Totenelirung� E i n äs c hf r(i n g von Franx Kliihs Aus Herlin wird uns geschrieben: Genosse Franz Kiühs ist seinem schweren Leiden erlegen. Ein lauterer Charakter, ein für diese Zeit zu edei denkender Mensch ist von uns gegangen, An den Segnungen der aus demgesun den Volksempfinden" rechtsprechen­den und urteilenden Deutschen Justiz* ist auch er zerbrochen. Seine Einäscherung zeigte so recht wieviel Liebe und Kameradschaft der. aufrechten Manne bis über das Grab hinaus bewahrt werden. Sie zeigte aber auch allen, selbst den anwesenden und wohl erkannten Gestapospitzeln, wie un­gebrochen der Mut und wie gross die Diszipliniertheit seiner Freunde ist. Das Krematorium Wilmersdorf konnte die erschienenen Trauergäste, schätzungs­weise 600 800 Personen, nicht aufneh­men. Kein überflüssiges Wort wurde ge­sprochen, aber alle Gesichter spiegelten nur zu getreu wieder, was im Innern jedes einzelnen vorging. Lind diese Spra­che war so beredt, dass selbst die Her­ren von der Gestapo es vorzogen, sich zeitweise an den Friedhofseingang zu­rückzuziehen. Die Trauerrede hielt der Schwager des Verstorbenen. Es waren kurze aber ergreifende Worte, mit de­nen alles gesagt wurde, was unter den gegebenen Umständen zu sagen möglich war. Sie klangen aus in dem Gelöbnis, getreu seinem Beispiel weiter zu wirken und dem Toten so unseren Dank abzu­statten. An dieser Stelle können wir noch hin­zufügen, dass auch der Tod von Fran' Klühs von keinem seiner Freunde ver­gessen werden wird und die dafür Ver­antwortlichen einst werden Rechen­schaft abzulegen haben.

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Man schreibt uns aus Deutschland : Alle in der Emigration lebenden Deut­ schen und alle Freunde im Ausland werden gebeten, darauf zu achten, dass die für kurze Zeit im Ausland weilenden Deut­ schen bei der Auswahl ihrer Unterkunfts­stätten die grösste Vorsicht walten lassen. Gewerkschaftshäuser, Parteilokale und Ho. tel- oder Restaurationsbetriebe von emi­grierten oder sonst bei der Gestapo anrü­chigen Deutschen oder Ausländern sind un­ter allen Umständen zu meiden. In letzter Zeit mehren sich die Fälle, wo die Gestapo noch nach Jahren Rechenschaft über Zweck, Finanzierung und nähere Umstände solcher Reisen fordert. Selbst wenn die Vernehmungen keine ernsthafteren Folgen haben sollten, genügen sie oft, um den Be­troffenen Schwierigkeiten auf der Arbeits­slelle zu schaffen. Man verweigert ihm Aus­reisegenehmigungen, oder er ist bei etwai­gen weiteren Auslandsreisen unangeneh­menBeschattungen" und sonstigen Schi­kanen ausgesetzt. Die Inhaber solcherge­fährdeten Betriebe" sollen auch den nach­träglichen Schriftwechsel mit früheren deutschen Gästen auf das unbedingt not­wendige Mindestmass beschränken oder ihn besser ganz einstellen.

