Verlag: Karlsbad  , HausGraphm" Preise und Bezugsbedingungen siehe Beiblatt letzte Seite Dreieck fiesen Enfiland Italiens   Austritt aus dem Völkerbund Np. 236 SONNTAG. i9. Wez. 1937 Aus dem Inhalt: Das italienische Vorbild Hitler   im Hintergrund Entlassen, weil sie Deutsche   sind Das Buch der Verachtung Mit all der dramatischen Inszenie- rungskimst, über die die Diktaturen verfügen, hat Mussolini   den Aus­tritt Italiens   aus dem Völ­kerbund verkündet. Das zieht nur den Schlußstrich unter eine längst vollzogene Entwicklung und ändert nichts an dem, worauf es allein an­kommt, an den wirklichen Machtver­hältnissen. Denn schon seit zwei Jah­ren, seit dem abessinischen Krieg und den widerstrebend begonnenen, zögernd und unvollständig durchgeführten und deshalb von vornherein zum Scheitern verurteilten Sanktionen hat Italien   an den Verhandlungen des Völkerbundes nicht mehr teilgenommen, nachdem es schon zuvor alle Bestrebungen auf Verstärkung der Friedenssicherung und auf Abrüstimg sabotiert hatte. Der Völkerbund   selbst trug den Kehn der Zersetzung schon von dem Augen­blick in sich, als er es zuließ, daß ag­gressive Staaten wie Japan   und Italien   ihre Angriffspolitik durch­setzen und Hitlerdeutschland die für seine Gewaltpolitik nötige militärische Stärke sich schaffen konnte. Es sind die Versäumnisse der englischen   und französischen   Außenpolitik, die den Verfall des Völkerbundes bewirkt haben. Aber darf man nicht hoffen, daß der Völkerbund  , der ja freüich kein selbständiges, mit eigener Kraft er­fülltes Wesen, sondern nur eine Ver­einigung von Staaten mit ihren sehr verschieden gelagerten Interessen ist, gerade nach der Reinigung durch das Verlassen der Angreiferstaaten unter tatkräftiger Führung von England und Frankreich   neue Bedeutung und Kraft erlangen könnte? Auch diese Hoff­nung, der sich hinzugeben vielleicht manche sozialistischen   Kreise in Frankreich   und England Neigung zei­gen könnte, muß sich rasch als Illusion er //eisen. Denn im Völkerbund   bleiben ;a:",ächst nicht nur Anhängsel der deutsch  -italienischen Ach- s e, wie Oesterreich   und Un­ garn   zurück, nicht nur das Polen   des Obersten Beck, sondern auch die mei­sten lateinamerikanischen Staaten sind recht unsichere Weggenossen gewor­den und die kleinen europäischen   Staa­ten suchen sich seit der ungeheueren Machtverschiebung, die seit 1933 ein­getreten ist, ganz unabhängig von ihrem eigenen politischen Regime, in eine Art Neutralitätspolitik des»Rette sich, wer kann vor dem kommenden Kriege« zu flüchten und sich durch aushöhlende Interpretationen vor den Völkerbundsverpflichtungen, vor allem den Sanktionsbestimmungen und der Gewährung des Durchmarschrechtes durch ihr Gebiet zur Abwehr des An­greifers, zu schützen. Dies güt für die baltischen und skandina­vischen Staaten, wie für Bel­ gien   und Holland  , und zeigt zu­gleich wieder einmal, daß die tatsäch­liche Gestaltung der außenpolitischen Beziehungen keineswegs so einfach ist, daß sie aus der bloßen Gegenüberstel­lung demokratischer und faschistischer Staaten schon restlos begriffen wer­den könnte. Wir sind also durch die ungeheuere Gegenrevolution, die mit dem Sieg Mus­solinis schon eingesetzt hatte und durch den nicht rechtzeitig gehemmten außenpolitischen Aufstieg Hitlers  ihre volle Wucht erhalten hat, aus einer Völkerbundspolitik der Friedens­erhaltung durch internationales Recht zurückgeworfen auf das V o r- kriegsstadium der Militär­bündnisse. Denn wie immer auch die Technik dieser Bündnisse ihren Charakter zu verhüllen strebt, ihr eigentlicher Inhalt kann jetzt auf gar nichts anderes abzielen, als auf militä­risches Zusammenwirken im Kriegs­fall, und nur darin besteht heute der Wert diplomatischer Abreden, daß sie eine solche Verpflichtung auch wirklich erreichen. Denn nur von der wirklichen, den Anhänger aber auch manifesten Machtüberlegenheit