Nr. 187 BEILAGE
Neuer Vorwärts
blom 10. Januar
1937
Das Dritte Reich der Scharfmacher
Aus der Geheimgeschichte der faschistischen Verschwörung
ich
In der>> Preußischen Zeitung vom 3. seiner Bewegung zur Verfü-| durfte. Ich war wohl zuerst im Zweifel, unterhalten und mich dann, als ich meine Januar 1937 wird ein Interview mit Emil über den neuen Kurs Kirdorf veröffentlicht, in dem dieser gung gestellt. Kurz nach der Mün- ob die Bewegung allein das große Ziel er- Bedenken chener Unterredung fanden dann als Aus- reichen würde. Aber bald mußte ich er- äußerte, mit den tröstlichen Worten entseine Begegnungen schildert. Dies Interview enthüllt einen wirkung der vom Führer verfaßten und kennen, daß der Führer mit seinem lassen:» Der alte Kaiser hat lernen müsTeil der Vorgeschichte des Bündnisses zwi- von mir verbreiteten Broschüre meh- Totalitätsanspruch den richtigen sen, der junge muß auch noch lernen.<< schen den Scharfmachern und der NSDAP , rere Zusammenkünfte des Füh- Weg einschlug, wie ja überhaupt die ganze Die Entwicklung des Reiches nach der das bis zum Jahre 1923 zurückgeht. Auch die Finanzierung Hitlers durch die Scharf- rers mit leitenden Persönlich- Entwicklung dem Führer Recht gegeben Entlassung Bismarcks hat mir aber viel Sorge bereitet, und ich habe mit almacher wird dadurch klar. Emil Kirdorf keiten des Industriereviers hat. ist der Senior der deutschen Scharfmacher, statt, in denen dann Adolf Hitler in knap- Für mich war es eine Selbstverständ- ler Macht gegen den verhäng. der Feind aller sozialpolitischen Bestrebunneuen Kurs angegen in Deutschland , der jetzt, als Neunzig- pen und klaren Worten seine Ansichten lichkeit, für die Ziele Adolf Hitlers ein- nisvollen jähriger, durch Hitler seinen haẞerfüllten darlegte. Zum letzten Male vor der Macht- zutreten, nachdem ich durch sein klares kämpft. Im Laufe der Zeit habe Vernichtungswillen gegen die deutsche Ar- übernahme trafen sich dann noch ein- Programm voll und ganz überzeugt war. dann viel Elend, viele Kümmernisse beiterbewegung erfüllt sieht. Dies Inter - mal in meinem Hause die Führer Ich bin während meines ganzen sehen und eine ziellose Politik erlebt, so view dieses Mannes sagt mehr über das der Wirtschaft mit Adolf Hit- Lebens für eine nationale Politik eingetre- daß ich nicht mehr an eine innere EiniWesen des Dritten Reiches als alle Reden ler, Rudolf Heß , Hermann Gö- ten und habe mich mit aller Energie gegen gung Deutschlands glauben wollte. Hitlers zusammengenommen. ring und anderen führenden Männern eine falsche Politik zur Wehr gesetzt. Als hat uns der Führer, der als einfacher In einer Unterredung, die kürzlich in der Partei, und es war für mich eine Ge- Bewunderer Bismarcks habe ich Krieger im Felde stand, ein ganz neues seinem Hause>> Streithof« stattfand, be- nugtuung, daß ich als Verbindungsmann den Alt- Reichskanzler zum letzten Male im Vaterland geschaffen.<< richtet der jetzt im 90. Lebensjahre zwischen dem Führer und den Männern Jahre 1890 in Friedrichsruh besucht. Bisstehende Wirtschaftsführer über Be- der Wirtschaft die Voraussetzung für eine marck hat sich damals mit mir über die gegnungen mit dem Führer selbst. gedeihliche schaffen besondere Lage im Ruhrgebiet
Zusammenarbeit
Wegbereiter Hitlers
Deutschland einen direkten Güteraustausch
Das Vaterland der Scharfmacher!
Eine aktuelle Erinnerung an den 7. Januar 1933
lichkeit traten.
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Nun
vierzehn Jahre nach
seinem Hause zusammen.
