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S0\lVrAG,6. Dez. 1936

6o|ialdm�fraHfcfo0 Verlag: Karlsbad , HausGraphia"« Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblati letzte Seite

Aus dem Inhalt: Die Politik der Sowjetunion Der Danziger Konflikt Braun-gelbes Kriegsbündnis Die neue Schlinge

Alles für den Krieg! Deue verräterische Gesetze der deutschen Diktatur

Der Sinn des neuen Hitlerschen Vier­jahresplanes enthüllt sich immer mehr. Das System hat die wirtschaftlichen Mög­lichkeiten Deutschlands für die Zwecke der Kriegsvorbereitung nahezu erschöpft. Ks fürchtet, daß die Staatskonjunktur nicht mehr lange behauptet werden kann. Deshalb mobilisiert es unter Zuhilfenahme drakonischster Kriegsgesetze die letzten Reserven der Volkswirtschaft, um sie eben­falls noch in den Abgrund zu werfen. Aber seine letzten Gesetze lassen be­reits erkennen, wie kritisch die Situa­tion der Kriegswirtschaft geworden ist. Das eben verabschiedete Gesetz gegen die Wirtschaftssabotage ist verräterisch. Es bedroht Kapitalflucht mit To­desstrafe, es setzt den sogenannten Volksgerichtshof als Ausnahmegericht ge­gen Kapitalflucht ein. Es schafft einen Rechtszustand, bei dem jede Rechtssicher­heit beim Kapitalverkehr mit dem Ausland erlischt. Die Diktatur, d. h. der vom »Führer« instruierte Volksgerichtshof , wird künftig bestimmen, was todeswürdige Kapitalflucht ist. Mit diesem Gesetz ist ein neues Instru­ment des Terrors geschaffen. Es enthüllt, daß die deutsche Kricgsvorbercitung unter dem Gesetz des Terrors steht, es enthüllt aber auch, daß kapitalkräftige Kreise in Deutschland so wenig an den Endsieg der deutschen Kriegspolitik glauben, daß sie versuchen, ihren Besitz in Sicherheit zu bringen. Wie stimmt dieses Gesetz zusammen mit der Behauptung des Systems, daß 99 Prozent des deutschen Volkes hinter der Politik des»Führers« stünden, wie mit den Behauptungen, daß Deutschland dank der Wirtschaftspolitik der Diktatur keine Kri­senerscheinungen kenne? Zu solchen dra­konischen Gesetzen greift ein System nur, wenn es seine Lage für kritisch hält, und wenn es die Lage nur noch mit äußersten Mitteln glaubt meistern zu können. Das aber ist gerade die Lage, in der sich das Hitlersystem befindet! Die Spitzen der Diktatur verraten ihre Sorge, wenn sie auf allen Gebieten zu neuer terro­ristischer Aktivität greifen. Es gibt kein Gebiet sei es wirtschaftlicher, sei es politischer, sei es kultureller Art auf dem nicht der Wille zum Terror in der letzten Zeit sich deutlich gezeigt hätte. Da ist die neue Terrorvorschrift auf dem Ge­biete der Kunstkritik, da ist die Zwangs- eing'iedcrnng der gesamten deutschen Ju­gend in die Hitlerjugend ein Beweis dafür, daß das System die Jugend keines­wegs freiwillig hat für sich gewinnen kön­nen. Da ist ein neuer Angriff von Darre auf die Universitäten, der auf dem Reichs- bauemtag in Goslar folgendes ausführte: »In den gegenwärtigen Schick­salsstunden unseres Volkes habe ich nicht das Recht, meiner Langmut die Zügel freizugeben. Daher erkläre ich hier für das mir vom Führer und Reichskanzler Verantwortlich übertragene Gebiet der Ernäh- rungswirtschaft und wende mich dabei in erster Linie an gewisse Namen auf wissenschaftlichen Lehrstühlen deutscher Hochschulen;»Drei Jahre lang war ich langmütig und habe die Verhält­nisse auf den Universitäten von mir aus nicht gestört. Ich habe geglaubt, daß drei Jahre sachlicher Erfolge auf dem Gebiet der Agrar­politik die einfachste Brücke für einen den­kenden Menschen sein würden, um einen Frie­den mit uns Nationalsozialisten zu finden. Aber aus Verantwortungsgefühl gegenüber Führer und Volk vermag ich nicht mehr schwelgend Dingen zuzusehen, die sich Gott sei Dank vereinzelt auf einigen Hoch­

schulen abspielen. Es glauben mir noch heute Menschen beweisen zu müssen, daß ich den Bauern zu ideal und zu romantisch sehe. Ich muß es mir verbitten, daß man mir nach drei Jahren nationalsozialistischer Erfolge vor­wirft, ich sei ein Romantiker des deutschen Bauerntums. Das ist keine Kritik mehr an meiner Person, sondern eine Kritik am Führer, der mich 1930 gerade wegen dieser meiner Einstellung zum Bauerntum rief.«,

