Nr. 226 BEILAGE

Neuer Vormärts

10. Oktober 1937

Geheimvortrag von Heß

vor dem Offizierskorps der Wehrmacht

Amtlicher Vortrag des Stellvertreter des Führers der NSDAP. , Reichsminister Rudolf Heß , über die Machtgrundlagen und Ziele des Dritten Reiches

Wir setzen unsere Veröffentlichungen aus dem» Nationalpolitischen Lehrgang der Wehrmacht« mit einem Vortrag des Reichsministers IIeß fort, den wir in seinen wesentlichsten Partien wiedergeben. Er enthüllt den unbedingten Kriegswillen und die Ziele des Dritten Reichs.

Wesen und Wirken des braunen Systems

Wenn früher ein Politiker vor Soldaten sprach oder umgekehrt ein Soldat vor Politi­kern, so konnte wohl im allgemeinen der Red­ner von vornherein damit rechnen, daß der Zuhörerkreis in

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Reserviert­

zumindest heit befangen war; wenn nicht gar ausge­sprochenes Mißtrauen herrschte.

Dies traf vor allem für die Zeiten des Zwi­schenreiches zu, für diese

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unsoldatischsten

Zeiten deutscher Geschichte. Dem Politiker war im allgemeinen alles, was nur nach solda­tischen Auffassungen, nach Disziplin, Gehor­sam, Verantwortung roch, kurz alles Solda­tische, so peinlich und zuwider, wie dem Teu­fel das Weihwasser. Auf der anderen Seite war aus umgekehrten Gründen den gesunden Soldaten der Politiker eben weil der da­malige Politiker in seinem ganzen Denken und Handeln hochhielt, was der Soldat verab­scheute eine höchst unerfreuliche Erschei­nung, wenn nicht ein Greuel. Oft muß es ge­radezu als Provokation gewirkt haben, wenn Soldaten vor Politikern oder Politiker vor Soldaten das Wort ergriffen, und ich kann mir vorstellen, daß manchmal Mut dazu ge­hörte oder auch Frechheit!

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Meine Offiziere! Ich stehe aber vor Ihnen, ohne hierbei das Gefühl des einen oder des anderen zu besitzen. Allerdings habe ich auch die Ueberzeugung, kein Politiker der vor 1933 üblichen Art zu sein. Deshalb spre­che ich auch vor Ihnen mit wirklicher Freude, so wie ich weiß, daß es heute zum Bei­spiel dem Generalfeldmarschall der Wehrmacht Freude bereitet, vor einem Auditorium sogenann­ter Politiker oder politischer Führer zu reden. Freilich sind diese Politiker und politischen Führer von heute in ihrer Mehrheit soldatische Menschen, Män­ner mit soldatischem Denken, Fühlen und Handeln. So wie ich selbst immer wieder stolz darauf bin, sagen zu können, daß ich Soldat war die ganze Zeit des großen Krie­ges hindurch, daß ich als Frontkämpfer in schwersten Schlachten des Westens das kon­zentrierteste Soldatentum durchlebte und in mich aufnahm.

Der Zweck meiner Rede vor Ihnen ist, das Verständnis zu vertiefen für die große Orga­nisation, durch die das politische Wollen im neuen Reich übertragen wird auf das Volk

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Die Grundlagen der Macht

Die Grundlagen der Macht und zwar der Macht im weiteren Sinne

sind:

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löschen vermochten an des feldgrauen Deutschen . Die Ziele

Güte wie vielleicht möglich vorhanden ge­wesen sind- wenn im entscheidenden Augen­blick an der Marne die drei Armeekorps, die

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das Heldentum der Große Generalstab gefordert hatte und die die Entscheidung hätten bringen können, fehlten, so; trug der Reichstag die Schuld.