Die itrlsleriingpskomnii�are Nur uocli jiidisclie Greiwe und Gräber

Berichte aus allen Teilen Deutschlands bestätigen den neuen Auftrieb der Juden- bedrückung. Vor einigen Jahren hat Göb bels das Wort geprägt, dass es in absehba rer Zeit in Deutschland nur noch jüdische Greise und jüdische Gräber geben würde. Alles, was von Juden noch im Dritten Rei­che lebt, soll auswandern, bis zum Letzten ausgelaugt und ausgepresst, damit das Drit­te Reich möglichst viel jam Judenelend verdient. Einsperrungen, Verfolgung wegen angeblicher Devisenvergehen ohne Anklage, wo man mit loyalen Mitteln in jüdischen Händen befindliche Betriebe nicht arisie- ren kann, sind überall an der Tagesord­nung. Dazu eine gesteigerte Pass-Schikane, die die Juden so lange in der braunen Falle festhalten soll, bis sie nahezu ohne Exi­stenzmittellegal" als Auswanderer Deutschland verlassen. Aber mit diebischer Freude verzeichnet dip braune Presse zu­gleich jede neue Einwanderungserschwe­rung in den andern Ländern. In Schlesien , besonders in Breslau , sind in den letzten Wochen zahlreiche Juden verhaftet worden. Allgemein ist man hier wieder zu den Methoden von 1933 unter Heines zurückgekehrt; es wird in den un­terirdischen Räumen der Gestapo raffinier­ter als je zuvor geprügelt. Juden, die mit irgendeinem Verfahren bedroht sind, flüch­ten wie in den schlimmsten Zeiten des Re­gimes mit ein paar Mark über die nächste Grenze. Diese Angstpsychose überfällt jetzt auch diejenigen Juden, die sich bisher in der falschen Sicherheit wiegten, man habe ihnen in all den Jahren nichts getan und werde ihnen auch weiterhin nichts tun, weil sie niemals etwas mit Politik zu tun ge­habt hätten. Viele von ihnen besassen bis. her auf Grund ihres visierten Passes die Möglichkeit, sich zu einem kurzen Ferien­aufenthalt ins Ausland zu begeben; von ihr haben diejenigen jüdischen Kreise, die noch über etwas Vermögen verfügten, häu­figen Gebrauch gemacht. Damit.geht es jetzt zu Ende. In verschie­denen deutschen Landesteilen erging eine Aufforderung an die Juden, ihre Pässe so­

fort bei der zuständigen Polizeistelle abzu­geben. Es handelt sich um eine Massregel, �lie in Kürze einheitlich für das ganze Reich ; durchgeführt werden soll. Nur diejenigen Juden dürfen sich noch im Besitz gültiger deutscher Reisepässe befinden, die durch Geschäftsreisen nachgewiesenermassen dem Dritten Reiche Devisen einbringen. Gegen diejenigen Juden, die sich durch mehrfa­che Auslandsreisenverdächtig" gemacht haben, werden finanzielle Sicherheitsmass- nahmen durchgeführt, die dem Betroffenen jede wirtschaftliche Verfügungsfreiheit nehmen. Auch in Süddeutschland hat man jetzt überall in Verbindung mit den Gauleitern sogenannte Arisierungskommissare einge­setzt. Sie haben die Aufgabe, die Verkaufs­verhandlungen jüdischer Geschäftsinhaber zu überwachen. Ihre Hauptaufgabe ist, die vertraglich festgelegten Bedingungen dahin nachzuprüfen, ob der neue arische Käufer dem Juden, gemessen an den Prinzipien des Herrn Kommissars, nicht zuviel bezahlt. Der neue Inhaber darf im allgemeinen nur Inventar und Warenlager kaufen, wobei das Inventar ganz niedrig eingesetzt wird und der Warenbestand nach einem be­stimmten Werlschlüssel angerechnet wer­den muss. Sogenannteideelle" Werte ei­nes Betriebes oder eines Geschäfts dürfen grundsätzlich beim Verkauf nicht berück­sichtigt werden mit der Begründung, dass ja der Jude all die Jahre hindurch von seiner Kundschaft gut gelebt habe." Eben­so muss der jüdische Verkäufer die Liqui­dation übernehmen, das heisst, er hat die auf dem Betriebe noch lastenden Schul­den zu regeln und etwa vorhandene Aus- senstände selber einzukassieren. Der neue arische Inhaber bekommt also einenge­reinigten Betrieb" zu einem Spottpreise in die Hand. Die Arisierungskommissare, ausgesiebte scharfe" Nazis und alte Kämpfer, haben sich in einigen deutschen Landesteilen, die Grosstädte mit bedeutender jüdischer Ge­schäftswelt umfassen, grosse Büros mit ei­