Das sind verdächtige Töne! Wenn ein terroristisches System von Schicksalsstnn- den des Volkes spricht, so handelt es sich um die Schicksalsstunden der Diktator, so handelt es sich um den Willen der Diktatoren, das ganze Volk mit in das Schicksal hineinzureißen, das ihre verbrecherische Politik heraufbeschwört, Das ist eben der Sinn aller Handlun­gen des Hitlersystems von heute. Es ist

mit seiner wahnwitzigen Politik der Unter­stellung des gesamten Lebens des deut­ schen Volkes unter den Kriegszweck in eine ausweglose Situation geraten, die es nur noch mit den terroristischen Mitteln glaubt meistern zu können. Das neue Ex- zitationsstadium der Diktatur ist der Be­weis dafür, daß sie einer Katastrophe ent­gegentreibt, und daß die Diktatoren sich darüber im klaren sind.

Spanien top dem Völkerbund

Deuisdie Truppen in Spanien gelandet

Die spanische Regierung hat den Völ­kerbundsrat angerufen. Sie will nicht mehr zusehen, wie im sogenannten Nichtinter- ventionsausschuß in London die klarsten Tatsachen mit den faustdicksten diplomati­schen Lügen zugedeckt werden. Sie bringt die Frage der bewaffneten Intervention von Deutschland und Italien und die Be­drohung des europäischen Friedens durch diese Intervention vor das Forum, vor das sie gehört, vor den Völkerbund. Die spanische Regierung hat für sich das unbestreitbare Recht und die Logik des Völkerbundsrechtes. Diese Anrufung des Völkerbundes ist die richtige Antwort auf die Anerkennung Francos durch Deutschland und Italien . Es ist gut, daß

die demokratischen Westmächte gezwun­gen werden, ihre Haltung zur spanischen Frage aus dem Dunkel geheimer diploma­tischer Verhandlungen in das helle Licht des Völkerbundes zu bringen denn die Lage wird immer kritischer und spitzt sich rasch zu. Während die Lage Francos vor Madrid immer kritischer beurteilt wird, wird die Hilfe der deutschen und italienischen Dik­taturen für ihn immer unverschämter und offener. Als Ersatz für seine Verluste und offenbar für einen neuen Angriff auf Ma­ drid ist in Cadiz eine deutsche Truppe von 50 0 0 Mann gelan­det worden. Es genügt den faschistischen Mächten nicht mehr, daß sie Franco mit

Stimme aus Deutsdiland »Wie es mit den Löhnen steht, merkt jeder« »IJnerfreulidie Zustände«

Das darf in Deutschland gedruckt werden und im»Ruhrarbeiter« kann man es lesen: »Wie es mit den Preisen steht, merkt ja jeder, wenn er auf den Markt geht, und wie es mit den Löhnen steht, merkt jeder, wenn er seinen Lohn In Emp­fang nimmt. Die hier noch herrschenden und gewiß unerfreulichen Zustände in der Zeitung immer wieder breitzuwalzen, wür­de nichts an der Tatsache ändern, daß wir eben sehen müssen, so schnell wie möglich aus diesem Dilemma herauszukommen.« Dieses bemerkenswerte Geständnis findet sich eingeschaltet in einen langen Artikel, der zu beweisen versucht, daß die Presse im Dritten Reich nicht lügt. Seit der Machter­greifung, so klagt der»Ruhrarbeiter«, gehe das Wort um,»was in der Zeltung steht, Ist gelogen.« Juden und Emigranten hätten es aufgebracht. Der»Ruhrarbeiter« will also zeigen, daß er nicht lügt Darum quetscht er sich das Geständnis ab, daß es mit Löhnen und Prei­sen Im Dritten Reich »unerfreulich« steht, so unerfreulich, daß ein jeder es merkt. So­fort aber auch gibt er seinen Lesern zu ver­stehen, daß eine solche Offenherzigkeit ein Luxus ist, den man sich nicht alle Tage ge­statten kann;»breitgewalzt« werden darf dieses Thema nicht. Wie sollte es auch In einem Lande, in dem sogar die Kunst­kritik verboten Ist, erlaubt sein, an den Kunststücken Kritik zu üben, die die Hitler und Görlng, die Schacht und Ley auf dem Gebiet der Preis- und Lohnpolitik verbrochen haben! Das Geständnis des»Ruhrarbeiters« bleibt unter diesen Umständen eine Ausnahme, die die Regel bestätigt. Nie ist das Wort»ge­logen wie gedruckt!« in Deutschland mehr als jetzt im Schwange gewesen, nie war es mehr berechtigt. Die braune Presse lügt mit allem, was sie sagt; sie lügt noch niederträchtiger mit allem, was sie verschwelgt. Das gilt auf allen Gebieten, ganz besonders aber auch in der Lohnfrage.

