Rohstoff not aus Raumnot? Am 1. Hai sprach Hitler : »Unser Volk lebt In einem viel zu engen und begrenzten Raum. Aus dieser Lage haben wir die Konsequenzen gezogen. Wir Deutschen haben wenig Rohstoffe. Es ist daher unsere Aufgabe, uns diese Rollstoffe zu sichern. Diesem Zwecke dient der Vier- jahresplan.« Tatsache ist aber, daß der Rohstoffmangel Deutschlands keineswegs die Folge von Raummangel ist. Denn es brauchte nicht von schwindenden Vorräten zu zehren, wenn es nicht die staatliche Lenkung des Außen­handels dazu benutzt haben würde, Vorräte von Kriegsrohstoffen aufzuhäufen. Wenn auch diese nun zu fehlen beginnen, so liegt das daran, daß die Welt heute mehr als je Deutschland als Abnehmer entbehren kann. Die Rohstoffproduktion vermag mit dem Aufstieg der Weltkonjunktur kaum Schritt zu halten. Deshalb brauchen die Rohstoff­lieferanten heute nicht mehr die Ueberlegung anzustellen, ob es für sie rentabler ist, dem Dr. Schacht Rohstoffe zu schenken als sie auf Lager entwerten oder gar verderben zu lassen. Die folgenden Ziffern, die amtlichen Ver- offentlichrangen entnommen sind, zeigen deutlich, daß diie notwendige Ein­fuhr der A u f r üs t u n gs e i nf u h r ge­opfert wird und daß die Vorräte unent­behrlicher Rohstoffe und Nahrungsmittel immer knapper werden. Es ist auffallend, daß im gleichen Jahre 1935 zugleich die Einfuhr kriegswichtiger Rohstoffe rapid steigt und die Einfuhr lebenswichtiger Rohstoffe fast ebenso rapid sinkt. Es ist also nicht das Fehlen der Auslandszufuhr an sich, sondern Elsenerz statt Welzen ihre Zusammensetzung, die den Mangel ver­ursacht. Es ist nicht das böswillige Ausland, sondern das Hitlerregime selbst, das Deutschland als belagerte Festung behandelt. Aufrüstungsrohstoffe: in 1000 t Nahrungsmitelrohstoffe: Einfuhr Oelkuchen 527,6 122,4 297.8 62,8 Einfuhr 1933'34 1934/35 1935/36 1936'37 Weizen 777,7 318,6 96,9 Vorräte Weizen Hill, t 3.2 3,0 2,8 1,5 Feb. 37 inkl. Mehl auf Weizen umgerechnet. Einfuhr Roggen 100.3 244,5 31,3 Vorräte Roggen Hill , t 3,8 3,7 3,6 2,6 Feb. 37 inkl. Mehl auf Roggen umgerechnet. Einfuhr Gerste 346,9 476,2 69,5 Vorräte Gerste Mill . t 1,27 1,11 1,12 0,83 Fe. 37 Trotz Vierjahresplan bleibt also die deut­sche»Rohstoffreiheit« eine Utopie. Besonders das Schwinden der Getreidevorräte beweist den Bankrott von Darrös Autarkiepolitik. Unter solchen Umständen ist es nicht verwunderlich, daß Schacht sich anstrengt, in die Verhandlungen zur Wiederherstellung des internationalen Handels eingeschaltet zu werden. Er hofft offenbar, als Dank für seine Bereitschaft, den Vierjahresplan des Führers preiszugeben, ausländische Rohstoff­kredite einzuheimsen. Inzwischen dürften aber des Führers Mairede mit dem erneuer­ten Bekenntnis zur Autarkie und mehr noch die Bomben auf BUbao einen Strich durch diese Rechnung gemacht haben. G. A. F. Politische oder fochllche BeruFserziehuns Führungsansprudi der Arbeidsfront? Die gesetzliche Regelung der Berufsaus­bildung in Deutschland bedurfte längst einer einheitlichen und sozialen Reform. Unter der Regierung Hermann Müller hatte der dama­lige Redchaarbeitsminister Wissel Ende 1929 ein Berufsausbildungsgesetz vor­gelegt, das der Zersplitterung ein Ende und die Beschäftigung von Jugendlichen, wie die Berufs- und Lehrlingsausbildung in die kol­lektive Arbeitsgesetzgebung eingliedern soll­te. Di» organisierten Untemehmerl rannten sofort gegen den Gesetzentwurf an, sie woll­ten Ausnahmen hinsichtlich des Geltungs­kreises, lehnten die Beschränkung der Lehr­zeit ab und kämpften vor allem gegen den Vorrang, den der Tarifvertrag auch bei