>> Es war zur Zeit der Ruhrbesetzung durch die Franzosen<<, so berichtet Geheimrat Kirdorf ,» in jenen Tagen des furchtbaren Jahres 1923, wo die Not des deutschen Volkes unüberwindlich schien, als ich zum ersten Male in Mün chen nach der Flucht aus dem Ruhr gebiet mit der nationalsozialistischen Bewegen in Fühlung kam. Ich nahm dort In London hat sich soeben eine Compen-| eine militärische Macht notwendig sei und| ternimmt es, eine Aussprache zwischen den an einer Versammlung der Partei in den sation Brokers, Limited, d. i. eine Kompensa- daß diese nur im Einverständnis mit der beiden Gegnern Hitler und v. Papen über die großen Sälen des Bräuhauses teil, in der tions- Makler- G. m. b. H., gebildet, die sich Entente aufgestellt werden könne.<< Bildung einer Regierung der» nationalen Hoffnung, den Führer sprechen zu hören zum Ziele gesetzt hat, für das devisenarme Solcher Kurs landesverräterischen Sepa- Konzentration<< herbeizuführen. Wieder genau und sehen zu können. Leider erfüllte sich mit den Ländern des britischen Weltreiches ratismus gegen sein deutsches Vaterland be- an einem 7. Januar diese Hoffnung nicht, da ein anderer Red- zu organisieren. Diese Gesellschaft, von der reiteie dem Herrn v. Stein wenig Skrupel. jener anderen ruft er eine» vertrauliche ner für den Führer eintrat. Aber auch der der englische Journalist Glasgow soeben in Redner daß man in Das hatte seinen realen Grund: er war zum Besprechung<< in des Abends, der> Prager Presse< schreibt, Parteigenosse London ihr Wirken» voll Angst« beobachte, Leiter der kommenden rheinischen Staats- Geheimnisvoll, wie bei der Tagung eines VerEsser, machte mit seinen Ausführungen weil man dadurch eine Verstärkung der deut- bank ausersehen. Am 10. März 1919 präsi- brechergangs treffen sich die Verschwörer. einen so starken Eindruck auf mich, daß schen Kriegsbereitschaft befürchte, steht un- dierte er die historische» Kasinoversamm- Der heutige Reichspressechef Dr. Dietrich beseit dieser Zeit mein Interesse für die Be- ter maßgebender Leitung des Londoner Bankhauses wegung ständig wuchs. Nach dem J. Henry Schröder lung zu Köln , in der die Verkünder einer richtet darüber in seinem Buch» Mit Hitler & Co. Die Beziehungen dieses Hauses zu rheinischen Republik von Gnaden der frem- an die Macht<<: Versuch der Machtergreifung Deutschland liegen noch völlig im Dunklen. den Generale zum ersten Mal an die Oeffentder Partei in München , den ich als Eine recht interessante Verbindung deckt der einen Anstoß zur Gesundung der folgende Aufsatz auf. unerträglichen Verhältnisse Das Kölner Bankhaus I. H. Stein gehört betrachtete, und nach Wieder- nicht zu den vielgenannten und machtumwitaufrichtung der Partei hörte ich dann terten. In der Metropole am Rhein führt és zum ersten Male in den Essener Aus- ein ziemlich exklusives Dasein. Nur in den ist die Gefahr eines Umsturzes endgültig gestellungshallen den Führer. Seine klaren Kreisen der großen Industrie horcht man auf, Ausführungen überzeugten mich vollkom- wenn sein Name genannt wird, denn der men und überwältigten mich so, daß ich Schatten der City liegt über dem Hause: es am Schlusse der Rede auf den Führer zu- steht in engen verwandtschaftlichen Beziehun- gebrochen, England wünsche keine Verewiging und ihm die Hand gab, obwohl französischen Machtposition er gen zu Henry Schröder& Co., der altehrwür- gung der mich noch nicht kannte. Ich fühlte mich digen Bank Londons . Das ist ein Finanzhaus Rhein . Auch die Internationale Bank in Lunun innerlich mit ihm verbunden und war der allergrößten Geschäfte, das z. B. einst xemburg gibt die Sache des Separatismus mir bewußt, daß nur dieser Mann allein den Kunstseidenkönig Löwenstein finanzierte verloren. Da wird es höchste Zeit, den Kurs es schaffen würde, das deutsche Volk aus und dann fallen ließ. Was wörtlich zu nehmen zu wechseln. Herr v. Stein trennt sich eiligst dem Sumpfe zu führen. von Dorten, ist: nach dem Frühstück mit einem der Chefs der jetzt in der Presse aufs als» Franzosender Schröderbank stürzte sich der ruinierte schärfste angegriffen und Großspekulant vom Flugzeug in den Aermel- knecht,» Verräter<< brecher abgeschüttelt wird. Diese Londoner Verbindung machte Die Liquidation das Kölner Haus in der Nachkriegszeit zu des Unternehmens volleinem wichtigen Vermittler englischer und zieht sich für die daran Beteiligten recht veramerikanischer Anleihemillionen und ver- schiedenartig: Dorten muß nach Nizza flüchschaffte ihm bedeutende Positionen in der ten; die armen Teufel der Separatistenarmee werden ohne Pardon abgeschlachtet. Aber Führung der größten deutschen Konzerne.