Ich zählte Ihnen die Grundlagen der Macht

1. Die Größe des Raumes, den die Na- auf. tion ihr eigen nennt sein Boden mit Den Raum wollen wir nicht vergrößern dem, was er enthält und was auf ihm zu auf jeden Fall nicht mit Gewalt. Die geogra­gedeihen vermag. phische Lage vermögen wir nicht zu ändern. des Rau- Dem zu engen Raum und der ungünstigen

2. Die geographische Lage

zuzuschreiben,

mes: Macht und Bedeutung der umliegen- geographischen Lage ist es den Nationen, Stärke oder Schwäche der wenn wir in unserem eigenen Gebiet nicht natürlichen Grenzen. Auch die klimatischen alles das hervorzubringen vermögen, was wir Verhältnisse sind bestimmend für Vorzüge an Rohstoffen und Lebensmitteln und Nachteile der Lage, insbesondere in friedigung des Eigenbedarfs benötigen. Dies wirtschaftlicher Hinsicht. bedeutet nicht nur eine wirtschaftspolitische

Die Grundlagen der Macht sind weiter:

zur Be­

Daher ist

Sie wissen, daß der Nationalsozialis­mus dafür gesorgt hat, daß heute nicht mehr Lebensnotwendigkeiten der Nation von einem Reichstag zerredet und zum Schacherobjekt der Parteien gemacht werden können. Sie haben gesehen, daß im neuen Deutschland Entscheidungen von historischer Tragweite innerhalb weniger Stunden durch den Führer und sein Kabinett getroffen werden Ent­scheidungen, die in anderen Ländern tage- und wochenlang Parlamentsdebat­ten vorausgehen lassen müssen.

Was das neue Reich hinsichtlich der mili­

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3. Das Volk in seinem Gesamtwert, der Schwäche, sondern die Abhängigkeit von der sich zusammensetzt aus Zahl und der Güte Umwelt. So müssen wir unter Weltwirt­im Durchschnitt, ergänzt durch den Wert schaftskrisen, die ohne unsere Schuld entste­der über die Norm des Durchschnitts hin- hen, mitleiden. Die Abhängigkeit von der Um- tärischen Ertüchtigung der Nation und der ausragenden Einzelpersönlichkeiten. welt bedeutet auf alle Fälle eine Beschrän- Bewaffnung ihrer Soldaten getan hat, brau­kung unserer Selbstbestimmung. che ich Ihnen den Offizieren unserer Wehr­Selbstbestimmung ist wirkliche Freiheit macht nicht darzulegen. Der Führer hat nur Hand in Hand mit Selbstgenügsamkeit es sich angelegen sein lassen, dafür zu sor­möglich. gen, daß, wenn uns wirklich jemand angreift, nicht kostbares Blut hingegeben werden muß, weil vorher an Geld gespart wurde. Sparen in der Bewaffnung ist sparen am unrechten Fleck.

4. Die Waffen, die eine Nation sich schafft, der Menge wie der Güte nach. Zu den Waffen rechne ich auch die geistigen

Waffen.

5. Unwägbares, wie die Achtung, die sich eine Nation durch ihre Haltung insge­samt, durch die Haltung ihrer Führer, ihrer Soldaten, ihrer Kinder im Auslande vor der Welt erworben hat; die Art der Wah­rung des Ansehens der Nation, eines An­sehens, welches ihre noch so einsam wehen­de Flagge genießt, weil man weiß, daß nötigenfalls die gesamte Kraft der Nation sie schützt und hinter ihr steht. Von Frei­

ruft:

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Die Selbstgenügsamkeit kann hierbei gesichert sein durch ein Kolonialgebiet, welches alles erdenklich Notwendige. umfaßt. Voraussetzung ist dann frei­lich, daß die Machtmittel derart sind, Diese Sparsamkeit kann sogar höchste daß sie ausreichen, alle Zufahrtswege Verschwendung bedeuten. Das Sparen von ein von den Kolonien gegen denkbar starke paar hundert Millionen Mark hier kann durch Koalitionen von Gegnern im Ernstfall Verlust eines Krieges die Verschwendung zu schützen. von Milliarden materieller Werte bedeuten