nem beträchtlichen Angestelltenstab einge­richtet. Sie bekommen stattliche Gehälter- Unter ihrer Oberleitung arbeiten national­sozialistische Juristen, die sich in allen Fi­nessen von Verkaufsverträgen auskenne« müssen. Eine auserlesene Schar von Spitzeln hat gleichzeitig die Aufgabe, die jüdischen Geschäftsleute während der langwierigen Verkaufsverhandlungen zu überwachen, damit sie keineManipulatio­nen" zum Schaden des künftigen arische» Besitzers durchführen. Dabei wird vielfach mit Angestellten zusammengearbeitet, so­dass der jüdische Geschäftsinhaber inner­halb und ausserhalb des Betriebes unter dauernder Kontrolle steht. Bleibt zuletzt für ihn noch eine Verkaufssumme übrig, so versteht es sich von selbst, dass sie nicht in bar ausgezahlt wird. Man legt viel­mehr ein Bankkonto an, um der genau in­formierten Devisenstelle die Möglichkeit zu geben, den Besitz des Juden zu überwachen. Jede Abhebung, die über eine für den täg­lichen Lebensbedarf unbedingt notwendige Summe hinausgeht, muss gemeldet werden. Der Betreffende muss dann den exakten Nachweis führen, wofür er das Geld ver­wandt hat, und wehe ihm, wenn er es nicht kann! Soeben ist die deutsch -rumänische Freundschaft auf diktatorisch-anlisemiti- sicher Grundlage stablisiert worden. Ge­wiss, das Dritte Reich darf in Rumänien und besonders seitdem Goga Regie­rungschef ist einen Vorläufer des prak­tizierenden Antisemitismus erblicken, von dem es viel zu lernen gibt. Rumäniens Ge­schichte kannte aber bisher überwiegend nur den offenen Pogrom. Wie man den kalten Pogrom realisiert, die wirtschaftli­che Abdrosselung und Vertreibung der Ju­den, ohne dass sich die demokratische Weltöffentlichkeit mangels himmelschrei­ender Fälle physischer Grausamkeit dar­über aufregt: dafür ist für Rumänien und für alle, die ihm auf der Spur der Juden- bedrückung noch folgen werden, Hitler­deutschland der unbestrittene Lehrmeister und Pionier. d.

Neue Zuchthausurteile

Hillers fiierünsiiiswärter In Dacliau DieDeutschland-Berichte" der Sozial­demokratischen Partei melden aus Bayern : In einer Abteilung eines grossen Me- tallwerkes unterhielten sich eines Tages ei­nige Arbeiter über Hitler . Einer erklärte, dass Hitler auch schon viel mitgemacht habe. Er wäre doch auch im Gefängnis ge­wesen. Ein anderer Arbeiter, der das Ge­spräch mit anhörte, mischte sich ein und sagte, er wisse genau wie Hitler in Lands­ berg behandelt wurde. Er sei zu dieser Zeit in Landsberg Aufseher gewesen und wäre damals froh gewesen, wenn er das Essen bekommen hätte, das man Hitler in die Zelle brachte. Wir würden heute alle froh sein, wenn es jedem so gut ginge wie damals Hitler . Ein Amtswalter, der zuhörte zeigte den Arbeiter an, der wegen dieser Acusserung für sechs Monate nach Dachau kam."

Eine besondere Rolle in der Verfol­gung der sogenannten Staatsfeinde, worunter man in erster Linie ehema­lige Sozialdemokraten und Reichsban­nerleute versteht, spielt schon seit ei­niger Zeit das Sondergericht beim Hanseatischen Oberlandesgericht in Hamburg . Diese Herren Richter, von denen eine ganze Anzahl zur Zeit der Weimarer Republik stramme Repu­blikaner oder sogenannte gut bürger­liche Volksparteiler waren, bemühen sich mit allen Kräften, dem Nazisy­stem zu beweisen, dass sie sich nicht nur gleichgeschaltet haben, sondern dass sie sichehrlich" bemühen, dem Dritten Reich " treu zu dienen. Die Walter Tiedecks 5 Paul Bunge ........ 5 Ludwig Griem...... 3 Rudolf Schradick 3 Ernst Kiehn...... 3 Karl Helm ........ 3 Bruno Tiedecks---- 2,5 Heinr. Bokamp---- 3 Otto Groth ........ 2,5 W. Timmermann 2,5 Ernst Subest........ 1,5 Paul Groth......... 1,5 Walter Hof{mann 1,5 Hein. Krelschmer.. 1,5 Fr. Stoll.......... 1,5 Adje Topp........ 1 Alle Angeklagten sassen seit 8 bis 9 Monaten in Untersuchungshaft. Von dieser Zeit haben sie einen erhebli­chen Teil in dem nunmehr in der gan­zen Well berüchtigten Konzenlrations-