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beginnt Herr v. Erst Ende April 1919 Stein sich vorsichtig zurückzuziehen. In Berso erzählen geheime Informationen
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bannt. Aus London kommen von Henry Schröder Warnungen: zwischen Lloyd George und Clemenceau seien ernste Differenzen aus
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und» bestochener Ver
Die politische Oeffentlichkeit hat den dem angesehenen Konsul und Bankier Doktor Namen I. H. Stein indes kaum beachtet. Und rer. pol. honoris causa v. Stein nimmt niedoch entschied sich in den diskreten Räumen mand übel, daß er ein Hauptinitiator des dieses Hauses zweimal deutsche Geschichte ganzen Separatistenspuks war. Der Klöckner1919 und 1932. konzern, die Charlottenhütte, Mittelstahl, die Vereinigten Stahlwerke und andere große Unternehmungen berufen ihn in ihren Aufsichtsrat.
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Linke- Hofmann,
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>> Am frühen Morgen steigen wir alle in Bonn aus. Dort steht Schreck mit des Führers Wagen am Bahnhof, um uns im ersten Morgengrauen nach Godesberg zu fahren. Kurze Frühstückspause. Ein geschlossener Wagen fährt vor. Der Führer steigt stein. Fährt ab. Das Ziel dieser Fahrt ist uns unbekannt.
Uns aber hatte zuvor der Führer die Weisung gegeben, in seinem Wagen ohne ihn die Fahrt fortzusetzen in Richtung Köln . Drei Kilometer hinter Köln , auf der Straße nach Düsseldorf , sollten wir anhalten und warten.
Wir erreichen gegen Mittag den vereinbarten Treffpunkt. Das Wetter war kalt und feucht. Wir warten. Auf der nassen Landstraße gehen wir auf und ab. Gespräche mit Vermutungen aller Art, wo wohl der Führer sein könne, verkürzen uns die Zeit. Niemand weiß einen Anhaltspunkt, niemand hat eine Ahnung von der Bedeutung dieser Trennung.
Nach zwei Stunden fährt der geschlossene Wagen von Bonn bei uns auf. Hält an. Der Führer steigt aus, steigt um zu uns in seinen Wagen. Der geschlossene Wagen macht kehrt, verschwindet in Richtung Köln .
Bei der Weiterfahrt macht der Führer Andeutungen, denen wir entnahmen, daß er eine Unterredung mit einer politischen Persönlichkeit hatte. Auch spürte ich irgendwie, daß er mit dem Erfolg seines geheimnisvollen Abstechers außerordentlich zufrieden war. Wir alle hatten im Wagen das Gefühl, einer großen Entscheidung entgegenzufahren.<<
Drei Wochen später ist Hitler Reichskanzler und v. Papen , die» politische Persönlichkeit«, mit der er sich in Köln aussprach und
Im Jahre 1927 bin ich ersten Male mit dem Führer zusammengekommen. Ich betrachte es noch heute als eine Fügung des Schicksals, als mir Frau Hugo Bruckmann , die Gemahlin des jetzigen Direktors des Deutschen Museums in München , in einem Briefe mitteilte, sie habe als begeisterte Anhängerin des Führers es sich zur Lebensaufgabe gestellt, diesen mit den leitenden Männern der Schwerindustrie in Verbindung zu bringen, um auch in diesen Kreisen den Boden für den Nationalsozialismus zu bereiten. Frau Bruckmann war durch den Januar 1919.. Das Rheinland ist von Prinzen Karl von Loewenstein französischen, englischen und belgischen unterrichtet worden, daß ich der ein- Truppen besetzt. Jenseits des Rheins regieren zige Mann sei, der auf Grund seiner die Arbeiter- und Soldatenräte; in Berlin Januar 1933... Wieder beobachtet die einigte, ist sein Vizekanzler. Diesmal war das ganzen politischen Einstellung für eine kämpfen die Volksbeauftragten gegen Sparta - westdeutsche Industrie mit Miẞbilligung die