stärkere Bewaffnung

Hier liegt die Bedeutung der englischen ganz abgesehen von dem Verlust noch viel ligrath stammt ein Gedicht:» Fire but Seemacht zutiefst begründet. Das englische kostbarerer Werte, nämlich von Millionen der don't hurt the flag!«<, in dem ein englischer Weltreich ist in seiner Gesamtheit autark und Besten des Volkes. Hätte Deutschland bei Konsul auf ferner Insel einen englischen die Freiheit des englischen Volkes ist ge- Kriegsbeginn 1914 durch Aufwand von viel­Matrosen lediglich dadurch vor fremden sichert, solange England die Verbindung zwi-| leicht einer Milliarde besagte drei Armee­Verfolgern schützt, daß er ihm den Union- schen dem Mutterland und seinen Kolonien korps und durchweg's Jack umlegt und lakonisch den anderen zu- beherrscht. Solange Deutschland von MGs. und schwerer Artillerie besessen, >> Feuert, aber verletzt die Flaggé nicht seinerseits über ein autar- wäre hierdurch der Krieg 1914 zugunsten nicht!<< Keiner wagt es, Deutschlands entschieden worden: dem deut­und Freiligrath kes Wirtschaftsgebiet verfügt, schließt:>> Wann kommt auch für uns der ist seine Freiheit nicht unbeschen Volke und nicht zuletzt seiner Wirt­große Tag?! Ich glaube, der Tag ist nicht dingt gesichert: sie ist nicht unbe- schaft wären über 100 Milliarden, die im Ver­dingt gesichert, solange seine Wirtschaft nur lauf des Krieges aufgewandt und nach Ver­Lassen Sie mich auf noch ein Beispiel un- in Gang gehalten werden kann durch die Zu- lust des Krieges an die Gegner abgeführt wer­fuhr unentbehrlicher Rohstoffe wägbarer Machtgrundlagen hinweisen. den mußten, erspart worden die jederzeit ihm feindlich Gesinnte zu sper- ganz zu schweigen von unseren Toten! ren vermögen. Der wirtschaftliche Ein sehr hohes Maß von Rüstung kann Vierjahresplan wird Deutschland der aber ein so hohes Risiko für einen Angreifer

mehr fern!<<

auf Wegen,

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wiederum

Ein hoher Schweizer Offizier sagte mir einmal, daß seiner Beobachtung nach die größte Tragik und die schwerste Nachwir­das Verständnis zu vertiefen für die NSDAP , kung der Marneschlacht 1914 das plötzliche Selbstgenügsamkeit näherbringen. Die Wir- bedeuten, daß hierdurch ein Krieg mit seinen der politischen Schwinden der bis dahin beim Gegner Kraft der Massen geworden ist, so wie besondere bei den Franzosen die Wehrmacht der Träger der zelnden Ueberzeugung war: militärischen Kraft dieser Mas- sturm ist nicht aufzuhalten

die

zum Träger

sen ist.

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ins­

festverwur­

deutscher An­deutsche Ar­

kung dieses neuen Planes ist gleichbedeutend unerhörten Lasten an Blut und Gut der Na­mit einer Erweiterung unseres Raumes und tion von vornherein erspart wird. Umgekehrt einer Verbesserung der geographischen Lage. kann eine schwache Rüstung geradezu zum Die Welt sollte es anerkennen, daß wir nicht Angriff herausfordern. Sie kann besonders mit Gewalt uns das Leben und die Freiheit dann zum Angriff herausfordern, wenn ein Beide verhindern das Chaos auf meen, die den Willen zum Sieg in sich tra­ihrem Gebiet, beide treten ordnend, richtung- gen, sind nicht zum Stehen zu bringen. sichern, sondern durch den Einsatz unseres fremder Staat im Innern Schwierigkeiten Geistes und unserer gebend, vereinheitlichend Organisationskraft. durch leicht zu erringende kriegerische Er­in Erscheinung. Der Furor teutonicus ging 1870/71 über Wenn ewige Schwarzsender nicht glauben, folge abzulenken. Der englische Minister Frankreich hinweg, er geht auch 1914 daß es möglich ist, die Wirtschaft unseres Hoare hatte recht, wenn er kürzlich sagte: über Frankreich hinweg: laẞt alle Hoff- Volkes derart umzustellen, wie es durch den» Ein großes Reich und zugleich ein schwaches nung fahren! Vierjahresplan geschieht, wenn sie bezwei- Reich ist eine Bedrohung der Stabilität der Die Tatsache aber, daß die deutschen Ar- feln, daß das Kapital aufgebracht werden Welt und eine Versuchung für Angreifer.<< meen plötzlich doch zum Stehen kamen, ja kann, welches in den ungeheuren neuen Fa- Deutschland aber wünscht nicht die Sta­sogar zurückgingen, bedeutete den Zusam- briken und Maschinenanlagen investiert wer- bilität der Welt zu bedrohen und eine Ver­menbruch des Wunderglaubens, daß gegen den muß, so kann ich diesen nur erwidern: suchung für Angreifer zu sein. die deutsche Kraft kein Kraut gewachsen ist Schwieriger, als 6 Millionen Menschen in So wesentlich die Waffen sind bedeutete einen Prestigeverlust, der in einem wirtschaftlich vor dem Ruin stehenden wesentlicher sind aber die Menschen, die sie

