform Uber seinem Bette— bis Totila zurückverfolgen kann. Und die Musik— ihr kennt den Komponisten, er kämpfte schon in Hamburg seinerzeit und glänzt auf allen goldnen Ehrenlisten. ward er doch aus den Händen der Marxisten wie durch ein Gotteswunder heil befreit. Man hat die Mörder dafür hingerichtet— Und die Musik ist fast von Johann Strauß . Ein Werk, das so getonsetzt und gedichtet, ein solches Werk urdeutscher Art verpflichtet und heischt gebieterisch ein volles Haus. Die erste Sängerin ist hochbegnadet und bei Herrn Streicher wöchentlich zu Gast, der nur die besten Künstler zu sich ladet. Wer sich in ihrer Silberstimme badet, vergißt, daß sie den Einsatz gern verpaßt. Nur der Tenor läßt jeden Glanz vermissen. er ist noch nicht einmal in der Partei, er zittert schrecklich, und wie alle wissen, che sich bisher um diesen Künstler rissen, wird außerdem sein Rollenfach bald frei. Im allgemeinen läßt rieh aber sagen:; wem Kraft durch Freude einen Platz beschert, der wird sich wohl darüber nicht beklagen «ad wird das Hochgefühl nach Hause tragen: der Abend war des Abends vollauf wert. K.
Inspektor Braesl� an Hitler Herr Führer! In der Pomuchelshagener Volksversammlung von 1848 war es, wo ich mein unsterbliches Wort prägte:»Die Armut kommt von der Poverteh her.« Unsterbliches Wort, sage ich. Denn es hat fast ein Jahrhundert lang gegolten: nach einem später aufgekommenen Dichter namens Ibsen hält aber eine solide Wahrheit nur zehn Jahre und wenn es hoch kommt, zwanzig. An irdischen Maßstäben gewertet ist mein Wort also unsterblich, zumal gar, wenn man seine Lebensfähigkeit mit dem Bestand sogenannter»tausendjähriger« Reiche vergleicht, Nachdem mein Wort also durch lange Jahre unangefochten rieh behauptet hat, war es Ihnen endlich vorbehalten, nachdem Sie bereits die freiheitlichen Ideale meines Dichters, des scbwarz-rot-goldenen Burschenschafters Fritz Reuter grausam in Deutsch land unterdrückt haben, auch gegen mein bescheidenes Weisheitsprodukt Front zu machen. Nach Ihrer Erleuchtung kommt die Armut im heutigen Deutschland nicht von der »Poverteh« her, sondern von der»R i- s c h ä ß«, vom Reichtum! Das deut sche Volk, so verkünden Sie, haben nur deshalb nichts zu kauen, weil es ihm viel besser ginge als früher, wo es zu essen hatte. Das Fehlen von Rindfleisch, Butter, Eiern deuten Sie als Merkmale eines allgemeinen Wohlstandes und Aufschwungs. Weil die Arbeiter jetzt so viel verdienten, darum äßen sie auch viel, und folglich sei nichts zu essen mehr
da!... Da muß ich doch ein Wörtchen Plattdeutsch reden, obwohl das einer, der einst als Schlawiner an der Donau hauste, nicht verstehen dürfte, ich muß mit meinem Dichter Fritz Reuter ausrufen;»Jonge, dat Du die Näs...!< Wie im Fritzmg«»Lauschen un Rl- mels« können unter Ihnen die deutschen Arbeiter wieder sagen:»Rindfleisch und Pflaumen ist ein gutes Gericht Nur, meine Herren, wir kriegen es nicht!« Aber wenn das Rindfleisch fehlt und das Schöpsenfleisch dazu, dann kommt das allemal von der Poverteh her, und nicht wie Sie dem Volk einreden wollen, von der Rischäß. Höchstens könnte man in der Sprache meines Freundes Moses Löwenthal— ich verleugne den braven Moses trotz Ihrer Plakate»Meidet den Umgang mit Juden« ebensowenig, wie unser gemeinschaftlicher Schöpfer Fritz Reuter sich geschämt hat die Gestalt eines anständigen Juden neben die anständiger Christen zu stellen— dann könnte man also in Mosesens Sprache mit etwas anderer Betonung sagen: Die Armut in Deutschland kommt von»Rischaß« her. Das wäre zwar nicht die ganze, aber immerhin ein Zipfel der Wahrheit. Nun sagt man uns Meklenburgern freilich zum Spott nach, wir stammen aus dem Lande des Ochsenkopps. Aber halten Sie uns darum nicht für Ochsen. Als Gutrinspektor hab ich jeden Tag die Natur vor Augen und sehe, woher es wächst Nicht von Ihren Verordnungen und Reden, sondern von der Arbeit. Wenn der Arbeiter kräftig schafft, dann mag er ruhig nachher einen Happen mehr essen oder auch viele Happen. Natürlich futtert ein Arbeiter, der draußen werkt, mehr,
als einer, der in seinen vier Wänden döst. Aber wenn er nur vernünftig seine Arbeit einteilt— nicht wie der neue Gutsvolontär lauter Unsinn macht— dann wird er von seiner Arbeit noch allemal satt werden, ja reichlich übrig behalten. Wenn er aber trotz aller Arbeit hungrig bleibt, dann liegt das nicht am Ochsenkopp, sondern an dem andern Kopp, am P o m u- chelskopp. Sie erinnern sich: Das ist der Gutsbesitzer, der schlechten Lohn zahlt und mit Madame und Mademoiselle Pomuchels- kopp In die Stadt fährt, um in seinen Lokalen durchzubringen, was seine Gutsarbeiter mit saurem Schweiß erzeugt haben. Wenn so ein Pomuchelskopp über ihnen ritzt, dann können die armen Kerle freilich schuften, so viel sie wollen, sie bleiben mager. Dann kommt Ihre Armut freilich von der Rischäß her, aber nicht von Ihrer Rischäß, sondern von Pomu chelskopp seinem Reichtum! Und nun hören Sie genau zu, Herr Führer: Mir scheint, über Deutschland sitzt so ein großer, ein riesengroßer Pomuchelskopp, der verpraßt, was die Arbeiter verdienen! Eigentlich sogar zwei Porauchelsköppe: der eine hat eine feldgraue, der andere eine braune Uniform an. Und darunter rafft und brandschatzt und schmatzt und kaut ein ganzes Herr von kleinen Pomui- chelsköppen. Die erzeugen müßig einen Haufen Papier , Proklamationen, Redeschwall, Verordnungen und sie selber haben davon satt und übersatt zu essen, während das Volk darbt. Nun wollen diese vollgefressenen Pomuchelsköppe dem hungrigen Volke, das schafft und nichts zu essen hat, einreden,