Komplott im Bankhaus I. H. Stein erfolgFühlungsnahme mit dem Führer in Be- kus. Die westdeutschen Großindustriellen, die Entwicklung in Berür Lort hat das Kabinett reich. wo katholischen Feudalherren und auch die Ge- v. Schleicher die Regierung Franz v. Papens ich mich zur Erholung aufhielt, nach nerale der Entente erschaudern bei dem Ge- abgelöst. Die nationalsozialistische Bewegung In den USA pflegen die Trusts bei WahlMünchen und traf dort im danken ar ein bolschewistisches Deutschland . windet sich in einer tödlichen Krise: der kämpfen beide Parteien zu honorieren, die Hause Bruckmann zum ersten Darin sind sie sich einig: das Rheinland darf Wahlverlust vom Herbst des Vorjahres und Demokraten und die Republikaner . Das BankMale in persönlicher Unter- nicht in seinen Strudel gerissen werden. Gregor Strassers Palastrevolution drohen die haus I. H. Stein hält den gleichen Rekord haltung den Führer. In viereinhalb Der Seniorchef des Bankhauses I. H. Stein, braune Lawine auseinander zu reißen. politischer Vielseitigkeit: im Januar 1919 orStunden entwickelte mir Adolf Hitler im der Konsul Johann Heinrich v. Stein, ist ein Die Herren Thyssen, Kirdorf, Pönsgen und ganisierte es die Rheinlandrepublik unter dem einzelnen sein Programm. Die unerbitt- Mann praktischer Schritte. Er beruft nach v. Löwenstein sind mit solch ruhmlosem Zu- Schutze fremder Bajonette, im Januar 1933 liche Folgerichtigkeit und klare Zusam- Köln eine» vertrauliche Besprechung über die sammenbruch, der durch riesige Finanzmitte das Dritte Reich . menfassung seiner Gedankengänge be- Zukunft der Rheinlande« zusammen. Am hochgepeitschten Bewegung nicht einverstan- Die kollegiale Harmonie zwischen dem Segeisterten mich derart, daß ich mich völ- 7. Jaruar 1919 treffen sich in seinem Hause den. Was denkt sich dieser General v. Schlei - niorchef v. Stein und dem Juniorchef v. lig einverstanden erklärte mit dem, was die Vertreter westdeutscher Wirtschaftskreise cher eigentlich? Glaubt er, die deutsche Groß- Schröder ist durch solche politische Rollener mir vorgetragen hatte. Ich bat den und rheinische Kirchenmänner, um die Los- industrie werde eine Restaurierung der sozia- verteilung nicht im mindesten getrübt worFührer, den mir gehaltenen Vortrag in ösung der Rheinlande vom Reich listischen» Tarifdiktatur zulassen? In dieses den. Und wie der Aufstieg beider Herren zu einer Broschüre zusammenzufassen. zu beraten. Man geht völlig konform mit dem Unbehagen platzt plötzlich die Meldung, daß hohen Wirtschaftsämtern des Dritten ReiDiese Broschüre habe ich dann Doktor Adam Dorten , dem Staatsanwalt aus Schleicher mit Leipart, den Führer der sozia- ches zeigt, hat auch Hitler daran keinen Anin meinem Namen in Kreisen Wiesbaden , der eine selbständige Rheinland - listischen Gewerkschaften, Verhandlungen stoß genommen. der Industrie und der Wirtrepublik propagiert. Im Protokoll der Aus- aufgenommen habe. Da wird es Zeit, dem Das Regime, das auszog, die» Bank- und schaft verbreitet. sprache heißt es: >> sozialen General< eine Gegenmine zu legen. Börsenfürsten« zu entthronen, weiß sich ihrer, In der Erkenntnis, daß nur die Politik>> Es herrschte Einstimmigkeit darüber, daß Der Juniorchef des Bankhauses I. H. Stein, zumal wenn sie»> international versippt<< sind, Adolf Hitlers zum Ziele führen werde, die rheinisch- westfälische Republik kommen der Baron Kurt v. Schröder( Ver- recht gut zu bedienen. habe ich mich in der Folgezeit ganzj müßte; daß aber, um sie ins Leben zu rufen, wandter Henry Schröders aus London !), un
Bernhard Menne.