Der deutsche Arbeiter, dem täglich vor­gelogen wird, sein Reallohn habe sich nicht verringert, darf nicht erfahren, daß seine Klassengenossen in freieren Ländern mit Er­folg daran gehen, die verbesserte Wirtschafts­lage zur Verbesserang auch ihres Daseins auszunutzen. Man wird in der Presse Hitler­deutschlands z. B. kein Wort darüber finden, daß kürzlich die englischen Textilgewerkschaften auf dem Verhandlungswege eine Lohnerhö­hung von durchschnittlich 7% Prozent, für die schlechterbezahlten Weber eine solche von 10 bis 15 Prozent erreicht haben. In ähnlicher Weise wurden auch die Löhne der Konfektionsarbeiter erhöht. Der Monat November ollein hat In England mehr als einer Million Arbeiter wesentliche Lohnerhö­hungen gebracht, die von den Gewerkschaf­ten Im Wege friedlicher Verhandlungen durchgesetzt wurden. Das sind Dinge, von denen die deutschen Arbeiter nichts erfahren dürfen. H'-tier nat alle Lohnerhöhungen verboten, folglich ver­bietet Göbbels , Uber Lohnerböbungon zu be­richten, die In freien Ländern mit den Mit­teln des dort geltenden Koalitionsrechts er­rungen werden. Und da sagt der»Ruhrarbeltorc, daß die braune Presse nicht lügt! Es gibt nichts an diesem System, das nicht auf Lüge aRfgebaut ist. Zu dem Verlogensten aber, das in diesem System der Verlogenheit existiert, ge­hört die Behandlung der Arbeiter, die man mit Lügen füttert, indes man sie um ihren gerechten Lohn prellt. Was helfen die Lügen?»Wie es mit den Löhnen steht, merkt jeder, wenn er semen Lohn In Empfang nimmt!« gesteht selbst der »Ruhrarbeiter«. Man braucht nur hinzuzu­setzen: Und wie es mit der WahrheUsIiobe im Dritten Reich bestellt Ist, merkt jeder, der eine Zeitung in Empfang nimmt.

dem modernsten Kriegsmaterial ausgerü­stet haben, sie üefem ihm jetzt auch noch ganz offen die Mannschaften dazu!

SA. nadi Spanien Wie wir aus Dentschland erfahren, wer­den von der SA Freiwilligenformationen für Spanien aufgestellt und geschlossen nach Spanien transportiert. Die R i c k m e r s- nnd die S I o m a n- 1 i n i e transportieren auf ihren Schiffen Waffen(Gewehre, Lafetten, Geschütz­rohre, Granaten, Flugzeugteile) nach Spa­ nien . Die Schiffe werden in Hamburg be­laden. Die Ladnng erfolgt nur in der Nacht. Als Reiseziel wird»Mittelmeer « angegeben.

Franco Hitler

In Spanien

Frauen nnd Kinder in der faschistischen Hölle. Von einer vorübergehend aus Spanien im Ausland weilenden, übrigens nichtsozialisti­schen, christlichen Persönlichkeit hören wir: Die Auffassung, daß sich in Spanien Volksfront und Katholiken gegenüberstän­den, ist vollkommen irrig. Man darf behaup­ten, daß auch die Mehrheit der kirchentreuen Katholiken gegen die Generale und ihre Ma­rokkaner sind. Alle Katholiken wissen, welche Scheußlichkeiten die Afrikaner in den erober­ten Gebieten verüben. Man gibt ihnen die Frauen und oft die unerwachsenen Töchter von angeblichen Regierungsanhängem preis. Da aber nicht immer leicht zu unterscheiden ist, ob eine Familie für oder gegen die Volks­front ist, sind auch viele Frauen und Mäd­chen aus oppositionellen Familien geschän­det worden. Zahlreiche Offiziere haben die Frauen rationiert, da infolge der Flucht vie­ler Familien in den eroberten Gebieten Frauenmangel herrscht. In manchen Städten und Dörfern wurde eine Frau zwanzig Ma­rokkanern zugeteilt. Die sexuellen Verspre­chungen spielen bei den Marokkanern eine große Rolle. Ihre Offiziere malen ihnen die Eroberung Madrids mit vielen zehntausenden Frauen In den lockendsten Farben aus. Inzwischen setzt sich die Kinderwanderung aus dem Innern Spaniens an die Küste von Katalonien fort. Die Kinder sind von Madrid nach Valencia viele Stunden unterwegs, weil die Züge wegen der Fliegergefahr oft halten. Manchmal müssen die Kinder die Züge ver- lassen, auch während der Nacht, um sich in den Feldern zu verbergen. Die Folge ist, daß viele Kinder mit zerrütteten Nerven in Va­ lencia ankommen. In den Nächten wachen sie schreiend aus ihren'Träumen auf. Viele ha­ben bei der Eroberung ihrer Heimat durch die Marokkaner scheußliche Szenen mit ansehen müssen, von denen sie erzählen, so die Ver­gewaltigung ihrer Mutter oder Schwestern durch Truppen Francos, die nach den Berichs