der Regelung der Lehrverhältnisse ge­genüber der sog.»freien Vereinbarung« haben sollte. Die Hitler -Regierung war bei dem zuneh­menden Mangel an gelerntem Arbeiternach­wuchs gezwungen, jetzt aufs neue die Berufs­erziehung zu regeln oder wie die Nazis sagen »umzuformen«. Auch heute haben sich mindestens hinter den Kulissen zwei Fron­ten gebildet. Die Unternehmer, die bereits 1929 einen besonderen Arbeitgeber-Gesetzent­wurf vorlegten, vertreten nach wie vor ihre Lehrlingsausbeutungs- Argumente, die Gegen­seite, heute Arbeitsfront, aber tobt sich in der Phrase vom»politischen Leistungsideal« der Jugend aus. Rein äußerlich besteht auf der einen Seite das von dem Untemehmerprofessor Dr. Arnhold geleitete»Amt für Berufserziehung und Betriebsführung«, auf der anderen das »Jugendamt der DAF« und das»Soziale Amt der RJF«.(Reichsjugendführung.) Herr Arnhold betreibt eine neue»Prägung des Arbeitsmenschen« nach dem Muster der Gelben, er liefert alles»wissenschaftliche Ma­terial« für die»Betriebsführung« und stellt die nötigen Ausbildungsleiter, Werkmeister und Betriebsingenieure. Die Unternehmer sind sich in ihrer Methode treu geblieben, nur daß sie heute diese Ausbeutungssysteme mit staatlicher Sanktion und ohne jede so- ' ziale Korrektur verwirklichen dürfen. Die Deutsche Arbeitsfront hat nun einen Feld­zug zur»Selbstführung der Jugend in der Beruferziehung« eingeleitet, ohne ihren Geg­ner mit Namen zu bezeichnen, sie vertritt keinerlei fachliche oder soziale Forderungen der arbeitenden Jugend, sondern sie rivali­siert eben von einem»Amt« gegen das andere »Amt«. Ley behauptet, der Führer habe in der Beruferziehung der DAF den klaren Auf­trag erteilt und er lasse sich diesen»Füh­rungsanspruch« nicht strittig machen. So wird jetzt seit Wochen in der DAK in nebel­haften Ausdrücken gegen den ungenannten Feind vom Leder gezogen. »Die revolutionäre Tat, die in der Be­rufserziehung mit dem Ziel einer wirklich sozialistischen Leistungsauslese der Ju­gend erwartet wird, kann sich niemals mit akademischen Darlegungen vertragen, die man von einem zusammengeladenen Gre­mium von Formelwissern und Retortenge­lehrten halten kann.« Diese»Sozialistische« Auslese soll nach Ley in den groß aufgezogenen Reichs berufs- wettkämpfen im Sportpalast und ähnlichen Massenfestlichkeiten getroffen werden. Die DAK macht sich über die Klagen lustig, die von ungenügender Berücksichtigung des Fachs und von beruflicher Unkenntnis re­den. Wer»nicht genug Herz besitzt, um die alten Denkformen zu sprengen«, sollte so ehrlich sein zu bekennen, daß er das von der Nazi-Jugend erstrebte Ziel nicht will, denn »die Grundlage, mit der heute in der Be­rufsausbildung gerechnet werden kann, ist einzig und allein die Frucht einer politi­schen Führung.« Der Reichsleiter der DAF überschüttet seine Gegner mit Spott, er will die Jugend weder mit»raffinierteren Konjunkturmetho­den« noch»mit schlaueren Formen und Prak­tiken der Ausbüdung« beglückt wissen. Er will eine»nationalsozialistische« Berufs­erziehung. »Vielmehr erscheint als Führungsauf­gabe in der Berufserziehung, daß der po­litisch mobilisierte Leistungswille des jun­gen nationalsozialistischen Volkes in jeder Hinsicht lebendig erhalten,, angeregt und fortgesetzt weiter entfaltet wird.« Die Berufserziehung dürfe deshalb nicht zur Sache von»Ausschüssen, Reichsvereinen, technischen Instituten und Büros« gemacht werden. Ley enthüllt die Absichten seiner Gegner noch deutlicher, indem er schreibt: »In der Richtung solcher Tendenz liegt es, wenn darauf verwiesen wird, daß man wohl von einer handwerklichen oder industriellen Berufsausbildung spre­chen könne, daß es aber eine national­sozialistische Berufsausbildung prak­tisch nicht gäbe.