Das Verstehen dieser politischen Organisation, das Kennen ihres Wirkens, ihres Aufbaues, des Ineinandergreifens ihrer Glieder ist um so wichtiger für den Soldaten aber auch

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für jeden, der sonst auf einem Gebiete führt als diese Organisation zwar den Namen Partei trägt, aber doch so unendlich viel mehr ist als eine Partei von einst, weil sie so umfassend auf allen nur erdenklichen Gebieten in Erscheinung tritt und mit den

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Trägern des übrigen Lebens der Nation sich seiner Gesamtheit durch nichts wieder ein- Staat wieder in Arbeit und Brot zu bringen, führen, ihrer Zahl nach, ihrer körperlichen,

berührt.

Ich habe daher als Thema gewählt:» We­sen und Wirken der NSDAP <.

Aufgabe alles politischen Handelns ist die Erhaltung und Stärkung der Nation. Gerade auch die Stärkung, da- wie über­all, hier ganz besonders Stillstand Rück­gang bedeutet vor allem je mehr die um­liegenden Nationen ihrerseits an Stärke zu­nehmen.

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Das wesentlichste Mittel zur Erhaltung und Stärkung einer Nation ist die Macht. Stärkung der Macht ist demnach Stär­kung der Nation. Umgekehrt ist aber auch Stärkung der Nation Stärkung der Macht; denn die Macht wurzelt in der Nation.

zuholen war.

die meisten

Die Aufgabe der NSDAP

ist es nicht, diese nun schon in Arbeit be- vor allem aber auch ihrer seelischen Verfas­Im einzelnen blieb der Wunder- findlichen Menschen in andere Arbeitsrichtun- sung nach wesentlicher sind die Menschen, glaube bestehen: von gen zu lenken! Schwieriger, als eine Millio- die als Volk überhaupt hinter der bewaffneten Ihnen werden aus eigener Erfahrung wissen, nenarmee mit modernsten Waffen zu ver- Macht stehen. daß besonders auf dem östlichen und auf dem sehen, ist es nicht, neue Fabriken und neue italienischen Kriegsschauplatz das unerwar- Maschinen herzustellen für produktive Zwek­tete Auftreten deutscher Formationen an ke. wird wirtschaftspolitisch Stelle anderer bis dahin dort gewesener Trup- seine Freiheit sichern, so wie es militärisch pen Lähmung verbreitete und oft das Gefühl seine Freiheit gesichert hat. erzeugte, verloren zu sein, tatsächlichen Kräfteverhältnisse dies

auch wenn die

nicht

im entferntesten rechtfertigten.

Deutschland

Das Vorkriegsdeutschland hat vielleicht

versucht, eine Hebung der Zahl des Volkes zu bewirken; die Güte des Volkes zu erhal­ten oder gar zu verbessern, hat es unterlas­sen. Das Zwischenreich wirkte teilweise be­Das Vorkriegsdeutschland pflegte und wußt darauf hin, die Bevölkerungszahl immer

Rüstung geht allem vor

Macht

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Presse,

oft in

Einen Teil dieser mystischen Wirkung stärkte in alter Tradition die realen Grund- mehr sinken zu lassen und die rassische Zu­hat der deutsche Soldat sich gerettet lagen der Macht, vor allem die militärische sammensetzung zu verschlechtern. soweit es darin vom Parlament Film, Theater wurden eingesetzt durch den Zusammenbruch hindurch die nicht gehindert wurde. Denn wenn die Waf-| kaum merklicher Weise, dafür aber auf die weil auch die Zeiten der Schande Erinnerung in der Welt nicht auszu-| fen 1914 nicht in der Zahl und nicht in der Dauer um so wirkungsvoller

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den natür­