Nr. 205 BEILAGE

Neuer Vorwärts

16. Mai 1937

Zwischen

Landsberg und Dachau Verfolgungs- und

Baby

Aus schwerer Zeit

Immer wenn die Freiheit geschändet wird, treffen sich die Besten im Gefängnis." Ein­tragung Adolf Hitlers vom 15. Juni 1924 in Landsberg .

Ein Bild aus der Landsberger Festungszeit des Führers und seiner Mit­tämpfer. Von links: Der Führer, Maurice, Kriebel, Heß, Dr. Weber.

( Berl. Illustr. 3tg.)

Heute: Konzentrationslager Dachau

Rassenwahnsinn

Ein amerikanisches Interview mit Luden­ dorff .

In der angesehenen und über die ganze Welt verbreiteten englischen illustrierten Zeitung» The Sphere« veröffentlicht in der letzten 1.- Mai- Nummer der ameri­ kanische Journalist Ferdinand Tuohi einen Artikel über Erich Luden­ dorff , dem eine Photographie des Sujets in der Uniform des einstmaligen>> General­quartiermeisters<< Pickelhaube und me­tallisch besäte Brust beigegeben ist. Der Beitrag ist geschrieben bei Gelegen­heit der Aussöhnung Hitlers mit seinem eigenen Parteigründer. Der amerikanische Verfasser sucht nicht nur zu erweisen, daß die Ehren- Reinstallation des Generals, zu der sich das Dritte Reich jetzt hat be­quemen müssen, ein grundsätzliches eige­nes Bekenntnis des nationalsozialistischen Staates zu Ludendorffs Heidentum be­inhalte, so daß nunmehr der Prozeß>> Wo­tan kontra Sankt Peter«( so wörtlich!) seinem Höhepunkt entgegentorkele, son­dern daß wohl auch ganz konkrete kriegs­mäßige Ueberlegungen des heutigen Deutschland , die Ludendorff eine entschei­dende Rolle bei Ausbruch des kommenden zweiten Weltkrieges wieder anweisen möchten, bei der Entrevue Ludendorff­Hitler das antreibende Moment dargestellt hätten. Dabei verweist der Amerikaner auf Ludendorffs noch große körperliche Rü­stigkeit und auch darauf, daß Foch auf dem Höhepunkt seiner militärischen Rolle im Weltkrieg ebenso alt, Hindenburg noch älter als der heutige Ludendorff gewesen wären.

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Tuohi hat eine Unterredung mit dem General einige Jahre nach dem Weltkrieg in Deutschland gehabt. Er schildert dies Interview jetzt wieder nicht zuletzt, um seine angelsächsische Welt wissen zu lassen, was sie moralisch und in­tellektuell von der neuen Lu­Hitler­

dendorff- Drohung

Preußens zu erwarten hat. Die Psychoanalyse, die das dabei entworfene Porträt des Generals begleitet und ihm erst Farbe gibt, ist einfach vernichtend für den» Delinquenten«. Zu bemerken wäre noch, daß Tuohi den Krieg als Frontoffi­zier auf englischer Seite mitgemacht hat und nur so einzelne Stellen in seiner Dar­stellung verständlich werden. Hier die möglichst wortgetreue Uebersetzung:

Wie nahm Ludendorff diesen Weg zum Antisemitismus? Es ist durchaus möglich, daß der Schreiber dieser Zeilen einiges Licht an das Faktum heranbringen kann. Die am meisten geglaubte Version ist, daß der Ge­ neral Zeuge der Kurt- Eisner - Revolution in München war und daß er dadurch einen geradezu wahrsinnigen Haß gegen die Juden in sich aufspeicherte. Aber meine Meinung ist, daß sein Antisemitismus weiter zurück­verfolgt werden kann nämlich bis zu den Doughboys( populäre Bezeichnung für die amerikanischen Soldaten im Weltkrieg. Die Red.), die durch ihr Eingreifen seine Pläne zerschlugen und seine Karriere zerschmet­terten. So oder so Ludendorff ist nicht imstande, die Vereinigten Staaten von der Judenschaft zu unterscheiden. Er sah bei­des als ein und dasselbe an mindestens

tat er es an jenem bemerkenswerten Mor­gen vom 8. April 1922 drüben in seinem Heim bei Wilhelmshöhe , als er mich anbellte für mindestens eine volle Stunde.

Der General war in großer Gefahr zu dieser Zeit(???) und nur nach vielen An­strengungen konnte ich mich mit ihm, in Verbindung setzen durch die gütigen Dienste, die mir der damalige politische Herausgeber der>> Münchener Neuesten Nachrichten« lei­stete. Ich hatte gehört, daß Ludendorff ge­wohnt war, den Revolver stets schußbereit zu halten und daß er einen Ofen ständig brennend unterhalte, um im Falle der Ge­fahr persönliche Papiere verbrennen zu kön­nen. Aber ich war nicht vorbereitet, bei ihm ein Paar knurrender Wolfshunde anzutreffen, die einen schon gänzlich unter Druck nahmen. Nicht nur, daß ich mich bis zur Vorhalle durch sie förmlich hindurchwinden mußte alles zur Ehre der damals noch» Alliierten und Assoziierten Mächte<!- sondern die Viecher blieben auch wie ausgestopft rund um mich herum im Salon, bis ein Mädchen ankündigte:» Exzellenz von Ludendorff !<< Da stand der General steil aufgereckt im