« Kurz gesagt: die Unternehmer sind wohl froh, bei der Berufserziehung die frühere kol- lektiv-gerichtete gewerkschaftliche Selbst­verwaltung endlich los zu sein; sie sehen aber auch in der Nazi-Politisierung der Be­rufsausbildung einen unerwünschten Bal­last. Ihnen genügt das Amt ihres Arnhold und sie halten sowohl das Jugendamt der DAF des Ley, wie das Soziale Amt der Reichsjugendführung des Schirach für reich­lich überflüssig. Die Zurechtweisungen von der Unterneh­merseite haben inzwischen eine ziemliche Schärfe angenommen. Ley fährt daher in der DAK scharfes Geschütz auf und untersucht die formal-r echtliche Zuständigkeits­frage. Vom Gesetzgeber sei bisher über die rechtliche Grundlage noch nicht»sehr viel Bestimmtes und klar Begrenztes gesagt worden«. Nach vielen Wenn und Aber erklärt der Ley: »Eis ist nicht nötig, in diesen Fragen auf den Führungsanspruch der Deutschen Arbeitsfront hinzuweisen«. Die Arbeitsfront könne auf ihre Arbeits­ergebnisse in der Berufserziehung hinweisen, die unzähligen deutschen Betrieben ein neues »ein nationalsozialistisches Gesicht« gegeben hätten. Diese Entwicklung dürfe jetzt nicht durchbrochen werden: »Das wäre Sabotage am nationalsozia­listischen Aufbau und würde von den Dienststellen der Partei und der DAF nie und unter keinen Umständen geduldet werden«. Für die arbeitende Jugend bleibt die so­ziale Berufsausbildung in beiden Fällen un­gelöst, mag die Ausbeutung durch das kapi­talistische Unternehmertum oder das Nazi- Parteiideal zur Richtlinie genommen werden. Aber es ist kennzeichnend für die Krise des Systems, daß das deutsche Unternehmertum sich schon stark genug fühlt, um der Partei auch den Beednflußungsapparat für die Ju­gend zu. entreißen. Die Arbeitßfront wird auch in der Berufsausbildung vor den Kapi­talsgewaltigen kapitulieren müssen. Im Drit­ ten Reich gibt es»keine rechtlichen Grund­lagen«, die der DAF den Führungsanspruch auf die Berufserziehung zusprechen können. Eis gibt nur die herrschende Klasse der Mo­nopolkapitalisten, sie formt das»Recht« durch ihre Macht. Unbezwingbarer Gewerkschaftsgeist! Ein offenes christlich-katholisches Bekenntnis zur moralischen Berechtigung des Helden­kampfes der»Illegalen« im Dritten Reich . Eäne Art Traditionskompagnie der ehema­ligen christlichen Gewerkschaften im Reich, von Hitler wie die ehemaligen»freien« aus­geraubt und zerstört, stellt die wieder ge­gründete»Christliche Gewerk­schaft« unter der deutschstämmigen arbei­tenden Bevölkerung Polnisch -Oberschlesiens mit dem Sitze in Kattowitz -Bielitz dar. Die Mainummer des Gewerkschaftsblattes, das sie seit kurzem herausgibt»Der Christ­liche Gewerkschaftler« enthält folgendes Bekenntnis zur sittlichen Berechti­gung des»illegalen« Kampfes ge­gen die Hitlerei in Deutschland , das so manchen katholischen»Republikaner « aus der Weimar -Zeit mit Daueremigrantenpaß im Ausland jetzt, tief beschämen könnte: »Die Arbeiterschaft wurde in die Deut­ sche Arbeitsfront gepreßt und damit voll­kommen den Nazi und dem herrschenden Unternehmertum ausgeliefert. Trotzdem ist der gewerkschaftliche Geist nicht tot. Im Gegenteil, an allen Eicken und in den mei­sten Betrieben regt sich gewerkschaftliches Leben. Die früher gewerkschaftlich organi­sierte Arbeiterschaft hat sich in der ge­meinsamen Not zusammengefunden. Die alten Trennungsstriche sind durch das Vor­gehen der Nazi ausgelöscht. Gemeinsam wird die gewerkschaftliche Tradition ge­pflegt und die früheren Vertrauensmänner bilden, von wenigen Ausnahmen abgesehen, wieder den Mittelpunkt im Betriebe.