hängt heute die Erhaltung des Friedens ab. Der Austritt Italiens   stellt nicht etwa dem in sich durchaus nicht eini­gen und kaum mehr handlungsfähigen Gebüde des Völkerbundes, wohl aber der englisch  -französischen Entente das»weltpolitische Drei­eck« gegenüber, dessen machtpoliti­schen Charakter Hitler   in seinen letz­ten Reden in München   und Augsburg  in scharfer Klarheit hervorgehoben hatte. Die Wahl des Augenblicks mag auch taktisch bedingt sein. Mussolini  hat den neuesten Annäherungsversuch Englands an Deutschland  , den die Reise des Lord Halifax   einleiten konnte, kaum mit freundlichen Augen ange­sehen. Daß England die angekündig­ten Besprechungen mit Italien   immer wieder hinauszog, während es sich um Deutschland   bemühte, mag ihn be­wogen haben, durch einen neuen Schritt diese Versuche zu durchkreu­zen. Indem Italien   den Bund verläßt, demonstriert es nicht nur seine Soli­darität mit den beiden anderen Völker- bundsgegnem seines Dreibundes, son­dern macht die HoffnungEnglands auf eine Rückführung Deutschlands   in den Völkerbund noch illusorischer als sie es ohnehin war und nimmt der englischen Einbildung einer»Allgemeinregelung« mit Deutschlands   Unterstützimg auch die letzte Grundlage. Englands Versuch, Hitler-Deutsch­land durch irgendwelche Teilkonzessio­nen in seinen Umkreis zu ziehen, es von der Solidarität mit dem ihm, das heißt seiner Seeherrschaft noch unmit­telbar gefährlicherem Italien   abzubrin­gen, war freilich von vornherein zum Scheitern verurteilt. Denn mögen auch in den Beziehungen zu Zentral- und Südosteuropa   gewisse sekundäre Ge­gensätze zwischen Deutschland   und Italien   vorhanden sein, die man nicht zu leugnen braucht, so wissen beide Mächte nur zu gut, daß sie nur in ihrer unlöslichen Vereinigung auf Gedeih Aua Dachau und Berlin   sind neue Briefe bei uns eingelaufen: »Konzentrationslager Dachau  , 11. Dez. 37. Wieder hat die sogenannte»Deutsche Volkszeitungc in Prag   in einem Artikel vom 28. XL 37 Nr. 48 unverschämte LUgen über das Konzentrationslager Dachau   verbreitet. Auf Grund dieses Artikels ist die über uns verhängte Isolation um eine Woche verlän­gert worden. Uns ist bekannt gegeben wor­den, daß jeder neue Lügenbericht die Uber und Verderb eine Macht bilden, die der der Westmächte gegenüber­treten kann. Isoliert voneinander, wür­den sie der koordinierten Politik Eng­lands und Frankreichs   nicht standhal­ten können. Sie würden infolge der dann eintretenden Aenderung der Machtverhältnisse nicht, nur ihren Ein­fluß in Mittel- und Südosteuropa   zum großen Teil einbüßen, sondern auch darauf verzichten müssen, ihre weiter­gesteckten weltpolitischen Ziele, für die England das Hindernis ist, zu er­reichen. Deshalb sind die wiederholten Bemühungen Englands auf»Seperat- frieden« auch mit Japan   wurden solche Versuche kurz vor Ausbruch des Krieges mit China   unternommen so töricht. Aber Mussolinis Vorgehen dient nicht nur taktischen Zwecken und ver­folgt nicht nur das Ziel, das kaum be­gonnene und wenig aussichtsreiche Ge­spräch England-Deutschland   zu stö­ren. Mussolini   drängt auf Beschleu­nigung der außenpoliti­schen Entwicklung überhaupt, er will die Pression, den Druck, den der rasche Vormarsch Japans   auf Eng­land ausübt, noch steigern. Von den Teilnehmern des aggressiven Dreibun­des haben zwei, Italien   und Japan  , ihre Hauptangriffsrichtung völlig eindeutig gegen England. Mussolini   erstrebt die Herrschaft über das Mittelmeer  , die ihm erst sein afrikanisches Reich sichert und dessen künftige Erweite­rung verspricht. Er will die Seeherr- schaft Englands brechen und hat des­halb den Krieg in Spanien   begonnen. Vor einiger Zeit schrieb die Mailänder »Stampa  « unter dem Titel»Geschich­te«: In der Geschichte unseres Jahrhunderts wird der abessinische Krieg ein für Europa  entscheidendes Ereignis sein. Jener durch heroischen Entschluß eines Mannes ge­wollte(!) Krieg bedeutete das Ende der französischen   und britischen Vorherrschaft auf dem Kontinent und ermöglichte es Deutschland  , die Ketten des Vertrages von Versailles   zu zerbrechen. Auch die giganti­schen Rüstungen Großbritanniens   vermochten und vermögen an dieser neuen Lage nichts mehr zu ändern. London   und Paris   sind nicht mehr imstande, Rom   und Berlin   ihren Wil­len zu diktieren. Im Gegenteil, mehr als ein­mal werden sie gezwungen sein, die Initiative der anderen zu ertra­gen.