Urteile, die von diesen Gerichten we­gen z. T. ganz geringfügiger Vergehen gefällt werden, sind der beste Beweis dafür. Aber die Richter und die Staats­anwälte können versichert sein, dass wir nicht nur die Urteile in guter Er­innerung behalten, sondern dass wir auch die Namen aller derer, die bei diesen Verfolgungen und Verurteilun­gen mitgewirkt haben, ganz besonders im Gedächtnis behalten werden. Am 12. 1. und am 17. 1. 38 fanden vor dem obengenanten Gericht zwei weitere Prozesse gegen eine Anzahl früherer Sozialdemokraten und Reichsbannerleute statt. Die Urteile lauteten wie folgt: Jahre Z. Jahre Z. Jahre Z. Jahre Z. Jahre Z. Jahre Z. Jahre Z. Jahre Z. Jahre Z. Jahre Z. Jahre Z. Gef. Gef. Gef. Gef. Gef. Inger Fuhlsbüttel zugebracht. Was die Einzelnen dort wegen ihrer politi­schen Ueberzeugung erlitten haben, können sich ausserhalb der deutschen Grenzen Lebende garnicht vorstellen.

Pogrome In derRieser Zeitung" erschien nach­stehende Notiz: Dettingen, 5. November. (Schutzhaft). Die hier bestehende Erregung über den erst wieder vor einigen Tagen erfolgten Zuzug einer Judenfamilie aus dem frän­kischen Judendorf Mönchsroth führte gestern abend zu einer grossen Demon­stration. Eine Volksmenge von vielen hundert Personen forderte den Wegzug der Juden dorthin, wo sie hergekommen sind. Zahlreiche und erbitterte Zurufe wie:Fort mit den Juden!" undWir wollen keine Judenknechte!" hallten durch die Strasse. Schliesslich erklärte der Kreisleiter in einer Ansprache, dass wir die Juden genau für so überflüssig halten, wie es in Franken der Fall ist und keinen Zuzug brauchen, dass wir aber Disziplin halten. Die zugezogenen Juden mussten von der Gendarmerie zu ihrer persönlichen Sicherheit in Schutzhaft ge­nommen werden. Die Veranstaltung trägt alle Zeichen der berüchtigtenspontanen Willenskundge­bungen des Volkes". Aehnliche Nachrichten liegen aus Ober­ schlesien vor. Dort werden täglich Juden auf der Strasse von SA.-Männern überfal­len und verprügelt. Es handelt sich um ei­ne systematische Aktion mit dem Ziel, die Juden zum Wegzug aus Oberschlesien zwingen.

Cliquen In Dunkeln Das Dortmunder Naziblatt berichtet: Die erste öffentliche Kundgebung der Ortsgruppe Dortmund-West im neuen Jahr in der Körnerhalle nahm einen ein­drucksvollen Verlauf. Parteigenosse Willy Wölling(Bochuna) entlarvte in seinen Ausführungen die schmutzige Arbeit der Schädlinge ani deutschen Volk. Das nationalsozialisti­sche Reich sei nicht gewillt,«eine Ideale und seinen durch den Opferlod vieler Helden errungenen Sieg durch die schmutzigen Geschäfte machthungrigef Egoisten und im Dunkel handelnder Cli­quen preiszugeben." Wer ist gemeint? Die Juden nicht. Viel­leicht die Grossverdienercliquen aus der Schiverindustrie? Der Bochumer Pg. sollh' vorsichtiger sein. Man hörte vor dem 3*- Juni 1934 ähnlich kühne Reden. Nach die­sem Tag waren nicht die Cliquen ver­schwunden, aber ihre Ankläger.