« Und weiter: »Dieser Kampf hat bisher große und schwere Opfer von der aufrechten deut­ schen Arbeiterschaft gefordert. Aber weder Konzentrationslager, Zuchthaus, Gefängnis, Entlassungen, Entzug jeglicher Unterstüt­zung usw. hat den Mut der gewerkschaft­lichen Kämpfer gebrochen. Im Gegenteil für einen Gefallenen springen zwei neue Kämpfer in die Bresche.« Das Blatt wirbt weiter für eine in gemein­samer Arbeit festzulegende einheitliche Un­terstützungsaktion für diese»Illegalen« sei­tens der»internationalen gewerkschaftlichen Bundesleitungen«, wie es sich wörtlich aus­drückt. F. E. Rothe. Aus Grau mach Weiß! In den letzten Monaten sind eine Reihe von Verordnungen erlassen worden, durch die eine Streckung der Getreide- bezw. Mehl- vorräte erreicht werden soll, um die infolge der letzten ungünstigen Ernte notwendige Getreideeinfuhr auf die geringstmöglichen Mengen zu beschränken. Das Getreide muß zu 80 Prozent ausgemahlen und beim Backen mit Maismehl gemischt werden. Ein Teig aus solchem Mischmehl muß natürlich eine graue Masse ergeben. Aber merkwürdig. Die Berliner z. B. können sich noch jeden Morgen freuen, weil sie so wie früher ihre weißen Schrippen ins Haus gebracht bekommen. Graues Mehl un'd weiße Brötchen wie geht das zu? Eis geschehen im Dritten Reich keine Wunder! Das Mehl für Weißbrötchen wird einfach durch ein chemisches Verfahren gebleicht! Und zwar geschieht diese Bleichung mittels Ammoniumsulfid. Diese künstliche Weißfärbung ist zwar der Gesundheit nicht gerade zuträglich, kann aber, da sie weder einen besonderen Geruch noch Geschmack hinterläßt, von Nichteingeweihten nicht ohne weiteres wahrgenommen werden. Nur die Bäckergehilfen und Lehrlinge, die derartiges Mehl verarbeiten müssen, können untrüglich diese chemische Färbung fest­stellen; ihre Hände und Arme werden von einem hartnäckigen Ausschlag befallen, der oft erst nach Wochen geheilt werden kann. Die Spezialärztc für Hautkrankheiten in Berlin haben in der letzten Zeit zahlreiche Fälle derartiger Erkrankungen behandeln müssen. Zu derartigen gefährlichen Nahrungsmit­telfälschungen muß das Naziregime Zuflucht nehmen, um über die E mäh rungsschwi erig- keiten, hinwegzukommen, die eine Folge ihrer Kriegsvorbereitungen und ihrer Wirtschafts­politik sind. ÜciwP�örniörfs <5osfaWetnofraHfcI)f0 Herausgeber; Ernst Sattler; verant­wortlicher Redakteur: Wenzel Horn; Druck:»Graphia«; alle in Karlsbad . Zeitimgstarif bew. m. P. D. ZI. 159.334/Vn-1933. Printed in Czechoslovakia . Kontrollpostamt: PoStovni üfad Karlovy Vary 3. Aufgabe­postamt Karlsbad 3. Der»Neue Vorwärt8« kostet im Einzel­verkauf innerhalb der CSR KC 1.40(für ein Quartal bei freier Zustellung 13.). Preis der Einzelnummer im Ausland 2.( 24. für das Quartal) oder deren Gegenwert in der Landeswährung(die Bezugspreise für das Quartal stehen in Klammern): Argentinien Pes. 0.30(3.60), Belgien : Belg . Fr3.2.45(29.50). Bulgarien Lew 8.(96.). Danzig Guld. 0.45 (5.40). Deutschland Mk. 0.25(3.), Estland E. Kr. 0.22(2.64). Finnland Fink. 4.(48.). Frankreich Fls. 1.50(18._). Großbritannien d 4.(Sh. 4.), Holland Gld. 0.15(1.80), Ita­ lien Lir. 1.10(13.20), Jugoslawien Din . 4.50 (54.), Lettland Lat. 0.30(3.60), Litauen Lit. 0.55(6.60), Luxemburg B. Frs. 2.45(29.50), Norwegen Kr. 0.35(4.20), Oesterreich Sch. 0.40(4,80). Palästina P- Pf- 0.020(0.216), Polen Zloty 0.50(6.), Portugal Esc. 2. (24.), Rumänien Lei 10. iJ20.), Schwe­ den Kr. 0.35(4.20). 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