« Auf gewisse Uebertreibungen dieser Auslassung braucht nicht eingegangen zu werden, wichtig ist nur, daß sie die anti-englische Richtung der italieni  - uns verhängte Isolation fortlaufend um Wo­chen verlängert. Wir bitten erneut, die Emigranten-Zeitun­gen des Auslandes auf diese Tatsachen hin­zuweisen. Kurt Eisner  .« Irmgard Litten  , Berlin-Schöneberg  Heylstraße 3 13. Dezember 1937. An die Redaktion des»Neuen Vorwärts« Karlsbad  . Ich erhielt gestern von meinem Sohn, dem sehen Politik so klar herausarbeitet. Dazu kommt die Ueberzeugung, cle die ganze italienische   Presse propagiert, von der augenblicklichen militärischen Ueberlegenheit des»Dreiecks«, solange die englische und französische   Auf­rüstung nicht fertig ist. Deshalb dürfe die Zeit nicht versäumt werden; Italien  dürfe sich, sagt Mussolini  «, nicht durch Aussicht auf Verhandlungen»chloro­formieren« lassen... Dasselbe gilt für Japan.  »Die ge­genwärtigen Feindseligkeiten mit Chi­ na  «, schrieb kürzlich der Leiter der außenpolitischen Vereinigung Japans  , müssen»als ein Kampf zwischen England und Japan   betrachtet werden. Es kann sogar behauptet wer­den, daß China  , dessen Regierung nur eine Marionette in englischen Händen ist, lediglich das Operationsfeld dieses Kampfes büdet.«(Von Rußland   ist trotz des»Antikommunisten-Pakts« weder in den japanischen noch in den italienischen Aeußerungen viel die Rede; man überläßt es seinen inneren Schwierigkeiten. Etwas anders steht es mit Deutschland  . Nicht Krieg, son- dern Verständigung fnit England gegen Frankreich   und freie Hand im Osten war der ursprüngliche Plan Hitlers  . Aber das Bündnis, zuerst mit Italien  , dann mit Japan  , hat Deutschland   i n die englandfeindliche Posi­tion hineingerissen. Diese wird noch akzentuiert durch die Wiederaufnahme der Kolonialforderungen. Die alberne Vorstellung, England von Frankreich  trennen zu können, hat sich als Illu­sion erwiesen, und freie Hand gegen den Osten ist nicht zu erlangen. So bleibt Deutschland   an Italien   und Ja­ pan   gefesselt und verliert die erhoffte Handlungsfreiheit. Seine Vermitt­lungsversuche im Fernen Osten sind gescheitert, Japan   marschiert immer weiter nicht gegen Rußland  , son­dern in das chinesische»Operationsfeld gegen England« hinein. Mussolini   hat mit viel größerer Energie als Hitler  das»antikommunistische Bündnis« mit Japan   zu einem gemeinsamen Angriffs­plan gegen die Westmächte ausgestal­tet, sich entschiedener als Deutschland  , das für seine großen Handels- und Ka­pitalinteressen in China   fürchtet, auf Japans   Seite gestellt. Der Austritt aus dem Völkerbund, begleitet von einer neuen Kampfansage gegen die West­mächte, ist für ihn das Mittel, die Hit­lerdiktatur, mit Hilfe der ihn unter­stützenden Göring   und Göbbels  , auf seinen Weg weiterzuziehen. Dr. Richard Kern. Schutzhäftling Hans Litten   in Dachau   fol­gende Postkarte: K. L. Dachau  , den 10. Dez. 1937. »Wieder hat die sogenannte»Deutsche Volkszeitung« In Prag   in einem Artikel vom 28. XI. 37, Nr. 48 unverschämte Lügen Uber das Konzentrationslager Dachau   verbreitet. Auf Grund dieses Artikels ist die Uber uns verhängte Isolierung um eine Woche verlän­gert worden. Uns ist bekanntgegeben worden, daß jeder neue Lügenbericht die Uber uns Die Erpresser von Dachau Isolalionshaft um eine Wodie verlängert